GoldenTulip V : Kein Wunder....

Eigene Erfahrungsberichte zu Baclofen und Alkohol
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Amygdala5
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Amygdala5 » 4. Juni 2013, 19:57

Danke Conny!!!

You made my day! Einen besseren Ansporn als Deine Zeilen kann ich mir gerade nicht vorstellen!!

Lass' Deinen Freund da 'raus! ! ! Schließlich weiß er nix von Deinem Projekt! [whistle] Das ist auch gut so - ist ja DEIN Projekt!!!

Gutes Gelingen, Umarmung und liebe Grüße!

Amy

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GoldenTulip
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 6. Juni 2013, 09:02

Danke fürs Danke, Amy,

ich schreibe tatsächlich auch mit dem Hintergedanken, einer Zeit ohne Alkohol den Schrecken zu nehmen, mir, aber ein wenig auch Euch Zaudernden da draußen [biggrin].

Es ist ja nicht so, als wäre Zack ein Schalter umgelegt und ab geht's nach Sober-City, sondern die anfänglichen Justierungsprobleme, sich perspektivisch auf eine neue, ungewohnte Realität einzulassen sind konkrete Schwierigkeiten - jedenfalls für mich.

Heute ist also Tag 7. Gestern hatte ich wieder diesen Impact. Übrigens genau wie bei meiner letzten Beschreibung war es ein Craving-Gefühl, kein Trinkwunsch.
Also ich wollte nichts trinken, hatte aber das Gefühl, ich werd gleich irre, wenn ich nichts bekomme. So ein wühlendes Bohren im Bauch und der Kopf wird dabei ganz leer.

Ich hatte ein Bewerbungsgespräch, und schon auf dem Weg dorthin kam die Geisterstimme wieder, hier mein innerer Dialog:

GS: "Naja, wenn das klappt, hast Du definitiv was zu feiern" [wacko]
GT: " "Ja aber ich will doch grad lernen, den Belohnungstrampelpfad mit Alkohol zu verlassen. Anders belohnen!!!!" [sad]
GS: " Ja sicher, aber eine freie Entscheidung besteht doch auch darin, etwas zu trinken, wenn einem danach ist, oder? *listigguck*
GT: "Nene, eine freie Entscheidung ist es dann, wenn ich auch nichts trinke, obwohl mir danach ist!"
GS: "Nichtmal ein kleines Alsterchen?"
GT:" Richtig. Kandidat hat 100 Punkte."
GS: "Wie lange geht das jetzt noch so, wieviel mal schlafen? *seufz*
GT: "Rechne selber, Du kleines Ungeheuer!"
GS: "Soooo lange?" [shok]
GT: "Ja, aber ich koch Dir nachher was Schönes, danach gibt es ein Eis."
GS: Nagut. Wie Du meinst. Du bist der Boss [unknown]

Das klingt ganz lustig - war aber schon ernst. Geholfen hat, eine Beobachterposition einzunehmen, als die beiden so rumdiskutierten. Das war wie ein Sicherheitsnetz. Nicht unwichtig auf dem Trapez. Und den Focus unbeirrt auf die Erringung von Entscheidungsfreiheit zu richten.
Natürlich hätte mich das eine Alster nicht grandios zurückgeworfen im körperlichen Sinne, aber es hätte meine Absicht unterhöhlt, mir mein Selbstvertrauen angeknabbert.

Langsam kommt die Energie zu mir zurück, und da wird mir deutlich, wie unverhältnismäßig "Aufwand und Ertrag" in dieser Sache gewesen wären.

Der ganze Spuk verging eine halbe Stunde nach dem Essen völlig (mehr hätte glaub ich Bac auch nicht bewirken können an dieser Stelle, das nur mal nebenbei.)
Ich habe das Trinkverlangen ziemlich klar als Reflex, als gewohnheitsbedingte Reaktion auf Missempfindungen bzw. genauer als Ungleichgewichtsempfindungen / emotionalen Stress erlebt.
Es war kein Bedürfnis, sich wegzubeamen, in den Raum von Alkohol einzutreten, sondern eine komplexe Irritation, wie denn das alternative nüchterne Leben zu gestalten sein könnte (s.u.).
Was auch half, war, das ungewohnte Gefühl mit Neuland, Abenteuer und Reise zu assoziieren. Da ist Aufregung normal.
Zu trinken hätte bedeutet, den Flug abzusagen und sich wieder zuhause auf die Couch vor den Fernseher zu hocken.

LG Conny

_________________________________________-

Schon gestern habe ich mich in diesem Zusammenhang an Platons Höhlengleichnis erinnert; vielleicht macht eine Lesart der Höhle als der Raum von Alkohol dem einen oder der anderen hier auch Spaß und regt zum Nachdenken an.
Ist aus wikihttp://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6hlengleichnis kopiert und etwas länger:

Sokrates beschreibt eine unterirdische, höhlenartige Behausung, von der aus ein breiter Gang zur Erdoberfläche führt. In der Höhle leben Menschen, die von Kind auf ihr ganzes Leben dort als Gefangene verbracht haben. Sie sind sitzend an Schenkeln und Nacken so festgebunden, dass sie immer nur nach vorn auf die Höhlenwand blicken und ihre Köpfe nicht drehen können. Daher können sie den Ausgang, der sich hinter ihren Rücken befindet, nie erblicken und von seiner Existenz nichts wissen. Auch sich selbst und die anderen Gefangenen können sie nicht sehen; das einzige, was sie je zu Gesicht bekommen, ist die Wand. Erhellt wird die Höhle von einem großen, fernen Feuer, das oben auf der Erde brennt und dessen Licht durch den Gang hineinscheint. Die Gefangenen sehen nur das Licht, das die Wand beleuchtet, nicht aber dessen Quelle. Auf der Wand sehen sie ihre Schatten.[1]

Auf der Erdoberfläche befindet sich zwischen dem Höhleneingang und dem Feuer eine kleine Mauer, die nicht so hoch ist, dass sie das Licht des Feuers abschirmt. Längs der Mauer tragen Menschen unterschiedliche Gegenstände hin und her, Nachbildungen menschlicher Gestalten und anderer Lebewesen aus Stein und aus Holz.[2] Diese Gegenstände ragen über die Mauer hinaus, ihre Träger aber nicht. Manche Träger unterhalten sich miteinander, andere schweigen.[3]

Da die bewegten Gegenstände auf die Höhlenwand, der die Gefangenen zugewendet sind, Schatten werfen, können die Höhlenbewohner die bewegten Formen schattenhaft wahrnehmen. Von den Trägern ahnen sie aber nichts. Wenn jemand spricht, hallt das Echo von der Höhlenwand so zurück, als ob die Schatten sprächen. Daher meinen die Gefangenen, die Schatten könnten reden. Sie betrachten die Schatten als Lebewesen und deuten alles, was geschieht, als deren Handlungen. Das was sich auf der Wand abspielt, ist für sie die gesamte Wirklichkeit und schlechthin wahr. Sie entwickeln eine Wissenschaft von den Schatten und versuchen in deren Auftreten und Bewegungen Gesetzmäßigkeiten festzustellen und daraus Prognosen abzuleiten. Lob und Ehre spenden sie dem, der die besten Voraussagen macht.[4]

Nun bittet Sokrates Glaukon sich vorzustellen, was geschähe, wenn einer der Gefangenen losgebunden und genötigt würde, aufzustehen, sich umzudrehen, zum Ausgang zu schauen und sich den Gegenständen selbst, deren Schatten er bisher beobachtet hat, zuzuwenden. Diese Person wäre schmerzhaft vom Licht geblendet und verwirrt. Sie hielte die nun in ihr Blickfeld gekommenen Dinge für weniger real als die ihr vertrauten Schatten. Daher hätte sie das Bedürfnis, wieder ihre gewohnte Position einzunehmen, denn sie wäre überzeugt, nur an der Höhlenwand sei die Wirklichkeit zu finden. Gegenteiligen Belehrungen eines wohlgesinnten Befreiers würde sie keinen Glauben schenken.[5]

Wenn man den Befreiten nun mit Gewalt aus der Höhle schleppte und durch den unwegsamen und steilen Aufgang an die Oberfläche brächte, würde er sich dagegen sträuben und wäre noch verwirrter, denn er wäre vom Glanz des Sonnenlichts geblendet und könnte daher zunächst gar nichts sehen. Langsam müsste er sich an den Anblick des Neuen gewöhnen, wobei er erst Schatten, dann Spiegelbilder im Wasser und schließlich die Menschen und Dinge selbst erkennen könnte. Nach oben blickend würde er sich erst mit dem Nachthimmel vertraut machen wollen, später mit dem Tageslicht, und zuletzt würde er es wagen, die Sonne unmittelbar anzusehen und ihre Beschaffenheit wahrzunehmen. Dann könnte er auch begreifen, dass es die Sonne ist, deren Licht Schatten erzeugt. Nach diesen Erlebnissen und Einsichten hätte er keinerlei Bedürfnis mehr, in die Höhle zurückzukehren, sich mit der dortigen Schattenwissenschaft zu befassen und dafür von den Gefangenen belobigt zu werden.[6]

Sollte er dennoch an seinen alten Platz zurückkehren, so müsste er sich erst wieder langsam an die Finsternis der Höhle gewöhnen. Daher würde er einige Zeit bei der dort üblichen Begutachtung der Schatten schlecht abschneiden. Daraus würden die Höhlenbewohner folgern, er habe sich oben die Augen verdorben. Sie würden ihn auslachen und meinen, es könne sich offenbar nicht lohnen, die Höhle auch nur versuchsweise zu verlassen. Wenn jemand versuchte, sie zu befreien und nach oben zu führen, würden sie ihn umbringen, wenn sie könnten.[7]
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 7. Juni 2013, 17:51

Ich mache heute an Tag 8 eine Pause im Projekt 23.
Ich hab einfach keine Lust mehr heute völlig nüchtern zu sein [unknown]
Morgen geht's dann weiter auf dem Jacobsweg.

schreibt mit 0,0 Promille
Conny bzw. ihr Ghostwriter

und stapft leicht entnervt runter vom Trapez

-----
edit:
Ich vermisse den Flow, - da ist noch was zu tun, um den anders hinzubekommen. Laufen war ich schon [sad],
ich bin weder verärgert noch sonstwie getriggert.
Nicht unbedingt "Licht-aus", nur ein wenig dimmen.
Meditation kommt nicht in Frage, weil ich grad nicht mehr bei mir sein will, sondern weniger. Major Tom to Ground Control.
Für hilfreiche Erfahrungen bin ich offen, wie Ihr mit solchen Klippen umgegangen seid.
Man könnte es auch als "Ich weiß einfach nicht wohin mit mir" beschreiben. [unknown]

Und jetzt bin ich traurig.
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon agnesl » 7. Juni 2013, 18:59

hey hey Conny....
mensch lass blos nun nicht ab...
jetzt warst doch soooo gut drauf.

aber selbst wenn mal einen kleinen absacker hast bist doch desshalb kein schlechter mensch
[angel]
drück dir die daumen weiter zu machen 23days [clapping]
lieben gruss
agnesl

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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Papfl » 7. Juni 2013, 19:13

Hi Conny!

Kopf hoch! Ist kein Grund zum Traurigsein. Vielleicht hast Du ja irgendwann Lust, Dir dieses Posting nochmal durch zu lesen.

So betrachtet ist der heutige Tag für Dich - egal aus welchem Grund - eine "Ausnahmesituation", etwas Besonderes, halt nicht die Regel. Hak' ihn unter dieser Kategorie ab und "gut isses!". Morgen geht's wieder ganz normal (also abstinent) weiter ... bis zum nächsten "Ausnahmetag".

Durch dieses Projekt-23-pipapo-Getue setzt Du Dich doch in gewisser Weise wieder unter Druck. Und hast jetzt auch ein schlechtes Gewissen bzw. bist traurig deswegen. Das verstehe ich eben nicht so ganz.

Warum sagst Du nicht einfach: Normal ist nüchtern, so will ich leben. (Aber) halt mit gelegentlichen "Ausnahmen". Fristen kannst bzw. musst Du Dir wieder setzen, wenn die Ausnahmen Überhand nehmen. Da würde ich jetzt erstmal gar nicht von ausgehen.

Probier's einfach mal aus...die Ausnahmen werden mit der Zeit immer seltener. Ich merke das ganz extrem bei den Menschen, die ich gerade mehr oder weniger in der "realen" Welt auf ihrem Weg aus der Abhängigkeit begleite. Das ist toll. Ich glaube, dass sich auf diese Weise auch eher so etwas wie ein "Flow" einstellen kann, weil das Zwanghafte wegfällt. Du könntest ja jederzeit was trinken, ohne gegen irgendeine Regel zu verstoßen, willst aber halt nicht...und falls doch, kannst Du immer noch ein zweites Mal drüber nachdenken, ob es denn jetzt wirklich sein muss...und die Situation dann gegebenenfalls zur Ausnahme erklären :wink: oder eben nicht.

Manche der oben erwähnten "Patienten" scheinen gar auf dem Weg zum echten "Normalo" zu sein, der/die ab und an etwas trinkt, aber eben die meiste Zeit abstinent lebt. Und das auch ganz zufrieden. Die echten Abstürze, die es bei insgesamt 12 "Patienten" im letzten halben Jahr gab, kannst Du an einer Hand abzählen. Allerdings nehmen die alle täglich ihre individuelle Baclofendosis. Das sollte man dazu sagen.

Nimm's also mit dem Break nicht so tragisch. 8 Tage "ohne" sind ja für den Anfang auch schon ganz gut. Und nimm' dieses Posting bitte nicht als Kritik sondern als gut gemeinte Anregung, nochmal über die Ausgangsperspektive nachzudenken.

Alles Gute einstweilen!
Papfl

Nachtrag: Wenn Du Bock hast, kannst Du heute Abend mal zwischen 22:08 Uhr und 22:15 Uhr in den südlichen Nachthimmel schauen. Mit etwas Glück siehst Du da die Raumstation ISS mit bloßem Auge vorbeiflitzen. Mit einer Geschwindigkeit von 28.000 Stundenkilometern. Da gefällt's einem auf der Erde doch gleich wieder ein bisschen besser. Nicht so eng und vor allem nicht so schnell, sondern schön, schön ruhig und gemütlich [smile] .
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 7. Juni 2013, 20:24

liebe agnesl,

Danke für den Zuspruch. Ich war nicht gut drauf, ich bin gut drauf.
Mein Kopf ist meinen Möglichkeiten davongaloppiert, aber nicht zum ersten Mal.
Ich bin traurig, weil ich jedesmal denke "nu hast Du's" und anscheinend nicht lerne, dass es da nie zur Deckung kommt. Ich war auch froh, dass die Traurigkeit so schnell hinterherkam- dann bin ich nicht weit auseinander mit mir.

lieber Papfl,

Ich glaube, dass sich auf diese Weise auch eher so etwas wie ein "Flow" einstellen kann, weil das Zwanghafte wegfällt. Du könntest ja jederzeit was trinken, ohne gegen irgendeine Regel zu verstoßen, willst aber halt nicht...und falls doch, kannst Du immer noch ein zweites Mal drüber nachdenken, ob es denn jetzt wirklich sein muss...und die Situation dann gegebenenfalls zur Ausnahme erklären :wink: oder eben nicht.


Ich habe darüber nachgedacht, ob es gerade jetzt sein muss. Ich kann nur nicht zuordnen, ob es eine Ausnahmesituation war oder schlicht Suchtdruck. Es fühlte sich nichht besonders freiwillig an, und daher kommt das latente Gefühl des Scheiterns.
Andererseits ist die Perspektive, ob es gelingt oder scheitert, immer eine von außen - und ich war mit den 7 Tagen mit meiner Absichtskraft am Ende.
Kraftlos, mit Absicht dem Gegenpart etwas zu erwidern.
Das ist Fakt.
Ich vertraue darauf, dass mit jedem Mal 7 Tage ohne der Muskel der Absicht stärker wird.

Du trinkst schon viel zu lange nicht und Deine Ausnahmen scheinen beschränkt auf "absolute Notwendigkeit"- und da komm ich nicht mehr mit- da hast Du geschafft, die Messlatte so hoch zu hängen, dass ein einfaches: "Ich mag die Realität nicht so dolle" keine Schwankungen mehr verursacht.

Interessant wäre, wie Du da hingekommen bist- für mich ist dieses Lebensgefühl momentan noch außer Reichweite.

Aber nicht mehr undenkbar? ich weiß es nicht. Ich bin da ambivalent. Ich glaube an ein Recht auf Rausch, und gleichzeitig finde ich, ich möchte dieses Recht nur ausüben, wenn ich tatsächlich wählen kann. Ansonsten ist es Sklaverei.

Ich nehme mich selbst erst ernst mit meinen "Anti-Suchtgedächtnis-Thesen", wenn ich weiß, ich kann wieder wählen.
Soweit ist es noch nicht.
Mir liegt aber etwas daran. Und die Traurigkeit, es noch nicht zu können, wird meine schärfste Waffe in diesem Kampf werden.

Conny,
mit Talkum an den Händen auf dem Weg zum Trapez
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Amygdala5 » 7. Juni 2013, 20:40

Liebe Conny!

Das mit dem "Flow" ist mir auch noch ein Rätsel, der Begriff bezieht sich ja wohl nicht nur auf den sportlichen Bereich... Verstanden habe ich bislang nur: Spielerisch sollte er sein, erwartungsfrei... Mir selber gelingt so ein "Flow" ausschließlich in der Kommunikation mit Tieren. (Nüchtern, natürlich *grins* !)

..."Und jetzt bin ich traurig", hast Du geschrieben, das verstehe ich einerseits sehr gut, andererseits: So what? Du machst eine Pause am achten Tag Deines(!!!) Projektes 23 - den Tag kannst Du ja am Ende wieder anhängen! Und alle weiteren Tage, die Du pausentechnisch nutzen möchtest!

Wahr bleibt auf jeden Fall: "...jeder nüchterne Tag schlägt eine weitere herrliche Bresche in den Sumpf meiner alten Gewohnheiten."!!!

Und da bist Du (mehr als acht Tage!!!) weiter als ich! Aber wir sind hier in keinerlei Wettkampf, jeder stapft sich seinen eigenen Trampelpfad zu sich selbst... Jetzt muß ich schief grinsen, weil: Du willst ja momentan nicht "mehr" bei Dir sein - das kenne ich gut! Ich persönlich vermute: Dieses Gefühl, nicht "mehr" bei sich sein zu wollen, das ist eine uralte Falle, ein wirklich (jahrhunderte...) altes, fieses, rostiges Teil... Genau dieses Gefühl berieseln "sie" mit Werbung, Mainstreamgedankengut, Politik und bedienen es mit Alk...

Aus eigener Erfahrung kann ich Dir keinen hilfreichen Weg vorschlagen, sorry. Ich vermute aber: Bei Dir selber zu bleiben ist ein guter Ausgangspunkt! Und wenn ich mich so gar nicht mehr ertragen kann, geh' ich in die Kiste. Es dauert nicht lange, dann kommt erst die eine Katze, dann die andere Katze, dann der Hund - sooo übel kann ich nicht sein...

Morgen ist ein neuer Tag!

Alles Liebe!


Amy

Edit... Rechtschreibfehler...

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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Papfl » 7. Juni 2013, 23:01

GoldenTulip hat geschrieben:Ich kann nur nicht zuordnen, ob es eine Ausnahmesituation war oder schlicht Suchtdruck. Es fühlte sich nichht besonders freiwillig an, und daher kommt das latente Gefühl des Scheiterns.

Hi Conny!

Als "Scheitern" würde ich das nicht bezeichnen. Wenn es wirklich Suchtdruck war (im Sinne von physischem Craving), dann kanst DU nichts dafür. Da kann Deine Absicht noch so groß sein...neurobiologische Prozesse machen Dir diesbezüglich im Moment noch einen Strich durch die Rechnung. Du hast die längere Baclofenerfahrung - mal angenommen, Du hättest Baclofen nicht abgesetzt - was wäre heute passiert?

GoldenTulip hat geschrieben:Du trinkst schon viel zu lange nicht und Deine Ausnahmen scheinen beschränkt auf "absolute Notwendigkeit"- und da komm ich nicht mehr mit- da hast Du geschafft, die Messlatte so hoch zu hängen, dass ein einfaches: "Ich mag die Realität nicht so dolle" keine Schwankungen mehr verursacht.

Würde eher sagen, ich habe mich mit der Realität ein Stück weit versöhnt [smile] Klingt jetzt vielleicht ein bisschen überheblich, aber wer dem (alkoholbedingten) Tod knapp von der Schippe gesprungen ist und nach zwei Wochen aus dem künstlichen Koma - von den Ärzten längst aufgegeben - nach einem schweren Delir aufwacht, ohne irgendwelche Hirn- bzw. sonstigen körperlichen Schäden davon getragen zu haben, der weiß, dass er verdammtes Glück gehabt hat. Und der regt sich nicht mehr über Behörden, Rechnungen oder einen blöden Kommentar von der Partnerin auf...der freut sich einfach, dass er noch da ist.

Im Nachhinein frage ich mich oft, ob es soweit kommen musste, um zu begreifen, dass die vermeintlichen "Hürden" des Alltags "nüchtern" betrachtet doch nur Peanuts sind. Aber wahrscheinlich müssen manche Menschen solche Erfahrungen machen...

Das sind aber alles Kopfdinge, die jeder - wie Du das ja auch für Dich sehr intensiv immer wieder tust - für sich selbst klar kriegen und hinterfragen muss.

Suchtdruck steht auf einem anderen Blatt. Und ganz ehrlich kann ich für mich behaupten, dass ich ohne tägliches Baclofen zum jetzigen Zeitpunkt mit Sicherheit wieder rückfällig werden würde. Einfach, weil sich mein Stoffwechsel nach über zwanzig Jahren intensivem Alkoholabusus nach dieser kurzen Zeit noch nicht umgestellt haben kann.

Als ich Baclofen noch nicht kannte, hatte ich kopftechnisch zur Bewältigung des psychischen Cravings schon die selben Gedanken wie heute, habe es aber nicht geschafft, über längere Zeit abstinent zu bleiben. Weil ich gegen den Suchtdruck machtlos war (und es immer noch bin). Und das verzwungene "Trockenbleiben" um jeden Preis war eine Tortur.

Heute ist der Suchtdruck dank Baclofen Geschichte. Und nach vielen Stunden, Tagen, Wochen, Jahren... des Nachdenkens, Reflektierens, In-mich-gehens etc. kann ich der Realität gelassener ins Auge sehen, weil ja doch vieles, was nervt - wenn auch manchmal erst auf den zweiten Blick - tatsächlich in die Rubrik "Peanuts" fällt. Das gilt übrigens für alle - nicht nur für die "Scheintoten" [smile] . "Buddhismus für Dummies"!

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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 8. Juni 2013, 07:46

@Papfl
mal angenommen, Du hättest Baclofen nicht abgesetzt - was wäre heute passiert?


Ich glaube, ich hätte mit Baclofen keine 7 nüchternen Tage hinter mir gehabt. Dieser Wunsch, sich "schnell und hart und gnadenlos zu versenken", wie Willo es mal formuliert hat, auf den hat Bac bei mir keinen Einfluss gehabt in 2 Jahren. Da muss ich mich selbst korrigieren: Ich wollte nicht nur "dimmen".
Ich brauche das Gefühl, es aus eigener Kraft hinzubekommen.

120 ml Ouzo und eine Flasche Sekt, danach bin ich wie ein Stein ins Bett gefallen; heute hab ich Kopfschmerzen. Früher hab ich Alkohol besser vertragen [biggrin]

Wenn es wirklich Suchtdruck war (im Sinne von physischem Craving), dann kanst DU nichts dafür. Da kann Deine Absicht noch so groß sein...neurobiologische Prozesse machen Dir diesbezüglich im Moment noch einen Strich durch die Rechnung.


Ja und Nein. Vorher wäre ich schon an Tag 2 oder 4 eingeknickt. Tag 8 ist ein Fortschritt. Ich versuche das Geschehen von gestern heute als Information zu betrachten, Scheitern ist ein sehr emotionaler Begriff. Ich war wohl traurig und irgendwie enttäuscht von mir. Und gekränkt. Eigene Doofheit, man kann halt nicht mit Fähigkeiten für Route 2 die Strecke von Route 6 bewältigen. Kindliche Allmachtsphantasien. Mit anderen Worten ich war sauer über eine Unfertigkeit, die mir eigentlich bewusst ist. Ich werde versuchen, das prozessualer zu denken.

Liebe Amy,

ja, die Kommunikation mit Mietzi hat mir auch geholfen, mehr noch, mich aus der Depressivität geholt. Ich lerne jeden Tag von ihr und meine Seele heilt.
Ich werde bei dem Projekt bleiben, aber am nächsten Tag 8 die Pause mit einbauen- ob ich sie nutze sei dahingestellt. Mit zuviel Druck baut man nur den Gegner auf- das gilt auch für mich,

LG Conny
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 8. Juni 2013, 11:11

Ich will mich ohne Alkohol so fühlen können wie mit.
Dann wird die "Gleichgültigkeit" zu einer Freiheit der Wahl der Mittel.
yepp. Das ist es.
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Papfl » 8. Juni 2013, 11:21

GoldenTulip hat geschrieben:Ich will mich ohne Alkohol so fühlen können wie mit.
Dann wird die "Gleichgültigkeit" zu einer Freiheit der Wahl der Mittel.

[good]
Wenn das mal kein klasse Zitat für eine Signatur ist!
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Suse » 8. Juni 2013, 22:42

Hi Conny,

bei deiner Wortgewandtheit und den intensiven Gedanken habe ich oftmals Hemmungen, auf deine Postings zu antworten [twiddle]

Und im Prinzip ist ja auch alles schon gesagt worden. Dennoch möchte ich dazu "senfen" [whistle]

8 Tage habe ich schon länger nicht mehr hinbekommen - deine Enttäuschung und Traurigkeit ist natürlich allzu verständlich. Steckt man sich "große" Ziele (wie "nie wieder" oder auch "nur" 23 Tage) und schafft sie nicht, kann ja nichts anderes passieren, als traurig zu werden.

Trotz aller Kritik stehe ich da eher auf diese eine Formel der AA: 24 Stunden nicht trinken, länger nicht planen. Wenn es schlimmer ist, dann sich von Stunde zu Stunde hangeln.
Ich weiß, dass du das kennst!
Und wir sind mit Sicherheit anders gestrickt. Doch ich könnte nicht einmal sagen, ich trinke nun bis nächsten Sonnabend nicht. Upps, doch sagen könnte ich es...aber...

Also sage ich mir heute, für morgen: Ich trinke morgen nicht. Die nächsten 24 Stunden. Und wenn ich es dann morgen Abend um 23 Uhr nicht aushalten sollte, naja, dann muss ich nicht entäuscht sein. Anderserseits motiviert mich das mehr zu sagen: NÖ.

Klappt allerdings auch nur selten - bei mir [pardon]

Besser aber, (für mich) als mir so Riesenziele zu setzen. Komisch oder, ich war nur 2 Nächte im Krankenhaus. Überhaupt kein Problem, keine Gedanken an Alkohol, geschlafen wie ein Baby. Dieses "cleane" Gefühl nimmt man mit nach Hause und dann fängt alles von vorne an.

Du wirkst so kraftvoll!

Ich bin sicher, dass du deinen Weg schaffen wirst.

bis auf Weiteres, lG Suse
Früherer Name: Desperatio

Plötzlich konnte ich sehen und ich war froh. Doch was ich sah, gefiel mir nicht. Ich lerne, neu zu sehen. Suse

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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 9. Juni 2013, 07:06

Hallo Suse,

bei deiner Wortgewandtheit und den intensiven Gedanken habe ich oftmals Hemmungen, auf deine Postings zu antworten


Die brauchst meinetwegen Du nicht zu haben, ich freue mich über jede Anteilnahme. Interesse und Herzlichkeit sind mir wichtiger als literarische Brillanz.

Für mich ist die 24-Stundenformel mit dem "nur heute nicht" leider gar nichts. Das hat sowas von Durchhalten-Müssen - gelebt wird später.
Und so schlecht war es nicht, dass ich nicht durchgehalten hab mit den 23 Tagen- hat sich doch viel deutlicher gezeigt, wo es bei mir hapert und wo ich nachbessern muss.
Für das nächste Mal bin ich besser gewappnet und kann mir Strategien überlegen, wie ich über diese Klippe komme.
Und da fahre ich mit meiner Absicht nach Wiedererlangung der Wahlfreiheit ganz gut - das ist mir so wichtig, dass ich nicht aufhöre, es zu versuchen. Das gibt mir die Kraft.

Wo Du das mit dem Krankenhaus erwähnst: Das haben mehrere so beschrieben, dass bei Reisen, Ortsveränderung das Verlangen nach Alkohol weggefallen ist, was bestätigt, wie sehr das Trinken mit Gewohnheiten verbunden ist, fast reflexhaft geworden ist.
Neue Gewohnheiten dekonditionieren also auch wieder.
Vielleicht sollte ich am nächsten "Tag 8" eine Städtereise, einen Ausflug, eine Wanderung oder so machen, um den kritischen Punkt zu überwinden.
Und Du könntest Dich vielleicht auch mal drei Tage absetzen von zuhause, um einen guten Anfang hinzubekommen?

Lieben Gruß
Conny
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon WilloTse » 10. Juni 2013, 09:47

Tach zusammen.
Liebe Conny,

Du hattest mich um Input gebeten wegen Deiner 8/23-Abstinenz.
Ich möchte mit einer - rhetorischen, Du hast sie unten ja schon beantwortet - Frage anfangen: wie ist das weitergegangen? Bist Du abgestürzt, immer tiefer zurück in den Alkoholsumpf geschliddert und in der Gosse gelandet? Oder hast Du Dich am Riemen gerissen, irgendwas von "verdammte Axt" gemurmelt und bist in die alkfreie Zone zurückgekehrt?

Gut, Du hast die Messlatte watt hoch gelegt und bist schwungvoll 'drunterhergesprungen. [pardon]
Da weißt Du, wie hoch Du zur Zeit kommst. 8 Tage ohne, wenn ich Dich richtig gelesen habe, relativ mühelos (klar, dass man gelegentlich Versuchungen umschiffen muss, aber schwer war's ja wohl nicht, oder?). 120 Gramm Alkohol verteilt auf neun Tage. WHO-mäßig gibt das noch Abzüge in der B-Note, da Du Dir die 120 Gramm auf eine Rutsche gegönnt hast, aber mal ehrlich: am Samstag nach dem Fußball paar Bier und paar Absacker? Welcher Normalo würde darüber überhaupt nachdenken, geschweige denn sich in Richtung AA aufmachen?

Insofern: kein Scheitern, ein Schritt in Richtung Normalität. Die theoretisch dann erreicht wäre, wenn Dir irgendwann ein ähnlicher Konsum ohne jeden Gedanken darüber gelingt. Was praktisch, glaube ich, für gebrannte Kinder unmöglich sein wird, aber time will tell.

Ich möchte noch eine Frage loswerden und rede dabei durchaus in den Spiegel: bist Du alkoholabhängig?
o.k., Du schaffst nichtmal mit Anlauf drei Wochen ohne. Schade. Du kommst aber jederzeit auf Zuruf aus der Schenke wieder 'raus und landest nicht in bekannter Gosse.
Mach' den Test:
drei Wochen ohne:
- Alkohol oder
- motorisierte Fortbewegung (auch wenn's regnet und Du 'nen Sack Kartoffeln brauchst oder
- Internet (Banküberweisungen gehen auch heute noch vor Ort, eine automatische Mailantwort "bin drei Wochen offline, bitte rufen Sie mich an unter..." ist in drei Minuten eingerichtet) oder
- Getreideprodukte und Zucker (Dein Immunsystem wird's Dir danken. Veggies: veggucken. Der Mensch ist Jäger und Sammler. Rehrücken mit Preiselbeeren ist weit artgerechtere Haltung für den Menschen als Vollkornbrötchen mit Tofuwurst)

Ich halte jede Wette, dass Du nach acht Tagen wegen restlos zerfaserter Nerven die Tapete von der Wand kratzt, heimlich ein Croissant isst und mit dem iPhone in der UBahn surfst.

So, und wo is' nu' das Problem mit dem Alkohol?
Ich hatte hier schonmal gefragt: wer definiert eigentlich?

Ich für mich.
Du für Dich.

Dann wird das auch was.

Ich werfe mal ein Theoriebröckchen ins Rund zum abnagen: Du und ich (und Typen wie wir), wir sind ein paar hyperintelligente Bestien, die Ihre grenzenlose Weisheit nicht für die Karriere (im herkömmlich westlichen Sinne) nutzen, sondern um sehr geschickt und ohne Anstrengung durch die Fahrwasser des Lebens zu kommen. Faule Säcke, die von lieb gewonnenen Gewohnheiten nicht recht lassen können. Fremde Ansprüche erregen nur Widerspruch, je mehr Zuspruch eine Position erhält, desto fragwürdiger erscheint sie uns. Ich weiß, dass ich Scheiße geredet habe, wenn alle applaudieren.
Wir sind alles mögliche.
Alkoholiker sind wir nicht. GABA-Defizite? Geschenkt! Baclofen kann uns gar nicht dauerhaft helfen, da es unser Problem nichtmal berührt, geschweige denn löst. Das ist wie der Versuch, das Elbehochwasser mit Feuer zu bekämpfen.
Definier' Dich mal so und guck' was passiert. Viel Spaß!

Viel Erfolg weiter auf dem Weg zurück in die Normalität.

Herzliche Grüße
Willo

edit: Schreibfehler
Zuletzt geändert von WilloTse am 10. Juni 2013, 13:28, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 10. Juni 2013, 10:12

Jo Willo,

Du hast in so vielem so Recht. Andere Leute schwadronieren rum, dass sie es nicht einen Tag ohne Fernsehen aushalten, und ich verzweifle nach 7 alkoholfreien Tagen, weil ich "Tag 8" nicht geschafft habe. Mein Umfeld "schafft" keine 4 Tage ohne . Hehe.^^

Insofern: kein Scheitern, ein Schritt in Richtung Normalität. Die theoretisch dann erreicht wäre, wenn Dir irgendwann ein ähnlicher Konsum ohne jeden Gedanken darüber gelingt. Was praktisch, glaube ich, für gebrannte Kinder unmöglich sein wird, aber time will tell.


Da glaube ich, wird es soweit absehbar keinen unschuldigen Blick mehr hin geben. Es ist Teil der eigenen Geschichte geworden wie Narben nach einem Unfall. Das ist auch nicht schlimm, eher im Gegenteil. Jede Form süchtigen Verhaltens steht unter Beobachtung und wird zum Seismographen für ja, was? Mangel, Unzufriedenheit, Streben, Sehnsüchte.
Das kann ich so annehmen. Das ist gut so.

Und war wohl Teil meiner "Missempfindung".

Ich kompensiere ganz klar meinen Geltungsdrang, den Wunsch etwas zu kommunizieren, zu geben. Ich mutiere zum Dr. Sommer der Foren, weil mir ein reales Betätigungsfeld fehlt. Und ich Ängste habe, mit meiner "Vorgeschichte" im real life nicht für voll genommen zu werden.

Mir ist meine süchtelnde Tendenz ein Makel, er erzeugt Wut in mir, (eine alte Wut auf meine Eltern liegt da drunter), ich wäre gern unbefleckt, gesund und heile.
Ein Widerspruch in sich- meine Empathie und Autorität in manchen Dingen resultiert aus meiner Unerschrockenheit, mit den eigenen Schwächen umzugehen. Nicht aus scheinbarer Vollkommenheit.

Ich wäre so gern etwas ganz Besonderes, und werde nur heil in der Demut [im positiven Sinne eines sich Einfügens und mit sich selbst ok Seins, seinen Platz zu finden] gegenüber dem Mittelmaß. Damit mich meine eigenen Ansprüche nicht kaputt machen.

Das war jetzt freie Rede, ich weiß gar nicht, ob es so Sinn macht.

Danke für Deine Antwort,

Conny
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Argentina1 » 11. Juni 2013, 02:59

GoldenTulip hat geschrieben:Ich kompensiere ganz klar meinen Geltungsdrang, den Wunsch etwas zu kommunizieren, zu geben. Ich mutiere zum Dr. Sommer der Foren, weil mir ein reales Betätigungsfeld fehlt. Und ich Ängste habe, mit meiner "Vorgeschichte" im real life nicht für voll genommen zu werden.


Hi Conny, Willo and all,

Kurz vorweg: Was ihr zwei, du und Willo geschrieben habt ist absolut nicht zu unterschätzen, es ist wahrscheinlich sogar der Schlüssel zu dem Problem WESHALB wir uns so mies, schlecht und süchtig fühlen - HA!.. und ganz genau, wieso fühlen sich andere nicht so obwohl sie genauso denken,fühlen und handeln wie wir? Sind wir schlauer als andere um zu erkennen das wir ein "Problem" haben? Besteht unsere Umwelt die sich jeden Abend eine Flasche Wein zu Gemüte zieht aus sorglosen Idioten? Warum haben die Spaß daran und bei uns bricht der Angstschweiß aus? Weil wir wissen das es auch mal Zeiten gab wo es mehr war? Oder weil WIR denken das man es uns ansieht das wir ein Alk Problem haben? Oder weil ein idiotischer Partner uns dies auf die Nase bindet, gleichzeitig aber nicht merkt das man nichts mehr trinkt? (Rockine hat mal so etwas in der Art gesagt aber ich kann da auch was zu sagen und ich denke viele mehr, vor allem Frauen anscheinend [smile] ). Es gibt 1000 Fragen die mir momentan dazu einfallen und interessant wären natürlich Antworten!

Conny, wenn du hier zu Dr. Sommer mutierst wird dir das glaube ich keiner übel nehmen, ich finde deine Berichte nach wie vor sehr inspirierend auch wenn ich selbst gerade sehr wenig schreibe und eigentlich auch lese und ganz ehrlich gesagt sehe ich da auch eine gewisse "Suchtverlagerung", seitdem du nicht mehr trinkst oder viel viel weniger, schreibst du hier mehr denn je - so what? Es hilft dir zu reflektieren, es hilft Neuankömmlingen, es hilft auch uns alten Hasen ( dein und Willos Beitrag war in meinen Augen heute der Hit!) und somit ist doch alles ok. Wenn du noch nicht bereit für das reale Leben bist dann geb dir noch mehr Zeit, ich denke auch das renkt sich wieder von alleine ein!

In diesem Sinn wünsche ich dir weiterhin alles gute und ich bin mir sicher das du es nun schaffen wirst!!!

LG; Argentina

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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 11. Juni 2013, 10:54

Liebe Argentina,

danke für den Zuspruch und auch für die Blümchen [smile]
Ich möchte das mit dem "Dr. Sommer" auch nicht negativ aufgefasst wissen, ich schreibe und denke gern hier im Forum und freu mich auch sehr, wenn meine Überlegungen anderen Mut machen und helfen, die eigene Lage aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Ehrlich gesagt, würde ich mit so etwas am liebsten Geld verdienen, statt in einem dusseligen Call-Center auf Knopfdruck und mit Stechkarte das sog. Wirtschaftswachstum voranzutreiben.

Mit klarerem Kopf wird die Frage nach dem Broterwerb drängender, und ich hänge da noch etwas hilflos in der Luft, wie ich den gestalten kann, ohne nach einem halben Jahr mit Burnout winselnd in der Ecke zu liegen. ich bin schlecht belastbar, was die Befolgung von Ansagen von Autoritäten angeht; als ich selbständig war, fühlte ich mich trotz 10-12 Stundentagen deutlich wohler.
Ich möchte gern gut für mich sorgen, was das angeht, und hab noch keinen Dreh gefunden. Diese Zukunftsangst hat btw. auch zu dem Minigelage letztens beigetragen- ich war des Denkens müde und wollte endlich wieder etwas Frieden, also ab ins Nirwana.

Das hat sich jetzt abgeschwächt bis heute hingezogen, da war leider kein leichtes Zurückgehen in die Nüchternheit, @Willo.
Obwohl ich das Gefühl, unverkatert in die weite Welt zu gucken, gleichzeitig schmerzlich vermisse.
Tja, noch nicht schmerzlich genug.

Das meine ich gar nicht weinerlich, sondern eher so, dass mir für diese Stabilität noch viel Luft nach oben bleibt.

wieso fühlen sich andere nicht so obwohl sie genauso denken,fühlen und handeln wie wir? Sind wir schlauer als andere um zu erkennen das wir ein "Problem" haben? Besteht unsere Umwelt die sich jeden Abend eine Flasche Wein zu Gemüte zieht aus sorglosen Idioten? Warum haben die Spaß daran und bei uns bricht der Angstschweiß aus?


Wenn man nicht die "Jeden-Abend-nach-Feierabendtrinker" zur Messlatte nimmt, sondern Menschen, die ein normales Verhältnis zum Alkohol haben, dann stelle ich fest, dass sie eben nicht so denken, fühlen und handeln wie "Wir".
Sie sind gewohnt, andere Entspannung und Lösungen wahrzunehmen, sie kämen nicht mal groß auf die Idee, dass sich irgendetwas besser anfühlt, mit Alkohol. Geschweige denn, dass sie ihn bräuchten, um etwas zu ertragen.

Ich bin jedes Mal auf's Neue fasziniert, dass es diese Spezies gibt- ich kapier das nicht so wirklich.
Sie stehen so robust und vertrauensvoll im Leben, haben die meisten seltsamen Ängste nicht (jedenfalls nicht offensichtlich), da ist eine Selbstverständlichkeit, dass alles so wie es ist, einen Sinn macht, die ich nie empfunden habe.

Es ist ganz spannend, dass sich die "bekennenden und kapitulierten" Alkoholiker, sprich Abstinenzler, in Windeseile als "Gottes liebste Kinder" dargestellt haben, mit so einem elitären Touch dabei. "Der Herr prüfte mich, und ich bestand und will in seinen Augen nie mehr sündigen immerdar".
Das ist es, was ich meine, wenn ich überspitzt sage, dass Abstinenz die Fortsetzung der Faulheit mit anderen Mitteln sei.
Nicht die großartige, bemerkenswerte Leistung, sich in einem Leben ohne Alkohol einzurichten steht da in meiner Kritik, sondern der Ersatz der einen Unterordnung durch eine andere. Dieses "ich will ab jetzt immer brav sein", die Untertanenmentalität. Führe mich, Herr, ins Licht.

Nicht die Entscheidung zur Abstinenz halte ich für problematisch, da leuchtet mir jedes Argument ein (kein Hin und Her, nicht dauernd darüber nachzudenken, kein gutes Verhältnis zwischen kurzem Glückgefühl und den negativen Auswirkungen, sich einfach besser zu fühlen, wieder Macht über sich selbst zu haben etc.).

Das einzige, was ich für problematisch halte, ist die Ausgestaltung der Trockenheit zur Ideologie. Übergriffig, moralisierend und unemphatisch. Nur die Harten komm'n in Garten. Als stabilisierendes Korsett für den Einzelnen völlig ok. Als Politikansatz inakzeptabel.

Für mich ist jeder Schritt auf dem Weg, den Alkohol nicht mehr zu missbrauchen, ein kleiner Schatz. Den möchte ich mir nicht kaputtreden lassen von scheininteressierten Nachfragen zum Stand der Dinge oder Bewertungen irgendwelcher Art.
Darum zügle ich mich gegenüber meinem Freund mit Äußerungen dazu. Ich will das Thema nicht zur Waffe werden lassen. Mich nicht reduzieren lassen auf ein "Und, hast Du heute schon wieder....?"
Dies ist für mich.
Der selbstgemachte Druck reicht mir da vollends.

LG Conny
die grad von Höcksken auf Stöcksen kommt,
das Trapez dabei aber nicht aus den Augen verliert
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon Suse » 11. Juni 2013, 23:41

Hi Conny,

musste grade lachen,

Es ist ganz spannend, dass sich die "bekennenden und kapitulierten" Alkoholiker, sprich Abstinenzler, in Windeseile als "Gottes liebste Kinder" dargestellt haben, mit so einem elitären Touch dabei. "Der Herr prüfte mich, und ich bestand und will in seinen Augen nie mehr sündigen immerdar".


"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann...den Mut....und die Weisheit..." - kennt jeder, zumindest diejenigen, die einmal bei einer AA Sitzung waren. Ich glaube, den Spruch konnte ich schon auswendig aufsagen noch ehe ich Fahrrad fahren lernte...

Er hing, seit ich denken kann, bei meinen Eltern an der Wand. Und neulich, nach fast 40 Jahren Trockenkeit, gestand mir mein Vater, er könne nach wie vor damit überhaupt gar nichts anfangen. Witzig zu hören von jemandem, der mir (jetzt im Alter) Gelassenheit predigt, wenn ich in seiner Gegenwart mal ein schärferes Wörtchen an eines meiner Kinder richte. Und selber ausrastet, wenn ihn meine Mutter nervt.

Gottes liebste Kinder würde ich gar nicht mal so unterschreiben. Ich glaube, gewisse Menschen brauchen dann einfach so einen "Halt" - ob sie nun daran glauben oder nicht. Nicht umsonst sind viele der SHG mit Kirchen assoziiert. Möglicherweise brauche ich zum endgültigen Schritt auch einen "Halt", wo auch immer ich den finde... Ich suche noch.

Doch deine Aussage trifft - für mich - den Kern. (Um Himmels Willen: Nichts gegen WIRKLICH Gottesgläubige!!!) Doch die Aussagen über eine "höhere Macht", die letztendlich den Kick zur Trockenheit legte und gar stabil hielt, die haben mich bei jeder Sitzung irritiert. Zumal in den Raucherpausen plötzlich zutage kam, dass niemand wirklich daran glaubte.

Noch ein Statement:

Darum zügle ich mich gegenüber meinem Freund mit Äußerungen dazu. Ich will das Thema nicht zur Waffe werden lassen. Mich nicht reduzieren lassen auf ein "Und, hast Du heute schon wieder....?"


Ja. Zweimal habe ich es so schlimm werden lassen, dass mein Mann meinte, so geht es nicht mehr weiter. Ehrlich gesagt hat mich das beflügelt, wieder einmal aufhören zu wollen/müssen/wollen/müssen. Hielt aber nicht lange an. Es nützt alles nichts. Muss von innen heraus kommen, aus eigenem Willen und/oder Wollen.
Müssen geht nicht - bei mir zumindest. Ein Beispiel: Ich habe vor 16 Jahren gedacht, ich wäre zu dick. Also habe ich mir (aus freiem WILLEN) jede Schokolade verkniffen, Chips, Flips, Pizza, Pommes, Kuchen, Kekse...habe mich nur von Karotten, Joghurt etc ernährt und langsam aber sicher 8 Kilo abgenommen. Fazit war, dass ich schlank - und magersüchtig wurde und ständig Heißhunger auf Schokolade hatte, auf Chips, Flips, Pizza, Pommes, Kuchen und Kekse...Erst seitdem ich gerafft hatte, dass ab und an mal ein oder mehere Kekse (oder alles andere eben in Maßen) mir und meiner Figur nichts oder nur wenig "antun", pendelte sich mein Gewicht auf einem absolut zufriedenstellenden Niveau ein. Nun mag ich gar keine Schokolade mehr und keine... (keine Sorge, ich zähle nicht nochmal alles auf :wink: ) Außer Pizza interessiert mich das alles nicht mehr die Bohne. Und da esse ich dann meist eine Halbe und hebe mir den Rest für den nächsten Tag auf. Immer noch leicht essgestört, aber recht gesund. Zumindest falsch-essenstechnisch.

Vielleicht sollte ich es auf diesem Wege auch mit dem Alkohol versuchen, bzw. eigentlich bin ich dank dieses Forums ja schon dabei. Nicht dieses zwanghafte "Verbieten", aber dennoch über jeden "Keks" nachdenken, ob der wohl sein muss...

"One moment on the lips, hole life on the rips" würde dann zu "one moment against shiver, will bring a hobnailed liver" [biggrin]

Herrjeh, nach so einem dichterischen Erguss muss ich nun dringend zu Bett,

liebe Grüße, Suse
Früherer Name: Desperatio

Plötzlich konnte ich sehen und ich war froh. Doch was ich sah, gefiel mir nicht. Ich lerne, neu zu sehen. Suse

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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon GoldenTulip » 13. Juni 2013, 11:18

Hallo Suse,

Gottes liebste Kinder würde ich gar nicht mal so unterschreiben. Ich glaube, gewisse Menschen brauchen dann einfach so einen "Halt" - ob sie nun daran glauben oder nicht. Nicht umsonst sind viele der SHG mit Kirchen assoziiert. Möglicherweise brauche ich zum endgültigen Schritt auch einen "Halt", wo auch immer ich den finde... Ich suche noch.


da bin ich ganz bei Dir [twiddle],

es braucht einen neuen Halt, wenn der alte Halt des Alkohols wegfallen möge. Darum liegt der eigentliche Prozess auch darin, sich zu erforschen, was einen halten kann.
Danke für diesen Gedanken.

Es ist so ein "was brauche ich überhaupt", um näherungsweise glücklich, erfüllt, zufrieden zu sein.
Und der Prozess der Selbserforschung ist (bei mir und ich unterstelle: bei vielen) zum Stillstand gekommen, als der Alkohol zur Antwort wurde, bevor man lernte, solche Fragen zu stellen. Geschweige denn, sich auf den mühsamen Weg zu machen, individuelle Antworten zu finden auf Fragen, die man noch nicht mal imstande war zu stellen.

Dann im zarten Alter von 40-50 Jahren spitzzukriegen, dass da was ganz und gar aus der Spur gelaufen ist, macht nicht froh. Mir kommt es manchmal vor wie eine Zeitreise, in die jungen Jahre einer 8 oder 9-Jährigen.

Der ganze Rattenschwanz an Psycho-Aufarbeitung kommt auch noch hinterher. Die Eltern? Die Gene? Dopaminmangel? ADS? Der Klassenkamerad, der einen lächerlich gemacht hat? Der erste Betrug der Großen Liebe? Das Mobbing am Arbeitsplatz? Vielleicht die eigene Schüchternheit, Bequemlichkeit oder - Gottbewahre- das Gespenst des Suchtgedächtnisses, das aus dem harmlosen Feierabendbier ein unwiderstehliches Verlangen, eine Gier gemacht hat??!

Mir hat der Spruch "Wer trinken will, findest Gründe, wer aufhören will, findest Lösungen" immer gut gefallen.

Hab es für mich etwas differenziert in "Wer den Alkoholmissbrauch abstellen will, muss erstmal wissen, für welchen Gebrauch er nützlich war". Was hat der, was ich nicht habe?

Und dann lande ich doch wieder bei meinen 95% nüchtern und 5% Rausch.
95 Prozent traue ich mir zu hinzubekommen an Eigenglücklichsein, und 5 Prozent darf mir der Rausch das teuflische Vergnügen bereiten. Vor denen kapituliere dann selbst ich- aber gerne.

Conny
die jetzt P!nk auflegt und die Sonne auf dem Balkon genießt
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Re: GoldenTulip V : Kein Wunder....

Beitragvon WilloTse » 13. Juni 2013, 12:10

GoldenTulip hat geschrieben:Die Eltern? Die Gene? Dopaminmangel? ADS? Der Klassenkamerad, der einen lächerlich gemacht hat? Der erste Betrug der Großen Liebe? Das Mobbing am Arbeitsplatz? Vielleicht die eigene Schüchternheit, Bequemlichkeit oder - Gottbewahre- das Gespenst des Suchtgedächtnisses,


Der Mangel an Bereitschaft, auf all' dies, was jeder Normalo genau so in seinem Rucksack hat, ein Häufchen zu machen?

LG
Willo


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