Mellchen hat geschrieben:Ich möchte Dich auch nicht überstrapazieren, .-)
Tust Du nicht... ...es kommen ja auch immer wieder neue Leser hinzu, und da ist es gar nicht schlecht, wenn wichtige Informationen wiederholt werden. Unser Forum ist inzwischen so umfangreich, dass ich mir ganz gut vorstellen kann, wie "erdrückt" sich Newcomer manchmal fühlen müssen .
Ich hatte weiter oben schon mal die Allegorie Abhängigkeit - Allergie herangezogen. Manchmal macht auch der Vergleich Abhängigkeit - Diabetes eine Erklärung verständlicher.
Das ist jetzt etwas vereinfacht dargestellt (mitlesende Mediziner mögen es mir bitte verzeihen), aber man kann sich's besser vorstellen:
Bei Diabetikern "funktionieren" die β-Zellen der Bauchspeicheldrüse nicht mehr richtig. Sie produzieren zu wenig oder gar kein Insulin mehr. Insulin ist aber notwendig, um den Blutzuckerspiegel zu senken, indem es andere Körperzellen dazu anregt, Glukose aus dem Blut aufzunehmen. Fehlt dieses Proteohormon, gerät der Zuckerhaushalt des Betroffenen aus dem Gleichgewicht. Folglich muss das Insulin "von außen" zugeführt werden. Das ist der Grund, warum Diabetiker regelmäßig ihren Blutzuckerspiegel messen und sich dann entsprechend Insulin spritzen.
Bei Alkoholabhängigen "funktioniert" unter anderem das GABA-System nicht mehr richtig. Kurz: Es wird zu wenig γ-Aminobuttersäure (GABA) ausgeschüttet. Dieser Neurotransmitter ist aber ein ganz wichtiger Botenstoff, wenn es darum geht, Entspannung, Ausgeglichenheit, innere Balance etc. herzustellen. Fehlt dieser Neurotransmitter, kommt es zu innerer Unruhe und all den anderen Symptomen, die wir gemeinhin als "physisches Craving" kennen. Baclofen vermag es, die fehlende γ-Aminobuttersäure aus dem GABA-Rezeptor (GABA-B-Agonist) "herauszukitzeln". Äquivalent wie sich Diabetiker Insulin spritzen, "schluckt" der Alkoholabhängige deshalb Baclofen, um den systemimmanenten Mangel auszugleichen.
Der Grund, warum Baclofen nicht zu "Rauschzuständen" führt und nicht süchtig machen kann, ist die "Andockstelle" im GABA-System: All die süchtig machenden Substanzen wie Alkohol, Benzodiazepine, andere Drogen wirken am GABA-A-Rezeptor. Dort findet Toleranzentwicklung statt ("Man braucht immer mehr von einer Substanz, um die gewünschte Wirkung zu erzielen"). Es können auch Rausch- und euphorische Zustände entstehen.
Baclofen indes wirkt am GABA-B-Rezeptor. Der ist zwar für gemeinhin etwas "träger" (was mit ein Grund für die "Gegenspieler-Problematik" von Alkohol und Baclofen ist: Alkohol am schnelleren GABA-A "sticht" Baclofen am langsameren GABA-B aus), dafür gibt es aber dort (beim GABA-B) keine Toleranz- und Rauschentwicklung.
Am besten ist es, Du zeigst Deiner Mama den recht aktuellen PTA-Artikel, dann hat sie das in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung schwarz auf weiß .
PTA-Artikel hat geschrieben:Der Arzneistoff Baclofen imitiert die Alkoholwirkung, allerdings ohne euphorisch oder süchtig zu machen. »Baclofen bewirkt eine verstärkte Ausschüttung von GABA über den GABA-B-Rezeptor«, so die Fachärztin.
Wobei das "imitiert" sich hier wirklich ausschließlich auf das "Herauskitzeln" von γ-Aminobuttersäure (GABA) bezieht und nicht im Sinne von "Ersatzdroge" verstanden werden darf. Denn die "Alkoholwirkung" im Sinne von "Rausch" imitiert Baclofen ja gerade nicht. Ist vielleicht etwas unglücklich formuliert.
Einen sonnigen Tag wünscht
Papfl