Hallo nochmal!
Als ich gerade @Willos Beitrag gelesen habe, ist mir noch ein wichtiger Aspekt hinsichtlich Abstinenz/Trinkmengenreduktion eingefallen:
Bei den Behandlungen, die ich begleite, ist das Therapieziel
immer Abstinenz. Meist beginnen die Patienten unmittelbar nach einer Entgiftung resp. Entziehung abstinent mit Baclofen und dosieren langsam in Anlehnung an das bekannte Schema aus dem auf, bis sie ihre ideale individuelle Erhaltungsdosis erreicht haben. Sollte eine Abstinenz zu Beginn der Behandlung aus irgendwelchen Gründen nicht möglich sein, dann gilt: "Alkohol langsam kontrolliert ausschleichen, Baclofen langsam einschleichen". Dieses Prozedere sollte aber binnen max. 14 Tagen vollzogen sein - also danach: Null Alkohol - Baclofen aufdosieren bis zur Erhaltungsdosis. Und diese wird dann mindestens für sechs Monate beibehalten.
Ich bin nicht weltfremd und mache mir da auch nichts vor: Klar probiert nahezu jede/r irgendwann mal, ob das "eine Gläschen zwischendurch" parallel zu Baclofen nicht doch vielleicht möglich ist...aber 1) muss man das nicht von Anfang an propagieren und 2) fallen die meisten damit ohnehin früher oder später auf die Schnauze. Die Frage erledigt sich also ohnehin von selbst. Man kann es sich also auch gleich von Beginn an leichter machen...

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Ein schöner Nebeneffekt, wenn man von Anfang an die Abstinenz als Therapieziel definiert, ist übrigens, dass viele diesen Zustand schon während der Aufdosierungsphase als so angenehm empfinden, dass der Gedanke, diese neu gewonnene Freiheit aufs Spiel zu setzen, ganz schnell wieder verworfen wird. Wichtig ist in diesem Zusammenhang halt, dass man sich in dieser ersten Zeit, wo die Euphorie am größten ist, schon möglichst viele neue Räume, Hobbies, Alternativen etc. schafft und sein Leben so umgestaltet, dass der Alkohol darin keinen Platz mehr hat. Dazu gehören natürlich auch Strategien, was man in Situationen, in denen man früher zum Alkohol gegriffen hat, alternativ tun könnte. Oder anders ausgedrückt: Psychotherapeutische/verhaltenstherapeutische Elemente eben.
Bei dieser Vorgehensweise kommen übrigens die meisten Patienten langfristig mit Dosierungen unter 100 mg/Tag aus. Es kann zwar schon mal vorkommen, dass +/- 200 mg/Tag notwendig sind, um erstmalig cravingfrei zu werden - diese hohe Dosis kann aber sehr häufig schon nach wenigen Wochen wieder unter die 100er Schwelle reduziert werden.
Die vergleichsweise recht hohen Dosierungen in Frankreich sind meines Erachtens zu einem großen Teil dem Umstand geschuldet, dass der anhaltende Beikonsum von Alkohol dort viel häufiger ist.
Wollte ich nur der Vollständigkeit halber noch ergänzen.
Papfl