Schlankheitsdiät(en) Eine Wissenschaftslüge geht um die Welt

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DonQuixote
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Schlankheitsdiät(en) Eine Wissenschaftslüge geht um die Welt

Beitragvon DonQuixote » 14. August 2015, 17:45

Seid gegrüßt

Neu in unserem YouTube-Kanal:

Ausgestrahlt wurde die TV-Reportage Anfang Juni 2015 von ARTE und ZDF. Zitat aus der Programmbeschreibung:

Die Programmbeschreibung hat geschrieben:
Jeden Tag fallen überall in Europa Verbraucher auf dubiose Studien herein. Wer die Wissenschaft hinter sich hat, kann fast alles verkaufen: ob Joghurt, Cornflakes, Milch, Sojaprodukte oder Diäten. Das haben Wissenschaftler in ausgiebigen Untersuchungen für uns erforscht. Aber stimmt das überhaupt? Wie wissenschaftlich sind diese Untersuchungen?

Die Versprechen der Werbung sind vollmundig, die Ergebnisse mager. Erfolge mit Diäten haben die allerwenigsten Übergewichtigen. Und doch gibt es unzählige Studien, die das Gegenteil behaupten. Nicht nur die großen Abspeckunternehmen wie Weight Watchers, auch Diäterfinder wie Montignac oder Atkins verweisen auf wissenschaftliche Untersuchungen. Und allen Übergewichtigen, die mit ihrer Diät scheitern, wird der Spiegel vorgehalten: Schuld seien sie selbst, denn für den Diäterfolg bürgen hochdekorierte Professoren aus allen Bereichen.
In Deutschland sprechen Kritiker sogar von einem Kartell der Ernährungsmediziner. Diät Studien versprechen oft aufgrund kurzer Untersuchungszeiträume Erfolge, die bei Langzeitstudien überhaupt nicht nachzuweisen sind. Dennoch werden die positiven Ergebnisse in renommierten Zeitschriften publiziert und überzeugen Leser und nicht zuletzt auch Ärzte, die dann die entsprechenden Diäten empfehlen.

Die Autoren Diana Löbl und Peter Onneken gehen in Deutschland und Frankreich der Frage nach, wie die Diätindustrie die Wissenschaft systematisch benutzt, missbraucht und kauft. Sie erfinden die Schokoladen Diät, „The Chocolate Transformation“ und führen eine wissenschaftlich begleitete Studie durch, die so absurd ist, dass man sie eigentlich nicht ernst nehmen dürfte. Wird es ihnen gelingen, anhand von 15 Probanden zu belegen, dass Schokolade der beste Diätbeschleuniger ist, den es je gab? Werden diese Ergebnisse tatsächlich in der wissenschaftlichen Fachpresse veröffentlicht?

Ja, klar, diese Flut an „wissenschaftlichen“ Studien und Veröffentlichungen ist ein Problem, vor allem im Ernährungs- und Gesundheitsbereich, aber bei Weitem nicht nur dort, wie die TV-Reportage aufzeigt. Doch auch an der Reportage selbst gibt es beißende Kritik, so schreibt z.B. Jürgen Schönstein in „ScienceBlogs“:

Jürgen Schönstein in „ScienceBlogs“ hat geschrieben:
Im Prinzip geht es ja ganz enthüllungsjournalistisch los, und dagegen ist prinzipiell erst mal nichts einzuwenden: Dass führende deutsche Mediziner und Ernährungsexperten sich an die Diätindustrie verdingen und dann gleichzeitig dafür sorgen, dass ihre Kunden in den S3-Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft empfohlen werden – das ist ein Skandal. Und wenn die Tricks, die diesen Diätstudien die jeweils gewünschten Ergebnisse garantieren sollen und die von der als Expertin hinzugezogenen Gesundheitswissenschaftlerin Ingrid Mühlhauser detailliert beschrieben werden, tatsächlich so weit verbreitet sind, dann ist das eigentlich sogar ein Grund, Verfahren wegen Verstoßes gegen akademische Integrität einzuleiten. Und das scheint ja eher die Regel als die Ausnahme zu sein, denn die Doku verkündet bei Minute 22:20: “Indizien für solche Tricks haben wir in jeder Diätstudie gefunden, die in den S3-Leitlinien empfohlen werden (sic!)…”

Doch anstatt diese Indizien zu beschreiben und die derart inkriminierten Studien zu entlarven (und vielleicht auch gleich die AutorInnen dieser Studien), was sicher ein respektables Stück Enthüllungsjournalismus wäre, bleibt’s bei dieser Pauschalaussage. Statt diese zu belegen, machen sich die DoukumentarfilmerInnen umgehend daran, ihre eigene verzerrte Studie zu produzieren – nach dem Motto: Wenn wir bescheißen können, dann können’s andere auch.

[…]

Verzerrend ist auch, dass sie zwar – so etwa ab der 40. Minute – erst mal darüber berichten, wie der peer-review-Prozess funktioniert, um dann (auf Empfehlung des als “Mitverschwörer” gewonnenen John Bohannon) ihre Studie gar nicht erst an ein echtes peer-review-Journal zu schicken, sondern sie gleich an 30 (!) käufliche und die peer-review umgehende Open-Access-Publikationen zu schicken. Dass es diese “schwarzen Schafe” gibt, hatte Bohannon ja schon im Herbst 2013 dokumentiert; dass diese hier in einen Topf mit “echten” Journalen geworfen werden, ist zumindest unlauter. Und wenn dann eines (!) der “Journale” anbeißt, wird es prompt zum “angeblich renommierten Magazin” erklärt – doch wer den International Archives of Medicine dieses Renommee bescheinigt hat, wird nicht verraten.

Kurz nach der 47. Minute erfahren wir dann, dass eine aufwändig vorbereitete Pressemitteilung an “hunderte Journalisten in ganz Deutschland” geschickt wurde. Doch das waren nicht etwa WissenschaftsjournalistInnen, wie man bereits drei Minuten voher hören konnte – Zielgruppe waren “Beauty-Journalisten”, und wer immer damit gemeint sein könnte, ist vermutlich eher auf Schönheitstipps und Kosmetika spezialisiert. WissenschaftsredakteurInnen würde ich im Beauty-Ressort allerdings nicht unbedingt erwarten… Doch selbst dort ist man offenbar nicht so blöd gewesen: Hunderte erhielten die Nachricht, doch letztlich fielen offenbar nur fünf darauf rein: BILD, Cosmospolitan, RTL, Brigitte und FOCUS Online […]

Die gleiche Hyperbel kommt, wenn um 49:50 verkündet wird, dass auch in den USA “niemand” der Schokoladenmeldung widerstehen konnte – doch zu sehen gibt’s dann nur einen erkennbar noch nicht mal im Ton seriös gemeinten Clip einer lokalen Fernsehstation in Dallas und einen YouTube-Kanal. Ehrlich? Das genügt als Beleg für die Aussage, “niemand” hätte dieser Meldung widerstehen können? Und dann beschweren sich die Doku-MacherInnen noch, dass niemand von den Hunderten Journalisten, die sie reinlegen wollten, bei ihnen angerufen hatte, um ihrer Story nachzurecherchieren – auf die Idee, dass die den Schrott gleich in die Tonne getreten hatten, scheinen sie nicht zu kommen. Und für die Behauptung, dass “-zig Millionen Menschen” von ihrer “Studie” gehört hätten, bleiben sie auch jeden Beweis schuldig.
(Hervorhebungen und Linksetzungen wie im Original, weiterlesen hier …)

Auch Bernd Harder, Pressesprecher der Gesellschaft für die wissenschaftliche Untersuchung von Parawissenschaften e.V. (GWUP, „Die Skeptiker“) zeigt sich von der TV-Reportage wenig beeindruckt, legt aber in der Sache nach:

Bernd Harder hat geschrieben:
Das spezifisch Originelle an dem “Schlank durch Schokolade”-Fake erschließt sich uns allerdings nicht so ganz, denn eine mutmaßlich ernst gemeinte Studie dazu von US-Forschern kursierte bereits 2012.

Und das Buch “Die Schoko-Diät: Endlich schlank mit Genuss” der Schauspielerin Ruth Moschner erschien ein Jahr davor – und wurde sogar von einem Ernährungsexperten der Uni Göttingen geadelt:

Wer fünf bis zehn Kilogramm abnehmen will, wird ganz gute Erfolge haben.

Nun ja, vielleicht war das die Inspiration für Löbl/Onneken/Bohannon. Auch die methodischen Schwächen der Ernährungsforschung und ihrer Beobachtungsstudien sind seit langem im Gespräch. Der Aha-Effekt des “Schlank durch Schokolade”-Fake dürfte sich also in engen Grenzen halten.
(Linksetzungen wie im Original, weiterlesen hier …)

Schaut halt mal, zu welchem Aha-Effekt die TV-Reportage bei Euch selber führt. In diesem Sinne guten Appetit wünscht

DonQuixote


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Re: Schlankheitsdiät(en) Eine Wissenschaftslüge geht um die Welt

Beitragvon gretikatz » 15. August 2015, 09:18

Also wenn ICH Schokolade esse, nehme ich zu! DAS ist bewiesen!


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