JazzGustl hat geschrieben:Ich habe bei Euch einen interessanten Thread gefunden zur Dosierung: Faustformel Alkohol:Baclofen nach WilloTse. Das ist leider ein älterer Thread, viel mehr habe ich nicht gefunden, hat sich das nicht bewährt?
dass den Faustformel - Thread nochmal jemand exhumiert, hätte ich jetzt nicht erwartet.
Da muss ich etwas weiter ausholen:
zunächstmal: die Datenlage ist nach wie vor zu dünn, um allgemeingültige Aussagen treffen zu können. Das hat verschiedene Gründe, die meisten Ärzte sind nicht sonderlich zahlenaffin *hüstel*, und Informationen an Fremde herausgeben geht schonmal gar nicht. Da hilft der Hinweis, dass die Daten restlos anonymisiert sein können, auch nicht viel.
Manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass diese Zahlen in den Arztpraxen schlicht nicht erhoben werden. Selbst meine sehr engagierte Hausärztin, die unsere komplette Familiengesundheit seit 15 Jahren betreut, könnte Dir unter der Folter nicht sagen, wie viel Alkohol ich vor Beginn meiner Therapie konsumiert habe oder jetzt konsumiere.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich schon die deutschen "Baclofen-Ärzte" in zwei Gruppen einteilen lassen: die "frankophilen", die behandeln nach dem Motto: "Reicht noch nicht? Aufdosieren!", ohne auch nur nachzufragen, wie hoch denn der aktuelle Konsum bzw. die bisher erreichte Konsumreduktion in Gramm alc/d sind. Und die "germanophilen", die behandeln: "Egal wie es Ihnen geht, bei 75mg/d (Packungsbeilage Baclofen) steige ich aus!".
Damit ist jeder Versuch, eine Korrelation Trinkmenge : Baclofendosis herzustellen, zum Scheitern verurteilt.
Die meisten Forenuser, sorry, wenn ich das so sage, sind nach vier Wochen wieder weg, da kriegst Du auch keine brauchbaren Daten zusammen.
Das Ganze basiert also nur auf Zweit-, Dritt-, Viertauswertung von bereits "gebrauchten" Daten von vielleicht 100 oder 200 Patienten. Das ist nichts, was ich so im Lancet veröffentlicht sehen möchte.
Dazu kommt ein zweites Problem, was mit gleicher Wahrscheinlichkeit an
- den zu kleinen Datensätzen oder
- der tatsächlich völlig unkorrelierten Individualdosis liegen kann
(und ich kann mit den vorliegenden Zahlen beim besten Willen nichtmal sagen, woran es denn nun liegt):
Die Intragruppenvarianz ist - ich betone nochmal: bei den paar Daten, die ich habe - praktisch gleich groß wie die Intergruppenvarianz. Und das ist Käse.
Ich erkläre das mal kurz:
Wenn Du nach unbehandeltem Alkoholkonsum Gruppen bildest: bis 50 Gramm/Tag, bis 100, bis 200, über 200 (zum Beispiel), dann findest Du innerhalb der Gruppen Baclofendosen von 25 bis 250 mg/Tag. Und zwar in jeder Gruppe, und das ist der Haken. Über die vier Gruppen findest Du - logischerweise - ähnliche Zahlen.
Daraus lassen sich seriös derzeit keine Cluster finden, für die ich auch nur einen Fingernagel ins Feuer legen möchte, geschweige denn, meine Hand.
Man kann - aber auch das nur in aller Vorsicht - sagen, dass die derzeit vorliegenden Zahlen darauf hindeuten könnten, dass wohl die Wahrscheinlichkeit der Notwendigkeit einer höheren Dosierung mit der Höhe des vorangegangenen Konsums steigt. Dass also in der Gruppe > 200 Gramm Alkohol/Tag MEHR Leute sind, die auch > 100mg Bac/Tag benötigen.
Mehr würde ich derzeit nicht behaupten wollen und schon dabei habe ich leichtes Bauchweh.
JazzGustl hat geschrieben:Es wäre schon hilfreich zu wissen, wohin die Reise so etwa noch geht.
Jepp, ganz Deiner Meinung.
Aber dazu bräuchte es eine viiiiel breitere Datenbasis. Woher nehmen und nicht stehlen?
Vielleicht lesen das ja ein paar Ärzte hier, ich biete meine Unterstützung bei der statistischen Auswertung gern nochmal an. Dazu müssten sich aber ein paar Ärzte diesbezüglich bei mir melden. Oder es klärt sich, wenn unsere Freunde mit Bacloville und Alpadir mal aus dem Quark kommen...
LG
Willo