Alkoholsucht meines Bruders

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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Spearmint
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Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Spearmint » 21. Oktober 2019, 23:03

Hallo zusammen, ich bin auf der Suche nach einem Arzt der Bac verschreibt. Mein Bruder ist schwer Alkoholabhängig seit ca. 20 Jahren. Diverse Entzüge darunter im letzten Jahr eine 4 Monatige Therapie hatten keinen Erfolg. Werend der letzten Therapie fing er in der letzten Woche an zu trinken und wurde aus der Klinik sofort entlassen. Zum Eingliedeungstermin beim Arbeitgeber war er betrunken und bekam die Kündigung. Seit dem gibt es keinen Halt mehr, von morgens bis Abends Votka und Bier bis zum umfallen. Vor 2,5 Wochen hatte er einen Termin beim Arbeitsamt zu dem ich ihn begleitet habe. Er war schon um 7,30 total betrunken aber ich habe darauf bestanden das er mitgeht. Auf dem Parkplatz vom Amt ist er mir zusammen gebrochen und kam nicht mehr auf die Beine.
Ich musste einen Krankenwagen kommen lassen. Im Kh Blutprobe um 11 Uhr 3,3 Promille. Am Späten Nachmittag waren wir wieder in seiner Wohnung, allerdings konnte er immer noch nicht gut laufen und ich wollte das er mit zu mir kommt, dass lehnte er ab undzeigte mir das er klar kommt und um 19 Uhr fuhr ich heim. Am nächsten Morgen war ich um 8.30 bei ihm er hatte ein Delir, und ich rief den Notarzt. Werend der Notarzt auf dem Weg war bekam mein Bruder einen Epileptischen Anfall und dann fing er an zu Krämpfen. Er kam wieder ins Krankenhaus und wird morgen entlassen.
Er weiß von dem Morgen nichts aber er kann immer noch nicht laufen nur am Rollator. Wir haben in der letzten Woche seit er klar ist viel gesprochen und er sagt das er nicht mehr trinken möchte und es gerne mit Bac versuchen will. Ich habe solche Angst das wir keinen Arzt finden und er, sobald er kann wieder trinkt. Bitte, bitte helft uns ich möchte nicht das mein Bruder stirbt

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Chinaski
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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Chinaski » 22. Oktober 2019, 00:35

Hallo Spearmint,

Herzlichen willkommen hier im Forum.

Die Umstände die du beschreibst kommen mir so bekannt vor.
Mein Bruder hat mich auch gefunden und mir damit mein Leben gerettet.
Hätte er nicht geistesgegenwärtig reagiert wäre ich heute tot.
Ich bin damals mit 4,6 Promille auf der Intensivstation gelandet.

Bei mir hat auch keine herkömmliche Therapie geholfen. Erst durch Baclofen + Wille habe ich es geschafft meine Alkoholkrankheit zum Stillstand zu bringen.

Von daher sollten Du und dein Bruder nicht die Hoffnung aufgeben.

Um einen Arzt vorgeschlagen zu bekommen schreibe bitte unserem Administrator DonQuixote https://www.forum-baclofen.com/member1021.html
eine PN mit der Angabe deiner Postleitzahl.
Er schaut dann in unserer Ärzte Liste nach welcher Arzt für deinen Bruder passen könnte und meldet sich dann zeitnah bei dir.

Bis dahin alles gute für dich und deinen Bruder...
Chinaski

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon zecke » 22. Oktober 2019, 13:42

Spearmint hat geschrieben:Diverse Entzüge darunter im letzten Jahr eine 4 Monatige Therapie hatten keinen Erfolg.


Hi Spearmint,

harte Nummer, was du schreibst. Obiges habe ich zitiert und mal folgende Gedanken dazu.

Ich habe 2 von diesen LZTs gemacht und fand das alles nicht schlecht. Könnte mir durchaus vorstellen, dass man im Anschluss daran trocken leben kann. Vieles sehr Aufschlussreiches sowie ein hochwertiges therapeutisches Angebot habe ich dort erhalten und 2 Jahre hab ich es dann auch mal gepackt.

Problem sind auch nicht unbedingt die Widrigkeiten unseres Alltags, die haben ja schließlich alle. Es sind eben emotional vielschichtig verstrickte Prozesse, die in uns ablaufen.

Ich war in der Trockenzeit stets gewillt und auch sehr aktiv. Sportlich, soziale Dinge, etc. Eines aber war ich nie. Ich war nie erfüllt.

Oft dachte ich immer an ein Leben mit "angezogener Handbremse". Klar, es gab durchaus auch schöne Dinge. Aber die vollkommene Klarheit und Nüchternheit wirklich aufrichtig und ehrlich genießen konnte ich nur selten.

Es gibt schon langjährige Trockene, die obiges propagieren und sich auch aus den Klischees gelöst haben. Doch immer spielte da noch was anderes mit, was micht stutzig gemacht hat. Sie beschäftigen sich permanent mit dem Alkohol, den sie nicht mehr trinken. Das alles ist angeblich nötig um nicht rückfällig zu werden.

Soviel also zum Thema vollkommene Nüchternheit und Klarheit. Wer das wirklich schätzt braucht sich über das Thema nicht mehr zu zerreissen. Der hat nämlich gesündere Denkweisen und Strukturen entwickelt.

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Purzelbaum
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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Purzelbaum » 23. Oktober 2019, 06:38

zecke hat geschrieben:
... Sie beschäftigen sich permanent mit dem Alkohol, den sie nicht mehr trinken. Das alles ist angeblich nötig um nicht rückfällig zu werden.



Einspruch Euer Ehren.

Ich bin nun schon paar Jahre trocken und Alk spielt bei mir inzwischen keine Rolle mehr, überhaupt keine.

Es gab mal eine Zeit, da habe ich mir gewünscht, Alk kontrolliert trinken zu können, aber es auszuprobieren, ob es funktioniert, dazu hatte ich zu viel Schiss. Ich hab dann immer daran gedacht was wird, wenn es nicht funktioniert und nö, das wollte ich nicht wieder erleben. Inzwischen ist es vorbei und ich glaube, dass ich nichts verpasse ohne Alk.

Viel Glück wünsch allen hier.

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon zecke » 23. Oktober 2019, 07:43

Purzelbaum hat geschrieben:
zecke hat geschrieben:Ich bin nun schon paar Jahre trocken und Alk spielt bei mir inzwischen keine Rolle mehr, überhaupt keine.


Freut mich für dich. Absolut good

Viele kommen da nicht hin. Das "wirklich nicht mehr wollen" muss schon aus deinem tiefstem Inneren sprechen, was ganz bestimmt mit enormen Veränderungen am eigenen Lebensstil, Umfeld, etc. einhergehen muss. Wird wohl dieser berühmte "Klick" sein, von dem einige sprechen. Glaube aber kaum, dass sich sowas beim Menschen erzwingen lässt.
"Nicht wollen" ist mir da auch zu einfach und labidar. Sonst wäre es keine Sucht.

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Purzelbaum
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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Purzelbaum » 23. Oktober 2019, 11:00

Der "Klick" waren bei mir die Halluzinationen in Verbindung mit meinem abgewrackten Körper, die Erkenntnis über die Hilflosigkeit gegenüber dem Alk und dass meine Frau trotz Allem zu mir gehalten hat. Was ich brauchte, waren zwei Wochen Entgiftung und Ruhe, um nachdenken zu können - nüchtern nachdenken. Die 14 Tage vor dem Zusammenbruch waren grausam, da hab ich mir sogar nen Liter Wein mit auf Arbeit genommen und "heimlich" im Büro gesoffen um überhaupt einigermaßen über die Runden zu kommen und mir nach der Arbeit auf dem Heimweg als erstes mal ne Flasche Wodka kaufen zu können, ohne das Geld an der Kasse vor lauter Zittern durch die Gegend zu schmeißen.

Naja und dann zu Hause erst mal alles an Alk raus - meine Frau hat da mitgezogen- sinnvolle Freizeitbeschäftigung gesucht (Sport), auf Arbeit und bei guten Freunden gesagt, was wirklich mit mir los ist - die meisten konnten sich das denken. Auf Arbeit und bei Bekannten Bescheid zu sagen, das war auch bissl Selbstschutz. Wenn alle wissen was los ist, wäre es mir erst mal peinlich, wieder mit 'ner Fahne aufzutauchen. Und erst mal alles gemieden, wo ich und wobei ich gesoffen habe. Also zum Beispiel nicht mehr allein stundenlang bei lauter Musik (Kopfhörer) vor dem Computer sitzen und Ähnliches. Und es hat sich alles herrlich "eingeschliffen", ich wüsste zur Zeit nicht, was sich mit Alk - auch wenn's nur ein Glas wäre - verbessern sollte.

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon zecke » 23. Oktober 2019, 11:39

Purzelbaum hat geschrieben:meine Frau hat da mitgezogen


Ich fass mich mal ganz kurz. Ich glaube, das wars bei dir.

Unterstützung durch Familie scheint enorm wichtig zu sein.

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Querendon » 26. Oktober 2019, 12:24

Ich glaube, es ist AUCH eine Umkonditionierung. Uns wurde doch schon als Kind gesagt: "Wenn du mal groß bist, dann DARFST du das auch". Es war, jedenfalls bei mir, etwas Besonderes. So ein Quatsch!!!!!!!!!!!

Noch vor einigen Jahren war es normal, in einem Restaurant zu rauchen, heute fast unmöglich. Ich nenne das "kollektive Umprogrammierung". Das geht auch, bis zu einem gewissen Grad, bei Alkohol. Mein Umdenken hat mit dem Buch "Alkohol hat mich belogen" stattgefunden. Seit dem empfinde ich Nichttrinken als etwas sehr Besonderes. Ist es ja auch, machen die Wenigsten in unserer Gesellschaft :). Ich fühlte mich privilegiert. 3 Jahre lang hat das funktioniert.
Leider gibt es da noch die physische Komponente, die man sich als Alkoholiker angetrunken hat. Das Gehirn macht da leider nicht mit. Das Belohnungssystem ist anscheinend soweit verändert, dass schon beim Anblick eines Glases Wein, oder nur beim Hören des Wortes Wein, so ist es bei mir, Dopamin ausgeschüttet wird. Und schon ist kein Halten mehr...
Genau da, soll ja Baclofen ansetzen.
Ich bin auf dem Weg und wünsche allen hier einen erfolgreichen Weg!!!!!

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon zecke » 26. Oktober 2019, 17:06

Querendon hat geschrieben:Seit dem empfinde ich Nichttrinken als etwas sehr Besonderes. Ist es ja auch, machen die Wenigsten in unserer Gesellschaft :). Ich fühlte mich privilegiert. 3 Jahre lang hat das funktioniert.

Nicht schlecht. Ist ne gute und gesunde Betrachtungsweise. Nur ist die gesellschaftliche Akzeptanz nicht so weit gewachsen, wie es beim Nicht-Rauchen ist. Dein Gegenüber frägt durchaus mal, warum du nicht trinkst, obwohl es ihm doch völlig wurscht sein kann, was für ein Getränk jetzt vor dir steht. Ich glaube aber durchaus, dass in der Hinsicht der Weg schon in die richtige Richtung geht, aber es braucht eben Zeit.

Querendon hat geschrieben:Leider gibt es da noch die physische Komponente, die man sich als Alkoholiker angetrunken hat. Das Gehirn macht da leider nicht mit. Das Belohnungssystem ist anscheinend soweit verändert, dass schon beim Anblick eines Glases Wein, oder nur beim Hören des Wortes Wein, so ist es bei mir, Dopamin ausgeschüttet wird. Und schon ist kein Halten mehr...


Zustimmung. Ist nicht jeden Tag gleich in der Ausprägung, aber ich kenne das auch. Sobald mal dran gerochen schon besoffen, obwohl man das ja gar nicht wollte. So ist der Suchtdruck.

Querendon hat geschrieben:Genau da, soll ja Baclofen ansetzen.
Ich bin auf dem Weg und wünsche allen hier einen erfolgreichen Weg!!!!!


Das ist wirklich eine Unterstützung aber auch keine Wunderpille. Kenne Baclofen schon recht lange und habe es nach Rückfälligkeit wieder angesetzt. Deutlich weniger Suchtdruck.

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Lucidare » 29. Oktober 2019, 19:22

Abarbeiten, abarbeiten... [runner]

Querendon hat geschrieben:Das Gehirn macht da leider nicht mit. Das Belohnungssystem ist anscheinend soweit verändert, dass schon beim Anblick eines Glases Wein, oder nur beim Hören des Wortes Wein, so ist es bei mir, Dopamin ausgeschüttet wird. Und schon ist kein Halten mehr...


Querendon hat geschrieben:Genau da, soll ja Baclofen ansetzen.


[twiddle]

Echt? [pardon] Hast Du Dir schon A Review of the Potential Mechanisms of Action of Baclofen in Alcohol Use Disorder durchgelesen?

Das Suchtgedächntnis ist kein Suchtgedächtnis, sondern nur die Unfähigkeit Situationen zu ertragen.

Baclofen hilft diese Situationen zu ertragen.

Vamos! Viva la Revulotion und.... [beach]
Wer aus meinen Texten nicht herauslesen kann, dass ich aus persönlicher Erfahrung schreibe, wird mich sowieso missverstehen. Ronja von Rönne

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon zecke » 30. Oktober 2019, 21:04

Querendon hat geschrieben:Das Gehirn macht da leider nicht mit. Das Belohnungssystem ist anscheinend soweit verändert, dass schon beim Anblick eines Glases Wein, oder nur beim Hören des Wortes Wein, so ist es bei mir, Dopamin ausgeschüttet wird. Und schon ist kein Halten mehr...
Genau da, soll ja Baclofen ansetzen.


Da ist was dran. Es sollte neben Baclofen aber auch dazugehören, das immer wieder mal zu reflektieren und dann mal einen Denkprozess zu starten.
Das ist nämlich nicht der Alkohol selbst, sondern eine falsche Konditionierung. Ganz einfach ausgedrückt liegt es doch immer nur daran, welche enorme Bedeutung du dem Suchtmittel zuschreibst.
Alkohol löst ja bekanntlich auch vieles. Beziehungen, Arbeitsplätze, etc.
Ist bloß nie der Alkohol selber. Dem isses bestimmt auch Wurscht. Liegt immer an der immensen Bedeutung und der Erwartungshaltung des Konsumierenden.

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Querendon » 31. Oktober 2019, 16:32

An lucidare: ich bekomme das noch nicht hin, mit Zitaten...

Das Suchtgedächntnis ist kein Suchtgedächtnis, sondern nur die Unfähigkeit Situationen zu ertragen.

Baclofen hilft diese Situationen zu ertragen.

Wie meinst du das? Ich habe den Hinweis auf den Ansatz der möglichen Wirkung von Baclofen in einem Bericht gesehen. Es klang logisch. Aber es war nicht die Rede davon, dass es hilft, Situationen zu ertragen, sondern dass es direkt im Gehirn dort ansetzt, wo das Belohnungssystem angesiedelt ist. Dies soll, angeblich, sogar optisch darstellbar sein. Es klang logisch. Ich möchte es nicht so zitiert haben, das es SO IST. Nur so, wie ich es verstanden habe. Und es hörte sich logisch an. Es unterdrückt das Belohnungssystem und damit den Grund des Trinkens, das Belohnen. Wenn also die Belohnung ausbleibt, macht es keinen Sinn mehr zu trinken.
Hier der Link zu dem Film: https://youtu.be/QEON86EtqRQ / das mit dem Zahlencode verstehe ich leider nicht. Ab Minute 24 geht es um dieses Thema.

Was meinst du genau?
LG

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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon Lucidare » 31. Oktober 2019, 19:40

Ganz kurz, Du sprichst mich wohl direkt an.

Querendon hat geschrieben:Es klang logisch. Aber es war nicht die Rede davon, dass es hilft, Situationen zu ertragen, sondern dass es direkt im Gehirn dort ansetzt, wo das Belohnungssystem angesiedelt ist. Dies soll, angeblich, sogar optisch darstellbar sein. Es klang logisch. Ich möchte es nicht so zitiert haben, das es SO IST. Nur so, wie ich es verstanden habe. Und es hörte sich logisch an. Es unterdrückt das Belohnungssystem und damit den Grund des Trinkens, das Belohnen. Wenn also die Belohnung ausbleibt, macht es keinen Sinn mehr zu trinken.


Ja und nein. [unknown] Ich persönlich bin überhaupt kein Fan von dieser "Dopamin ist alles und das Suchtgedächtnis schlägt immer wieder zu"-Theorie.

In der oben schon genannten Arbeit von Rene de Beaurepaire A Review of the Potential Mechanisms of Action of Baclofen in Alcohol Use Disorder hat er da so zusammengefasst:

Rene de Beaurepaire hat geschrieben:SCHLUSSFOLGERUNG

Diese Übersicht über die Wirkungsweise von Baclofen unter klinischen Gesichtspunkten und aus biologischer Sicht beleuchtete die drei potenziellen Wirkungsmechanismen von Baclofen, nämlich auf Dopamin, funktionelle Konnektivität und als Substitutionsmittel. Es ist anzunehmen, dass diese Ansätze komplementär sind und dass sie in dem Satz zusammengefasst werden könnten, dass Baclofen die pawlowsche Assoziation zwischen Hinweisen und Belohnungen durch eine Aktion in einem kritischen Teil des dopaminergen Netzwerks (der Amygdala) unterdrücken und dadurch die funktionelle Konnektivität im Belohnungsnetzwerk normalisieren könnte . Es wird auch vorgeschlagen, dass diese Wirkung durch die Tatsache ermöglicht wird, dass Baclofen und Alkohol in bestimmten Regionen des Gehirns ähnliche neuronale Systeme beeinflussen


Ergo gibt es wohl drei mögliche "Ansätze" zur Erklärung. Einmal Dopamin. Zum Zweiten eine "funktionelle Konnektivität". Ob diese Übersetzung so richtig ist... :grbl (Eine "Förderung der neuronalen Plastizität" wäre wohl besser) und einen "Alkoholersatz" durch Baclofen.

Um das nicht zu kompliziert zu machen (bin auch nur Laie): Genauso wenig wie man weiß wie Alkohol wirkt, weiß man sicher wie Baclofen wirkt.

Lucidare hat geschrieben:Das Suchtgedächntnis ist kein Suchtgedächtnis, sondern nur die Unfähigkeit Situationen zu ertragen.


Ist ein wenig philosophisch. Dopamin ist kein "Glücks"- sondern Belohnungshormon. Ich trinke also um ein gutes Gefühl möglichst bequem zu erzielen. Was ist aber mit Angstlern die trinken um keine Angst mehr zu haben? Zum Vergleich: Ich nehme eine Kopfschmerztablette um keine Schmerzen zu haben. Eine Tablette zu nehmen ohne Schmerzen macht dahergehend keinen Sinn.

zecke hat geschrieben:Das ist nämlich nicht der Alkohol selbst, sondern eine falsche Konditionierung.


Konditionierung trifft es besser. @zecke scheint meine Texte gelesen zu haben. Also ein erlerntes Verhalten. Nicht in Abrede ist zu stellen, dass die Sucht natürlich Ihre Spuren in das Gehirn gefräßt hat. Daher meine Aussage. Bestimmte Situationen ohne Angst oder dem Verlangen nach Belohnung durchzustehen hat schon seine Bedeutung. Das Baclofen greift, genau wie Alkohol, direkt oder indirekt in verschieden Bereiche des Hirnstoffwechsels ein.

Dieses alles auf ein "Gedächtnis" festzulegen ist mir etwas zu banal. Die Mandelkernchen sind zwar sehr rege aber in der "Umprogrammierung" ziemlich langsam. Aber sie können neu lernen! Das mit dem Suchtgedächtnis hat für mich die Bedeutung "des rosa Elefanten an dem man nicht denken soll". Es ist in dem Sinne für mich kein Gedächtnis, sondern eben ein Unvermögen, bestimmte Situationen ohne Alkohol zu überstehen. Egal aus welchen Gründen.

War doch nicht so kurz...
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Re: Alkoholsucht meines Bruders

Beitragvon zecke » 1. November 2019, 20:05

Klasse Beitrag, Lucidare.
Ich reflektiere gerne den Moment des Suchtdrucks. Er kommt und geht auch wieder.
Hier bieten sich Skills an für ein schnelles Umdenken. Ein sog. Switch. Alkohol trinken wollen ersetze ich abends gerne durch Tee trinken. Das kann man auch etwas zelebrieren, so dass das Belohnungssystem davon auch was mitbekommt.


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