Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
Benutzeravatar

Thread-Starter
monaco1078
Beiträge: 3
Registriert: 26. August 2016, 13:17
Hat sich bedankt: 2 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon monaco1078 » 26. August 2016, 13:51

Liebe Foren Mitglieder,

ich bin 37,m und konsumiere seit 22 Jahren Alkohol. Ich trinke nicht regelmäßig. Ganz im Gegenteil - ich trinke wochenlang nichts - auf einmal spult sich bei mir im Kopf ein Film ab und ich trinke maßlos.
Grds. bin ich sportlich und aktiv. Durch die "Abstürze" zerstöre ich jedoch successive mein Umfeld (privat&beruflich). Ich bin seit fünf Jahren in ambulanter Psychotherapie, aber werde immer wieder rückfällig.
Meine Frage wäre, ob Baclofen mir helfen kann/könnte?

Lieben Dank für eure Antworten.

Benutzeravatar

andi
Beiträge: 323
Registriert: 14. April 2010, 22:42
Wohnort: Baden-Württemberg
Hat sich bedankt: 119 Mal
Danksagung erhalten: 73 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon andi » 26. August 2016, 15:48

Hallo monaco,

herzlich willkommen im Forum.

Baclofen kann! helfen. Schreibe doch bitte unseren DonQuixote (Forumsadmin&Inhaber) an, damit er dir für deinen Wohnort einen Arzt vorschlagen kann. Erstmal hier die ersten Schritte was Baclofen angeht, etwas studieren.

Viel Erfolg

lg
andi

Benutzeravatar

Papfl
Beiträge: 2509
Registriert: 28. Juli 2012, 14:25
Hat sich bedankt: 284 Mal
Danksagung erhalten: 736 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon Papfl » 26. August 2016, 16:46

Hallo monaco1078!

Herzlich willkommen im Forum [hi_bye] . Schön, dass Du da bist [smile] .

Vielleicht erstmal ein paar allgemeine Infos vorweg [smile] : Eigentlich ist Baclofen kein Bedarfsmedikament. Die Idee, die hinter der Baclofen-Therapie steht, war ursprünglich

a) über die "Beruhigung" der GABA-B-Rezeptoren langfristig einen ausgeglichenen, entspannten, relaxten Zustand herzustellen, damit extreme Stress-Situationen, Spannungen, Ängste und Verstimmungen, die einen zur Flasche greifen lassen, gar nicht erst aufkommen und

b) das körperliche Verlangen nach Alkohol (physisches Craving) einzudämmen, um die zwanghafte Komponente des abhängigen Trinkens ein Stück weit auszuschalten.

Erfahrungsgemäß ist es - zumindest in der Anfangsphase - daher wichtig, möglichst einen gleichmäßigen Baclofenspiegel über den Tag verteilt aufzubauen (z. B. mit drei bis vier Einnahmezeitpunkten im Abstand von +/- 4 Stunden) und das Medikament dabei langsam in kleinen Schritten aufzudosieren. Wie man dabei am besten vorgeht, steht im Leitfaden für die Anwendung, der sich als gute Orientierungshilfe erwiesen hat.

Im Rahmen dieses Therapieplans kann man dann durchaus - wenn das Trinkverlangen plötzlich mal besonders stark sein sollte - eine "Notfallration" Baclofen (die Höhe ist abhängig von der jeweils aktuellen Tagesdosis) einnehmen, um das Trinkverlangen in akuten Situationen zusätzlich zu unterbinden.

monaco1078 hat geschrieben:Ich trinke nicht regelmäßig. Ganz im Gegenteil - ich trinke wochenlang nichts - auf einmal spult sich bei mir im Kopf ein Film ab und ich trinke maßlos.

Wenn Dein Hintergedanke ist, lediglich kurz bevor es wieder soweit ist, eine Tablette einzuwerfen, um dann nicht oder zumindest weniger zu trinken, wird das mit Baclofen so wohl eher nicht funktionieren [pardon] .

Hast Du schon mal etwas von Nalmefen (Selincro®) gehört? Dieses Medikament wäre vielleicht eher für einen solchen Einsatz geeignet. Das käme auf einen Versuch an. Und darauf, wie "gut" das Medikament (Nebenwirkungen) vertragen wird. Nalmefen (Selincro®) nimmt man 1-2 Stunden vor dem geplanten Trinkereignis ein. Und bei manchen Patienten funktioniert das auch. Sie trinken dann tatsächlich weniger.

Wie muss ich mir die "Filme" in Deinem Kopf vorstellen? Kannst Du die Auslöser für Deine "Trinkexzesse" näher definieren? Staut sich da über die Wochen davor etwas auf, das dann irgendwann "explodiert", oder ist es ein bestimmtes Ereignis, das Dich plötzlich "aus heiterem Himmel" aus der Bahn wirft und wieder maßlos trinken lässt?

Ich frage deswegen, weil Du eventuell - falls es sich tatsächlich um ein langsames Anstauen vieler einzelner Faktoren handelt, die dann irgendwann "überlaufen" - zumindest von Punkt a) (siehe oben) profitieren könntest. Dann könnte Baclofen durch seine entspannende, beruhigende Wirkung (evtl. in Kombination mit Psychotherapie) vielleicht im Vorfeld dazu beitragen, dass es gar nicht erst zum Ultimo kommt.

Auch das käme auf einen Versuch an [pardon] .

Näheres zum Thema Craving und der Wirkungsweise von Baclofen findest Du hier. Was die Baclofen-Therapie von der traditionellen Suchttherapie unterscheidet, wird hier erklärt. Ganz interessant ist auch die Erklärung, warum Baclofen kein Alkoholersatz ist.

Einen ersten Überblick rund um das Medikament bietet unsere Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick. Genaueres zur Dosierung und Therapie findest Du im Leitfaden für die Anwendung.

Lesenswert und aufschlussreich ist auch der Artikel "Ist Alkoholsucht doch heilbar?", den man auch online im PTA-Forum finden kann. Und natürlich das Buch "Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen. Der Kardiologe Olivier Ameisen war selbst betroffen und hat Baclofen als Therapieoption bei Abhängigkeitserkrankungen (wieder)entdeckt. Das Buch ist spannend zu lesen! Du kannst die E-Book-Version des Buches auch kostenlos über dieses Forum "ausleihen". Bei Interesse schreibe das bitte einfach in die Private Nachricht (PN) an @DonQuixote mit rein, wenn Du ihn um eine Arztadresse bittest.

Da wir unsere Arztadressen aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich rausgeben, möchte ich Dich bitten, @DonQuixote (er verwaltet unsere Arztadressen) kurz mit einer Privaten Nachricht (PN) anzuschreiben und ihm Deinen Wohnort samt Postleitzahl mitzuteilen. Er wird sich dann voraussichtlich gegen Abend bei Dir mit allen Infos melden.

Alles Gute einstweilen!

Papfl
„Der Hori­zont vie­ler Men­schen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nen­nen sie dann ihren Stand­punkt."
Albert Ein­stein (1879 - 1955)

Benutzeravatar

Thread-Starter
monaco1078
Beiträge: 3
Registriert: 26. August 2016, 13:17
Hat sich bedankt: 2 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon monaco1078 » 26. August 2016, 18:52

Hallo Papfl,

erstmal ganz, ganz herzlichen Dank für die ausführliche Antwort und die Tipps. :kl :kl

Zu den Punkten:

Papfl hat geschrieben:Hast Du schon mal etwas von Nalmefen (Selincro®) gehört? Dieses Medikament wäre vielleicht eher für einen solchen Einsatz geeignet. Das käme auf einen Versuch an. Und darauf, wie "gut" das Medikament (Nebenwirkungen) vertragen wird. Nalmefen (Selincro®) nimmt man 1-2 Stunden vor dem geplanten Trinkereignis ein. Und bei manchen Patienten funktioniert das auch. Sie trinken dann tatsächlich weniger.


JA - habe ich schonmal getestet und war enttäuscht, da ich trotzdem etwas getrunken habe. Ist aber Jahre her, evtl. sollte ich Selincro® nochmal eine Chance geben. Bei mir ist es die Frage, ob ich das dann nehme.
Hier käme es zu Punkt 2:

Papfl hat geschrieben:Wie muss ich mir die "Filme" in Deinem Kopf vorstellen? Kannst Du die Auslöser für Deine "Trinkexzesse" näher definieren? Staut sich da über die Wochen davor etwas auf, das dann irgendwann "explodiert", oder ist es ein bestimmtes Ereignis, das Dich plötzlich "aus heiterem Himmel" aus der Bahn wirft und wieder maßlos trinken lässt?


Das klingt jetzt sicher seltsam: aber ich trinke nicht, wenn es mir schlecht geht, sondern meist es mir gut/normal geht. Ich verspüre Stunden vor den Exzessen bereits eine positive Unruhe aufsteigen und habe sehr viel Energie. Oft in Kombination mit einer eher stressigen Jobsituation (aber nicht negativ), Dann führt das automatisch zum exzessiven Trinkverhalten. Wenn ich mal ein Glas bestellt habe, höre ich nicht mehr auf.
Ich kann mir aber vorstellen, dass sich diese Zustand langsam aufbaut und ich dies nicht "bewusst wahrnehme". Grds. ist "Alkohol" immer ein Thema im Kopf. Ich habe es aber schonmal geschafft 6 Monate trocken zu bleiben.Aber weg war das Gefühl nie. Ich war oft unter Anspannung.

Ich hoffe jetzt ists transparenter - daher bin ich skeptisch ob Baclofen eine Option für mich wäre. Ich habe leider nur schon sovieles vergeblich versucht.

Danke!

Benutzeravatar

Papfl
Beiträge: 2509
Registriert: 28. Juli 2012, 14:25
Hat sich bedankt: 284 Mal
Danksagung erhalten: 736 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon Papfl » 26. August 2016, 19:32

Hallo monaco1078!

monaco1078 hat geschrieben:JA - habe ich schonmal getestet und war enttäuscht, da ich trotzdem etwas getrunken habe. Ist aber Jahre her, evtl. sollte ich Selincro® nochmal eine Chance geben.

Nalmefen (Selincro®) wurde Anfang 2013 erst zugelassen, in Deutschland kam es noch später (September 2014) auf den Markt. Kann es sein, dass Du "Jahre her" das Vorgängerpräparat Naltrexon bekommen hast?

Verstehe mich bitte nicht falsch, ich bin wahrlich kein Verfechter von Nalmefen (Selincro®), aber ich kenne halt auch Fälle, in denen das Medikament wirklich hilft. Es dämpft - vereinfacht gesagt - die Dopaminausschüttung. Wenn Du in erster Linie auf Erfolge und in guter Stimmung trinkst, willst du dieses Hochgefühl ja durch den Alkohol zusätzlich "bis ins Unendliche" pushen (daher auch das "bis Ultimo" Weitertrinken). Und dabei spielt Dopamin eine wichtige Rolle. Deshalb wäre es vielleicht gar nicht verkehrt, wenn man das ein bisserl "drosselt". So dass der Alkohol quasi kein "Mehr" an Euphorie mehr bringt.

Auch bei Baclofen gibt's weniger Dopaminausschüttung, hier allerdings, weil der beruhigende, hemmende Botenstoff Gamma-Aminobuttersäure (GABA) sich "bremsend" auf "aktivierende" Prozesse auswirkt und gleichzeitig für ein entspanntes, ausgeglichenes Allgemeinempfinden sorgt.

monaco1078 hat geschrieben:...daher bin ich skeptisch ob Baclofen eine Option für mich wäre.

Meiner Ansicht nach spricht nichts gegen einen Versuch [pardon] . Ich würde beiden Medikamenten, also Nalmefen (Selincro®) (falls es doch nicht das Medikament war, das Du bereits getestet hattest) und Baclofen eine Chance geben. Was hast Du zu verlieren? Wenn's nicht klappt, stehst Du am gleichen Punkt wie jetzt.

Du schreibst, Alkohol ist immer - auch in den nüchternen Phasen - in Deinem Kopf präsent. Das deutet ja schon ein bisserl auf Craving (u. a. Gedankenkreisen um Alkohol) hin. Und hier kann Baclofen definitv helfen. Vielleicht führt ja eine gewisse Ausgeglichenheit und Grundruhe langfristig dazu, dass die Sehnsucht nach dem "Alles noch extremer toppen" etwas nachlässt [unknown] ?!?

Wenn Du einen Versuch mit Baclofen machen möchtest, sollte Dir halt bewusst sein, dass Du das Medikament dann mehrmals täglich über einen "längeren" Zeitraum nehmen musst. Zum Testen, ob's was bringt, eben mindestens bis zu Deinem nächsten potentiellen Exzess [wacko] ...der im Idealfall ja dann nicht stattfinden würde :wink: .

Da Du abstinent/nüchtern mit der Einnahme beginnen würdest, würde sich sehr schnell zeigen, ob Du eine positive Wirkung durch Baclofen verspürst. Wenn parallel zur Einnahme getrunken wird, dauert es bis zu einem spürbaren Effekt meist etwas länger.

Nalmefen (Selincro®) würdest Du einfach bei Bedarf - also ein oder zwei Stunden vor dem Trinkereignis - einnehmen.

Wie gesagt: Einen Versuch ist es immer wert. Mehr als schief gehen (im Sinne von "bringt nichts") kann's nicht.

Papfl
„Der Hori­zont vie­ler Men­schen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nen­nen sie dann ihren Stand­punkt."
Albert Ein­stein (1879 - 1955)

Benutzeravatar

andi
Beiträge: 323
Registriert: 14. April 2010, 22:42
Wohnort: Baden-Württemberg
Hat sich bedankt: 119 Mal
Danksagung erhalten: 73 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon andi » 26. August 2016, 19:58

So ähnlich hat auch meine Alkoholkarriere vor 17 Jahren schleichend angefangen. Sprich, aus positiven Situationen heraus, später aus den negativen, anschließend ging's nicht ohne. Aber das ist schon mal gut, wenn du weißt was die Auslöser sind.

Baclofen ist eher für Betroffene, die täglich trinken(müssen) und sich vom Drang/Zwang wollen.
(Achtung, persönliche Meinung). Bei dir ist es ja anders, daher vllt. doch mit Nalmefen (Selincro®) noch mal probieren. Wenn ich die Wirkung dessen richtig verstanden habe, dann reduziert das die Trinkmenge von Alkohol (man will dann quasi nicht mehr), so dass du dich nicht mehr ohne Ende trinkst, was ja das Dilemma ist.

LG

Benutzeravatar

DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 832 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon DonQuixote » 26. August 2016, 21:29

Hi Monaco!

Es ist schon so wie die beiden anderen (@Andi und @Papfl) weiter oben geschrieben hatten: Für (umgangssprachlich) „Quartalstrinker“ wie Du gibt es mit Baclofen leider nur ganz wenig Erfahrungen. Nur schon die Dosisfindung gestaltet sich schwierig, da man sich ja nicht täglich selbst über das Craving (Substanzverlangen) „befragen“ und kontrollieren kann.

Trotzdem würde ich aber mal eine möglichst hohe Grund-Dosierung des Medikaments Baclofen vorlegen. Wenn Du das Medikament gut verträgst, dann halt mindestens 75 mg / Tag, nach Möglichkeit aber auch noch mehr. Und dann guckst Du, ob diese quartalsmäßigen Anfälle ausbleiben oder sich zumindest deren Abstände erhöhen. Ich tät‘s jedenfalls mal versuchen :kst .

Meint DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
monaco1078
Beiträge: 3
Registriert: 26. August 2016, 13:17
Hat sich bedankt: 2 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Möchte mich vorstellen & kann mir Baclofen helfen

Beitragvon monaco1078 » 28. August 2016, 11:01

Vielen Dank an alle!!!!
[good]
Mit so kompetenter und ausführlicher Hilfe hatte ich gar nicht gerechnet. WOW! Tausend Dank!
Selincro® hatte ich direkt nach dem Erscheinen getestet - es ist gut möglich, dass dies September 2014 war.
Es kann sein, dass ich Selincro® damals nicht richtig eingeschätzt habe, weil ich ein "Wundermittel" erwartet hatte. "Mutwillig" kann man natürlich alles als "nutzlos" erklären....
Ich würde jetzt euren Tipps folgen und es nochmal mit Selincro® versuchen und ggf. nach Abstimmung mit einem Arzt Backofen testen.
@DonQuixote: ich sende Dir eine PN!


Zurück zu „Mitglieder stellen sich vor“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste