2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

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WilloTse
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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon WilloTse » 24. Mai 2012, 15:13

Hi Don,

das hat sich gerade überschnitten mit pm, ich hab' Kontakt mit ihr aufgenommen. Bitte jetzt nicht alle hinterhermailen, wir wollen sie ja nicht vergrätzen;-))

Kategorien hab' ich einfach übernommen:
DonQuixote hat geschrieben:
Dr. Annie Rapp hat geschrieben:Ich habe die Patientenakten in vier Kategorien eingeteilt:

  1. Diejenigen, welche die Behandlung nach dem ersten Monat abgebrochen haben. 31 Personen, 20,4 %
  2. Diejenigen, welche mehr als 2 Monate in Behandlung waren, diese jedoch scheiterte. (Vorläufig, denn sie können zur Behandlung zurückkehren) 19 Personen, 19,5 %
  3. Diejenigen, für die Alkohol kein Problem mehr ist, sei es, weil sie keinen mehr trinken, oder sei es, weil dies nicht mehr zwanghaft und nur noch in sehr moderatem Maße erfolgt. 57 Personen, 37,5 %
  4. Diejenigen, deren Therapie noch andauert, bisher mehr als drei Monate dauerte, die jedoch den gewünschten Erfolg noch nicht haben. 24 Personen, 15,8 %
Wenn ich bei denen, die die Therapie absolvierten, d.h. zu den Konsultationen kamen und das Medikament mehr als 2 Monate einnahmen die Prozentauswertung von Erfolg und Misserfolg mache, zähle ich 2.) und 3.) zusammen und komme auf 76 Personen.


Abgebrochen: Kat 1
Gescheitert: Kat 2
Erfolg: Kat 3
Offen: Kat 4

Hab' ich mich da irgendwo verdaddelt? Ich guck nachher nochmal, sonst gern auch direkt 'drauf hinweisen. Donnerstags und Sonntags nehme ich mir Urlaub von der Unfehlbarkeit;-))

LG

Willo

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 24. Mai 2012, 15:45

DonQuixote hat geschrieben:Aber ich kann ihre Mail-Adresse nicht finden!?! Tomaten auf den Augen oder grad ein Baclofen-Flash?

Abgefahren! Habe nach „Rappe“ statt „Rapp“ gesucht. Alles wird gut. Anfrage geht demnächst raus.

Gruß DonQuixote

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon GoldenTulip » 24. Mai 2012, 15:52

Abgefahren! Habe nach „Rappe“ statt „Rapp“ gesucht

Jetzt verstehe ich einiges besser, GLG an Rosinante, die wohl beleidigt in irgendeiner Ecke steht...
[lol]
cgs

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Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon WilloTse » 24. Mai 2012, 21:41

DonQuixote hat geschrieben:Trotzdem ein kleiner Hinweis: Ich glaube in Deinen letzten beiden heutigen Texten von 05:48 und 08:18 hast Du manchmal die Kategorien verwechselt.
Stimmt, sorry. Ich hatte - fand ich logisch - die Patienten, die noch in Behandlung sind, aber bisher keinen Erfolg haben (Kategorie 4) mit eingerechnet. Die lässt Dr. Rapp aber außen vor?! [wacko]

Ich mich jetzt auch erstmal.
Gut's Nächtle und LG

Willo

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon WilloTse » 25. Mai 2012, 10:00

So, dann rudern wir mal ein paar Bootslängen zurück [whistle] :

Ich hab' mich tatsächlich mit den Kategorien vergaloppiert: sorry. Dieser Teil meiner Kritik ist daher inhaltlich falsch.
Sie hat offenbar aus der "Erfolgsrechnung" die "Abbrecher" (Kat. 1) und die "offenen Fälle: Behandlung läuft noch, aber bisher ohne Erfolg" (Kat. 4) herausgerechnet. Ob das jetzt legitim ist, kann ich so nicht beurteilen. Mir hat es immernoch ein "G'schmäckle", wenn von 152 Patienten nur 76 ausgewertet werden. Auf jeden Fall ist es so aber deutlich logischer.

Die irgendwie irgendwo verlorenen 21 Personen, die Zeitlücke zwischen Kat. 1 (bis einen Monat) und Kat. 2 bzw. 4 (länger als zwei Monate. Es fehlt also der zweite Monat komplett.) und der vollständig fehlende Vergleich zu Behandlungserfolgen ohne Baclofen nur mit NLP/AT in verwandten Zeiträumen bleibt aber als Kritik stehen.

Ich hoffe, nu hab ich's. Nochmal Entschuldigung für den Hirnaussetzer.

LG

Willo

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 25. Mai 2012, 10:36

Hallo Willo

Willo hat geschrieben: […] und der vollständig fehlende Vergleich zu Behandlungserfolgen ohne Baclofen nur mit NLP/AT in verwandten Zeiträumen bleibt aber als Kritik stehen.

Sorry, kann sein das der noch für eine weitere halbe Bootslänge gut ist. Denn als dritten Satz hat sie bereits geschrieben:

Dr. Anie Rapp hat geschrieben:Bis dahin habe ich mit den bisherigen Therapieansätzen keine Erfolge bei der Behandlung von Alkoholabhängigen gekannt.

Es ist MIR auch aufgefallen, dass die Zeitkriterien „nach dem“ und „mehr als“ etwas unscharf formuliert sind. Aber ob das den Verbleib der 21 „Verschollenen“ erklärt? Wir werden sehen ...

Ahoi. DonQuixote

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon WilloTse » 25. Mai 2012, 12:24

Hi Don!
DonQuixote hat geschrieben:Sorry, kann sein das der noch für eine weitere halbe Bootslänge gut ist.

Das hatte ich gelesen. Das ist mir zu WischiWaschi. Gar kein Erfolg in der PT vorher? Also im Sinne von "null, niente, nada"? Das glaub' ich nun auch nicht. Gerade im Vergleich der Zeitreihen erwarte ich eine sehr interessante Information, die diese Beobachtungs"studie" über vieles andere erheben würde, was es bisher gibt.

Ich stelle mir das in etwa so vor (PT allein / PT plus BAC, Achtung: fiktive Werte!!): nach zwei Monaten 70% / 80% Erfolg. nach 6 Monaten 50% / 70%, nach 12 Monaten 30% / 60%. Nach 24 Monaten 10% / 50%.

DAS hätte Brisanz. Und da sie ihre Patientenakten ja grundsätzlich in Ordnung zu haben scheint, müsste sie diese Werte eigentlich liefern können.

Dafür würde ich nicht nur die Goldmedaille im Zurückrudern erobern, dafür würde ich nach Paris fahren und sie höchstpersönlich umarmen (so sie denn Wert darauf legt;-))
LG

Willo

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 25. Mai 2012, 15:23

Hallo Willo

Ja, klar wäre sowas schön. Ich sehe das aber im Rahmen einer EINZELPRAXIS als nicht durchführbar an. Sie müsste dann ja die ihrer Ansicht nach bessere Therapie (die mit Baclofen) ABSICHTLICH einzelnen Patienten vorenthalten. Oder? Dafür würde sie nicht grad umarmt werden. *grübel*

Meint DonQuixote

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 27. Mai 2012, 15:55

Hallo Willo
Doch, es ginge! Jetzt rudere ICH eine Bootslänge zurück. Oh Mann, so kommen wie ja nie voran … [dash]

Es ginge nämlich dann, wenn sie sich streng an das letzte Kommunikee der französischen Alkohologischen Gesellschaft hielte, welches besagt, dass Baclofen eine therapeutische Option sein könnte, nachdem alle anderen, sorgfältig durchgeführten Therapieformen gescheitert sind. Aber an dieses Kommunikee hält sie sich ja bekanntlich eh nicht, und das ist auch gut so. Also weiterschippern …

DonQuixote

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon WilloTse » 29. Mai 2012, 11:19

DonQuixote hat geschrieben:wenn sie sich streng an das letzte Kommunikee der französischen Alkohologischen Gesellschaft hielte,

Hi Don!

siehste, auf DEN Trichter war ich jetzt wieder nicht gekommen. Was wär'n wir ohne uns? [dance]

Mir würde eigentlich ein Vergleich vorher/nachher mit vergleichbaren (sic!) Daten schon reichen. Anzahl der Alk - Patienten 2007 - 2009, klassische Behandlung, "trocken" nach 2;6;12;24 Monaten im direkten Vergleich zu Bacpatienten 2009 - 2011. Der Vorteil bei dieser Methode (WENN sie nicht auch die PT grundlegend geändert hat): der "gleiche" Ambitus der Behandlung, also der gleiche Heilwillen auf Seite der Therapeutin, ohne dass sie oder die Patienten in ihrer Meinungsbildung zum damaligen Zeitpunkt irgendwie von dem Bac - Heilsgedanken beeinflusst sein konnte.

Damit wäre ich schon mehr als zufrieden. Dann noch 'ne Erklärung zu den "Verschollenen" und zum fehlenden zweiten Monat (garantiert ein Flüchtigkeitsfehler...) und ich sabbere vor Dankbarkeit.

LG

Willo

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon WilloTse » 30. Mai 2012, 09:47

Hi @all!

DonQuixotes Idee, die für die Baclofen – Behandlung bei deutschen Hausärzten hoch relevanten Texte aus Frankreich nicht nur zu übersetzen, sondern sie auch als pdf zur Aufklärung und Absicherung der Ärzte „zum Mitnehmen“ aufzubereiten, unterstütze ich gern.

Daher hier meine kommentierte vorläufige Fassung der Bilanz von Frau Dr. Rapp. (Der obere Teil "Dr. Annie Rapp hat geschrieben" ist unverändert aus DonQuixotes Posting zu Beginn dieses Threads übernommen).

Die Kontaktaufnahme mit ihr ist erfolgt, wir hoffen, möglichst bald die offenen Fragen klären zu können.
Da ich im Galopp gern über’s Ziel hinausschieße, stelle ich den Text hier zur Diskussion. Nach erfolgter Kritik können wir ihn – bis zur Klärung der offenen Fragen – ebenfalls als pdf zu unseren Ärzten tragen.


Dr. Annie Rapp hat geschrieben:
Bilanz nach 2 Jahren Verschreibung von Baclofen gegen Alkoholismus. Dezember 2011. Dr. Annie Rapp

Ich habe mit der Verschreibung von Baclofen im Herbst 2009 begonnen. Einige Monate zuvor las ich einen Artikel über dieses Medikament und das Buch von Oliver Ameisen.

Bis dahin habe ich mit den bisherigen Therapieansätzen keine Erfolge bei der Behandlung von Alkoholabhängigen gekannt. Freiberuflich praktiziere ich seit Anfang der 80er Jahre. Davor arbeitete ich ein knappes Dutzend Jahre in der Psychiatrie öffentlicher Einrichtungen, zuerst intern, danach als Vertragsarzt (franz: „médecin vacataire“).

Für mich konnte die Entdeckung einer wirksamen Behandlung des Alkoholismus nur eine gute Nachricht sein und ich wollte diese Behandlung anwenden um mich selbst von der Wirkung zu überzeugen. Ich hinterließ also eine Nachricht auf Seite der Assoziation AUBES welche verschreibende Ärzte suchte.

So kam ich zu meinen ersten Patienten. Dann sind mehrere Artikel in der Presse erschienen, bei denen ich mitgewirkt habe. Meine Mail-Adresse war im Internet leicht zu finden und so begannen Patienten in meine Praxis zu strömen …

Diesen Sommer habe ich die Patientenakten meiner Baclofen-Patienten, wie ich sie nenne, ausgewertet. Das Resultat bestätigt, was bereits Olivier Ameisen et Renaud de Beaurepaire zum Ausdruck brachten.

Hier nun einige meiner Schlussfolgerungen.

Ich habe von August 2009 bis zum 14 Juli 2011 insgesamt 152 (*) Patientenakten angelegt. Hier habe ich dann mit der Auswertung begonnen.

Ich habe keine Patienten-Selektion vorgenommen. Jeder der dies wünschte erhielt im Rahmen meiner Möglichkeiten einen Termin. Die Anfangsvereinbarung war, zuerst zu einer ersten Konsultation von einer Stunde zu erscheinen. Sie diente dazu, den Patienten kennenzulernen, die Behandlung festzulegen und das Medikament zu verschreiben. Danach folgten für die nächsten zwei Monate eine Konsultation alle zwei Wochen um die Behandlung weiter zu verfeinern.

Die zweiwöchigen Konsultationen dienten dazu, die Dosierung in Abhängigkeit von positiver Wirkung und Nebenwirkung festzulegen und bis zum gewünschten Resultat unterstützend einzugreifen. Letzteres wurde von einigen rasch erzielt (2 Monate), andere benötigten mehrere Monate.

Danach bestand die Behandlung in der Neuausstellung des Rezeptes, zunächst für einen Monat, danach für einen Monat 2-fach wiederholbar. Die Erhaltungsdosis liegt im Allgemeinen um einiges tiefer als die Dosis der Heilungsstufe. Jedenfalls liegt die Erhaltungsdosis stets in einem komfortablen Bereich, in welchem der Patient praktisch keine Nebenwirkungen mehr verspürt.

Die Hälfte der Patienten brauchte nichts anderes als das. Das Medikament genügte. Die andere Hälfte bedurfte während einiger Monate einer wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Psychotherapie.

Das Verfahren war, mit einem Rezept für 15 Tage, mit 20 mg zu beginnen und alle drei/vier Tage um 20 mg zu erhöhen. Danach wurde die weitere Erhöhung für jeden Einzelfall festgelegt. Immer in Abhängigkeit von positiver Wirkung und empfundenen Nebenwirkung. Die meisten haben in der Anfangszeit der Behandlung ihren Alkoholkonsum nicht eingestellt. Bei den erfolgreichen Fällen nahm der Konsum kontinuierlich ab, bis er entweder ganz abgesetzt wurde oder es nur noch gelegentlich und sehr moderat dazu kam.

Ich habe die Patientenakten in vier Kategorien eingeteilt:

  1. Diejenigen, welche die Behandlung nach dem ersten Monat abgebrochen haben. 31 Personen, 20,4 %
  2. Diejenigen, welche mehr als 2 Monate in Behandlung waren, diese jedoch scheiterte. (Vorläufig, denn sie können zur Behandlung zurückkehren) 19 Personen, 19,5 %
  3. Diejenigen, für die Alkohol kein Problem mehr ist, sei es, weil sie keinen mehr trinken, oder sei es, weil dies nicht mehr zwanghaft und nur noch in sehr moderatem Maße erfolgt. 57 Personen, 37,5 %
  4. Diejenigen, deren Therapie noch andauert, bisher mehr als drei Monate dauerte, die jedoch den gewünschten Erfolg noch nicht haben. 24 Personen, 15,8 %
Wenn ich bei denen, die die Therapie absolvierten, d.h. zu den Konsultationen kamen und das Medikament mehr als 2 Monate einnahmen die Prozentauswertung von Erfolg und Misserfolg mache, zähle ich 2.) und 3.) zusammen und komme auf 76 Personen.

Resultat OK: 75 %
Resultat nicht OK: 25 %

Mit den Patienten deren Resultat OK ist bleibe ich in Kontakt um die Situation auch langfristig bestätigen zu können. Dies könnte natürlich die Resultate nochmals verändern. Einige als gescheitert eingestufte könnten von einem anderen Arzt erfolgreich behandelt werden und andere, bisher erfolgreiche, könnten Rückfällig werden ohne mich zu informieren.

Ich habe auch die Faktoren untersucht, die eine Voraussage erlauben, wie gut oder schlecht ein Patient auf die Behandlung anspricht, und wie die Patienten, welche bisher nicht erfolgreich waren, besser begleitet werden können.

Erfolgsfaktoren sind nach meinen ersten Auswertungen:

  • Der völlig freiwillige Entschluss der Person, sich der Behandlung zu unterziehen.
  • Der Umstand, vor der Behandlung sozial kontrolliert zu trinken, d.h. abends, alleine oder diskret.
  • Die Person hat noch neue Lebensperspektiven.
  • Wenn psychische Probleme erfolgreich behandelt wurden und nur noch biologische Faktoren die Sucht bestimmen.
  • Die besten Heilungschancen haben diejenigen Personen, die nicht dem allgemeinen Klischee entsprechen und von außen nicht als Alkoholiker wahrgenommen werden. Manchmal erkennen sogar ihre Angehörigen und ihre Ärzte den Alkoholismus nicht.
Wie bereits erwähnt sind die hauptsächlichen Gründe für den Misserfolg:

  • Fehlende persönliche Motivation.
  • Hohes Ausmaß gleichzeitiger psychischer Probleme.
  • Psychischer und physischer Niedergang.
  • Massiver Alkoholmissbrauch bei Konfliktsituationen im persönlichen Umfeld.
  • Der Umstand, dass Alkohol immer noch als das beste Mittel zur Angstlösung empfunden wird.
  • Die Furcht vor Nebenwirkungen oder „abhängig“ von einem Medikament zu werden, welches nach unseren bisherigen Erkenntnissen lebenslang eingenommen werden muss.
  • Nostalgische Rausch-Erinnerungen, speziell bei jüngeren Patienten.
Diese Analyse erlaubt mir, die Behandlung meines jetzigen Patientenstammes und all der Patienten die noch kommen werden besser zu gestalten.

Zurzeit untersuche ich die Möglichkeiten, mit den rückfälligen Patienten, welche eine weitere Behandlung wünschen, dennoch ein positives Resultat zu erreichen. Es zielt darauf ab, auch ohne Gleichgültigkeit gegenüber Alkohol den Konsum zu verringern.

Am Anfang hatte ich versucht, die Dosis zu erhöhen, in der Hoffnung die Schwelle zur Genesung zu treffen. Aber dies ließ mir auch keine Ruhe…. Und ich fürchtete die Konsequenzen. Alkohol + Baclofen in hohen Dosierungen = Gefahr. Eine dieser Personen (mehr als 300 mg) ist übrigens am Lenkrad eingeschlafen. Glücklicherweise ohne dramatische Konsequenzen.

Andererseits schien es mir auch nicht zweckdienlich, von den Patienten die Hinnahme von für sie wirklich beeinträchtigenden Nebenwirkungen zu erwarten. Ich gebe ihnen immer den Rat, ein oder zwei Stufen bis zu einer komfortableren Dosis zu reduzieren. Danach können sie die Dosis vorsichtig wieder steigern. Dazu anmerken muss ich, dass Personen mit 300 mg und mehr oft frei von Nebenwirkungen sind. Schier unglaublich. Andererseits gibt es Patienten, die bereits 20 oder 40 mg sehr stört und es vorziehen, auf die Behandlung zu verzichten!

In solchen Situationen, wenn die chemische Behandlung nicht anspricht, wende ich mich der psychischen Seite zu, nicht aber, ohne die Baclofen-Dosis weiter zu erhöhen. Ich habe mich dabei an die Erkenntnis herangetastet, dass die medikamentöse Behandlung zunächst wichtiger ist als die klassisch psychotherapeutische und auf ersteres konzentriere ich mich. Ich verschiebe die psychologische „Arbeit“ auf später. Solange die Person trinkt, ist diese Arbeit schwierig und ohne Einfluss auf das Trinkverhalten.

Drei hauptsächliche Elemente müssen, meiner Meinung nach, bei erfolglosen Behandlungen unter dem Strich genannt werden:

  • Das Fehlen eines festen „Entschlusses“, dem Alkohol und dessen psychotropen Wirkung zu entsagen.
  • Mit dem Alkohol verbundene Gewohnheiten und Rituale.
  • Die Flucht in den Alkohol um Lebensproblemen und Stress zu begegnen.
Ich wende Methoden an, welche aus der PNL (Programmation Neuro-Linguistique) und der AT (Analyse Transactionnelle) hervorgehen, deren Resultate mir vielversprechend erscheinen. Ich habe mit Kollegen, PNL-Psychotherapeuten (Nichtmediziner) eine Untersuchung zur Anwendung der PNL auf Suchterkrankungen begonnen. Wir testen die Verfahrensweise an freiwilligen Patienten. Angemerkt sei, dass ich diese Untersuchung begonnen habe, bevor ich Baclofen kannte. Ich wende mich nicht gegen das eine oder das andere, gegen chemische oder gegen psychotherapeutische Behandlung, ich vereine sie.

Eine andere Option ist die klinische. Am Anfang meiner Arbeit mit Baclofen stand ich vor Situationen mit Patienten, die Rückfälle erlitten oder dem Behandlungsplan nicht folgten. Ich zog eine klinische Einweisung in Erwägung in der Hoffnung, dass die Einnahme des Medikamentes in einer geschützten Umgebung die erhoffte Wirkung erziele. Ich überwies mehrere Patienten in eine Pariser Klinik, in welcher Psychiater bereit waren, das Medikament in ausreichender Dosierung zu verschreiben. Indes, eine solche geschützte Umgebung, so notwendig sie für solche sein mag, die im Rausch ihre Gesundheit oder gar ihr Leben aufs Spiel setzen, löst das Problem nicht. Mit oder ohne Baclofen erleiden die Kranken nach dem Verlassen der Klinik einen Rückfall.

Bleibt also nur die ambulatorische Begleitung und die Eigenverantwortung des Patienten für seine Therapie. Für die schwierigen Fälle ist der sicherste Weg die totale Abstinenz, wie ihn Olivier Ameisen in seinem Buch beschreibt. Um diese zu erreichen, gibt es verschiedene Mittel:

Auf speziellen Wunsch von Personen, welche Erfahrung mit Antabus hatten, habe ich begonnen, es gleichzeitig mit Baclofen zu verschreiben. Die Einnahme von Antabus, falls in den darauf folgenden Stunden Alkoholkonsum stattfindet, ruft äußerst unangenehme und abschreckende Wirkungen hervor. Ich warte noch auf die Ergebnisse ...

Mehrere Patienten haben sich für die totale Abstinenz entschieden und besuchen die Versammlungen von Selbsthilfegruppen wie das „Blaue Kreuz“ oder die „Anonyme Alkoholiker“.

Die häusliche Betreuung durch einen Angehörigen, der die Einnahme des Medikaments überwacht, dafür sorgt, dass kein Alkohol ins Haus kommt und den Patienten moralisch unterstützt, hat dafür gesorgt, dass es zwei Patienten gut geht.

Einige medizinische Befunde konnte ich weder einschätzen noch behandeln. Derzeit arbeite ich mit einer ebenfalls Baclofen verschreibenden Ärztin, Frau Dr. Françoise Faisandier, einer exzellenten Spezialistin für innere Medizin, zusammen. Ich greife auf sie zurück, wenn unangenehme Nebenwirkungen einfach nicht verschwinden. Recht oft kommt das von einer schlechten Verteilung der Tagesdosis oder von Nebenwirkungen anderer verschreibungspflichtiger Medikamente. Viele Alkoholkranke erhalten zusätzlich Antidepressiva, Beruhigungs-, Schlafmittel oder Medikamente gegen andere Erkrankungen.

Bei denjenigen, die trotz ausbleibenden Erfolges willens sind, die Therapie fort zu setzen, liegt die Hauptursache für das Scheitern bei gleichzeitigen psychischen Erkrankungen, insbesondere bei Bipolaren- oder Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Alkoholismus und Drogensucht gehören bei ihnen zum Symptom-Spektrum. Ich habe festgestellt, dass es bei Bipolarität und Absetzen des Alkohols zu ernsthaften depressiven Zuständen kommen kann. Bei Borderline-Patienten habe ich massiven Überkonsum angetroffen. Es sollte damit ein veränderter Bewusstseinszustand herbeigeführt werden, mal mit oder ohne gleichzeitigen Konsum von Benzodiazepinen und Alkohol!

Für solche Patienten fühle ich mich als Psychotherapeutin mit eigener Praxis nicht geeignet. Ich ziehe es dann vor, sie an einen in Alkoholfragen erfahrenen Psychiatrischen Dienst, welcher ebenfalls Baclofen verschreibt, zu überweisen.

Dr. Annie Rapp, Psychotherapeutin, 28.09.2011

(*) Heute sind es 180 Patienten


WilloTse hat geschrieben:Kritik:
- die Zahlen sind nicht schlüssig. Von 152 Patienten haben 31 im ersten Monat die Behandlung abgebrochen, 19 sind nach dem zweiten Monat gescheitert, 57 Patienten haben das Behandlungsziel erreicht, 24 sind noch nicht so weit, dass man sie einer Kategorie zurechnen könnte. Daraus ergibt sich eine Differenz von 21 Patienten, die in keiner Kategorie auftauchen und deren Fehlen nicht erklärt wird

- zwischen „Abbruch im ersten Monat“ und „gescheitert nach mindestens zwei Monaten Behandlung“ klafft eine Lücke von einem Monat, die nicht erklärt wird

- die bisherigen Behandlungserfolge vor Beginn der Therapie mit Baclofen werden mit „keine Erfolge bei der Behandlung von Alkoholabhängigen“ bezeichnet. Dies erscheint nicht plausibel. Mag der Behandlungserfolg mit Baclofen auch höher sein als ohne, wird der Erfolg ohne Baclofen nicht bei einer statistischen Null liegen. Hier wäre die Angabe von vergleichbaren Zahlen angezeigt.


Bis hier würde ich das gern ebenfalls als pdf verfügbar haben, wenn wir meine Kritik diskutiert und vervollständigt haben.

Herzliche Grüße

Willo

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 30. Mai 2012, 11:09

Des Rätsels Lösung *Uff*

Madame Rapp hat sich gemeldet. Zunächst bedankte sie sich für den Hinweis und erläuterte dann, dass sie von den 152 Patienten nur diejenigen ausgewertet habe, deren Weg sie mehr als zwei Monate begleiten konnte und das seien eben diese 131 Patienten gewesen.

Die Zusatzfrage war, ob die Kosten für Baclofen in Frankreich von den gesetzlichen Krankenversicherungen vergütet werden.

Ihre Antwort: Im Prinzip Nein, weil es dafür keine offizielle Marktzulassung (AMM) für die Behandlung von Alkoholismus gibt. Manchmal aber doch, manchmal eben nicht. Das sei davon abhängig ob der behandelnde Arzt „AMM“ und / oder „NR“ (Selbstzahler) auf das Rezept schreibt. Oder nicht. Und ob der Apotheker das dann akzeptiert. Oder nicht. [pardon]

DonQuixote

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 30. Mai 2012, 19:03

Soderle, die 2-Jahres-Bilanz von Fr. Dr. Annie Rapp ist jetzt auch als PDF zu haben. Ich werde es dann auch noch an anderer, prominenterer Stelle im Forum platzieren. Das „Verschollenen-Mysterium“ habe ich in einer Fußnote im PDF gemäß Angaben von Frau Rapp berichtigt.

Gruß DonQuixote

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 28. November 2012, 22:19

Hallo @all

Am französischen Baclofen-Kolloquium vom 17. November 2012 hielt Frau Dr. Annie Rapp einen Vortrag mit dem Titel „Der Stellenwert der Psychotherapie bei der Suchtbehandlung mit Baclofen.“ Hier die wichtigsten Aussagen. Die Zeitstempel der jeweiligen Textstellen sind jeweils in Klammern und in Minuten und Sekunden (xx:xx) angegeben. Das Video (französisch) gibt es hier.

Die Baclofen-Kartei ist inzwischen auf 353 Patientenakten (vormals: 152) angewachsen. Sie „arbeite eben hart“, meint Frau Rapp schelmisch (07:08). Das Schema der Kategorisierung der Patienten und der statistische Auswertung ist gleich geblieben. Rechenfehler gab es (fast) keine mehr.

  1. Total Patientenakten: 353
  2. Minus „Verschwundene“: 73 Patienten
  3. Minus an andere Ärzte überwiesen: 23 Patienten
  4. Zwischentotal Behandelte: 257 Patienten
  5. Minus noch in Behandlung stehend: 47 Patienten
  6. Zwischentotal fertig Behandelte: 210 Patienten
  7. Davon „erfolgreich“: 139 Patienten (= 66 % von 210 Patienten)
  8. Davon „gescheitert“: 71 Patienten (= 34 % von 210 Patienten)
Sie verschreibt in der Regel eine sehr schnelle Erhöhung der Dosis, d.h. um 20 mg alle drei bis vier Tage (46:32). Ein vorausgehende Absetzung des Alkoholkonsums wird nicht verlangt, jedoch ein ernsthaftes Bemühen, den Konsum zu reduzieren. Bei Auftreten von unangenehm störenden Nebenwirkungen werden bei der Erhöhung Pausen eingelegt und die Erhöhung auf 10 mg alle drei bis vier Tage verlangsamt.

Nicht nur die Erfolgs-Quote sei erstaunlich, sondern auch die –Qualität, und zwar sei die von einer Intensität, wie sie das in ihren anderen Tätigkeitsgebieten („klassische Psychotherapie“) kaum je erlebe. Die größere Datenbasis erlaubt ihr nun erstmals auch eine Auswertung der Art der Behandlung. (24:08). Sie betrachtet die 139 Erfolgreichen und unterscheidet:
  1. Diejenigen, welche alleine durch das Medikament (Baclofen) geheilt wurden: 43 %.
  2. Diejenigen, welche durch das Medikament (Baclofen) und zusätzlicher Gabe von Psychopharmaka geheilt wurden: 19 %
  3. Diejenigen, welche durch das Medikament (Baclofen) und zusätzlicher Psychotherapie geheilt wurden: 17 %
  4. Diejenigen, welche durch das Medikament (Baclofen), zusätzlicher Gabe von Psychopharmaka und zusätzlicher Psychotherapie geheilt wurden: 17 %
  5. Diejenigen, welche durch das Medikament (Baclofen) und zusätzlicher, teilweise mehrfacher stationärer Behandlung geheilt wurden: 2 %
Hoppla, die Summe stimmt nicht, das ergibt nur 98 %. 2,78 Patienten (oder sagen wir 3,0) haben sich unerkannt verkrümelt. In Ihrer Rekapitulation (25:16) stimmt die Summe (100 %) dann wieder:

  1. Alleine durch das Medikament (Baclofen) geheilt: 43 %
  2. Durch Baclofen und zusätzliche Behandlung geheilt: 57 %
Die Definition „Alleine durch das Medikament (Baclofen) geheilt“ schränkt sie aber gleichzeitig wie folgt wieder ein (15:19 bis 18:47):

  1. Jede medikamentöse Behandlung beruht auf drei Säulen: Dem Patienten, dem Medikament, dem Arzt.
  2. Der Erfolg hängt zunächst vom Patienten ab, welcher autonom den Entschluss zur Behandlung gefasst hat und das Medikament einnimmt. Baclofen ist ein sehr gutes Medikament, damit es jedoch wirkt, muss der Patient es nehmen. Sehr vieles, ja eigentlich die Hauptsache, beruht auf dem Patienten.
  3. Die dritte Säule ist der Arzt der das Medikament verschreibt und den Patienten begleitet.
  4. Die besten Resultate werden erzielt, wenn es eine starke Allianz der drei Akteure gibt. Der Patient hat eine Positive Sicht des Medikaments und eine Verbundenheit zur Behandlung, erträgt dadurch auch unerwünschte Nebenwirkungen besser und bringt die notwendige Geduld auf.
  5. Viele Misserfolge kommen deshalb zustande, weil der Patient eine negative Sicht des Medikaments hat und sich sogar dagegen sträubt. Es gab mehrere Personen die mir sagten: „Es gibt einen Konflikt zwischen mir und dem Medikament“. Dort kann eine Psychotherapie dann sehr nützlich sein.
  6. Alleine mit dem Medikament genesen die Patienten nach zwei Monaten oder weniger. Die ärztliche Betreuung besteht darin, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, die Wirkungsweise des Medikaments auf die Sucht zu erklären, die Dosisteigerung bis zum gewünschten Resultat anzupassen, die Einzeldosen über den Tag verteilt in Funktion des Cravings anzupassen, Antworten auf die Fragen und Sorgen hinsichtlich unerwünschter Nebenwirkungen zu geben und letzteren entgegen zu wirken.
  7. Im Grunde unterscheidet sich das nicht von anderen Behandlungen, welche mit einer gewissen Regelmäßigkeit durchgeführt werden müssen, z.B. gegen Diabetes oder ähnlichem. Sehr vieles liegt in der Hand des Patienten, wie gut oder schlecht die Behandlung verläuft. Hier ist vom Arzt psychologisches Fingerspitzengefühl gefordert um dem Patienten das genaue Befolgen der Therapie zu ermöglichen und zu erleichtern.
Vieles ihres Vortrages ist bereits aus ihrem schriftlichen Rechenschaftsbericht bekannt. Nachstehend ein paar neue Aspekte:

  1. Eine Psychotherapie führt sie Grundsätzlich nur auf Anfrage aus, der Patient muss selbst drum bitten.
  2. Wenn der Patient bereits unter Behandlung von Psychopharmaka steht, so bleibt diese zunächst unverändert bestehen. Manchmal kann sie im späteren Verlauf verringert oder muss unter Umständen sogar erweitert werden.
  3. Seit einiger Zeit organisiert sie auch einstündige Gruppengespräche mit jeweils 4 Personen. Im Vordergrund steht nicht eine „Therapie“, sondern eher der „technische Ablauf“ der Behandlung mit dem Medikament, wie Dosierung, Einnahmezeiten, Nebenwirkungen etc. und die gegenseitige Ermutigung. Diese Gruppengespräche verlaufen sehr vielversprechen, seien aber noch nicht richtig etabliert. Deshalb können noch keine Schlussfolgerungen gezogen werden.
Bien à vous, DonQuixote

P.S. Um besser über die einzelnen Punkte diskutieren zu können, habe ich sie in den Listenaufzählungen durchnummeriert. Das deckt sich nicht mit dem Vortrag, wo es keine solchen nummerierten Aufzählungen gibt.

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon WilloTse » 29. November 2012, 08:36

Hi Don,

vielen Dank für Deine Arbeit!! [good]

Falls sich das aus dem Vortrag erschließt, würdest Du folgende Radikalzusammenfassung unterschreiben?

"Die bei gut der Hälfte der erfolgreich behandelten Patienten angewendete Psychotherapie beinhaltete vor Allem die Verbesserung der Einstellung zum Medikament, weniger oder gar nicht die Aufarbeitung der für den Alkoholismus ursächlichen Problematik".

Oder ginge das zu weit?

LG

Willo

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon pragha » 29. November 2012, 11:31

Hi DonQuixote,
vielen Dank für die Info, es ist gut mal Zahlen zu haben. Was die Überlegenheit einer Baclofenbehandlung zu einer konventionellen stationär oder ambulant angeht, sind die Zahlen jedoch enttäuschend. Die konventionelle Behandlung reklamiert 60-75% erfolgreich (abstinent) nach Abschluss der Behandlung.
Wenn ich mir die Zahlen von Dr. Rapp anschaue sind die nicht besser. Wenn ich die "verschwundenen" Patienten als gescheitert zähle, komme ich auch nur auf 50% erfolgreich.
Gibt es irgenwelche Erläuterungen zu "verschwunden" oder "erfolgreich"?
pragha

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 29. November 2012, 23:26

Hi pragha, zu Deinen Fragen später. Hi Willo

Ich würde es so formulieren: "Die bei knapp der Hälfte der erfolgreich behandelten Patienten angewendete PsychoTherapie beinhaltete das Gleiche wie bei jeder guten anderen ärztlichen Therapie: Schaffung eines Vertrauensverhältnisses und einer positiven Einstellung des Patienten zur Therapieform und dem eingesetzten Medikament, Aufklärung über Chancen und Risiken der Therapie sowie Überwachung der Durchführung und Hilfestellung bei Problemen die bei der Therapie-Durchführung auftreten. Nicht im Vordergrund stand die Aufarbeitung einer für den Alkoholismus möglicherweise ursächlichen psychischen Problematik. Das wäre Gegenstand einer Psychotherapie gewesen, welche bei dieser Patientengruppe jedoch nicht erforderlich war.“

Das deckt sich etwa mit den einleitenden Worten unseres Baclofen-Arztkoffers:

Baclofen-Arztkoffer: hat geschrieben:Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Baclofen-Therapie gegen Alkoholprobleme am besten „wirkt“, wenn Sie ärztlich begleitet wird. Absolute Bedingung ist das NICHT, es gibt viele Beispiele, wo das auch ohne sehr gut ging. Und es gibt auch Beispiele, wo eine ärztlich begleitete Baclofen-Therapie erfolglos blieb. Ein Arzt kann allerdings ein nicht zu unterschätzender zusätzlicher Motivator sein, der auch in schwierigen Situationen, die jeder in unterschiedlichem Ausmaß mal durchmacht, den Überblick behält. Oder über die Dosierung wacht, Nebenwirkungen richtig einzuschätzen weiß, und und und.

Noch etwas zu den Zahlen. Das sind die Zahlen von Annie Rapp. Die Zahlen von anderen Therapeuten können abweichen, und zwar erheblich. Als Negativ-Beispiel sei Professor Jean-Bernard Daeppen genannt, Leiter der
Abteilung Alkohologie am Lausanner Uni-Spital, ein erklärter Baclofen-Skeptiker. Der hat dann auch mal 15 Patienten mit Baclofen „behandelt“, allesamt erfolglos, so ein Pechvogel aber auch. Kein Wunder, wenn schon der Arzt mit negativen Erwartungen in die Therapie reingeht. Den Fernsehbeitrag vom 20. Mai 2012 des Westschweizer Fernsehens auf Französisch gibt’s hier, ab Minute 01:36, das Interview mit Prof. Daeppen beginnt bei Minute 11:22.

Auf der anderen Seite stehen die Reihenuntersuchungen an der Universitaet Descartes, Paris, oder die Reihenuntersuchung von Prof. Olivier Ameisen und Dr. Renaud de Beaurepaire mit jeweiligen Erfolgsquoten von 80 % respektive 88 %, wenn man wie Annie Rapp die „Verschwundenen“ nicht einrechnet. In beiden Untersuchungen spielten psychotherapeutische Behandlungen keine wichtige Rolle, jedenfalls werden sie mit keinem Wort erwähnt. Ausschließen kann man es aber auch nicht. Es gab zwar jeweils nur den einen an der Untersuchung beteiligten, Baclofen verschreibenden Arzt, die Patienten könnten aber abseits davon in psychotherapeutischer Behandlung gewesen sein.

Olivier Ameisen wendet seine Therapie seit fast zehn Jahren an und habe in dieser Zeit „nur sehr wenige Fälle von Misserfolg kennen gelernt“. Die Erfolgsquoten von zwei US-Ärzten, Dr. Fred Levin (Chicago) und Dr. Rick Billack (Ohio), welche er ausführlich mit seiner Methode bekannt gemacht hat, schätzt er auf über 90 % ein. Olivier Ameisen ist Kardiologe und Suchtexperte, die anderen beiden Psychiater respektive Psychologe. Olivier Ameisen ist überdies der Meinung, ob zu Recht oder nicht, dass die Baclofen-Therapie „à la française“ zu sehr „verpsychiatert“ sei.

In einem deutschen Forum ergab kürzlich eine Umfrage die Erfolgsquote von 70 %, die Umfrage in einem französischen Forum förderte 93.3 % „Geheilte“ zu Tage. Die letztgenannte Umfrage hat allerdings systembeding schwerwiegende Mängel, das Resultat kann man nicht wirklich ernst nehmen. In einem nichtöffentlichen französischen Ärzteforum mit knapp 500(!), Tendenz stark ansteigend(!), teilnehmenden Ärzten sollen Erhebungen eine Quote von 75 % erfolgreichen Baclofen-Behandlungen aufzeigen.

Alle diese Reihenuntersuchungen und Umfragen (mit Ausnahme der Rapp’schen) enthalten keine Angaben über zusammen mit Baclofen eingenommene Psychopharmaka oder gleichzeitig durchgeführte psychotherapeutische Maßnahmen. Ich möchte den Nutzen von solchen Maßnahmen nicht kleinreden, aber auch nicht zu groß. Tatsache ist, dass unter Annie Rapps erfolgreichen Patienten 34 % von ihrer Psychotherapie profitierten und den Ausstieg aus der Sucht mit Baclofen wahrscheinlich nur deshalb geschafft haben.

Bleibt jetzt noch die Frage, was „Erfolg“ und „Scheitern“ für Annie Rapp und Andere überhaupt bedeutet. Da komme ich dann im nächsten Beitrag dazu.

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon pragha » 30. November 2012, 10:18

Hi DonQuixote,
sicher ist die Definition von "erfolgreich" ein entscheidender Parameter. Erfolgreich ist sowohl bei der Umfrage in dem deutschen Forum als auch in den französischen Studien nicht nur die Abstinenz, sondern auch ein "normales" Trinkverhalten oder nach den Regeln der WHO. In Deutschland wird immer noch erfolgreich nur als abstinent definiert und auch so nur (bisher) akzeptiert.
Nochmal zu den Zahlen von Dr. Rapp. Der Prozentsatz der nur durch Baclofen ohne zusätzliche ärztliche Behandlung "erfolgreichen" Patienten beträgt 28 % ohne Berücksichtigung der "Verschwundenen" und 22% mit Berücksichtigung. Ich befürchte, dass ist in den Foren immer noch ein großer (der größte?) Anteil, was allein die Diskussion um den Andalusienshop zeigt. Viele Hausärzte verschreiben zwar Baclofen, liefern aber keinerlei Beratung, allein weil die Erfahrung fehlt. Hier sind die Foren gefragt.
Allerdings gibt es bei Dr. Rapp 17%-20%, die zusätzlich ein weiteres Psychopharmakum nehmen mit oder ohne ärztliche Begleitung/Beratung, die erfolgreich sind. Dazu habe ich in den Foren bisher keine oder nur sporadische Hinweise gefunden, obwohl das die Erfolgsquote fast verdoppelt.
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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 30. November 2012, 13:58

Hi pragha

Mein nächster Beitrag in diesem Thread muss leider warten. Ich habe da noch andere Baustellen, die ich abklappern möchte/muss. Aber die aufgeworfenen Fragen sind wichtig, wurden auch schon alle irgendwie beantwortet. Doch die Infos sind über das ganze Forum verstreut. Es wird sich lohnen, das mal alles einzusammeln und an prominenter Stelle zu platzieren.

Gruß von DonQuixote

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Re: 2-Jahres Bilanz einer französischen Psychotherapeutin

Beitragvon DonQuixote » 1. Dezember 2012, 10:32

Eines muss ich noch nachtragen. Publikumsfragen an die Vortragsredner wurden am Vormittag eine dreiviertel Stunde eingeräumt. Als letzte tritt eine Mutter vor, sie hat ihren Sohn verloren. Es war Selbstmord. Zu dem Zeitpunkt war er in einer Baclofen-Therapie. Bei Annie Rapp. Es geschah am Vorabend seiner dritten Therapiesitzung. Sie, die Mutter, ist gefasst, will keine Vorwürfe machen, sie möchte verstehen, einfach nur verstehen, hakt nach. Rapp und Granger versuchen zu erklären, was nicht erklärbar ist, wofür es manchmal keine Erklärung gibt. Dann ging man in die Mittagspause, die Veranstalter und ein paar Medienleute 20 Minuten später, man traf sich zum vorher verabredeten Info-Gespräch.

DonQuixote


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