Moin Mellchen!
Es ist immer bisserl eine Gratwanderung, Abhängigkeitserkrankungen analytisch zu behandeln. Hängt maßgeblich von der Patientin/dem Patienten und deren/dessen Stabilität ab.
"Zausel" hat sich da natürlich schon was dabei gedacht, und nach allem, was Du bislang von ihm und seiner Vorgehensweise berichtet hast, schätze ich ihn schon so ein, dass er die Vor- und Nachteile einer Hypnobehandlung bei Dir sorgfältig abgewogen hat. Wenn das bei Patienten funktioniert, und es quasi "Klick" macht, kann das eine recht schnelle und elegante therapeutische Lösung sein.
Andererseits kann's aber auch Unbehagen und Furcht auslösen. Der Ball liegt jetzt bei Dir. Wenn Dir das (im Moment noch oder überhaupt) zu heavy ist, sprich' mit Deinem Therapeuten. Man kann die ganze Sache auch verhaltenstherapeutisch und lösungsorientiert angehen.
Mellchen hat geschrieben:Den ganzen gestrigen Tag war ich total bedient. Hatte so pseudo-verständnisvolle Gedanken für mich, wie "klar, dass ich so viel getrunken habe! Ist kaum auszuhalten." Ich habe mir selbst ziemlich leid getan, auf die ganze Welt geschimpft und fühlte mich einfach rundherum wund.
Das ist eine verständliche und nachvollziehbare Reaktion. Hätte es denn damals alternative Möglichkeiten gegeben, um diesen "wunden" Gefühlen zu entgegnen? Zum Beispiel nochmal zum Zahnarzt oder gar in eine Klinik zu gehen? Irgendwie ist Trinken (auf lange Sicht) ja immer die schlechteste aller Lösungen. Wenn Du Dir rückblickend vor Augen hältst, wohin Dich dieser verdammte Schokoriegel letztendlich gebracht hat...?
Das wären Gedanken, die eventuell auf den zweiten Blick auftauchen könnten. Und dann geht's ja auch wieder in Richtung Verhaltenstherapie. Die Frage ist halt, ob es tatsächlich notwendig ist, diese traumatisierenden Situationen wirklich nochmal so intensiv zu durchleben. Oder ob es nicht auch gelingen kann, die Relationen ohne diese emotionale Mehrbelastung wieder herzustellen. Soll heißen: Muss ich wirklich dieses schlimme Gefühl durchleben, damit mir unmittelbar im besagten Moment die Angst genommen werden kann?
Für die meisten Menschen ist ein Schokoriegel etwas Wunderbares. Sie freuen sich sogar bei dessen Anblick und können es kaum erwarten, da genussvoll rein zu beißen...für Dich ist diese Vorstellung mit...
Mellchen hat geschrieben:Ich bekam Herzrasen, habe geschwitzt wie nach einem Marathon und wurde zurückgeholt.
...verbunden. Der blanke Horror! Im Grunde geht es letztendlich darum, diese Irrationalität aufzuschlüsseln. Das Erlebte kannst Du nicht mehr rückgängig machen, und auch das "Ausblenden" mit Alkohol funktioniert nur bedingt. Aber Du kannst es einordnen und relativieren. Ein Gespür dafür entwickeln, dass Du auf bestimmte Schlüsselreize anders reagierst. Ideal wäre es, wenn es Dir gelingt, dass in solchen bestimmten Situationen ein "Alarmlämpchen" angeht: "Achtung Mellchen! Du bist in diesem Punkt voreingenommen. Jetzt solltest Du besonders achtsam sein" oder so ähnlich.
Schokoriegel sind nicht persé schlecht, und nicht bei jedem Biss bricht ein Zahn. Und die Wahrscheinlichkeit, dass er so unglücklich abbricht, dass gleich der komplette Nerv frei liegt, ist mega-gering. Das ist alles andere als NORMAL.
Für Dich ist es aber aufgrund Deines furchtbaren Erlebnisses - überspitzt gesagt - die wahrscheinlichere Variante. Und diese traumatische Erfahrung zieht einen ellenlangen Rattenschwanz weiterer negativer Erlebnisse hinter sich her...Ängste und Panik im Zusammenhang mit Schmerzen, Zahn, Zahnarzt etc. sind entstanden. Deine Wahrnehmung ist in diesem Zusammenhang im wahren Wortsinn ein bisschen "ver-rückt" im Vergleich zum Normalzustand.
Du hast versucht, das alles mithilfe von Alkohol wieder "gerade-zu-rücken". Das bringt Dich auf Dauer nicht weiter. Wenn es Dir jetzt - ob mit oder ohne Hypnose - gelingt, mal einen Blick von "außen" auf die Zusammenhänge zu werfen, sind viele Deiner Befürchtungen - "nüchtern" und rational betrachtet - eigentlich unbegründet.
Das Ziel ist klar, nur der Weg dorthin vielleicht (noch) nicht der richtige...
Wie gesagt: Sprich' mit "Zausel" über den weiteren Verlauf der Therapie. Ich bin mir sicher, Ihr beide findet einen gemeinsamen Nenner. Und gönn' Dir heute einen entspannten Tag (eventuell sogar ein entspanntes Wochenende). Das hast Du Dir wirklich verdient
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Drücker zurück!
Papfl