und herzlichen Dank für Euer Interesse! Noch ein paar Stunden Geduld, die Auswertung ist in Vorbereitung, heute geht der letzte Tag der Datenerhebung zu Ende.
Papfl hat geschrieben:Die Analyse macht Dir als Wissenschaftler auch ein bisserl Spaß, oder?
Ja, schon.
Ich weiß halt auch, dass eine gründliche Analyse eine Menge Irrungen und Wirrungen ersparen und gerade auch Interventionsplanung dramatisch verbessern kann.
Weiter im Text:
Erläuterung der Variablen
Bevor ich zur eigentlichen Auswertung komme, ein paar Worte zu den gewählten Variablen. Generell bin ich bei allen Variablen zunächst davon ausgegangen, dass sie eigenständig sind, also die Variable 1 nicht schon Bestandteil der Variable 3 ist, beispielsweise.
Diese Baseline ist eigentlich nur der völligen Unkenntnis der tatsächlichen Interaktion der einzelnen Variablen geschuldet, nicht etwa unterstellter tatsächlicher Unkorreliertheit. Dass beispielsweise die Variable „Aufgabenbewältigung“ nicht völlig unabhängig von der Variable „ToDo-Liste“ ist, scheint trivial. Da ich aber in der Ausgangssituation nicht wusste, wie die Korrelation beispielsweise dieser beiden Variablen tatsächlich aussieht, habe ich sie gewissermaßen qua Dekret für unabhängig erklärt und sie während der 100 Tage der Datenerhebung auch so behandelt.
Die einzelnen Variablen waren:
Angst:
Angst meinte ich bereits im Vorfeld als den abhängigkeitsauslösenden Faktor schlechthin bei mir identifiziert zu haben, nachzulesen in meinen Anfangsbeiträgen. Ich war eigentlich fast sicher, hier in den 100 Tagen eine sehr hohe Korrelation zum Alkoholkonsum zu messen.
Erfasst habe ich diese Variable über eine leicht variierte Form der Zung-Angst-Skala, die Items habe ich 1:1 übernommen, nur erweitert um die Form „heute", also z.B. Item 1: „Ich fühle mich nervöser und ängstlicher als sonst“ (Urform). -> „Heute fühle ich mich nervöser und ängstlicher als sonst“ (Umformulierung APunkt).
Wahrgenommene Selbstwirksamkeitserwartung (SWE):
ganz ähnlich erfasst wie Angst, mit einer leicht angepassten Form der allgemeinen SWE von Jerusalem & Schwarzer (1999). Die Anpassung erfolgte synonym zur Angst-Skala, z.B. Item 1: Wenn sich Widerstände auftun, finde ich Mittel und Wege, mich durchzusetzen (Urform). -> Wenn sich heute Widerstände auftun, finde ich Mittel und Wege, mich durchzusetzen (Umformulierung APunkt).
ToDo-Liste
In Situationen, in denen ich das Gefühl habe, dass mir „alles über den Kopf wächst“, hat sich schon mehrfach eine täglich aktualisierte ToDo-Liste als hilfreich erwiesen. Da ich andererseits auch meine, gerade in Zeiten starker beruflicher oder auch allgemeiner Beanspruchung mehr Alkohol zu konsumieren, bot es sich an, diese Variable mit zu erfassen.
Wahrgenommene Gesundheit
Muss ich wohl nicht näher erläutern, wichtig ist nur, dass es sich eben um die ganz persönliche Wahrnehmung der tagesaktuellen Gesundheit geht, nicht um technische Werte wie Blutdruck, Körpertemperatur oder ähnliches.
Baclofeneinnahme
Bedarf keiner weiteren Erklärung
Meditation, Musik, (meditative) Gartenarbeit, Sport (MeMuGaSp)
Dieser Variablenblock ist erst im Lauf der Datensammlung gewachsen. Ursprünglich hatte ich die Variablen Meditation/Musik und Sport einzeln erfasst. Ich habe dann zwischendurch die meditative Gartenarbeit angefügt, da mir aufgefallen ist, dass das eine ähnliche Wirkung zu haben scheint. Trotzdem habe ich jede einzelne dieser Tätigkeiten so selten ausgeführt, dass sie als einzelne Variablen in der Auswertung praktisch keine Rolle gespielt hätten. Dies habe ich in einer Vorauswertung nach 50 Tagen überprüft und die Variablen daraufhin schon zusammengeführt.
Antizipierte Zukunftsperspektive
Kompliziertes Wort, einfacher Inhalt: sehe ich für meine persönliche Zukunft eher rosa oder eher schwarz? „Es wird bös‘ enden!“ oder doch „Alles wird gut!“? Das Ganze auch wieder tagesaktuell erfasst, da ich das bei mir als sehr wechselhaft und ganz extrem tagesformabhängig erlebe. Hier fließen auch bei mir oft sehr heftig auftretende „Tagträume“ ein, die so intensiv sein können, dass ich am Schreibtisch sitze und weine, weil der vorgestellte tödliche Unfall, den ein Familienmitglied in diesem Augenblick haben könnte, so real erscheint, dass dies mein ganzes Denken blockiert und sich anfühlt „wie echt“.
Das gilt – abgeschwächt – für vorgestellte Erfolgserlebnisse auch.
Das schien mir daher einer Erfassung würdig.
Aufgabenbewältigung
Eigentlich wieder trivial, ich sollte nur anführen, dass hier nicht nur berufliche Aufgaben angesprochen sind, sondern alles, was eben irgendwie erledigt werden muss. Also beispielsweise Wocheneinkauf oder Elternabend gehören ebenfalls hierzu.
Tag insgesamt
Das ist so eine Overall-Sicht auf den Tag vor der Nachtruhe. Wie war’s, so alles in allem?
Ich habe dies als unkorrelierte Variable eingeführt, obwohl sie offenkundig mit den beiden Variablen „Aufgabenbewältigung“ und der nachfolgend noch zu beschreibenden Variable „Familiäres Umfeld“ irgendwie zusammenhängt. Nur: wie? Und außerdem müsste es ja auch gerade dann möglich sein, einen Super-Tag zu erleben, wenn man im Aufgabenbezug mal hat „fünf gerade sein“ lassen oder die Familie stinkt. Oder gar nicht da ist. Daher (zunächst) als eigenständige Variable aufgenommen
Familiäres Umfeld
Gemeint ist der wahrgenommene „Wert“ der familiären Interaktion. Das kann Spaß mit der ganzen Familie sein, das kann ebenso gut fünf Punkte bekommen, wenn ich an einem Super-Stress-Tag in Ruhe gelassen werde, die Familie mir den Rücken freihält und freiwillig irgendwelche Aufgaben übernimmt, die eigentlich in meinen Verantwortungsbereich fallen. Oder andersherum ich meiner Frau den Rücken freigehalten habe und dafür abends dieses Lächeln bekomme, das jede Mühe wert ist. Es geht also nicht so sehr um eine glückliche Familie im Sinne einer Margarinewerbung, sondern viel mehr, wie die Familie als Team interagiert hat.
Alkoholkonsum dichotom
Ähnlich der MeMuGaSp erst nachträglich eingeführte Variable. Ich habe mich während der 100 Tage mehrfach dabei ertappt, wie ich mit mir ausgehandelt habe, dass „ein Bier ja eigentlich kein Bier“ sei und daher vielleicht in der Variable „Alkoholkonsum Menge“ wegfallen könnte? Diese dichotome Variante diente also eigentlich zwischendurch nur der Verhinderung von Selbstbetrug, hat sich aber in der statistischen Auswertung als hilfreiches Element erwiesen, daher blieb sie mit drin.
Alkoholkonsum Menge
Das muss ich glaube ich auch nicht näher erläutern
Dann mal bis die Tage und
VG
A.