razow/camprali

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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razow
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razow/camprali

Beitragvon razow » 31. Januar 2012, 21:53

Gerne, die kurze Vorstellung:
Selbständig/Frau/Kinder.Demnächst Enkel
Finanziell unabhängig.Altersgemäß gesund.

Alkoholiker seit ca.20 Jahren.Mit Trinkpausen.
Alkoholgefährdert seit fast dem ersten Glas, da es mein Suchtmittel war.
In 2010 Dr. Ameisens Buch gelesen/Stern TV etc.
Mitglied im anderen Bac-Forum unter dem Namen Camprali gewesen.Bac ca.8 bis 9 Monate nach dem sog. "Königsweg" mit ärztlicher Begleitung (ein Freund) genommen.Vermehrte ,schlimme Abstürze;absoluter Kontrollverlust, trotz der Einnahme von Bac. Zusätzliche Besuche bei den AA`s, dem Kreuzbund und Suchttherapie.
Nach dem Absetzen von Bac ( das mir genauso wenig gegen craving half wie z.B. Campral) endlich die Einsicht, dass nur ich mir selbst helfen kann.Es war keine "Eingebung", sondern ca.18 Monate harter Arbeit an mir. Nö, nicht um mich zu einem besseren Menschen zu machen, sondern tatsächlich zu mir zu finden. PT,ambulante Suchttherapie und der Austausch mit Menschen, die einen sehr ähnlichen Weg ( auch mit BAC) wie ich hinter sich hatten.Ich habe mein ICH schützen gelernt.

Und seit ich weiß, dass es momentan kein Mittel gegen Craving gibt, dass bei mir wirkt, ist auch mein ewiges Rumgeeiere weg, die Verantwortung auf "weiß-der-Teufel-was" abzuschieben. Das es ein Suchtgedächnis gibt, das bestreitet zur Zeit wohl kein seriöser Wissenschaftler.Aus diversen Rückfällen meiner Trinkerlaufbahn weiß ich,dass trotz Jahren der Abstinenz der Wille zum Weitertrinken ungebrochen ist,wenn ich erst mal anfange.(ja, ich kenne auch die Male, wo es nur bei 2 Drinks blieb, und ich dachte, ich sei der einzig geheilte Alkoholiker auf dieser Welt, wenn ich denn-in meinem verqueren damaligen Weltbild-überhaupt Alkoholiker war.
Mir ist egal, wie ich das alles nenne.Alki,Suchtkranker...whatever. Fakt ist, dass ich auf einer Entgiftungsstation gesehen habe, was Trinken aus Menschen macht. da half auch mein arrogantes,selbstgefälliges inneres Zuzwinkern nicht mehr."Razow,Du doch nicht.Du hast doch ein Leben...,schlägst halt manchmal über die Stränge...

Nur für mich habe ich entschieden, dass es das nicht sein kann.Bei jedem Rückfall/Vorfall wurde es schlimmer. Nicht meine Schuldgefühle, aber meine wirklich katastrophalen Seelenzustände.Kennt sicher jeder der ehrlich zu sich ist als Trinker. Der Gedanke, ohne einen Rausch durchs Leben zu gehen, der hat mir so viel Angst eingejagt, wie sonst noch nix in meinem Leben.Immer habe ich meine objektiv geringen Trinkmengen,meine guten Blutwerte etc. wie ein Schutzschild vor mir hergetragen.Ich bin doch kein echter Trinker.Ich doch nicht. Ich bin doch was "Besonderes". Alles bullshit.Irgendwann gehen einem die Ausreden aber aus. Zumindestens,wenn man wirklich ehrlich mit sich ist.
Seit diesem Zeitpunkt wurde es leichter.Als ich mit dem Schönreden meines Lebens und meiner Person aufhörte.Nicht das, was ich sagte war ausschlaggebend, sondern meine Gedanken. Ich verabschiedete mich von meiner "Grandiosität",ganz still für mich,und schaute mir genau an, wen ich denn da eigentlich vor mir hatte.Diese Einzelteile setze ich seitdem neu zusammen.Kommt sicher nix Besseres bei raus.Aber:etwas für mich ganz Neues.Ein Zugang zu mir selbst.Ohne Alkohol, den ich früher immer brauchte, um mich spüren oder eben nicht mehr spüren zu wollen oder zu können.
Seitdem bin ich nicht mehr mit der Faust in der Tasche trocken. (bei einigen Rückfällen habe ich genau Buch geführt,ob meine große Erwartungshaltung an meinen "Freund", den Rauschzustand,sich erfüllte.) Nix war es mehr mit meinen "schönen Trinkererinnerungen.....

So, das war meine Vorstellung.

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argentina
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Re: razow/camprali

Beitragvon argentina » 31. Januar 2012, 23:03

Hallo Razow,

Beeindruckende Vorstellung die zum nachdenken anregt. Das selbstbelügen ist, denke ich,der persönliche Feind Nr.1 im Leben. Gott und der Welt kann man sonst etwas vormachen, aber sich selbst nicht und da liegt der Hund begraben. Da hilft dann auch kein Bac oder sonst was für ein Medikament, da hilft dann wahrscheinlich nur noch ein persönliches Eingeständnis das man halt so ist wie man ist und aus Basta. Es ist zumindestens ein gut brauchbarer Ansatz um an sich selbst weiterzuarbeiten.

Mir persönlich hat deine Vorstellung zum denken gegeben, allerdings hatte ich auch vorgestern einen "merkwürdigen" Traum, in dem ich soetwas ähnlich gesagt habe, wie du in deiner Vorstellung, ich mich aber nicht mehr genau daran erinner, ich aber weiß das es ganz etwas wichtiges war....

Lg Argentina

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Re: razow/camprali

Beitragvon fetsecht » 1. Februar 2012, 02:28

Hallo razow, auch dir vielen dank fuer deine vorstellung.
es ist so hilfreich zu sehen, was der andere "erlebt" hat und wie er heute die dinge sieht.
thanks!

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Re: razow/camprali

Beitragvon GoldenTulip » 1. Februar 2012, 07:44

Hallo razow,

herzlich willkommen im Forum [hi_bye] [biggrin]

Ich verabschiedete mich von meiner "Grandiosität",ganz still für mich,und schaute mir genau an, wen ich denn da eigentlich vor mir hatte.Diese Einzelteile setze ich seitdem neu zusammen.Kommt sicher nix Besseres bei raus.Aber:etwas für mich ganz Neues.Ein Zugang zu mir selbst.Ohne Alkohol, den ich früher immer brauchte, um mich spüren oder eben nicht mehr spüren zu wollen oder zu können.


Der Ansatz ist brauchbar für mich, die grandiose Vorstellung der Ausnahmealkoholikerin ist Teil meines Selbstbildes. So wie Du es schreibst, klingt es eben nicht nach "Kapitulation".
Als Guideline behalte ich das im Hinterkopf, als Abgleich. Ich rupf' mein Pflänzchen aber gerade nicht aus der Erde um nachzuschauen, ob schon Wurzeln dran sind. Erstmal Sonne und Wasser drauf, dann seh ich beizeiten, ob die Erde taugt.
Umtopfen kann ich immer noch.

Eine Bereicherung bist Du allemal, ob mit Bac, Krümelbac, hochdosiert oder ohne: Herz und Verstand kann es gar nicht genug geben,

liebe Grüße, Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: razow/camprali

Beitragvon dphn » 1. Februar 2012, 09:17

Hallo razow,

da kann ich auch was mit anfange. Sehr gut und vieles von dem trifft auf mich auch zu. Ich war auch sowas von grandios und arrogant. Mir konnte niemand was und süchtig bin ich schonmal gar nicht. Ich habe lange gebraucht und konnte nur aufhören, weil ich zuletzt psychisch total zerfressen war von ständigen Entzügen und den Versuchen, wieder etwas "normaler" zu trinken, was vielleicht mal zwei Tage funktionierte. Ich sah aber dann schon den Zerfall vor mir und die Gier nach immer mehr Stoff nach Trinkbeginn war ungebrochen. So wollte ich auch nicht leben, aber ganz verzichten wollte ich auch nicht. So als psychischer Totalschaden wollte ich wirklich Hilfe, weil ich sie dringend brauchte. Ich muss mir das immer wieder mal vor Augen halten um weiterhin trocken bleiben zu können. Danke für deinen Beitrag.

LG
Dirk
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Re: razow/camprali

Beitragvon WarzoEcht » 1. Februar 2012, 10:52

Gelöscht wegen Zwangsouting.
Zuletzt geändert von WarzoEcht am 25. März 2013, 05:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: razow/camprali

Beitragvon razow » 1. Februar 2012, 13:23

Ja, Komplimente nehme ich doch gerne entgegen...., doch der Weg dahin, dass ich mir wieder zu vertrauen beginne, war ja bekanntlich ein langer. In Jahren und Versuchen.Bin auch nicht innerhalb von Monaten an meine "Wurzeln" gestossen...(schönes Bild,GT ;-));mein Pflänzchen pflege ich zusätzlich.

Vielleicht erkläre ich es am Besten so: meine Sehnsucht,mich wieder zu betrinken, die Transmittersubstanzen swingen zu lassen, die war unglaublich groß.So wie Dirk sie hier momentan beschreibt. Ich wusste genau, es treibt immer wieder auf den Alkohol zu. Bekanntlich stösst bei einem Süchtigen der Körper Endorphine bei dem Gedanken an den Genuss seines Suchtstoffes aus. Hallo die Waldfee...,das stimmt. Schon Stunden (Tage) vor meinen Rückfällen war ich euphorisch/hibbelig.Mit Bac und Campral, Sport,Arbeit,Reisen...was-auch-immer...,versuchte ich, meine Gier zu zügeln. Gedanklich immer noch beteuernd, dass ich ja gar kein "echter Trinker" bin...(tja, wie sind se denn, die Trinker, Herr Razow????).Kurz: ich war auf der sicheren Seite.In meinem von mir für mich persönlich erstellten Lügen-und Verzeihgebäude.

Ich darf "mal" nen Rückfall haben, denn ich komme ja nicht in die Schleife...

Was dann passiert, dass kennen alle Trinker.Die Spirale geht nach unten. Meine Lust auf Rückfälle konnte mir kein Medikament und kein Gespräch nehmen. Viel schlimmer:das Zellgift Alkohol und Bac verbanden sich zu einer sehr ungünstigen Mischung...einen toxischen Cocktail nannte das der Arzt.
Wieder mit leeren Händen.Bei Einnahme von Bac ohne Alkohol war mein craving nicht weg. Als ich dann nach Monaten trank, war das eine Grenzerfahrung, die ich Herrn Dr.Ameisen nicht zumuten möchte.
Die Wende kam wirklich erst in dem Moment,als ich (nun ohne Medikament) trank.Die Euphorie, der Geifer auf den ersten Drink, die waren viel stärker als das Trinken selbst. Es fühlte sich einfach nur noch Scheisse (pardon!) an, betrunken zu sein. Meine Vorfreude hatte mir eine Seligkeit vorgegaukelt, die der Alkohol nicht mehr erfüllen konnte.

Wenn ich heute Verlangen nach der Änderung meines Ist-Zustandes habe, dann gehe ich gedanklich über diese Klippe. Ich weiß, dass, wenn ich trinke, kein Glücksgefühl aufkommt.Und das ist es ja, was ich mal wollte:den Rausch/die Wirkung.

Seit dieser Zeit ist mir viel Freiheit wiedergegeben.Gedanklich.Klar, körperlich eh.

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Re: razow/camprali

Beitragvon dphn » 1. Februar 2012, 14:00

@razow

das liest sich plausibel. Wenn ich tagelang durchsoff, dann war auch nix mehr von dem Glücksgefühl da. Ich hatte Tage, da konnte ich mich nicht mehr dran erinnern, ob es überhaupt hell wurde draußen. Wenn ich soweit unten war, wollte ich wieder aufhören zu saufen, hatte natürlich Schiss vor dem Entzug und trank dagegen, aber weniger. Ich fuhr mich ständig so rauf und runter, konnte ja nicht permanent betrunken sein auf der Arbeit. Hatte ich es vermeintlich mal wieder so halbwegs im Griff, funktionierte es wieder kurzfristig mit dem "Glücksgefühl".

Was nicht gut für meine Genesung ist, war mein letzter nasser Urlaub. Zunächst mal konnte ich gar nicht losfahren aufgrund eines heftigen Absturzes. Ich war total drauf und fuhr nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ohne Alk ging ich nirgendswo mehr hin. Ich konnte es aber so steuern, dass ich vormittags und nachmittags nur wenig konsumierte und unternahm sogar noch einiges. Abends hab ich mich immer betrunken, mal mehr mal weniger heftig. Ich habe dennoch positive Erinnerungen daran und mein blödes Suchtgedächntis gaugelt mir vor, dass der Urlaub geil war. Klar, ich war alleine und konnte trinken wann es mir passt. Ich brauchte ja nur mich und den Stoff zudem war das Wetter auch noch geil und ich war in der richtigen Gegend. (München und Umgebung).

Seit dem mag ich gar nicht mehr verreisen. Ich fühle mich immer scheisse (pardon!) und zahle auch noch dafür. Etnweder All Inclusive (mit Entgiftung) oder gar nicht.

LG
Dirk
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Re: razow/camprali

Beitragvon razow » 1. Februar 2012, 18:12

Ja, so isses..., das Suchtgedächnis. Abgespeichert wird nicht, wie man sich zum Affen gemacht hat, eingenässt hat, in fremden Betten/Orten aufgewacht ist,feindselig gegen alle und jeden wurde, da die ja Langeweiler sind, im Gegensatz zum schillernden selbst....Die vermeindlich genialen Ideen, die man rausgehauen hat ( die anderen waren selbstredend zu "dumm", diese zu begreifen....), die Momente, wenn man seinem Idealzustand endlich näher war (kein Familienmitglied da; keine andere Jury). Ich ,die Flasche,Musik,das Telefon.

Zeigte man mir Bilder/Videos davon (Handy), watschte ich die anderen ab, da diese ja langweilig sind. Das "Stöffchen" und ich, das lief doch prächtig, bei mir "Prachtkerl"....

Vielleicht, Dirk, mußt Du wie ich bei einem Rückfall die Erfahrung machen, dass das wirklich ein mind fuck ist. Eine Illusion.Die harte Trinkerwirklichkeit (und dauert sie auch nur einen Tag!) zeigt einem deutlich, das die ganzen Gedankenspiralen um die drinks nur Fiktion sind.Da kommt kein "Wohlsein" auf.Leider noch nicht einmal mehr 20 min. Wer sich einmal wirklich mit allem Drum-und Dran eines Trinkerlebens auseinandergesetzt hat, der kann nie mehr saufen wie einst im Mai. Es ist freudloses Bechern.Ohne Kick.
Wie oft sah ich mich (unter Suchtdruck) im Kreise von netten Leuten trinken,lachen...etc. Aber wenn ich ehrlich bin:da waren nicht mehr viele, die überhaupt mit mir lachen wollten.Geschweige denn trinken.Ich hätte mir dazu wildfremde Menschen suchen müssen.Oder andere Trinker.
Auch ich hatte dann die "geniale" Idee:Razow, Du bist ja gar nicht so schlimm.So weit unten. Du kannst sicher 3 bis 4 Mal im Jahr Gas geben (alkoholtechnisch), dann wieder abstinent leben.Sozusagen "Alkoholiker-weekend-wellness-trips".

Auch das wieder ein Hirnriss, denn mein Körper ist durch die Sucht leider in dieser Hinsicht für immer versaut.Da ich suchtkrank bin-ob mir das nun passt oder nicht-ist das Vorhaben immer als kalter Entzug zu werten. Und da ich mit Anstand sterben möchte (wie und an was auch immer, jedenfalls nicht am Suff!), lass ich solche Experimente, weil ich mir nicht mehr egal bin.
Was ich mit meinem ganzen Gerede sagen will, Dirk: das Gras ist jenseits der Wiese nicht grüner !Auch wenn es für uns alle wahrscheinlich nichts gibt, was so gut rockt wie Alkohol, haben wir irgendwann verpasst,uns von diesem trail zu verabschieden. Dann können wir Benzos,Bac,Campral einwerfen, et wird nich mehr heile. Und der Begriff Zufriedenheit klingt in meinen Ohren noch heute wie die kleine Schwester von beschissen.(wieder pardon!). Aber irgendetwas wohnt in jedem von uns, das leben will.Jeder auf seine Art. Und ich glaube, Du bist einfach noch auf der Suche nach Deiner Art! ;-)

Deshalb glaube mal einem "Schleifendreher", dass das Trinken sich nicht wieder lohnt. Mag es Dir vielleicht momentan nicht Sahne gehen, so geht es Dir danach mit Sicherheit dreckig.Manche Erfahrungen muß man nicht machen,glaub es mir!Wenn Dir Bac hilft, dann freu Dich. Tut es das nicht, musst Du weitersuchen, nach der Dirk-Maxime für persönliches Lebensgefühl. Und irgendwann merkst Du, dass die zur Trockenheit geballte Faust in Deiner Tasche sich entspannt!

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Re: razow/camprali

Beitragvon argentina » 1. Februar 2012, 18:42

@ Razow und Dirk,

Genial eure Berichte, alles sehr zum nachdenken anregend und alles sehr brauchbar um es in die Tat umzusetzen!!

Lg Argentina

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Re: razow/camprali

Beitragvon WarzoEcht » 1. Februar 2012, 19:20

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Zuletzt geändert von WarzoEcht am 25. März 2013, 05:34, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: razow/camprali

Beitragvon dphn » 1. Februar 2012, 20:51

jow, da bin ich auch richtig platt raozw. Ich danke dir für deinen Beitrag, du hast mich und meine Befindlichkeit schon sehr gut eingeschätzt. Ich weiß ganz genau wie es mir geht, wenn ich trinke. Deshalb trinke ich nicht.

LG
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Re: razow/camprali

Beitragvon razow » 1. Februar 2012, 22:22

Ach, ich bin ja kein Medikamentenfeind,sonst hätte ich Bac,Campral etc. ja nicht genommen.Ich wollte ja, dass irgendwas wirkt, dass ich nicht an mir selbst (meiner Seele ?) rumfuhrwerken muß. Ich fand mich ganz passabel,ohne Seelenstriptease,hoffte, dass eine Pille mir mein immer wiederkehrendes craving nähme.Zeitgleich maschierte ich ja auch zur PT, wo ich meine wirklichen Wunden aber nur streifte.Wie soll ich einem anderen Menschen denn vertrauen, wenn ich mir noch nicht einmal über den Weg traute? Kurz:eigentlich sollte alles so bleiben wie es ist,nur bitte ohne Suchtdruck.Ich weiß gar nicht mehr, wieviel Zeit ich darauf verwendet habe,etwas darüber zu recherchieren,wie ich mein Suchtgedächnis überschreiben kann.
Herr Dr.Ameisen ist ja ein Mensch, der Panikattacken hatte.Eine Angststörung.Vielleicht greift Bac besonders gut bei Menschen, deren dieser Art gepolte Rezeptoren beruhigt werden müssen.Ich habe keine Angststörung, die vor dem Alkoholismus vorhanden war.Ich kenne Panickattacken erst aus meiner Trinkerzeit.Ich bin kein Neuro-Biologe...;-);mir fehlen nur halt wohl die richtigen Andockstellen für Bac. Verbittert war ich nur in dem Moment, wo ich merkte, dass diese neue "Methode" bei mir nicht wirkt,dass ich trotz meines Streberverhaltens (Bac gegenüber) kein Fleisskärtchen in Form von schwindendem Suchtdruck bekam.....

Ich wollte mich eigentlich gar nicht ernsthaft in der Welt der wirklichen Trinker umsehen, da ich ja gedanklich noch immer außen vor war. Als ich dann mal hinschaute,und vor mir selbst zugeben konnte, dass ich dazugehöre, da wurde es etwas leichter.( ich habe vorher monatelang in AA-Gruppen gesessen,ich bin razow,Alkoholiker geblökt,und innerlich gedacht:no way...ihr kriegt mich nicht!).
Als ich es mir selbst innerlich eingestehen konnte, das mir da die Kontrolle über etwas in mir völlig entglitten ist, da habe ich zum ersten Mal meinen Hintern hochbekommen,meine "gesprungene Persönlichkeit" wieder langsam zu einem Ganzen zusammenzufügen.Nicht nur was den Alkohol angeht.Keine Lügen demTherapeuten mehr gegenüber um zu "gefallen". Keine Absolution mehr, die ich oder ein anderer mir erteilen konnte. Zu den AA`s /Kreuzbund gehe ich nicht mehr.Nicht, weil sie schlechte Arbeit leisten.Ich hatte nur mit manchen Aussagen/menschlichen Konstellationen so meine Schwierigkeiten, da ich der geborene "ja...aber"-Sager bin. Ich kann nix so hinnehmen, wie es mir angeboten wird.....
Momentan füge ich also zusammen, was irgendwann mal zerbrochen ist.Grabe aus, was verschüttet war.Nehme Eigenschaften und Gefühle wahr, die ich nicht zulassen wollte oder konnte. Da ich bekanntlich nicht mehr so jung bin,kommt da viel zusammen....Gründe für einen drink fand ich früher immer:die Welt ist schön/schlecht.Ich werde zu wenig/zu viel geliebt.Der Himmel ist blau/bewölkt....ich wollte ja nen Grund haben ,um die Flasche bei mir zu haben.Wie schon mal hier geschrieben:Alkohol ist ein Zell-und Nervengift.Es macht nicht nur häßlich und dumm,sondern auch abhängig.Auch den "lieben razow",der doch immer so verdammt "einzigartig" sein wollte! Das ich mich selbst besiegt und schachmatt gesetzt hatte, das wurmt mich bis heute, auch wenn ich mittlerweile akzeptieren kann, das Sucht eine Krankheit ist.Ich mag zwar keinen freien Wilen dieser toxischen Substanz mehr gegenüber haben,das akzeptiere ich mittlerweile.Aber ich habe einen Überlebenswillen.Und ich bekomme Stück für Stück vor mir meine innere Würde wieder.

Das ich meine äußere Würde oft verloren habe in verschiedensten Situationen, das muß ich hier ja niemandem erläutern.
Das meinte ich damit, dass ich mir nicht mehr durch Trinken weh tun möchte.Mit dieser Selbstverletzung aufhöre.Es gibt doch tatsächlich etwas, dass ich noch mehr liebe,als den Rausch.Nämlich mich.
Wie gesagt,über ein halbes Jahrhundert habe ich das nicht wirklich und von Herzen getan.Ich fand alle möglichen gutklingenden Adjektive für mich....,klar doch!Ein echtes Gefühl für mich selbst, dass kannte ich nicht,da war luftleerer Raum. Bei solchen Defiziten in der Persönlichkeit, da ist immer Platz und Raum für eine Sucht...,welche auch immer!

Aber seit diese Erkenntnis in mir reift, schwindet der Suchtdruck. Wirklich ganz verschwinden wird er nie. Aber er quält mich nicht mehr, wie die Jahre zuvor.Wie eine große Liebe, die ihren Reiz und ihre Macht über mich verliert....,denn die Belohnung erfolgt nicht mehr,bzw.löst mehr Erwartungshibbeligkeit aus als Erfüllung. Ein wenig wie Cyber-Sex...;-)

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Re: razow/camprali

Beitragvon GoldenTulip » 2. Februar 2012, 07:37

Moin razow,

ich habe grade Deinen alten Thread im etwas anderen Forum gelesen und bin beeindruckt, mit wieviel Durchhaltevermögen und Konsequenz Du Dich den anliegenden Auseinandersetzung, gerade auch den inneren, gestellt hast.
Zeigt mir, dass es sich lohnt, dranzubleiben, nicht nach ein paar Wochen oder Monaten die Flinte ins Korn zu werfen.
Zur "Nettiquette" dort sag ich nichts, alles beim alten, eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr...

Bewusst geworden ist mir noch einmal, wie existentiell wichtig für uns emotional Durchgerüttelte (in welcher Form und in welchem Ausmaß auch immer) das Vertrauen-Können ist.
Nicht in seiner Wahrnehmung weiter demontiert zu werden. Klar braucht man Feedback, auch unbequemes, sogar dringend. Aber ohne annehmende und liebende Grundhaltung wirkt es toxisch, mehr noch: retraumatisierend.
Sich öffnen, Schwäche zeigen, eher: sich zu zeigen wie man aktuell tatsächlich ist und empfindet, wird unmöglich bei Strafe des Untergangs, der Abwertung, der Exkommunizierung.

Der kindliche Verlust des Urvertrauens ist m.E. das Haupteinfallstor für die Suchtentwicklung, etwas zu ergänzen, was einem selbst fehlt: Ein Empfinden von Ganzheit.

Du schriebst: Bac wirkt bei mir nicht und bekommst zur Antwort: Doch, Du bist nur zu renitent, zu ungeduldig. Es gehört zu Deinem Krankheitsbild (welchem?) das zu leugnen. Variationen über das Thema "nasses Denken".

Jemand schrieb hier irgendwo, wenn Du merkst, dass Dir jemand nicht wohlgesonnen ist, Dir nicht gut tut, halte Dich fern. Und das realisiert man mit der Zeit, ob man gut oder schlecht irritiert wird.

Liebe Grüße
Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: razow/camprali

Beitragvon razow » 2. Februar 2012, 09:06

@GT Moin,moin auch Dir!

Ich unterschreibe mittlerweile sofort, was Du über Zuwendung/Akzeptanz und Unterstützung gesagt hast.Dass das bei mir Jahrzehnte gedauert hat, zu bemerken, dass ich nicht der "renitente Kampfhund" bin, der ich zu sein glaubte, das ist einfach nur Glück pur für mich. Beruflich und in manch anderer Situation sah es natürlich so aus, als sei ich wirklich "tough", es schadete mir auch nicht.Nach Außen. Doch die stringente Verfolgung der von mir gewählten oder erlernten Verhaltensmuster führte eben zu dem Vakuum, dass mich zum Trinker werden liess. Wie gesagt, ich such(t)e in den letzten 18 Monaten die Einzelteile meines Ichs zusammen, um es zu einem Ganzen zu fügen. Es ist -ganz subjektiv-für mich wirklich neu, obwohl es wohl immer "in mir" war.....
Die Wertschätzung mir und anderen Menschen gegenüber fehlte mir früher.Natürlich beherrschte auch ich die ganze Bandbreite der sozialkompartibelen Tricksereien, doch es war immer von dem Selbsthass unterlegt, den ich mir gegnüber empfand.Wohl schon VOR Beginn meiner Trinkerlaufbahn.Doch der Alkohol "einte" ja meine etwas "entgleiste" Gefühlswelt.

Wirklich differenziert zu fühlen, das gelingt mir nun erst Schritt für Schritt. ( ich muß dazu sagen, dass ich zwischendurch schon mal einige Jahre "trocken" war, jedoch mit der Faust in der Tasche.Ich trank einfach nur nicht.Ansonsten hatte ich nichts verändert in mir!). Mein ewiges Pendeln zwischen schwarz und weiß hat endlich ein Ende. Die "komfortable" Grauzone ist in Sichtweite, deren gedankliche Erwähnung mich früher zu zynischen Lachsalven herausforderte.
Und dazu brauche ich-was ich früher immer vehement bestritt-auch ein wohlwollendes Umfeld.Niemanden, der mich in Taten und Gedanken ständig "knipst", ich nicht ankomme, weiter im luftleeren Orbit kreisele.

Widersprechen möchte ich Dir, was meine Ungeduld Bac gegenüber angeht. Ich habe es vorschriftsmäßig,geradezu lehrbuchartig angewendet, dosiert etc. Ich wollte doch so gerne, dass es wirkt. Das dieses Kopf-craving verschwindet. Bei mir tat sich gar nichts in dieser Hinsicht.Ich war müde,desorientiert,wankelmütig. Wie ich hier schon schrieb: ich habe mich so an die Idee gklammert, dass dieses Medikament mir den Suchtdruck nehmen könnte, wie ein kleines Kind. Erst als ich nach dem Absetzen von Bac erkannte, dass ich allein für mich verantwortlich bin, dafür, dass ich mir guttue, da ging es voran. Auch ich hätte Bac wahrscheinlich ein Leben lang eingenommen, hätte es bei mir auch nur ein kleines Bißchen geholfen.

Was ich bis heute aber für enorm wichtig halte ist die Tatsache, dass man kein Dogma aus Medikation,der Art der Therapie,der SHG,der persönlichen Auffassung machen sollte. In den Strudel einer Sucht geraten zu sein, das ist für den Betroffenen immer eine Katastrophe. (meist auch für sein Umfeld, aber das steht hier ja gerade nicht zur Debatte).

Was immer dem Betroffenen gut tut, das sollte er machen, diesem Weg-ganz subjektiv -folgen. Den "Königsweg" als Verallgemeinerung, den gibt es leider nicht.Ich muß nun auch noch einmal den Bogen zum "etwas -anderen-Forum" schlagen, denn ich bin noch immer entsetzt darüber, dass man sich als erwachsener Mann mit fremden Namen anmeldet etc.,diffamiert,monologisiert und abwertet.Wer mit der Sucht anderer Menschen so leichtfertig und arrogant umgeht, dem ist wohl nicht zu helfen.Uns bringt ja nicht die Liebe zu Tieren in diesem (oder dem anderen Forum) zusammen, sondern etwas, das lebensbedrohlich ist. Eine Überzeugung konsequent zu vertreten, das ist eine Sache.Auch hatten es Menschen schon immer schwer, die etwas wirklich Neues vorantreiben wollten.Gegen den Zeitgeist. Aber diese Menschen waren eben offen, nicht hinterhältig und dogmatisch.
Wenn eine Idee zündet, in diesem Fall-ein Medikament besser wirkt, als andere, dann wird es sich auch durchsetzen, entgegen aller kursierenden "Verschwörungstheorien", die der Pharma-Industrie unterstellt werden in diesem Zusammenhang.So war das bislang immer in der Geschichte der Menschheit.

Ich bin Bac deshalb dankbar, dass es bei mir nicht funktionierte.Endlich konnte ich meine Gläubgkeit in alle möglichen Rettungsanker von Außen verlassen. Wirklich mal ganz auf mich zurückgeworfen, ohne Masterplan/Strategie,hatte ich endlich mal den Mut, genau hinzuschauen, wo es so massiv seit Jahrzehnten hakt!

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Re: razow/camprali

Beitragvon dphn » 2. Februar 2012, 11:04

@razow

danke wieder mal für deine ausführlichen Berichte. Ja, du bist um einiges weiter als ich mit dir selbst. Ich gebe es zu, ich bin oft auch ein fauler Mensch. Ich bekomm den Hintern nur hoch, wenn es sein muss und lebe gedanklich genauso süchtig wie zuvor. Nur mit dem Unterschied, dass ich nicht konsumiere und es mir dadurch körperlich viel besser geht. Es gibt schon so ein paar Dinge, die für mich greifbar sind. Ich habe die Entzüge gehasst, keine Minute mehr geschlafen und ständig auf 180. Schlafen ging nur ordentlich zugedröhnt. Essen ging auch nur noch sporadisch, widerlich. Ich finds auch klasse, dass ich immer in meinem Bett wachwerde und nicht "diesseits oder jenseits vom Mittelstreifen" (Charles Bukowski). Der Suff zehrt an deinen Nerven, du guckst nur noch unter dich und hoffst, dass dich keiner sieht beim "shoppen".
Ich schreibe das jetzt aus meiner Erinnerung. Nur sind all diese Dinge zwar passiert, aber ich nehme sie nicht so wahr, wie ein Außenstehender nichtsüchtiger Mensch, da sie vom Suchtgedächtnis teilweise überlagert werden. Als ich noch trank war das natürlich noch schlimmer, weil ich ja gar nicht aufhören wollte. Ich wollte immer nur weniger Trinken, niemals aber aufhören. Es ist wohl schon so, wie du schreibst razow. Die Eigenliebe zu mir ist nicht so präsent. Ich denke eher in die Richtung, dass wenn ich keine Arbeit hätte, auch mal wieder saufen könnte. Interessiert ja auch niemand. Habe keine Family und außer meinen Eltern, die 300 km entfernt wohnen auch sonst keine Angehörigen und somit nur die Verantwortung für mich selbst. Und ich hab mich 20 Jahre lang am Stoff festgehalten und trotzdem irgendwie funktioniert. Egal ob betrunken, entzügig oder komplett schlaflos - ich rappelte mich immer irgendwie noch auf und ging zur Arbeit. Mir war schon klar, was abgeht, wenn ich nicht hingehe. Ich trieb das lange Jahre so, bis ich dann ständig zusammenbrach. Das Ende meiner "Schauspielkunst" war besiegelt. So aber war mein Leben und ich liebte es. Ich hab mich nicht krank gefühlt, wenn die Entzüge nicht gewesen wären. So richtig krank geworden bin ich erst danach.

LG
Dirk
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razow
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Re: razow/camprali

Beitragvon razow » 2. Februar 2012, 13:02

Dirk, auch Trinken (spielen,essen...) kann das Leben "schön" machen, ihm Sinn und Struktur geben.Leider läßt diese Art von Struktur immer weniger Raum für das, was allgemein hin als das "wirkliche" Leben bezeichnet wird. Die Erinnerung an den Rausch ist wohl eine dieser "verlässlichen Konstanten", die alle anderen Erfahrungswerte überlagert. Selbst wenn man Familie/Freunde/das Geschäft hat, je weiter man sich nach unten bewegt, desto lieber ist es einem, wenn sich alle vom Acker machen,man sich sehr vorsätzlich und gezielt die Kante geben kann.Ohne Reue.

Der Gedanke, ohne Alkohol mein Leben verbringen zu "müssen", der jagte früher unwohlige Angstschauer über meinen Rücken.Unvorstellbar,ein Abgrund wie ein Höllenschlund.

Ich habe in meinem Leben nur die Alternative: mich totsaufen (kann ich in 6 Monaten oder qualvoller in 10 Jahren erledigen),oder schauen, dass ich etwas habe, dass mich trägt. Anfangs dachte ich : fängst Du im "hohen Alter" wieder mit dem Kiffen an...(da ich ein Kind der Landeshauptstadt NRW`s bin, waren mir der Ratinger Hof mit den frühen Toten Hosen sehr vertraut).

Weißt Du, Dirk, wer einmal am großen Suchthonigtopf geschleckt hat, dem wird "normal" immer zu wenig sein. Selbst normal müßte mehr als bei anderen sein. Es stellt sich die Frage, wie sehr Du grundsätzlich an Dir hängst, denn leider schließen sich saufen und wirklich glücklich leben aus. Selbst bei Buckowski, auch wenn dieser in der Reihe der "literarischen Trinker" noch der "Fröhlichste" war.....

Vielleicht solltest Du Dir ganz einfach mehr Zeit geben, rauszufinden, wohin Deine Reise gehen soll. Die Voraussetzungen sind doch gut. Du hast Dich und Arbeit. (auch Frau und Kind halten nicht vom Trinken ab!). Raus aus dem "Ich -bin-ein-armer-Teufel-Syndrom", denn dann steht der falsche Tröster schon bereit. Und moralinsauer ist man auch ohne Alkohol nicht.Der Spass kommt anders rüber,mit anderen Menschen. Aber das sind nun auch alles keine tumben Tore, nur weil Ihnen meine Suchtgeschichte fehlt. (Die anderen Kampftrockenen, die lasse ich einfach links liegen. Die tun mir nämlich nicht gut!).
Aber ich bin ein Fremder im Internet, der Dich nicht kennt. Es ist Deine Reise, nur Du bist der Kapitain. Ich habe solche Sprücheklopfer wie ich nun selbst einer bin früher gehasst. Überhebliche Idioten waren das für mich, selbstverständlich viel schlimmer dran,nicht so vielfältig wie ich.......( kann unkommentiert bleiben ;-); einzig die Zeit, eine gute Suchttherapeutin und ein ehrliches Umschauen in der Welt der Alkoholiker haben den Groschen pfennigweise bei mir fallen lassen. Er fällt immer noch. Auch ich bin auf der Reise.Kenne den Ausgang nicht, doch das tut wohl niemand.
Eine Addition von kleinen,persönlichen Glücksmomenten, das ist mein einziger Schutz gegen vielleicht kommende Einschläge.Momente, in denen ich wirklich mal über meine Suchtgedächnisklippe gekommen bin. Und die häufen sich. Hat aber wirklich Zeit und Mühe,Zorn und Widerwillen gekostet.

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Re: razow/camprali

Beitragvon dphn » 2. Februar 2012, 13:40

ja razow. Es gibt ja tatsächlich was, was mich vom Trinken abhält, denn sonst würde ich es ja tun. Da ist wohl ne Menge Verstand dabei, der (wieder) funktioniert und natürlich auch Schiss vor Entzügen, Panikattacken, etc., aber bestimmt noch etwas anderes. Ich hänge wohl irgendwie doch noch am Leben und mein Schutzmechanismus funktioniert. Es war oft eine Qual, die seinesgleichen sucht mit der Sucht noch arbeiten zu gehen. (Ich trank nicht auf der Arbeit und wollte es unbedingt verhindern.) Von daher hab ich was, an dem ich mich festhalten kann. Arbeit geht ohne Stoff viel besser und ich weiß, wie satt ich es damals hatte. Ich hätte am liebsten gekündigt, damit ich tanken kann, wann es mir passt.
Tut mir gut, dass ich das hier mal schreiben kann, aber jetzt muss ich auch mal gucken, dass ich mir nicht ständig selbst so leid tue und da mal wieder rauskrabble. So schlecht gehts mir doch gar nicht. [smile]

LG
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Re: razow/camprali

Beitragvon razow » 2. Februar 2012, 14:32

Stimmt! Du hast Deinen Verstand.Sicher einen pool voll Vorstellungen, was Dir gut täte.Du hast in den letzten 2 Jahren eine Menge geleistet.( das können nur andere Süchtige würdigen, die anderen brauchen es auch nicht zu verstehen!).Der Zugang zu allem anderen (Deiner Gefühlswelt/Selbstbewußtsein/Lebensfreude), der kommt nach und nach.

Wenn das Kopf-Craving anrollt, geh über die Sperre Deines Suchtgedächnisses.Erinnere Dich an wirklich traurige,unwürdige Saufnachwirkungen.An das Spiegelbild, in das man spucken möchte.(ich wollte das jedenfalls in meines!);an die Chancen, die Du Dir durch die Sauferei verbaut hast.( aus Erzählungen der letzten Zeit weiß ich, wie ich auf andere wirkte, als ich mich angetrunken für unwiderstehlich hielt...;-(;

Und lass es Dir von einem mehrfach Rückfälligen wie mir glaubhaft versichern: Deine Vorstellung vom Trinkgefühl, dass Du nüchtern hast, die ist VIEL besser, als das anschließende Trinken!

Wie gesagt, das sind nur meine subjektiven,seelischen Erfahrungen. Wenn ich mit den körperlichen Risiken anfange, dann wirds schlimmer als beim Wort zum Sonntag!

Also. lass es Dir einfach wohl ergehen, in jeder auch noch so kleinen,möglichen Einheit.Wenn Du Dich nicht um Dich kümmerst, wer soll`s denn tun? (geht uns doch allen so).

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Re: razow/camprali

Beitragvon razow » 4. Februar 2012, 09:50

Da ich auch noch im anderen Bac-Forum sporadisch lese, möchte ich dort heute eine Abhandlung empfehlen.Es geht um die Nebenwirkungen (den "Beipackzettel") von Alkohol. Es ist-meiner Meinung zufolge-eine sehr gute und umfangreiche Liste -über die körperlichen und seelischen Nebenwirkungen des Trinkens.

Mir persönlich tut es-ganz subjektiv-gut, ab und an geerdet zu werden, damit ich dem Alkohol nicht mit einem Augenzwinkern und der darauf erneuten "Einladung" in mein Leben entgegenkomme! Früher las ich solche Beschreibungen immer mit einer Distanz/Arroganz.(nö, betrifft Dich ja nicht wirklich, sondern die "echten" Trinker).

Ich hoffe, dass das hier in dem Forum in Ordnung geht, dass ich diesen "Verweis" mache?

Ich weiß, ich nerve mittlerweile sicher damit,doch möchte ich noch einmal sagen, das alles,was uns vom Trinken fernhält, zu einer Verbesserung unserer Lebenslust beiträgt, auch wenn es tatsächlich Geduld erfordert.

Der Satz, den ich (bei Ginger glaube ich) las, der geht mir auch nicht aus dem Kopf:man kann nicht mehr als drauf sein!

Das ist ja das, wo bei uns die Spirale in die falsche Richtung lief.Kontrollverlust,whatever....Dieses "drauf sein", wie wir es mal kannten,und immer wieder erhofften,das tritt ja nicht mehr ein.Durch Potenzierung der Dosis entstand auch kein mehr am flow! Alkohol und gut drauf passiert bei mir nicht mehr.Nicht wegen Verboten/Schuld/Sühne Trallala....,sondern meine Synapsen geben es einfach nicht mehr her, seit der Zug in Richtung Alkoholiker abgefahren ist.

Um es mal ganz stumpf zu formulieren:die Karte ist ausgereizt.


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