Wer ist von Euch wirklich clean?

[Michi75]

Hallo Zusammen,

seit längerer Zeit nehme ich schon Baclofen.
Es ist mir nie gelungen mehr als 10 Tage am Stück nüchtern zu bleiben.
Meistens gelingt es mir in der Woche nur ein paar Tage, dann setze ich
Die Dinger wieder ab und trinke.
Ist es jemanden gelungen ohne Therapie, nur mit den Pillen langfristig
alkfrei zu bleiben?
Was sagen Eure Ärtze dazu? Müsst Ihr Bericht erstatten?
Verschreiben die Euch ein Leben lang Baclofen?

Ich fühle mich total hilflos, das kann doch so nicht immer weiter gehen.

Viele Grüße an Euch:-)

Michi

[Donald]

Hi Michi,
ich hatte vor ca. 2,5 Jahren stationären Entzug gehabt. Anschliessend ohne Therapie ca. 8 Monate trocken. War in einer Selbsthilfegruppe, aber aus meiner Sicht Zeitverschwendung.
Ja...dann hab ich wieder angefangen. Zuerst massvoll, später genau wie vor dem Entzug.
Dann hab ich begonnen mit Baclofen. Das war diesjahr Ende Mai. Ich hatte einen Rückfall, der einen schrecklichen Kater zufolge hatte. Ansonsten schaffe ich es ohne Alkohol, auch wenn die Gedanken nicht ganz vom Alk befreit sind. Ich nehme seit ca. 3 Wochen 125mg täglich. Ich würde gerne noch etwas aufdosieren um mehr Gleichgültigkeit zum Alkohol zu bekommen. Werde es wohl bald mit 150mg testen.
Rezepte bekomme ich vom Arzt nach tel. Abruf. Die fragen wie es mir geht und gut ist. Kein Report oder sowas. Diese Praxis dürfte allerdings die Ausnahme sein. Ich fahre aber gut damit. Hatte mich anfangs an den hiesigen Dosierungstabellen orientiert. Mittlerweile verharre ich länger bei einer Dosismenge.

Wieviel mg nimmst du täglich? Eventuell solltest du die Dosis etwas erhöhen, was vielleicht das Craving etwas zurückdrängen könnte.
Vor allem musst du kämpfen und versuch dich zu beschäftigen wenn du wieder trinken möchtest.
Und anstatt Baclofen abzusetzen vielleicht eine Notfalldosis nehmen.
Ich hab allerdings nicht solange Erfahrung mit Baclofen und das sind Ratschläge einfach aus dem Bauch heraus.
Mach dir bewusst, dass du ohne Alkohol wesentlich mehr Lebensqualität hast.
Ich wünsche dir viel Erfolg!!
Donald

[Ryckteufel]

Hallo Michi,

ich kann deine Frage total gut verstehen. Ich hab (glaub ich) jetzt so oft alles hier durchgelesen und frage mich manchmal, warum genau dann, wenn es spannend wird, von vielen hier leider nichts mehr zu lesen ist. Manchmal beschleicht mich dann der Gedanke, dass es dann doch nicht so gut mit Bac geklappt hat. Oder es geht zu gut und sie haben keinen Grund mehr, weiter zu berichten. Keine Ahnung, sind halt meine Gedanken.

Bei mir ist es so, dass ich nach 5 Wochen Bac evtl. erst einmal aussteigen werde. Ich habe es nicht geschafft, aufzuhören mit dem Saufen. Es gibt Gründe dafür. Durch meinen Schichtdienst hatte ich bisher massive Probleme, eine kontinuierliche Einnahme nach vorgegebenem Schema von meinem Arzt einzuhalten. Ab einer Dosis von ca. 70 - 80 mg Bac habe ich dann als Nebenwirkung massivste Schlafstörungen bekommen, was mehrfach dazu führte, dass ich bis zu 28 Stunden wach war ohne mich jedoch müde zu fühlen (kein Gähnen oder so). Psychisch jedoch war es die Hölle. Innerlich total unruhig und nervös. Dazu kam ab dieser Dosierung, dass ich mich emotional total abgestumpft fühlte, was allerdings auch an meiner Depression durch meine derzeit sehr belastende persönliche Situation liegen könnte. Kurzum ... um diesem Zustand zu entfliehen habe ich natürlich getrunken. Meist eine Flasche Wein, manchmal auch noch 2 Bier dazu. Kontraproduktiv mit Bac, ich weiß ... aber ich konnte endlich schlafen. Habe dann die Dosierung runter gefahren und heute nach 3 Tagen wieder mit 6,25 mg angefangen, was ich versuche, 4mal am Tag für mehrere Tage beizubehalten. Dennoch merke ich, dass mein psychisches Craving massiv ist, sobald ich allein bin und mich langweile. Ich habe nie über Alternativstrategien nachgedacht und habe eingentlich, bis auf einen großen stabilen Kollegenkreis, keine nennenswerten sozialen Kontakte hier. Familie ist sehr weit weg. Ich schenkte dem Bac einfach zuviel Glauben ohne mich mit mir zu befassen, was in meiner aktuellen Situation allerdings auch sehr schwer ist. (da bricht sich gerade ein Trauma durch, denke ich) ... ich selbst bin absolut nicht sicher, wie ich weiter verfahren werde. Aber aufgegeben habe ich auch noch nicht ...Liebe Grüße an dich und alle anderen.

[Chinaski]

Hallo @all,

Ich nehme seit 6,5 Jahren Baclofen und hatte seitdem weder einen Vorfall noch einen Rückfall.
Vor der Baclofen Therapie habe ich tgl. 1 Flasche Jägermeister + Bier dazu getrunken.
Also nicht gerade wenig.



Zu Beginn der Baclofen Therapie habe ich nach Absprache mit meinem Arzt alle 3 Monate einen Bluttest gemacht.
Zum einen damit der Arzt und ich den Fortschritt am GammaGT sehen können.
Ansonsten hat mir mein Arzt was Dosierung und Einteilung angeht freie Hand gelassen.

Das wichtigste bei der Baclofen Therapie ist der unbedingte Wille nicht mehr trinken.
Ohne diesen Willen funktioniert es auch nicht mit Baclofen!

@Michi75

Du musst Baclofen schon etwas länger nehmen als nur ein paar Tage.
In der kurzen Zeit in der du Baclofen einnimmst kann sich dein Gehirn und Körper nicht an das Medikament gewöhnen und Baclofen nicht seine Wirkung entfalten.

Selbst wenn du trinkst solltest du es nicht absetzen sondern weiter nehmen und kontinuierlich weiter aufdosieren.
Dies kann durchaus in einer sehr hohen Dosierung enden.
Falls ein Trinkwunsch in dir aufkommt versuche es mit einer Notfall Dosis.

Falls noch fragen offen sind...einfach fragen!

Ich wünsche euch alles gute,
Chinaski

[Michi75]

Hallo Zusammen,

Vielen herzlichen Dank für Eure Antworten:-)
Das hat mir schon sehr geholfen.

Ich nehme zur Zeit 100mg täglich, 75 um 16h und dann um 18h nochmal 25mg da mein craving
nur abends kommt. So nach spätestens drei Tagen kommt mir immer der Gedanke „geil, bald ist Wochenende „
und wenn ich dann nach Hause komme habe ich meistens schon Weißwein gekauft.
Es ist alles andere als einfach geschweige denn zufriedenstellend.
Ich glaube ich benötige einen Therapeuten dem ich zurückmelden muss wie
es mit dem trinken läuft. Das ist aber zeitlich schwer und ich möchte nicht dass die Krankenkasse
von meinem Problem erfährt. Dann habe ich immer die Angst im Nacken dass mein Arzt mir die
Tabletten nicht mehr verschreibt. Dann fängt das tägliche saufen wieder an.
Inzwischen habe ich körperliche Symptome, mein Körper zuckt so schlimm beim einschlafen und insgesamt beim schlafen dass nicht mehr ohne Schlaftabletten ins Bett gehen kann. Kennt Ihr das auch?
Kommt das vom Back?

Viele liebe Grüße

Michi

[Chinaski]

Hallo Michi,

Zu deiner Dosierung und den damit verbundenen Nebenwirkungen schreibe ich dir morgen etwas.
Im Moment habe ich leider keine Zeit.

Gruß...
Chinaski

[Lucidare]

Hallo Michi,

Ich nehme zur Zeit 100mg täglich, 75 um 16h und dann um 18h nochmal 25mg da mein craving
nur abends kommt.

Viel hilft nicht viel... und auf einen Schlag 75mg kann schon viel zu viel sein. Mit 100mg nnerhalb von zwei Stunden sind starke Nebenwirkungen so gut wie vorprogrammiert.

Ich würde die Einnahme "entzerren" und Anfangs gleichmäßig über den Tag verteilen, damit der Körper sich an das Medikament gewöhnen kann.

LG

[Chinaski]

Hallo Michi,

du solltest nach Möglichkeit immer einen gleich bleibenden Medikamenten Spiegel im Blut haben damit erst gar kein Craving Auftritt.
Da du das Medikament immer nur ein paar Tage nimmst hat dein Körper keine Möglichkeit sich an das Medikament zu gewöhnen
Dann nimmst du direkt eine relativ hohe Dosis für den Anfang wo die dir bekannten Nebenwirkungen auftreten.

Versuche es mal mit dieser Medikamenten Aufteilung:

25mg - 25mg - 50mg - ca. alle 4 Stunden
oder
25mg - 25mg - 25mg - 25mg - ca. alle 4 Stunden

Solltest du immer noch Nebenwirkungen haben dann reduziere die Höhe der Dosis soweit bis die Nebenwirkungen verschwunden sind.

Auf dieser reduzierten Dosis bleibst du ein paar Tage und Dosierst dann wieder höher bis das Craving verschwunden ist oder wieder Nebenwirkungen auftreten.
Dann wieder wie oben beschrieben verfahren.

Gruß...
Chinaski

[DonQuixote]

Hallo Michi

Schau mal in die nachstehenden Erfahungsberichte rein. Die sind halt z.T. schon ziemlich alt, und deshalb findet man die vielleicht nicht sofort:

@Lisa
@Mellchen
@JazzGustl
@Suchtreisender
@Rigget
@William
@gretikatz
@Mary
@andi
@lucidare
@Frankie
@Liore
@conrad
@PeterLustig

Obige Liste stammt ursprünglich von @Papfl aus 2015 / 2016. Leider habe ich die seither nicht mehr weitergepflegt, was natürlich jammerschade ist. Zweckdienliche hinweise zur Erweiterung / Aktualisierung der Liste nehme ich natürlich sehr gerne entgegen!

[Michi75]

Hallo Ihr Lieben,

Herzlichen Dank für Eure Hilfe!!!
Don Quixote, ich werde mich da rein lesen.

Können wir eigentlich auch mal etwas für Dich tun?
Es scheint so als ob Du die Seite alleine pflegst und das ehrenamtlich.
Nimmst Du Spenden entgegen?

Viele Grüße an alle:-)

Michi

[Carina]

Hallo an alle

Da mein Craving auch immer nur abends kam, nehme ich auch nur abends 100 mg Baclofen. Am Anfang hatte ich nur „reelle Träume“ als Nebenwirkung, aber die bleiben mittlerweile auch weg, so dass ich überhaupt keine Nebenwirkungen habe.
Mein Arzt kennt sich sehr gut mit Baclofen aus und er meinte, der Patient könnte die Dosis besser einteilen und aufdosieren, wie er es als Arzt es tun könne. Somit soll ich selbst entscheiden wann und wieviel ich einnehme. Auch wäre es ein Medikament, das man langfristig ohne Bedenken, einnehmen könne.
Ich trinke nur noch in Gesellschaft 1-2 Gläser..
Ich hatte einmal 3 Gläser getrunken, da wurde ich aber schon gefragt ob ich „besoffen“ wäre. Und am Tag darauf hatte ich einen Kater. Man „spürt“ den Alkohol wesentlich füher.

[Lucidare]

Hallo Carina,

ch trinke nur noch in Gesellschaft 1-2 Gläser..
Ich hatte einmal 3 Gläser getrunken, da wurde ich aber schon gefragt ob ich „besoffen“ wäre. Und am Tag darauf hatte ich einen Kater. Man „spürt“ den Alkohol wesentlich füher.

Das hört sich doch sehr positiv an!

Mein Arzt kennt sich sehr gut mit Baclofen aus und er meinte, der Patient könnte die Dosis besser einteilen und aufdosieren, wie er es als Arzt es tun könne. Somit soll ich selbst entscheiden wann und wieviel ich einnehme. Auch wäre es ein Medikament, das man langfristig ohne Bedenken, einnehmen könne.

Eine Regel bei der Baclofen-Therapie ist das eigentlich keine einheitlichen Regeln gibt. Die Dosierung kann sehr individuell gehandhabt werden. Allerdings finde ich gerade am Anfang sollte man vorsichtig und regelmäßig über den Tag verteilt anfangen, damit sich der Körper an das Medikament gewöhnt.

LG

[Carina]

ja Lucidare, das stimmt.

ich hatte anfangs 20 mg abends eingenommen, dann 40 über den Tag verteilt 10-10-20. Ich hatte dann von selbst beschlossen, 40 mg nur abends zu nehmen und ich bemerkte sofort, dass diese 40 abends bei mir wirksamer waren als die 40 den Tag verteilt. Nur Dosis war zu niedrig. Ich dosierte dann nach und nach langsam hoch auf 100...
Ich bin der Meinung 75-80 mg Baclofen ersetzen bei mir eine Flasche Wein. 40 mg nur einer halben, also musste ich noch zusätzlich trinken ....
Lg

[shelf]

Hallo Michi,

ich bin (nach zweieinhalb Jahren Abstinenz) nun seit Mitte diesen Jahres nicht mehr "clean".

Ich trinke alle paar Wochen mal ein Köstritzer Schwarzbier - manchmal auch ein Radeberger.
Kommt aber wirklich auf die Gelegenheit an und ich nupple dann bis zu 5 Stunden an dem halben Liter.
Einmal hab ich 2 Flaschen "geschafft", aber das letzte Drittel der Zweiten hat nicht mehr wirklich geschmeckt.


Es sind so meine "Welt geh unter, ich komme später nach"-Stunden.
Danach fühle ich mich als hätte ich 2 Wochen Urlaub gehabt.
Meine Wahl pendelt dazu zwischen Kaffee, Bier (mit Alk) und Sekt (ohne Alk).
Bier gewinnt halt nur selten.

Baclofen habe ich allerdings bereits zuvor abgesetzt.

LG

[Lucidare]

Hi shelf!

Baclofen habe ich allerdings bereits zuvor abgesetzt.

Neu, neu, neu! Oder habe ich was verpasst?

Es sind so meine "Welt geh unter, ich komme später nach"-Stunden.
Danach fühle ich mich als hätte ich 2 Wochen Urlaub gehabt.

Grundsätzlich muss man sagen, primusmäßig ist das nicht... aber wer meint frei von Sünde zu sein, der werfe den erst den Stein.

LG

[shelf]

Hi Lucidare,

Baclofen habe ich allerdings bereits zuvor abgesetzt.

Neu, neu, neu! Oder habe ich was verpasst?

Ist mehr oder weniger im Zuge der Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK geschehen.
Ich hatte viel um die Ohren und dabei vergessen zu berichten.

Das Aktive Nichtstun ("Welt geh unter...") betreibe ich schon wesentlich länger.
In mindestens 90% aller Fälle sind meine "Crashurlaube" alkoholfrei.

LG

[Lucidare]

Hi shelf,

Das Aktive Nichtstun ("Welt geh unter...") betreibe ich schon wesentlich länger.
In mindestens 90% aller Fälle sind meine "Crashurlaube" alkoholfrei.

Egal. Aktives "Nichtstun", oder lasse der Welt ihren Lauf und die Dinge auf sich zukommen zu lassen, ist schon seit Urzeiten ein probates Mittel gewesen.

Auch wenn die Zeiten durcheinander sind. Mag es an dem nicht vorhandenen Alkohol oder am Baclofen oder am fortschreitenden Alter liegen: Die Angst gewinnt nicht mehr.

Das ist wichtig.

LG

[Lucidare]

Da fällt mir noch ein:

"I don't wanna be your hero", ich will nicht Dein Held sein. Wessen Held, welche Verpflichtung. Kann man sein eigener Held sein?

https://www.youtube.com/watch?v=wZHJKZHRFdU

Let miiih gooohoo...

LG