Guten Morgen.
Viel zu früh, kann nicht schlafen. Rückenschmerzen.
KW50 (ab jetzt So-Sa): Baclofen konstant 75 mg, Wein 0-0-1-0-0-0-1 Flaschen
Dienstag: Sekt mit dem Team, gelungener Projektabschluss
Samstag: großes Abendessen
Der Automatismus scheint gebrochen, gerade die morgendliche Lust auf den ersten Schluck ist weg, das Verlangen nach dem Gefühl des Angetrunkenseins schwindet.
Hi Choklat!
Das war weit weniger zynisch, als es sich liest. Ich sage, man "muss" bei gewissen Gelegenheiten mittrinken, Du sagst, man "muss" seine Trinkgründe hinterfragen. Anderes Argument, gleicher normativer Unfug. Darüber habe ich gelacht, nicht über Dich. Ich habe schon verstanden, was Du mir sagen wolltest, glaube ich.
Ich habe meine Geschichte erzählt, weil ich der Ansicht bin, dass es
den Trinkgrund nicht gibt. Wenn Du mich fragst, warum ich trinke: weil ich gern angetrunken bin, es fühlt sich einfach toll an. Morgens zum Warmwerden, vormittags, weil die Arbeit leichter von der Hand geht, mittags, weil es gut zum Essen schmeckt, nachmittags, um noch zwei Stunden durchzuhalten, früher Abend, um den Ärger über einen dummen Fehler runterzuspülen, abends zum chillen. Und immer, weil es sich einfach gut anfühlt, wenn das Blut warm ist und die Füße leicht sind. Also was ist mein Trinkgrund, von dem ich was wissen müsste?
Es gibt nicht einen, es gibt tausend. Oder eben keinen.
Es gibt aber einen Grund, aufzuhören. Meine Gesundheit ist in Gefahr, ich werde zunehmend schusselig, vergesse Termine, Absprachen etc. Nicht die große, wichtigen, das habe ich noch vor mir. Aber die kleinen Absprachen auf dem Flur, die gehen mir zusehends durch die Lappen. Meine Leberwerte sind furchterregend, und ich bin zusehends mehr und betrunkener mit dem Auto unterwegs gewesen.
Wenn ich besoffen den Wagen crashe (jetzt mal abgesehen von den möglichen Folgen für Unschuldige...), wenn ich mit gelben Augen in der Klinik lande, wenn die Mitarbeiter oder Kunden merken, dass man sich auf mein Wort nicht mehr verlassen kann, dann war es das mit fester Burg und scharfem Schwert. Dann kann ich die Meinen nicht mehr schützen. Das ist der eine und einzige Grund, aufzuhören: Verantwortung.
Und der entkomme ich auch dann nicht, wenn ich rumheule, weil mich vor 40 Jahren die anderen Kinder gehänselt haben, oder es heute noch Kreise gibt, die mich als den Emporkömmling behandeln, der ich ja bin.
Das alles hat nichts mit Geld zu tun, Du hast ja selbst gesehen, das Yacht und Jaguar zwar Spaß machen, "es" aber schlussendlich auch nicht sind. Bin ich ganz Deiner Meinung.
Jim Carrey hat geschrieben:I think everybody should get rich and famous and do everything they ever dreamed of so they can see that it's not the answer.
Es hat nur was mit der Frage zu tun, ob ich mich morgens im Spiegel noch anschauen mag. Ob ich meine Aufgaben erfülle, sei es als Mitmensch, als Chef, als Vater oder als Ehemann. Ob ich "my shit done" kriege, oder morgen nicht mehr weiß, was ich gestern versprochen habe. Es geht weniger darum, welchen Weg ich gehe, sondern darum, ob ich ihn gehe oder mir lieber selbst auf den Füßen stehe und klage, dass es nicht voran geht.
Heute denke ich aber auch, dass ich nicht hätte aussteigen müssen, wenn ich den Mumm gehabt hätte, mein ungesundes Anpassungsverhalten durch ein authentisches Verhalten ersetzt hätte. Dies wird normalerweise höher geschätzt als das "Heulen mit den Wölfen". Und gerade die, die selber an ihren Masken festhalten, sind diejenigen, die rummoppern - weil sie ihre eigenen Schwächen nicht sehen wollen. Am Ende des Tages bewundern sie einen insgeheim.
Auch da gebe ich Dir recht.
Nur ist mein authentisches Verhalten eben, volle Pulle reinzuhauen und es nach einem Erfolg auch mal richtig krachen zu lassen. Authentizität bedeutet ja nicht, auf Teufel komm raus alles anders zu machen. Mir macht das, was ich tue, wirklich Spaß, ich sehe eine gesellschaftliche Relevanz und ich bin - wenn ich volle Leistung bringen kann - verteufelt gut darin.
Auch Dir und Euch weiterhin viel Erfolg und einen schönen Sonntag.
Viele Grüße
Amadeus
PS: danke für den Tipp mit den Kriegskindern, das ist interessant!