Ich hatte ja an anderer Stelle schon mal geschrieben, dass schlechte Leberwerte oder gar ernsthafte Lebererkrankungen einer Baclofen-Therapie nicht im Wege stehen. Ganz im Gegenteil, es müsste ein Gebot der Stunde sein, in solchen Fällen unverzüglich mit dem Medikament zu beginnen. Damit wir alle Infos in diesem Thread versammelt haben, kopiere ich mich mal großräumig hier rein:
DonQuixote hat geschrieben:[…] Dass Du bereits einen Arzt gefunden hast, der Dir Baclofen grundsätzlich verschreiben würde, bringt Dir schon mal 50 Punkte ein. Doch woher kriegst Du die anderen 50 Punkte? Exakt von hier:Chinaski hat geschrieben:Mein Hausarzt der mich behandelt ist sehr gut und hat großes Verständnis und würde mir auch Baclofen verschreiben sobald meine Leberwerte wieder im Toleranz Bereich sind.
Baclofen wird nicht über die Leber abgebaut und belastet deshalb diese nicht. Ganz im Gegenteil, man macht sich diesen Umstand zu Nutze und setzt Baclofen sogar GEZIELT bei Personen mit Leberschäden, ja sogar fortgeschrittener Leberzirrhose ein. Wohlgemerkt, Leberzirrhose, das ist dann noch eine ganz ANDERE Schuhnummer als „bloß“ erhöhte Leberwerte. Man verspricht sich von Baclofen eine rasche Verringerung des Alkoholkonsums, denn nur das allein, und zwar verblüffend schnell, führt zu einer Verbesserung der Leberwerte.
In der Reihenuntersuchung der Universität Descartes, Paris (182 Patienten), sind Personen mit Leberzirrhose ausdrücklich NICHT ausgenommen. Bei ca. der Hälfte der Patienten wurde der Verlauf der Leberwerte dokumentiert, allesamt haben sich markant verbessert (Abschnitt ist nicht übersetzt).
In zwei weiteren Reihenuntersuchungen mit jeweils rund 300 Patienten befinden sich Leberprobleme NICHT in den Ausschlusskriterien, was eigentlich schon alles sagt.
Hier gibt es den Fallbericht, 3.7 Herr G, mit Leberzirrhose im Anfangsstadium, dem Baclofen verordnet wurde.
Dann gibt es noch das hier, hochoffiziel. Abgeschlossener klinischer Test mit Baclofen, randomosiert, doppelblind gegen Placebo kontrolliert, 148 Alkoholabhängige mit Leberzirrhose. Wiederum eine beträchtliche Verbesserung der Leberwerte. Kannst Du oder Dein Arzt Englisch? Sonst gibt es auch eine Deutsche Zusammenfassung der Studie. Dort kommt der Aspekt "Verbesserung der Leberwerte" vielleicht etwas zu wenig zum Ausdruck. Die Deutsche Zusammenfassung befindet sich bereits im Arztkoffer.
Einen laufender klinischen Test, *doppelblindblabla*, mit 180 ehemaligen US-Armeeangehörigen welche ein Alkoholproblem haben und an Hepatitis-C erkrankt sind gibt es auch noch.
In Australien ist eben erst eine weitere Studie mit Baclofen angelaufen. *doppelblindblabla*, mit 64 Teilnehmern. Im Vordergrund steht wiederum die Behandlung von Leberzirrhose im Zusammenhang mit Alkoholismus.
[…]
Und nochmals sei es gesagt: Schlechte Leberwerte sind kein Grund, die Baclofen-Therapie hinauszuzögern, sondern im Gegenteil, SOFORT damit zu beginnen. Eine ärztliche Verordnung und Begleitung ist allerdings dringendst anzuraten.Chinaski hat geschrieben:Im Moment werde ich mit Campral […] behandelt und ich bin seit 3 Wochen trocken... aber es ist trotz der Medikation ein täglicher Kampf […]
Na ja, das Medikament geht halt auf die Leber und hat nur eine leicht bessere Wirkung als Placebo. Die Häufigkeit und Art der Nebenwirkungen sind auch nicht von Pappe. Als Anti-Craving Medikament ist es Baclofen um Größenordnungen unterlegen.
Nun ist soeben ein weiterer Fachartikel erschienen, und zwar im „World Journal of Gastroenterology“, welcher das oben geschriebene nochmals bestätigt: „Pharmacotherapy of acute alcoholic hepatitis in clinical practice“ (Medikamentengestützte Behandlung akuter alkoholbedingter Hepatitis in der klinischen Praxis).
Autoren: Ludovico Abenavoli, Natasa Milic, Samir Rouabhia und Giovanni Addolorato.
Einige Absätze werde ich weiter unten übersetzen. Damit Ihr aber seht, in welchem Kontext das steht, hier auch die vollständige Struktur des Artikels:
Fachartikel im World Journal of Gastroenterology hat geschrieben:
- Abstract (Zusammenfassung).
- Introduction (Einführung).
- Pathogenesis (Pathogenese, d.h. Entstehung und Entwicklung einer Krankheit).
- Diagnosis and Prognosis (Diagnose und Prognose).
- Pharmacotherapie (Medikamentengestützte Behandlung).
- Glucocorticoids (Glucocorticoide).
- Pentoxifylline (Pentoxifyllin).
- Anti TNF-α.
- Metadoxine.
- S-adenosylmethionine and other antioxidants.
- Other Treatments (Andere Behandlungsoptionen).
- Nutrition (Ernährung).
- Baclofen (übersetzt).
Absolute Alkoholabstinenz ist der Eckpfeiler jeder Behandlungsstrategie für eine schwere alkoholbedingte Hepatitis. In der klinischen Praxis ist genau dies oft problematisch, insbesondere dann, wenn mit der Alkoholabhängigkeit auch noch eine Psychiatrische Störung einhergeht. Ärztliche Empfehlungen und / oder kurzfristige Interventionen genügen im Falle einer Abhängigkeit für das angestrebte Ziel der Abstinenz meist nicht. Deshalb wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder die Wichtigkeit von medikamentöser Behandlung hervorgehoben, und an solchen Therapien wird auch weiterhin geforscht. Verschiedene Medikamente, welche das Craving bekämpfen und damit die Abstinenzzeit verlängern und Rückfälle vermeiden sollen, wurden in Betracht gezogen (65). Namentlich Disulfiram, Naltrexon und Acamprosat wurden für die Behandlung der Alkoholkrankheit zugelassen. Allerdings können diese Wirkstoffe eine vorhandene Schädigung der Leber noch verschlimmern (66). Baclofen, ein Antagonist am Gaba-b-Rezeptor, stellt eine neue Form der medikamentösen Therapie dar. Mehrere präklinische und klinische Studien zeigten auf, dass Baclofen eine wirksames Medikament zur Behandlung von alkoholsüchtigen Patienten sein könnte (67, 68). Im Speziellen kann das Medikament Entzugserscheinungen und Craving mildern, die konsumierte Alkoholmenge senken und die Abstinenz fördern (69). Insbesondere hat das Medikament auch gezeigt, dass es ein sehr günstiges Risikoprofil aufweist, selbst bei Patienten mit Leberzirrhose.
In einer randomisierten, doppelblinden und gegen Placebo kontrollierten Studie haben wir die Wirksamkeit von Baclofen bezüglich des Abstinenzziels bei 148 alkoholabhängigen und unter Leberzirrhose leidenden Patienten ermittelt. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in die Gruppe mit dem Wirkstoff Baclofen, 3 x 10 mg / Tag, oder in die Placebo-Gruppe eingeteilt, der Beobachtungszeitraum betrug zwölf Wochen. Von 42 mit Baclofen behandelten Patienten erreichten 71 % das Abstinenzziel, während es in der Placebo-Gruppe nur 29 % von 42 Personen taten (70). Über die optimale Dosis des Medikaments wird zurzeit noch debattiert. Die zweite Analyse, nämlich die von Patienten ohne gleichzeitig vorhandene Schädigung der Leber, ergab eine von der Dosis abhängige Wirkung in Bezug auf die täglich eingenommene Alkoholmenge und auf die Anzahl Drinks an Trinktagen (69). In Betracht darf auch gezogen werden, dass Avanesyan vor kurzem ebenfalls die sichere Anwendung des Medikaments bei Patienten mit alkoholbedingter Hepatitis dokumentierte (71).- Lebertransplantation.
- Future Perspectives (Zukunftsaussichten, teilw. übersetzt).
[…]
[…]
[…]
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das wichtigste Ziel zur Behandlung und zur Vermeidung einer alkoholbedingten Lebererkrankung die Alkoholabstinenz ist. Unter diesem Blickwinkel weisen verschiedenste Daten darauf hin, dass Baclofen das Alkohol-Craving reduziert, vor allem bei Personen mit einer schweren Abhängigkeit. Das Medikament ist deshalb interessant, weil es so gut wie nicht über die Leber metabolisiert wird, nur geringe Nebenwirkungen zu haben scheint und zu einem signifikant höheren Anteil an abstinenten Patienten führt, was wiederum der Therapie der Lebererkrankung zu Gute kommt und / oder in weitere Unterstützungsmaßnahmen münden kann. Zurzeit ist Baclofen das einzige Medikament, welches formell in randomisierten und placebo-kontrollierten Studien an Patenten mit Leberzirrhose getestet wurde, wenngleich weitere, die bisherigen Erkenntnisse bestätigende Untersuchungen noch notwendig sein werden.- Footnotes (Fußnoten).
- References (Referenzen).
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- 65. Addolorato G, Mirijello A, Leggio L, Ferrulli A, Landolfi R. Management of alcohol dependence in patients with liver disease. CNS Drugs. 2013;27:287-299. (PubMed)
- 66. Kershenobich D, Corona DL, Kershenovich R, Gutierrez-Reyes G. Management of alcoholic liver disease: an update. Alcohol Clin Exp Res. 2011;35:804-805. (PubMed)
- 67. Colombo G, Agabio R, Carai MA, Lobina C, Pani M, Reali R, Addolorato G, Gessa GL. Ability of baclofen in reducing alcohol intake and withdrawal severity: I--Preclinical evidence. Alcohol Clin Exp Res. 2000;24:58-66. (PubMed)
- 68. Addolorato G, Leggio L, Abenavoli L, Agabio R, Caputo F, Capristo E, Colombo G, Gessa GL, Gasbarrini G. Baclofen in the treatment of alcohol withdrawal syndrome: a comparative study vs diazepam. Am J Med. 2006;119:276.e13-276.e18. (PubMed)
- 69. Addolorato G, Leggio L, Ferrulli A, Cardone S, Bedogni G, Caputo F, Gasbarrini G, Landolfi R. Dose-response effect of baclofen in reducing daily alcohol intake in alcohol dependence: secondary analysis of a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Alcohol Alcohol. 2011;46:312-317. (PubMed)
- 70. Addolorato G, Leggio L, Ferrulli A, Cardone S, Vonghia L, Mirijello A, Abenavoli L, D’Angelo C, Caputo F, Zambon A. Effectiveness and safety of baclofen for maintenance of alcohol abstinence in alcohol-dependent patients with liver cirrhosis: randomised, double-blind controlled study. Lancet. 2007;370:1915-1922. (PubMed)
- 71. Avanesyan A, Runyon BA. Utilization of baclofen in maintenance of alcohol abstinence in patients with alcoholic hepatitis in a real life clinical setting. Hepatology. 2010;52:1104A.
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DonQuixote