Hier bin ich!
Verfasst: 12. Juni 2014, 20:41
Hallo zusammen,
nachdem ich mich über die vergangenen Wochen im Forum durch gelesen habe, ist es an der Zeit, mich selbst und meine Geschichte vorzustellen.
Ich bin 38, lebe rund neun Jahren in einer (noch) stabilen Beziehung und bin seit etwa fünf Jahren mit einem massiven Alkoholproblem ausgestattet.
Als Jugendlicher und junger Erwachsener habe ich bis auf Ausnahmen (Abitur etc.) kaum Alkohol getrunken. Das lag sicher auch daran, dass ich als Kind erleben durfte, was Alkohol mit und aus meinem Vater gemacht hat. Er kam sicher drei- bis viermal in unter der Woche betrunken nachhause. Seltsamerweise gab es im elterlichen Haushalt fast nie Alkohol. Jedenfalls war ich als Kind und auch als Jugendlicher regelrecht angeekelt von ihm, wenn er "so" nachhause kam und ich schwor mir, dass ich dem Alkohol niemals so verfallen würde. Doch es kam offensichtlich ganz anders...
So richtig regelmäßig mit dem Trinken fing ich nach dem Studium mit Mitte Zwanzig an. Damals war ich recht orientierungslos, was meine berufliche Zukunft anging, meine erste Beziehung lag in Scherben und zusätzlich wurde eine recht seltene Erkrankung bei mir diagnostiziert. Also fing ich an, an den Wochenenden zu trinken, wenn ich mit Freunden unterwegs war. Wenn ich alleine zu Hause war, so ging manchmal eine halbe bis ganze Flasche Rotwein pro Woche drauf. Alles also noch im Rahmen, würde ich heute rückblickend sagen. Über die Jahre hinweg hat sich der Konsum dann gesteigert, aber von einem Problem oder einer Abhängigkeit wollte ich erst einmal nichts wissen. Selbst als ich nach einer Polizei-Kontrolle meinen Führerschein dank 1,6 Promille abgeben durfte war mir nicht klar, dass das mit dem Aufhören sicher nicht so einfach werden wird. Dazu muss ich anmerken, damals trank ich sicher schon regelmäßig zweimal die Woche bis zum Rausch, aber einen Filmriss hatte ich beispielsweise bis dahin noch nie. Und mit 1,6 Promille war ich damals schon bummsblau, heute brauch ich dazu sicher mehr.
In den vergangenen vier bis fünf Jahren habe ich dann zunehmend die Kontrolle über den Konsum verloren. Irgendwann fiel mir auf, dass ich nicht mehr aufhören kann, wenn ich erst mal mit dem Trinken angefangen habe. Und auch die Phase zwischen angetrunken und besoffen sein wurde immer Kürzer. Filmrisse waren plötzlich an der Tagesordnung. Meinem Umfeld fiel natürlich auch irgendwann auf, dass ich zu jedem gesellschaftlichen Anlass am Ende des Abends immer im Vollrausch war. Hier und da wurde ich auch mal drauf angesprochen, aber nie mit der Ernsthaftigkeit, mich auf ein Alkoholproblem aufmerksam zu machen. Zu dieser Zeit wusste auch noch keiner von ihnen, dass ich auch ohne Anlass zu Hause bis zum Rausch trinke. Außerdem hab ich ja funktioniert, bin fünfmal die Woche zum Sport, hatte einen guten Job etc.
Seit etwa zweieinhalb Jahren ist es nun aber offensichtlich, wenigstens für meine engsten Freunde. Ich habe mich völlig gehen lassen, über zehn KG zugenommen, Bekanntschaften sind nicht zuletzt auch an den Folgen des Alkoholmissbrauchs zerbrochen. Und schließlich habe ich auch meinen Job gekündigt, ich war im Top Management eines internationalen Unternehmens und irgendwann konnte ich den hohen Takt im Job nicht mehr halten. Ich war einfach zu häufig richtig verkatert, konnte mich nicht mehr konzentrieren oder bin auch einfach mal nicht ins Büro gegangen. Irgendwann haben natürlich meine Leistungen nachgelassen und als man mich darauf ansprach, habe ich nach kurzer Überlegung gekündigt. Ich spürte schon, dass ich etwas ändern muss und wollte mich erst einmal in Ruhe um mein Problem kümmern. Ich hatte mir das wegkommen vom Alk aber viel zu einfach vorgestellt. Vermutlich wie viele von euch auch. Heute, ein Jahr nach der Kündigung bin ich kaum einen Schritt weiter. Im Gegenteil, ich trinke noch mehr, denn nun habe ich keine Verpflichtungen mehr. Noch kann ich von meinen Ersparnissen auch ganz gut leben. Aber meine so geht es natürlich nicht weiter, je länger ich aus dem Berufsleben raus bin, umso schwieriger wird der Wiedereinstieg. Außerdem leidet meine Beziehung zunehmend darunter, dass ich so viel trinke (bzw. überhaupt trinke).
Ich trinke im Schnitt etwa drei- bis viermal die Woche jeweils rund 2 Flaschen (1,5L) Rotwein. Ab und an kommt dann mehr oder weniger Bier dazu, das ist abhängig davon, ob ich im Rausch dann noch in eine Kneipe los ziehe. Ich trinke keine härteren Sachen, im Wesentlichen bleibe ich tatsächlich und am Liebsten auch beim Rotwein. Ich trinke fast nie an zwei aufeinander folgenden Tagen, einfach deshalb, weil der Kater jedesmal so groß ist und ich wirklich körperlich und psychisch darunter leide, dass ich so viel getrunken habe am Vortag. Das geht natürlich auch mit Depressionen und Angstzuständen, Vorwürfen mir selbst gegenüber etc. einher. Meistens bleibe ich an diesen Tagen auf dem Sofa oder gar im Bett. Trotzdem kann ich das saufen nicht lassen, ich habs mehrfach ernsthaft versucht, war zur Suchtberatung, in SHG (hat mich lediglich deprimiert) usw.
Nachdem meine Hausärztin in Berlin mir aus diversen Gründen kein Baclofen verschreiben möchte, bringt mir ein Freund in etwa zwei Wochen ein Medikament mit entsprechendem Wirkstoff aus dem Libanon mit. Natürlich würde ich mich freuen, wenn ihr mir einen Arzt in Berlin empfehlen könntet...
Ich setze große Hoffnung Baclofen und auch in dieses Forum, denn ich möchte mein Problem wirklich in den Griff bekommen. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob ich wirklich abstinent leben möchte. Vielleicht kann ich mich noch zu gut an die Zeiten erinnern, in denen ich auch nach dem dritten Glas Wein aufhören konnte. Keine Ahnung, jedenfalls kann ich mir komplette Abstinenz noch nicht vorstellen. Aber das ändert sich ja vielleicht im Verlaufe der "Therapie". Wesentlich für mich wird aber erst einmal sein, dass die Rauschzustände und die damit verbundenen Kater-Tage abnehmen, so dass ich mein Leben wieder einigermaßen in den Griff bekomme, wieder aktiver werde und mich generell wieder um alltägliche Dinge kümmern kann.
So, nun habt ihr einen kleinen Eindruck von mir bekommen....Tat gut, einfach mal so alles runter zu schreiben. Sobald das Baclo da ist, gibts dann auch Erfahrungsberichte von mir.
Viele Grüße
Oli
nachdem ich mich über die vergangenen Wochen im Forum durch gelesen habe, ist es an der Zeit, mich selbst und meine Geschichte vorzustellen.
Ich bin 38, lebe rund neun Jahren in einer (noch) stabilen Beziehung und bin seit etwa fünf Jahren mit einem massiven Alkoholproblem ausgestattet.
Als Jugendlicher und junger Erwachsener habe ich bis auf Ausnahmen (Abitur etc.) kaum Alkohol getrunken. Das lag sicher auch daran, dass ich als Kind erleben durfte, was Alkohol mit und aus meinem Vater gemacht hat. Er kam sicher drei- bis viermal in unter der Woche betrunken nachhause. Seltsamerweise gab es im elterlichen Haushalt fast nie Alkohol. Jedenfalls war ich als Kind und auch als Jugendlicher regelrecht angeekelt von ihm, wenn er "so" nachhause kam und ich schwor mir, dass ich dem Alkohol niemals so verfallen würde. Doch es kam offensichtlich ganz anders...
So richtig regelmäßig mit dem Trinken fing ich nach dem Studium mit Mitte Zwanzig an. Damals war ich recht orientierungslos, was meine berufliche Zukunft anging, meine erste Beziehung lag in Scherben und zusätzlich wurde eine recht seltene Erkrankung bei mir diagnostiziert. Also fing ich an, an den Wochenenden zu trinken, wenn ich mit Freunden unterwegs war. Wenn ich alleine zu Hause war, so ging manchmal eine halbe bis ganze Flasche Rotwein pro Woche drauf. Alles also noch im Rahmen, würde ich heute rückblickend sagen. Über die Jahre hinweg hat sich der Konsum dann gesteigert, aber von einem Problem oder einer Abhängigkeit wollte ich erst einmal nichts wissen. Selbst als ich nach einer Polizei-Kontrolle meinen Führerschein dank 1,6 Promille abgeben durfte war mir nicht klar, dass das mit dem Aufhören sicher nicht so einfach werden wird. Dazu muss ich anmerken, damals trank ich sicher schon regelmäßig zweimal die Woche bis zum Rausch, aber einen Filmriss hatte ich beispielsweise bis dahin noch nie. Und mit 1,6 Promille war ich damals schon bummsblau, heute brauch ich dazu sicher mehr.
In den vergangenen vier bis fünf Jahren habe ich dann zunehmend die Kontrolle über den Konsum verloren. Irgendwann fiel mir auf, dass ich nicht mehr aufhören kann, wenn ich erst mal mit dem Trinken angefangen habe. Und auch die Phase zwischen angetrunken und besoffen sein wurde immer Kürzer. Filmrisse waren plötzlich an der Tagesordnung. Meinem Umfeld fiel natürlich auch irgendwann auf, dass ich zu jedem gesellschaftlichen Anlass am Ende des Abends immer im Vollrausch war. Hier und da wurde ich auch mal drauf angesprochen, aber nie mit der Ernsthaftigkeit, mich auf ein Alkoholproblem aufmerksam zu machen. Zu dieser Zeit wusste auch noch keiner von ihnen, dass ich auch ohne Anlass zu Hause bis zum Rausch trinke. Außerdem hab ich ja funktioniert, bin fünfmal die Woche zum Sport, hatte einen guten Job etc.
Seit etwa zweieinhalb Jahren ist es nun aber offensichtlich, wenigstens für meine engsten Freunde. Ich habe mich völlig gehen lassen, über zehn KG zugenommen, Bekanntschaften sind nicht zuletzt auch an den Folgen des Alkoholmissbrauchs zerbrochen. Und schließlich habe ich auch meinen Job gekündigt, ich war im Top Management eines internationalen Unternehmens und irgendwann konnte ich den hohen Takt im Job nicht mehr halten. Ich war einfach zu häufig richtig verkatert, konnte mich nicht mehr konzentrieren oder bin auch einfach mal nicht ins Büro gegangen. Irgendwann haben natürlich meine Leistungen nachgelassen und als man mich darauf ansprach, habe ich nach kurzer Überlegung gekündigt. Ich spürte schon, dass ich etwas ändern muss und wollte mich erst einmal in Ruhe um mein Problem kümmern. Ich hatte mir das wegkommen vom Alk aber viel zu einfach vorgestellt. Vermutlich wie viele von euch auch. Heute, ein Jahr nach der Kündigung bin ich kaum einen Schritt weiter. Im Gegenteil, ich trinke noch mehr, denn nun habe ich keine Verpflichtungen mehr. Noch kann ich von meinen Ersparnissen auch ganz gut leben. Aber meine so geht es natürlich nicht weiter, je länger ich aus dem Berufsleben raus bin, umso schwieriger wird der Wiedereinstieg. Außerdem leidet meine Beziehung zunehmend darunter, dass ich so viel trinke (bzw. überhaupt trinke).
Ich trinke im Schnitt etwa drei- bis viermal die Woche jeweils rund 2 Flaschen (1,5L) Rotwein. Ab und an kommt dann mehr oder weniger Bier dazu, das ist abhängig davon, ob ich im Rausch dann noch in eine Kneipe los ziehe. Ich trinke keine härteren Sachen, im Wesentlichen bleibe ich tatsächlich und am Liebsten auch beim Rotwein. Ich trinke fast nie an zwei aufeinander folgenden Tagen, einfach deshalb, weil der Kater jedesmal so groß ist und ich wirklich körperlich und psychisch darunter leide, dass ich so viel getrunken habe am Vortag. Das geht natürlich auch mit Depressionen und Angstzuständen, Vorwürfen mir selbst gegenüber etc. einher. Meistens bleibe ich an diesen Tagen auf dem Sofa oder gar im Bett. Trotzdem kann ich das saufen nicht lassen, ich habs mehrfach ernsthaft versucht, war zur Suchtberatung, in SHG (hat mich lediglich deprimiert) usw.
Nachdem meine Hausärztin in Berlin mir aus diversen Gründen kein Baclofen verschreiben möchte, bringt mir ein Freund in etwa zwei Wochen ein Medikament mit entsprechendem Wirkstoff aus dem Libanon mit. Natürlich würde ich mich freuen, wenn ihr mir einen Arzt in Berlin empfehlen könntet...
Ich setze große Hoffnung Baclofen und auch in dieses Forum, denn ich möchte mein Problem wirklich in den Griff bekommen. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob ich wirklich abstinent leben möchte. Vielleicht kann ich mich noch zu gut an die Zeiten erinnern, in denen ich auch nach dem dritten Glas Wein aufhören konnte. Keine Ahnung, jedenfalls kann ich mir komplette Abstinenz noch nicht vorstellen. Aber das ändert sich ja vielleicht im Verlaufe der "Therapie". Wesentlich für mich wird aber erst einmal sein, dass die Rauschzustände und die damit verbundenen Kater-Tage abnehmen, so dass ich mein Leben wieder einigermaßen in den Griff bekomme, wieder aktiver werde und mich generell wieder um alltägliche Dinge kümmern kann.
So, nun habt ihr einen kleinen Eindruck von mir bekommen....Tat gut, einfach mal so alles runter zu schreiben. Sobald das Baclo da ist, gibts dann auch Erfahrungsberichte von mir.
Viele Grüße
Oli