Langzeitwirkung und Absetzen von Baclofen

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astarus
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Langzeitwirkung und Absetzen von Baclofen

Beitragvon astarus » 9. August 2019, 14:01

Hallo zusammen,

ich lese hier seit längerem mit, habe mich aber erst jetzt registriert wegen einem Thema, was mich seit kurzem sehr beschäftigt. Meine Wenigkeit hat nur seit etwa 6 Wochen praktische Erfahrungen mit Baclofen sammeln können, eigentlich (auf das eigentlich gehe ich später noch ein) eindeutig bis jetzt in eine sehr positive Richtung. Ich bin seit der Zeit auch komplett trocken (abgesehen von einem kleinen Rückfall, der ohne Folgen blieb) und mir fällt es bereits jetzt leichter „NEIN“ zu Alkohol zu sagen, wenn der Trinkwunsch kommt.

Ich habe seit Monaten versucht möglichst viele Infos zu diesem Medikament zu sammeln, vor allem natürlich in diesem Forum und aufgrund der vielen positiven Berichte, mich dazu entschlossen endlich meinen Arzt nach einer solchen Therapie zu fragen. Das hat auch nach dem zweiten Anlauf geklappt. Momentan bin ich bei 50mg/Tag.

Um gleich zu der eigentlichen Frage zu kommen: Gibt es User, die es geschafft haben, nach einer längeren Therapiedauer (mehr als 6 Monate), Baclofen selbstständig und ohne größere Probleme abzusetzen? Unabhängig davon, was der Hintergrund war. Vielfach habe ich Antworten gelesen, wie:

- „Warum absetzen? Ich werde es jahrelang/das ganze Leben lang nehmen, wie ein Blutdruckmedikament. Schließlich ist meine Alkoholabhängigkeit ja nicht damit geheilt, es schafft mir nur den Freiraum, zu entscheiden, ob ich trinken will oder nicht“
- „Ich kann es jederzeit ausschleichen. Ganz easy, einfach vorsichtig runterdosieren und gut ist.“

Ich finde den ersten Punkt valide und bin vollkommen damit einverstanden, dass eine fortgeschrittene Alkoholabhängigkeit, wenn überhaupt, erst nach mehreren Jahren kombinierter Behandlung in den Griff zu kriegen ist. Trotz dessen finde ich es super wichtig zu erfahren, was das Medikament über Jahre hinaus mit dem Körper macht (ohne Frage, jahrelanges Trinken ist noch viel viel schlimmer für den Körper) und ob es möglich ist, davon wegzukommen, sollte der Wunsch oder ein gesundheitlicher Grund da sein. Was mir Sorge bereitet ist, dass wenn man über den Tellerrand der Alkoholabhängigkeit guckt und auch ausländische Foren durchforstet (natürlich ist da in den älteren Threads eher weniger das Alkoholproblem das Thema, sondern oft Medikamentenmissbrauch, sehr oft auch polytox), findet man nur Horrorberichte über das Absetzen von Baclofen von Usern, die Dosierungen über 75mg und länger als ein halbes Jahr systemisch zu sich nahmen. Die Gewöhnung an das Medikament und der Entzug soll sehr stark sein, und Panikattacken und Depressionen, die mehrere Jahre noch einen verfolgen, auch bei einem schrittweisen Ausschleichen. Man findet generell sehr wenig Berichte von denen, die es überhaupt geschafft haben, Baclofen komplett abzusetzen. Und die, die es geschafft haben, berichten über eine Abgestumpfheit, Anhedonismus, Schlaflosigkeit und von irreparablen Schäden, was u.A. das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit betrifft, die erst dadurch entstanden sind, weil man es über einen längeren Zeitraum täglich eingenommen hat. Ich maße mir nicht an, über die Glaubwürdigkeit solcher Berichte zu entscheiden, aber sie sind nun mal da und leider auch mehr als zuhauf. Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob in solchen Foren wie dieses hier, die Gefahren nicht runtergespielt werden, indem man sich nur darauf konzentriert stetig die Dosis zu steigern und jegliche Nebenwirkungen, Panikattacken bei Dosisreduktionen usw. weg argumentiert. Dies soll nicht unbedingt eine Kritik sein, aber ein aktueller Eindruck von mir. Man hat nämlich das Gefühl (zumindest war es bei mir so), dass Baclofen nur akute Nebenwirkungen besitzt, die man entweder verträgt oder nicht. Dass es aber auch nachhaltig die Gehirnchemie verändert, psychische und möglicherweise körperliche Gewöhnung, die stärker als bei Alkohol und einigen Benzodiazepinen ist, relativ rasch aufbaut,- das erfährt man alles sehr spät.

Letztendlich würde es mich einfach freuen, wenn sich Langzeitberichte, die das Medikament erfolgreich abgesetzt haben und wie es gelaufen ist. Dieses Wissen muss genauso geteilt werden, wie die Erfolgsberichte über den Sieg über Alkohol.

Danke!

P.S. Auch eine interessante Frage wäre, wie ein unbeabsichtigter Entzug gehandhabt wird (Krankenhaus etc, besondere Situationen.) Baclofenentzug nach einer längeren hohen Dosierung scheint lebensgefährlich zu sein, wenn man die Dosis für mehr als 24-48 Std. aussetzt. Besonders gefährlich dabei finde ich dass man öfters liest, dass sich die Entzugssymptome nicht mit Benzodiazepinen behandeln lassen (wie z.B. bei Alkohol).

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Lucidare
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Re: Langzeitwirkung und Absetzen von Baclofen

Beitragvon Lucidare » 10. August 2019, 05:37

Moin astarus,

astarus hat geschrieben:Ich bin seit der Zeit auch komplett trocken (abgesehen von einem kleinen Rückfall, der ohne Folgen blieb) und mir fällt es bereits jetzt leichter „NEIN“ zu Alkohol zu sagen, wenn der Trinkwunsch kommt.


Herzlichen Glückwunsch dazu! [good]

astarus hat geschrieben:Was mir Sorge bereitet ist, dass wenn man über den Tellerrand der Alkoholabhängigkeit guckt und auch ausländische Foren durchforstet (natürlich ist da in den älteren Threads eher weniger das Alkoholproblem das Thema, sondern oft Medikamentenmissbrauch, sehr oft auch polytox), findet man nur Horrorberichte über das Absetzen von Baclofen von Usern, die Dosierungen über 75mg und länger als ein halbes Jahr systemisch zu sich nahmen.


astarus hat geschrieben:Dass es aber auch nachhaltig die Gehirnchemie verändert, psychische und möglicherweise körperliche Gewöhnung, die stärker als bei Alkohol und einigen Benzodiazepinen ist, relativ rasch aufbaut,- das erfährt man alles sehr spät.


astarus hat geschrieben:Baclofenentzug nach einer längeren hohen Dosierung scheint lebensgefährlich zu sein, wenn man die Dosis für mehr als 24-48 Std. aussetzt. Besonders gefährlich dabei finde ich dass man öfters liest, dass sich die Entzugssymptome nicht mit Benzodiazepinen behandeln lassen (wie z.B. bei Alkohol).


astarus hat geschrieben:Man findet generell sehr wenig Berichte von denen, die es überhaupt geschafft haben, Baclofen komplett abzusetzen. Und die, die es geschafft haben, berichten über eine Abgestumpfheit, Anhedonismus, Schlaflosigkeit und von irreparablen Schäden, was u.A. das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit betrifft, die erst dadurch entstanden sind, weil man es über einen längeren Zeitraum täglich eingenommen hat.


Um es kurz zu fassen: Baclofen wird seit 50 Jahren eingesetzt. Man gehe mal davon aus, es gebe einen "lebensgefährlichen Entzug" oder "bleibende Schäden" oder eine "stärkere Gewöhnung als bei Alkohol oder Benzodiazepinen", meinst Du nicht so etwas würde über den Beipackzettel kommuniziert werden müssen?

Wenn Du irgendwelche "Horrorberichte" findest stelle den Link dazu hier ein. So frei formulierte Eindrücke gleiten sonst schnell in das Reich der Verschwörungstheorien ab und verunsichern Dich nur weiter. Man kann sich das dann anschauen und entsprechend Stellung dazu nehmen.

LG
Zuletzt geändert von Lucidare am 10. August 2019, 08:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Langzeitwirkung und Absetzen von Baclofen

Beitragvon Chinaski » 10. August 2019, 06:56

Hallo Lucidare, Hallo astarus,

Lucidare hat geschrieben:
Um es kurz zu fassen: Baclofen wird seit 50 Jahren eingesetzt. Man gehe mal davon aus, es gebe einen "lebensgefährlichen Entzug" oder "bleibende Schäden" oder eine "stärkere Gewöhnung als bei Alkohol oder Benzodiazepinen", meinst Du nicht so etwas würde über den Beipackzettel kommuniziert werden müssen?

Wenn Du irgendwelche "Horrorberichte" findest stelle den Link dazu hier ein. So frei formulierte Eindrücke gleiten sonst schnell in das Reich der Verschwörungstheorien ab und verunsichern Dich nur weiter. Man kann sich das dann anschauen und entsprechend Stellung dazu nehmen.


Also ich habe in den Jahren in denen ich hier im Forum bin noch nie etwas von derartigen Absetzerscheinungen gehört oder gelesen.
Geschweige denn von bleibenden Schäden.

Natürlich sollte man Baclofen nicht von heute auf morgen sofort absetzen sondern ausschleichen aber das sollte man bei fast allen Medikamenten machen die man als Dauermedikation nimmt.

Bitte stelle doch wie Lucidare der gesagt hat die entsprechenden Links zu den Beiträgen ein damit man sich damit auseinander setzen kann.
Vielen Dank!

Gruß...
Chinaski

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Re: Langzeitwirkung und Absetzen von Baclofen

Beitragvon DonQuixote » 12. August 2019, 20:21

Hallo astarus

Ich kann mich @Lucidare und @Chinaski nur anschließen: Das dürften frei erfundene Schauermärchen sein, von denen da berichtet wird. Es gab auch hier bei uns im Forum schon Figuren (Trolle), welche das versucht hatten. Die wurden dann aber ziemlich schnell eines besseren belehrt.

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Re: Langzeitwirkung und Absetzen von Baclofen

Beitragvon Lucidare » 15. August 2019, 08:48

Moin astarus!

astarus hat geschrieben:Ich maße mir nicht an, über die Glaubwürdigkeit solcher Berichte zu entscheiden, aber sie sind nun mal da und leider auch mehr als zuhauf


astarus hat geschrieben:Besonders gefährlich dabei finde ich dass man öfters liest, dass sich die Entzugssymptome nicht mit Benzodiazepinen behandeln lassen (wie z.B. bei Alkohol).


Vielleicht war meine Erwartungshaltung etwas zu hoch aber ich hatte eigentlich damit gerechnet das einige "Zuhauf- und Öftersbeitrage" von Dir hier zitiert oder verlinkt werden... :grbl

Wie schon erwähnt ergibt sich sonst der bittere Beigeschmack eines Verschwörungstheoretikers.

Nix für ungut. [pardon]

LG
Wer aus meinen Texten nicht herauslesen kann, dass ich aus persönlicher Erfahrung schreibe, wird mich sowieso missverstehen. Ronja von Rönne


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