Mes Dieux !
Die
Associaction Baclofène hat jetzt
so viele super interessante Videos zum Kolloquium eingestellt, dass ich gar nicht mehr hinterher komme. Wo also anfangen? Vielleicht ganz am Ende, mit dem Vortrag von Olivier Ameisen, der im
offiziellen Programm gar nicht angekündigt war. Er sprach, wie gesagt, als letzter.
Anscheinend hatte er sich den ganzen Tag über viele Notizen für seinen Vortrag gemacht, denn diese Notizen trug er mit hohem Tempo vor. Mir kam es so vor, als dass er absolut nichts vergessen wollte, sich immer wieder in seine Notizen vertiefte, dabei unablässig weitersprach, noch mehr Tempo machte und das Publikum manchmal fast schon zu vergessen schien. Mich hat das sehr beeindruckt. Nach 09:30 Minuten hatte er, irgendwie selbstvergessen, alles gesagt. Jemand flüsterte ihm noch etwas zu und dann kam er zu einem, wie ich es empfand, sehr emotionalen Schluss.
Er bedankte sich bei allen, die ihn eingeladen haben, und hob nochmals diese vielen Wunder hervor, die das Medikament Baclofen bei so vielen Patienten hervorrufe. Sein Schlusssatz: „Natürlich ist es kein Wunder, weil es eben Wissenschaft ist. Aber es ist großartig!“ [Franz: „Bien sûr, ce n`est pas un miracle, parce que c`est scientifique.
Mais c`est merveilleux!“] (10:07)
Nachstehend die aus meiner Sicht wichtigsten Aussagen seines launigen, aber engagierten Vortrages. Er, der Vortrag, ist wie gesagt von extremer Dichte, Aussagen, ob direkt oder zwischen den Zeilen, wiederholen sich, so dass ich, fast schon wider Willen, teilweise auf eine genaue Angabe des Zeitstempels verzichten muss. Wer es genau wissen möchte, möge einfach nachfragen. Los geht`s:
- Er sei glücklich, diesen wunderbaren Tag als Schlussredner beenden zu dürfen, und es sei unmöglich, alle Personen aufzuzählen, denen er dafür Dank schulde. Der Einzige, den er namentlich nennt, ist ein gewisser Pierre Steinmetz, der im Hintergrund "sehr viel für die Sache" getan habe, ohne sich je in den Vordergrund zu drängen. DQ: Ich nehme einfach mal an, er meint diesen Pierre Steinmetz, einen bekannten französischen Politiker, Kabinetts-Chef (Was ist das in Deutschland? Kanzleramts-Minister?) des Regierungschefs Jean-Pierre Raffarin von 2002 bis 2003, sowie derzeitiges Mitglied des Verfassungsrates seit 2004 (00:10)
- Ich sagte eingangs, die Rede sei „launig“, und so legt der dann gleich los. Der Erteilung der RTU sieht er eher skeptisch entgegen. Wozu dienten denn noch alle diese Papiere, fragt er sich und das Auditorium, er sehe irgendwo noch eine psychische Blockade bei den Beteiligten, aber hoffentlich täusche er sich da (00:52). Dann zitiert er ein "englisches Sprichwort", welches er auf Französisch vorträgt, und ich in Deutsch wiedergebe: „Passt auf, wonach Ihr fragt, denn es könnte passieren, dass Ihr es erhält.“ Ja, mittelschweres Donnergrollen gleich zu Beginn. Aber das Publikum hat gar keine Zeit, darüber nachzudenken, das Tempo ist irre,
erwähnte ich ja schon. - Er bezeichnet diesen Tag, der alle Akteure, auch die Patienten und Patientenvereinigungen, an einem Ort vereinigt, als glücklich und einzigartig, und hebt insbesondere hervor, dass Patienten endlich als solche anerkannt würden (01:16).
- Es gibt nicht wenige Seitenhiebe auf die Französische „Mediziner-Klasse“. Er drückt sich gewiss diplomatischer aus als hier, aber die Botschaft ist deutlich vernehmbar.
- Er betont immer wieder die Bedeutung und Wichtigkeit von Baclofen, als Medikament gegen Alkoholismus, und in dieser Eigenschaft als Graswurzelbewegung. O-Ton Olivier Ameisen: „Die Patienten sind nicht doof, und die Ärzte sind es auch nicht.“ Er streicht die Wichtigkeit der Medien hervor, die das Thema auf ein „verständliches Niveau herunterbrechen“, und bricht eine Lanze für die Patientenvereinigungen, die „Großartiges leisten“.
- Ich sagte ja, der Vortrag sei „launig“. Also hier noch dieses Bonmot von Olivier Ameisen: „Ich publiziere nicht in französischen Journalen, die liest ja eh keiner, außer vielleicht jemand im Kongo“ (04:39). Und wieder: Er wartet nicht auf eine Reaktion des Publikums, sondern fährt in atemberaubendem Tempo fort, man ist als Zuhörer wie gebannt ...
- In den USA, z.B., kümmere man sich nicht um RTU und so Kram, man verschreibe Baclofen und gut sei. Anm. DQ: Aus dem anglophonen Baclofen-Forum erahne ich zumindest, dass auch Ami-Land kein Baclofen-Schlaraffenland ist.
- „Handelt politisch!“, ermuntert er die Zuhörer zum Schluss. „Fragt Euren Bürgermeister, Euren Bezirks- Euren Landtags- und Euren Bundestagsabgeordneten, was er von Alkoholismus und von Baclofen denkt. Er ist auf Eure Stimme angewiesen, er möchte wiedergewählt werden.“
Tja, furioser Auftritt von Olivier Ameisen. Aber war der so seltsam? Nach ein paar
Wohlfühlmomenten gibt es noch viele
weitere Vorträge auszuwerten, und ohne die mir angesehen zu haben, habe ich irgendwie das Gefühl, dass auch andere Akteure inzwischen die
Schnauze voll haben und jetzt Taten statt Worte sehen wollen.
DonQuixote
Edit: Oh, hab ich ganz vergessen: Das Video des Vortrages von Olivier Ameisen
gips hier ..