Da sich nun zeitgleich einige Nachahmungswillige und erwartungskonform auch melden, nochmal zu meinem Setting:
ich bin jetzt im achten Jahr (!) meiner Umbauphase, die mit einem klippundklaren Problembekenntnis begann: "Wenn ich so weitermache, habe ich mich in spätestens fünf Jahren totgesoffen."
Was folgte, war ein langer Marsch über tausende kleinerer und größerer Baustellen. Ich kann und will das jetzt gar nicht groß ausführen, aber lasst es mich mal so sagen: vor zehn Jahren war ich das letzte Mal auf der Präsentation einer herausragenden cubanischen Zigarrenmarke. In zwei Wochen bin ich das erste Mal für drei Tage im ZEN - "Kloster".
Ich habe mich weitgehend und in einem sehr langen Prozess von "außen" auf "innen" umgestellt. Ich bin ein glücklicher Mensch, eingebettet in eine glückliche Familie, wirtschaftlich gut positioniert, gesund bis auf die Sauferei (und ein auch sechs Monate nach der OP noch nicht wieder einwandfrei funktionierendes Knie @fets
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Am 11. März, also vor zwei Tagen, jährte sich der Beginn meiner Baclofen - Experimente zum zweiten Mal, ich bin also sicherlich einer der erfahrensten Anwender in Deutschland. Leider habe ich in der ganzen Zeit kein länger funktionierendes Setting gefunden. Allerdings habe ich mehrere für mich geltende Dinge gelernt:
- Baclofen beseitigt Craving (also den kaum zu widerstehenden Trinkwunsch) im Handumdrehen
- Baclofen beseitigt einen bewussten Trinkwunsch in keiner Weise
- dauerhafte "Hoch"dosierung (höher als bis 75 mg bin ich wegen sehr starker NW nie gegangen) führen bei mir zu NW, die meine Lebensqualität in einem Maße einschränken, dass ich nicht hinzunehmen bereit bin
- eine kurzzeitige Notfallpillen - Erhöhung habe ich dagegen immer gut vertragen.
- Abstinenzgelübde führen bei mir innerhalb einer Stunde zu Craving der Höchststufe. Dagegen lehnt sich absolut alles in mir auf. Das ist also derzeit kein für mich erreichbares Ziel. Es geht also um Schadensbegrenzung.
- Genusstrinken ist für mich keine erstrebenswerte Option. Ich bin Wirkungstrinker. Den ganzen Abend ein Glas Wein schlürfen muss ich nicht. Da trinke ich lieber guten Tee oder auch 'ne Cola
- es gibt sehr unterschiedliche "Anlässe", also Stressoren, die Craving in mir auslösen (positive wie negative). Diese habe ich über viele Wochen akribisch notiert, bewertet und bearbeitet. Vieles, was mich früher aufgeregt hat, lässt mich heute vergleichsweise kalt. Entweder ändere ich die Situation oder sie kommt in die Tonne. Vieles kann ich ändern, manches nicht. Wenn mein Nachbar mein Auto hässlich findet? Wenn ein Auftrag platzt und die vier Wochen Nordseeurlaub nach 14 Tagen Eifel beendet werden müssen? Wenn irgendwo netzweit jemand meinetwegen in der Gülle planscht?
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Ich habe also in den siebeneinhalb Jahren vieles, sehr sehr vieles über mich gelernt und täglich kommt noch etwas hinzu. Ich werde von meiner Familie jederzeit bedingungslos wieder aufgefangen, wenn doch mal was schief geht. Ich war nie Komasäufer. Ich hab' auf dem von DQ (nochmal Dank!) eingestellten mal alte Trinkmuster durchgearbeitet: ich habe mich immer in Rekordzeit auf ca. 0,8 bis 1,0 Promille hochgetrunken und dann dieses Level den ganzen Tag gehalten. Das aber nicht täglich sondern jeden dritten, später dann jeden zweiten Tag. Filmriss? Einen, mit 16.
Ganz sicher kommt also auch meine Trinkerpersönlichkeit einer "Standby" - Lösung entgegen.
Diese sieht vor, keinen Alkohol zu trinken, wobei ein gelegentlicher Trinktag (mit Drehwirkung) erlaubt ist (derzeit gültige Höchstdosis: 250 g Alkohol/Woche. Würde ich auf Dauer gern nochmal halbieren). Weiter sieht das Modell vor, kein Baclofen zu nehmen, wenn keins gebraucht wird. "Subcraving", also ein Trinkwunsch, bevor er zum Craving mutiert, wird ganz bewusst gefühlt und analysiert (warum? warum jetzt? usw.). Auf dieser "Subcraving - Ebene" laufen dann verschiedene Sofortmaßnahmen an: Sport machen, Musik machen, Situation schlimmstenfalls umgehen, meditieren. Reicht das alles nicht: Bac 'rein. An den daraus resultierenden Baclofentagen (ein oder zwei, bisheriges Maximum: drei) sind die Nebenwirkungen (leichte Verwirrtheit, "Zombiefeeling", Dissoziation) natürlich heftiger, als sie bei Dauermedikation auf dem gleichen Baclevel wären. Das nehme ich dann für diesen Tag in Kauf.
Ist der Spuk vorbei, ist auch Bac wieder vorbei. Da ich dabei nie höher als max. 18,75 mg/d komme, setzte ich es dann auch komplett wieder ab und schleiche nicht aus.
Ihr seid erwachsen, Ihr könnt selbst beurteilen, ob diese meine derzeitige Lösung für Euch einen Versuch wert ist oder nicht. Wer sich regelmäßig zur Bewusstlosigkeit pegelt: Finger weg! Wer eine funktionierende Bac - Lösung auf Königsweg, Ameisenstraße oder sonstwo gefunden hat: never change a winning Bacmedikation. Warum?
Die, die Dauerhaft zu keiner Lösung kommen, sollten sich aber klarmachen, dass das Potential des Medikamentes mit diesen Wegen noch lange nicht ausgereizt sein muss, nur, weil ein paar Einzelfallbeschreibungen dies suggerieren.
Viele liebe Grüße Euer Forenkaperer
Willo (press: enter
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