fredi sucht Arzt

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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fredi
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fredi sucht Arzt

Beitragvon fredi » 27. Januar 2016, 10:19

Hallo,
ich bin 60 Jahre alt, wohne in der Nähe von Essen und kämpfe seit ca. 20 Jahre gegen meinen übermäßigen Alkoholmisbrauch. Zwischendurch habe ich schon mal 3 Jahre geschaft trocken zusein, auch mal 6 Wochen, aber irgendwann taucht die verdammte Stimme in meinen Kopf wieder auf "ein Gläschen.... schafst du schon", natürlich nicht und alles geht wieder von vorne los.
Durch das Internet habe ich erfahren das es Baclofen gibt und gute Chancen bestehen das diese teuflichen Stimmen für immer verstummen können. Da es ja nicht sehr viele Ärzte gibt, die Baclofen verschreiben und eine Therapie begleiten, hoffe ich auf diesem Wege, eine Ärztin oder einen Arzt in meiner Nähe zu finden.

LG fredi

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Papfl
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Re: fredi sucht Arzt

Beitragvon Papfl » 27. Januar 2016, 11:00

Hallo fredi!

Herzlich willkommen im Forum [hi_bye] . Schön, dass Du da bist [smile] .

Als ich Deine Zeilen gerade gelesen habe, musste ich wieder mal an den Unterschied zwischen "trocken" und "trocken" denken.

Da gibt es dieses eine "trocken" sein, das mit täglichem Kampf und ständigem oder zunmindest häufigem Gedankenkreisen um Alkohol verbunden und auf Dauer ungeheuer anstrengend ist (ich vermute, diese Form des "Trockenseins" kennst Du) und ich ziehe meinen Hut vor Dir :-!? , dass Du das drei Jahre lang durchgehalten hast. Respekt!

Und dann gibt es dieses andere "trocken" sein, bei dem zwar hier und da auch immer mal wieder der Gedanke an Alkohol aufkommen kann (insbesondere in Situationen, in denen man früher zum Glas gegriffen hat), diese Gedanken aber längst nicht mehr diesen zwingenden, unbändigen Charakter haben. Dieses unvermeidliche "Ich muss jetzt trinken, koste es, was es wolle...Ich halte es sonst einfach nicht mehr aus" gibt es nicht mehr.

Diese "zufriedene" Form der Abstinenz ist mit Baclofen möglich. Das Medikament kann Dir Deine Entscheidungsfreiheit zurück geben.

Du MUSST nicht mehr zwingend trinken um jeden Preis, Du KANNST wieder FREI entscheiden, ob Du JETZT trinken MÖCHTEST oder lieber nicht.

Das ist viel wert [good] . Baclofen schlägt Dir das Glas nicht aus der Hand. Aber Du hast die Situation und Dein Handeln wieder selbst unter Kontrolle. Du bist nicht mehr fremdbestimmt, weil Baclofen der Ursache für die automatischen Prozesse, die beim physischen Craving ablaufen, und die willentlich von Dir nicht beeinflusst werden können, ein Stück weit entgegen wirkt.

Wenn Du möchtest, kannst Du das noch genauer im "Craving-Thread" nachlesen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Beitrag "Baclofen-Therapie vs. traditionelle Suchtbehandlung", der bildhaft aufzeigt, warum eine herkömmliche Therapie häufig nicht ausreicht.

Hast Du denn schon mal eine Therapie gemacht bzw. Erfahrung mit "psychotherapeutischen Werkzeugen" wie zum Beispiel Entspannungsübungen, Strategien zur Problemlösung, alternativen Methoden des Spannungs- oder Stressabbaus etc.?

Das wäre begleitend zur medikamentösen Behandlung mit Baclofen ebenfalls immens wichtig. Denn auch, wenn ich in bestimmten Problemsituationen nicht mehr zwingend und unreflektiert zum Glas greifen muss, ist das Problem ja noch nicht vom Tisch [pardon] . Viele Patienten berichten zudem, dass sie sich erst mit Baclofen richtig auf die Dinge einlassen und konzentrieren konnten, die ihnen in einer Therapie vermittelt wurden, eben weil die Gedanken an Alkohol nicht mehr ständig präsent sind.

Einen ersten Überblick rund um das Medikament bietet unsere Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick. Genaueres zur Dosierung und Therapie findest Du im Leitfaden für die Anwendung.

Lesenswert und aufschlussreich ist auch der Artikel "Ist Alkoholsucht doch heilbar?", den man auch online im PTA-Forum finden kann. Und natürlich das Buch "Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen. Der Kardiologe Olivier Ameisen war selbst betroffen und hat Baclofen als Therapieoption bei Abhängigkeitserkrankungen (wieder)entdeckt. Das Buch ist spannend zu lesen! Du kannst die E-Book-Version des Buches auch kostenlos über dieses Forum "ausleihen". Bei Interesse schreibe das bitte einfach in die Private Nachricht (PN) an unseren Admin @DonQuixote mit rein, wenn Du ihn um eine Arztadresse bittest.

Da wir unsere Arztadressen aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich rausgeben, möchte ich Dich bitten, @DonQuixote kurz mit einer Privaten Nachricht (PN) anzuschreiben und ihm Deinen Wohnort samt Postleitzahl mitzuteilen. Er wird sich dann voraussichtlich gegen Abend bei Dir mit allen Infos melden.

Einen guten Start wünscht
Papfl
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Re: fredi sucht Arzt

Beitragvon DonQuixote » 27. Januar 2016, 17:14

Hallo Fredi

Willkommen im Forum und Danke, dass Du Dich uns anvertraust!

Wie ist das im Moment bei Dir? Bist Du im Moment abstinent oder in einer Phase, wo Du trinkst? Falls Du abstinent bist, wie fühlst Du Dich dabei? Fällt es Dir im Moment schwer, abstinent zu sein und zu bleiben? Oder hast Du vor allem Angst vor dem nächsten Rückfall?

Oder eben wie gesagt, bist Du grad in einer Phase, wo Du trinkst und Dir die Kontrolle entglitten ist? Das sind wichtige Fragen für die weitere Vermittlung an einen Arzt. Trau Dich, zusammen packen wir das good .

DonQuixote

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Re: fredi sucht Arzt

Beitragvon fredi » 27. Januar 2016, 18:01

Hallo Don Quixote,

ich habe einmal eine Therapie gemacht, da ging es aber nicht nur um Alkohol, ich war an Krebs erkrankt. Das habe ich aber gut überstanden. Ich habe ein bisschen Erfahrung mit autogenem Training, singe in einem Chor und spiele in einer Trommelgruppe, was auch zur Entspannung beiträgt.
Ich bin jetzt 3 Tage abstinent und im Moment geht es noch, aber in ein paar Tagen ist das wieder vorbei und der Alltag geht wie gewohnt weiter. Ich versuche aber bis zur Einnahme von Baclofen kein Alkohol zu trinken. Hoffentlich dauert es nicht so lange.

LG fredi

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Re: fredi sucht Arzt

Beitragvon DonQuixote » 27. Januar 2016, 18:33

Hi Fredi

Danke für diese Zusatzinfo. Ich habe verstanden. Eine E-Mail mit Arztvorschlag habe ich soeben an Deine Adresse <m**************5@gmail.com> abgeschickt. Viel Kraft und Erfolg für Deine hoffentlich bald beginnende Baclofen-Therapie wünscht

DonQuixote

P.S. Falls nichts angekommen sein sollte, dann auch mal im Spam-Ordner nachschauen. Manchmal (selten) bleiben unsere Mails dort hängen.

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Re: fredi sucht Arzt

Beitragvon fredi » 4. Februar 2016, 13:24

Hallo,
bin gestern mit der Baclofen Therapie angefangen, es hat alles sehr schnell und gut geklappt.
Baclofen kann ja wohl noch nicht wirken, habe aber ein sehr gutes Gefühl.
Vielen Dank an alle Mitwirkenden.

Gruß fredi

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Re: fredi sucht Arzt

Beitragvon Papfl » 4. Februar 2016, 13:52

Hallo fredi!
Dann wünsche ich Dir doch glatt nochmal einen guten Start good !

Je nachdem, welche Baclofen-Tabletten (10 mg oder 25 mg) Dir verschrieben wurden, findest Du hier die entsprechende Dosierungsanleitung laut Leitfaden für die Anwendung.

Dieses Dosierungsschema ist recht konservativ ausgerichtet. Wenn Du das Medikament gut verträgst, kannst Du auch alle drei Tage (statt fünf Tage) in die nächste Zeile springen bzw. das Schema etwas anpassen.

Trotzdem ist es natürlich wichtig, dass Du genügend Geduld mitbringst (Höher, schneller, weiter...ist bei der Baclofen-Therapie eher kontraproduktiv) und gut in Dich hinein hörst:

Habe ich Nebenwirkungen? Welche Nebenwirkungen sind das? Sind sie akzeptabel? Wie stark ist das Craving ("Trinkverlangen")? Kann bzw. sollte ich im Moment in kleinen Schritten weiter erhöhen, oder ist es sinnvoller, erstmal bei der jetzigen Dosierung zu bleiben, bis die Nebenwirkungen abgeklungen sind? In der Regel tun sie das nämlich binnen weniger Tage. Falls nicht, ist die Dosierung höchstwahrscheinlich zu hoch.

Generell gilt: Baclofen langsam in kleinen Schritten aufdosieren, bis erste Nebenwirkungen auftreten. Die Nebenwirkungen sind häufig "nur" erhöhte Müdigkeit, ein bisschen "Neben-Sich-Stehen"...also nichts Weltbewegendes. Dann auf dieser Stufe (bei der erste Nebenwirkungen aufgetreten sind) verharren. In der Regel verschwinden die Nebenwirkungen nach wenigen Tagen wieder. Besteht nach wie vor Craving ("Trinkverlangen"), dann sollte die Dosis - nachdem die Nebenwirkungen abgeklungen sind - langsam weiter gesteigert werden, bis erneut Nebenwirkungen auftreten. Dann wieder innehalten und so weiter. Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem die Nebenwirkungen auch nach ein oder zwei Wochen nicht mehr verschwinden. Etwas unterhalb liegt dann die ideale individuelle Erhaltungsdosis [smile] .

Im Idealfall pendelt es sich so ein, dass man bei der idealen persönlichen Erhaltungsdosis kein oder kaum Craving ("Trinkverlangen") und keine oder kaum Nebenwirkungen hat.

Ich freue mich für Dich, dass alles so schnell und unkompliziert geklappt hat!

Papfl

P.S. Auch wenn die meiste Zeit dank Baclofen kein oder kaum Verlangen nach Alkohol besteht, kann es schon mal die ein oder andere Situation geben, in der einen das Craving wieder "übermannt". Einfach, weil bestimmte Trigger ("Auslöser") oder gewohnte Verhaltensweisen ("Feierabend- oder Fußballbierchen", "Belohnungstrinken") sich bemerkbar machen. Dann hat es sich bewährt, eine so genannte "Notfalldosis" (eine halbe Tablette) zusätzlich zum eigentlichen Schema einzunehmen. Am besten zerkauen oder unter der Zunge zergehen lassen, dann wird der Wirkstoff schneller aufgenommen. Am Anfang würde ich das aufgrund der geringen Grunddosis noch nicht unbedingt machen, aber wenn Du in Woche zwei oder drei angekommen bist, kannst Du das in entsprechenden Situationen durchaus in Erwägung ziehen. Aus therapeutischer Sicht ist es natürlich parallel dazu sinnvoll, sich auch alternative Strategien ("Wie kann ich mich außer mit Alkohol noch belohnen?", "Wie kann ich meine Freizeit sinnvoll ausfüllen?", "Was wollte ich schon immer mal tun, konnte es aber vielleicht aufgrund der 'Trinkerei' nie verwirklichen?" etc.) zu überlegen.
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Re: fredi sucht Arzt

Beitragvon DonQuixote » 4. Februar 2016, 19:21

Hi Fredi

Toll, dass das so schnell geklappt hat. Danke für das Feedback. Ich wünsche Dir alles Gute für Deine weitere Therapie und wenn es irgendwann Fragen gibt, dann weißt Du ja, dass Du sie hier stellen kannst.

DonQuixote


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