Neue statistische Zahlen aus Frankreich

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DonQuixote
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Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 2. März 2013, 23:26

Hallo erst mal

Erinnert Ihr Euch noch an diese Umfrage? Die Ergebnisse liegen nun vor. Ziel war ja eine Petition, und so haben nicht nur Alkoholabhängige, sondern auch Angehörige, Freunde, ärztliches Personal etc. geantwortet. Von den 1‘650 ausgefüllten Fragebögen konnten 1‘085 ausgewertet werden, davon stammten 841 von Alkoholabhängigen selbst. Der Anteil Männer (55 %) war insgesamt etwas höher als der Anteil Frauen (45 %), bei den Alkoholabhängigen war das Verhältnis sogar 64 % Männer zu 36 % Frauen.

  • 1. Dies waren die Suchtgewohnheiten:
    (Mehrfachantworten möglich)

  • 2. Wie haben Sie von Baclofen erfahren?
    (Mehrfachantworten möglich)

  • 3. Mittlerer Alkoholkonsum in Standarddrinks vor der Behandlung:
    810 Antworten, 516 Männer, 294 Frauen. Ein Standarddrink entspricht 2,5 dl Bier (5°) oder 1 dl Wein (12 °)

  • 4. Im Falle einer erfolgreichen Therapie, wollten Sie abstinent sein oder nicht?
    (721 Antworten, 464 Männer, 257 Frauen)

  • 5. Beginn der Baclofen-Therapie:
    (745 Antworten)

  • 6. Der Arzt, der mir Baclofen verschreibt ist ein:
    (737 Antworten)

  • 7. Erfolg der Baclofen-Therapie, UNABHÄNGIG vom Beginn der Behandlung:
    (745 Antworten)

  • 8. Erfolg der Baclofen-Therapie, ABHÄNGIG vom Beginn der Behandlung:
    (745 Antworten)

  • 9. Resultat für diejenigen, die die Therapie abgeschlossen haben:
    (477 Personen)

  • 10. Durchschnittlicher täglicher Alkoholkonsum, in Standarddrinks, derjenigen Personen, die sich als erfolgreich einschätzen:
    (415 Personen)

  • 11. Im Vergleich dazu die Antworten derjenigen Personen, welche sich als NICHT abhängig bezeichnen:
    (223 Personen)

  • 12. Verteilung der maximalen Dosis:
    (405 Antworten, 149 Frauen, 256 Männer)
Bild.Bild
Linkes Bild: Alle zusammen, Durchschnitt 173 mg / Tag.
Rechtes Bild: Frauen Rot, Durchschnitt 160 mg und Männer Blau, Durchschnitt 182 mg / Tag.

  • 13. Die durchschnittliche Dosis am Stichtag der Umfrage:
Betrug 102 mg / Tag (394 Antworten). Abhängig vom Beginn der Behandlung ergibt sich für den Stichtag der Umfrage folgende Verteilung:


  • 14. Verteilung der maximalen Dosis der Patienten mit Misserfolg:
    (Durchschnitt 140 mg / Tag. 82 Antworten, 33 Frauen, 49 Männer)

  • 15. Angegebene Gründe für das Scheitern der Therapie:
    (79 Antworten)

    • Unerwünschte, nicht tolerierbare Nebenwirkungen: 60 %
    • Nichteinhaltung der Therapieanweisung, psychologische Probleme: 29 %
    • Arzt war nicht bereit, die Dosis des Medikaments zu erhöhen: 6%
    • Diverses, darunter nicht wenige, die finanzielle Gründe angaben: 5 %
So, das war’s erst mal, vorerst unkommentiert, mir schwirrt noch der Kopf … Das französische Original gibt’s hier.

DonQuixote

Edit 03.02.2013: Fehler in Tabelle 8 korrigigiert, Sorry & Danke, @Willo

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon WilloTse » 3. März 2013, 06:38

@DonQ: wenn Du die Diskussion aus diesem Faden heraushalten möchtest, kannst Du diesen Beitrag gern verschieben.

Danke für die Zahlen.
Was mich bei der Umfrage gestört hat, ist der Bereich "Alkoholkonsum" (Tab. 3). Da, wo es interessant wird (>10 SD), wird der Konsum nur noch in einer Kategorie erfasst. Das ist schade. Unterhalb dieser Grenze (1 Liter Wein resp. 2,5 Liter Bier) gibt es drei Kategorien. Da sich mir bei den drei Kategorien 3-10 SD immer die Frage stellt "Und was gab's nach dem Frühstück?", hätte ich mir nach oben auch noch zwei Kategorien mehr gewünscht. Aber o.k., man kann nicht alles haben.

Interessant: nur 26% der "Erfolgreichen" lebt komplett abstinent. Aber nur 2% liegt bei einem nicht soooo brillianten Ergebnis >4 SD, trinkt also täglich noch mehr als 1 Liter Bier bzw. 400 ml Wein. (Tab. 10)

Auch interessant: die benötigte Erhaltungsdosis scheint über die Jahre doch deutlich zu sinken (Tab. 13)

Noch interessanter: GGG zahlt sich offenbar wirklich aus. (Tab. 8): der ohnehin gute Behandlungserfolg von 41% bzw 60% von Leuten, die unter einem Jahr dabei waren, steigt auf unglaubliche 82% bei denen, die seit mehr als drei Jahren dabei sind. Das mag zum Teil an den erheblich gestiegenen Teilnehmerzahlen über die Jahre liegen, aber als alleinige Erklärung reicht mir das dann doch nicht aus.

Ein Trend, den ich aktuell nur bestätigen kann: wenn es im neunundneunzigsten Anlauf immer noch nicht klappt, nehmt den hundersten. Dranbleiben lohnt sich!!

LG
Willo

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 3. März 2013, 09:31

Nein, @Willo

Keinesfalls möchte ich eine Diskussion aus diesem Faden heraushalten, ganz im Gegenteil. Und Danke für Deinen Fehlerhinweis zu Tabelle 8, ich habe das jetzt dort korrigiert. Doch nun wie angedroht *hihi* meine eigenen Kommentare:

  • Was man der Statistik (Umfrage) natürlich immer als Erstes vorwerfen kann, ja vorwerfen wird: Es sind freiwillige Antworten von (meistens) Forums-Usern. Es kann also eine Tendenz geben, dass sich nur Leute melden, die auch „Positives“ zu berichten haben und dass Andere, mit negativen Resultaten, eher schweigen.
  • Es ist mit Abstand die größte Umfrage ihrer Art.
  • Die Erfolgsquoten sind ausgesprochen hoch, insofern aber nichts Neues.
  • Der Wunsch NACH, und die Fähigkeit ZUR Abstinenz wird sehr differenziert betrachtet, ebenso die Definition des „Erfolgs“. Das deckt sich mit unseren bisherigen Erfahrungen. Neu ist, man kann es gar nicht genug betonen, dass mit der vorliegenden Umfrage eine noch nie dagewesene Datenbasis (Anzahl der Teilnehmer) vorliegt.
  • Erstaunlich, aber bisherige Tendenzen in Frankreich bestätigend, ist der hohe Anteil von Allgemeinmedizinern an den verschreibenden Ärzten. Den „Alkohologen“ (Punkt 6.) gibt es IMHO im deutschen Sprachraum nicht. Ich interpretiere mal ganz frei: „Suchtmediziner mit Schwerpunkt Alkohol“
  • Es gibt keine Zahlen darüber, welchen Anteil eine begleitende Psychotherapie am Therapie-Erfolg gehabt haben könnte. Der recht hohe Anteil der verschreibenden Allgemeinmediziner (siehe oben) und der bisher bekannte, nicht sehr hohe (Psycho-)Therapieanteil von (Psycho-)Therapeuten lässt vermuten, dass das „Medikament alleine“ einen erheblichen Anteil am Therapie-Erfolg hat.
  • Die rapportierten Zahlen geben keinen direkten Aufschluss darüber, wie viele Anwender in Frankreich Baclofen ohne ärztliche Verschreibung einnehmen. Die Dichte an Baclofen verschreibenden Ärzten ist in Frankreich ABSOLLUT, und damit automatisch auch RELATIV, sehr viel höher als in Deutschland. @Federico aus dem Nachbarforum ( http://www.alkohol-und-baclofen-forum.de/) hatte sich mal die Mühe gemacht, die Zahlen abzuschätzen, ich denke sie stimmen, finde sie aber nicht mehr, denn die Suchfunktion ist im Nachbarforum für Gäste leider abgeschaltet. Also wer Hinweise hat, gerne. Und wenn Jemand die Suchfunktion im Nachbarforum für Gäste wieder einschalten möchte: Auch gerne. Grob gesagt: In Frankreich gibt es ein paar Tausend Baclofen-Verschreibende Ärzte/Therapeuten, in Deutschland sind es ein paar Hundert. Das heißt allerdings NICHT, dass Alkoholabhängige in Frankreich im „Baclofen-Schlaraffenland“ leben. Auch unsere französischen Leidensgenossen haben massiv Probleme, an verschreibungswillige Ärzte ran zu kommen!
  • Aprops Netzwerk: Die Umfrage entsprang, wie einleitend gesagt, der französischen „Association Baclofene“, da steht ein für unsere Verhältnisse sehr großes Netzwerk dahinter (Zurzeit knapp 4‘500 Forumsmitglieder), und wer dort im Forum angemeldet ist, kriegt, wenn er artig danach fragt, als PN in der Regel auch Ärzte/Therapeuten in seiner Region genannt. Das zweite große französische Baclofen-Netzwerk, AUBES, (Zurzeit ebenfalls knapp 4‘500 Forumsmitglieder), schwieg die Sache (Umfrage) bisher ganz einfach tot.
  • Hab‘ ich was vergessen, falsch übersetzt, unter- oder überinterpretiert? Fehlerhinweise sind natürlich immer willkommen, hier auf diesem Kanal.
Meint DonQuixote

P.S. Und Ja, @Willo und @all: Dran bleiben lohnt sich, das zeigen unsere Erfahrungen und jetzt auch die „Zahlen“ aus Frankreich!

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 3. März 2013, 21:31

Die Ergebnisse gibt’s jetzt auch auf Englisch.

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon pragha » 6. März 2013, 17:55

hi Don Quixote,
die Zahlen sind sehr weit interpretierbar; im Ergebnis ungefähr gleich mit den Zahlen einer konventionellen Langzeittherapie ; das Problem ist die geringe Zahl der Responder. Damit ist jede Statistik schwierig.
Hauptsache ist die Petition. Gibt es hier eine Aussage zu den Erfolgschancen?
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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 6. März 2013, 20:31

Hi pragha

Na ja, solche Langzeittherapien hatten viele der Teilnehmer an der Umfrage bereits erfolglos hinter sich. Und ja, klar, die Resultate sind nicht unangreifbar.

Die Petition entsprang ja dieser Situation. Doch schon eine Woche später hatte sich das relativiert. Ich gehe davon aus, dass die Petition eingereicht wird, aber vielleicht ist sie gar nicht mehr spielentscheidend.

Auch von der „offiziellen“ Suchtmedizin hört man versöhnliche Töne. Prof. Michel Le Joyeux, Psychiater und Präsident der „Sociéte francaise d’alcoologie [SFA]“, eines der beiden großen französischen Suchtmedizinischen Fachverbände, sagte vor ein paar Tagen in einem Kurzinterview (online nicht verfügbar) gegenüber der „Santé magazine“(*):

Prof. Michel Le Joyeux hat geschrieben: […]Ich als Suchtmediziner und die gesamte SFA sind hin und her gerissen zwischen dem Vorenthalten eines nutzbringenden Medikaments und dem Risiko dessen unerprobten Verabreichung. […]

Aha, „hin und her gerissen“ tönt schon mal ein bisschen moderater, früher waren sie einfach nur „strikt dagegen“. Wenn ich das richtig sehe, hängt alles und in erster Linie vom „Bericht zur Medikamentensicherheit“ ab. Der kann nicht wirklich negativ ausfallen, es gibt ihn ja weitgehend schon, und die beiden Inhaber der französischen Zulassung für den ursprünglichen Zweck von Baclofen (Muskelrelaxans), die beiden Pharmaunternehmen Novartis und Sanofi, die die Sache zunächst auszubremsen drohten, seien von der Zulassungsbehörde zur „Zusammenarbeit angewiesen“ worden.

DonQuixote

(*) Santé magazine ist eine auf Gesunheitsthemen und Frauen ausgerichtetes, seit 1976 bestehendes Konsumentenmagazin, erscheint monatlich, ist in diesem Bereich einer der führenden französischen Titel und hat eine Auflage von knapp 500‘000 Exemplaren. Obiger Artikel erschien in der März-Ausgabe unter der Rubrik „Dossier des Monats“. Er ist sehr positiv, Dr. Renauld de Beaurepaire kam ausgiebig zu Wort und es gab auch einen Erfahrungsbericht einer von Ihrer Sucht befreiten ehemaligen Alkoholikerin. Die Stimme des „Mahners“ musste natürlich auch jemand noch erheben, und das war eben Prof. Michel Le Joyeux.

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 6. März 2013, 23:49

Oh, gerade hier gefunden:

pragha hat geschrieben:Die Zahl von 50% low risk Trinkern nach 2 Jahren ist vergleichbar mit der Zahl abstinenter Alkoholiker nach einer Langzeittherapie.
DonQuixote hat geschrieben:Ist das geschätzt oder gibt es darüber Zahlen? Ich selbst glaube nicht, dass das stimmt.

Beantwortet hattest Du das damals nicht [unknown] Langzeittherapie? Welche? Welche Zahlen?

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon pragha » 7. März 2013, 15:07

Hi Don Quixote,
die DSG gibt einmal pro Jahr eine Übersicht über ihre "Erfolgsquote" bei Langzeitpatienten in in ein einer stationären Einrichtung (d.h. 8- 16 Wochen) raus, daher habe ich meine Zahlen. Sicher sind die geschönt, beziehen sich aber auf 35000 Patienten, d.h. eine breite Basis.
Und nun?
Weder die Berliner noch die Französischen Studien sind in der Lage 100 bzw. 320 Probanden zu finden.
Selincro ist mittlerweile in 27 Ländern zugelassen.
Scchön, dass du dich noch über neue statistische Zahlen aus Frankreich freuen kannst
pragha

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 7. März 2013, 18:06

Hi pragha

pragha hat geschrieben:Die DSG gibt einmal pro Jahr eine Übersicht über ihre "Erfolgsquote" bei Langzeitpatienten in einer stationären Einrichtung (d.h. 8- 16 Wochen) raus.

Zeig die mal her. Oder Link?

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon WarzoEcht » 7. März 2013, 18:46

Es gibt gar keine DSG, die auch nur entfernt etwas mit unseren Themen zu tun hätte, sondern mit Druckguss, Solarenergie und Soziologie. Ich vermute, der Herr meint dieses http://www.dgsuchtmedizin.de/

Komisch irgendwie, aber wenn man weiß, wo er herkommt, ist es eigentlich nicht verwunderlich.

Nun ja, jeder vertippt sich mal.

LG warzo
Zuletzt geändert von WarzoEcht am 9. März 2013, 09:19, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon pragha » 8. März 2013, 11:43

Vielen Dank von Warzoecht für die Korrektur,
aber wenn ich die Zahlen der DGS ernst nehme, sehe ich nur eine marginale Verbesserung durch Baclofen.Das Problem ist die große Zahl der nicht auswertbaren Antworten; das Problem hat die DGS auch, dort werden sie aber berücksichtigt und nicht einfach nicht berücksichtigt wie bei Rapp und Co.
Klar kommen die evidenzorientierten Therapien auch zu 65% Abstinenzraten nach einem Jahr, wenn man die Nicht-responder nicht berücksichtigt.
So, und wie definieren wir den Fortschritt durch Baclofen? Das ist eine konstruktive Frage, keine Provokation.
pragha

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon WarzoEcht » 8. März 2013, 14:10

gelöscht wegen Zwangsouting.
Zuletzt geändert von WarzoEcht am 24. März 2013, 13:08, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 8. März 2013, 17:28

Hallo pragha

pragha hat geschrieben:Klar kommen die evidenzorientierten Therapien auch zu 65% Abstinenzraten nach einem Jahr, wenn man die Nicht-responder nicht berücksichtigt.

DonQuixote an pragha am 12.01.2013 hat geschrieben:Ich würde gerne mal vergleichbare empirische, retrospektive Kohortenstudien anderer oder gemischter Therapieformen sehen, die nur annähernd so gute Resultate aufweisen.

Es gab schon damals keine Antwort. Und die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e.V. (DGS) wird sich hüten, solche Zahlen zu publizieren. Gestehe ich „klassischen Langzeittherapien“ wohlwollend 15 % Erfolgsquote zu, sind sie IMHO noch gut bedient.

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon WilloTse » 8. März 2013, 18:51

Prof. Dr. Dr. Hannelore Ehenreich vom MPI EM hat geschrieben:In der Literatur werden gewöhnlich Abstinenzraten von weniger als 30% nach Follow-up Zeiträumen von weniger als einem Jahr (selten über zwei Jahre) berichtet.

aus: http://www.alita-olita.de/de/index_de.html
aufgerufen 8.3.2013

Dr. Silke Behrendt, Dipl.Psych. TU Dresden hat geschrieben:Abstinenzraten nach Behandlungsende:
•30% für illegale Drogen
•11-20% für Rauchen
•60% für Alkoholabhängigkeit (6-Monats Follow-Up)
•Abstinenzraten sinken nach Behandlungsende – besonders im ersten Jahr!

aus: http://www.psychologie.tu-dresden.de/i2 ... ws1213.pdf
aufgerufen 8.3.2013

Der Unterschied zu Baclofen? Bei allen gängigen Therapien steigt die Gefahr eines Rückfalles mit dem zeitlichen Abstand zum Behandlungsbeginn.
Bei Baclofen scheint sie nach bisher vorliegenden Zahlen im zeitlichen Verlauf immer weiter zu sinken.

LG
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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon DonQuixote » 8. März 2013, 22:12

Quelle hat geschrieben:70 Prozent aller Alkoholabhängigen erleiden im ersten Jahr nach einer Therapie einen Rückfall, im zweiten Jahr trinken sogar 90 Prozent wieder", sagt Suchtforscher Thomas Hillemacher von der Medizinischen Hochschule Hannover. "Das bisherige Konzept ist nicht ideal."

Quelle ….

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon WilloTse » 9. März 2013, 07:34

Wer dies WE noch nix vorhat, kann sich ja nochmal ein paar interessante Zahlenwerke 'reinziehen:

Deutsche Suchthilfestatistik Jahresbericht 2012

Spannend: bei ambulanten Behandlungsmaßnahmen beenden 33,4% die Behandlung vorzeitig. Die übrigen 66,6% planmäßigen Beender erzielen zu 80,6% ein "positives Ergebnis". Beeindruckend? Schauen wir genauer hin, da wird säuberlich differenziert:
"positives Ergebnis" setzt sich zusammen aus "erfolgreich" (Definition laut dem verwendetem KDS - Manual: Die Hauptproblematik wurde durch die Beratung/Behandlung behoben bzw. wurde in Bezug auf das Suchtverhalten Abstinenz erreicht.) 39,8%

sowie

"gebessert" (Definition KDS = Die Problematik hat sich im Vergleich zum Betreuungsbeginn gebessert.) 40,7%

Aha.

Demnach sind grob 26% (39,8% von 66,6% = 26,5% der ursprünglich gestarteten Behandlungen) der ambulant behandelten Trinker bei Behandlungsende abstinent, weitere 27% trinken irgendwie was weniger, der Rest pichelt weiter. Wie gesagt, am Tag der Entlassung bzw. auf Grund von Therapieabbruch. Ein follow-up mit verwertbaren Zahlen habe ich noch nicht gefunden. Wer eins hat: immer her damit.

Bei den Stationären sieht's etwas besser aus: 84,8% planmäßige Beender, davon 40,5% abstinent = 33,6% Erfolgsquote im Sinne einer Abstinenz. Am Tag der Entlassung...

Hier gibt's das in der obigen Statistik verwendete Kerndatensatz-Manual

Sollte sich in meine obigen Berechnungen ein Fehler eingeschlichen haben, bitte korrigieren, ich habe die Dokumente bisher nur quergelesen und komme dies WE auch nicht zu mehr. Also stürze sich 'drauf, wer mag:-)

LG

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon GoldenTulip » 9. März 2013, 07:50

Hi Willo,

die Zahlen sind in der Tat interessant, vor allem hinsichtlich der Bewertung, was ein positives Ergebnis ist.
Ich würde dann nämlich als Teil der zweiten Gruppe (stationär 4 Tage) mit darauffolgender 6-tägiger Trinkfreiheit und ab dann "gemäßigterem" Konsum (kein Vodka mehr) ein Proband mit erfolgreicher Behandlung sein.
Ich nehme an, ich bin kein spektakulärer Einzelfall....

Irgendwie stimmt das mit meinem subjetiven Empfinden nicht ganz überein.
In meinen Versuchen, selbständig eine Verbesserung meiner Konsumgewohnheiten zu unternehmen, wurde ich dabei stark ausgebremst: Aus der selbstgesuchten SHG flog ich raus, weil ich als Ziel nicht Abstinenz angab, und weil ich so naiv war, Bac in meinen Berichten zu erwähnen. (Demoralisierung der Truppe).

Naja, Statistik halt [cool]

Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon WilloTse » 10. März 2013, 07:19

Hi Conny,
GoldenTulip hat geschrieben:Irgendwie stimmt das mit meinem subjetiven Empfinden nicht ganz überein.(...)Naja, Statistik halt

Jepp, ist halt 'ne Statistik. Immerhin eine, in der die Gesamtsituation von rund 350.000 Patienten in fast 2.000 Einrichtunge stichprobenartig erfasst wurden. Das liefert ein brauchbares Bild. Dass damit nicht jede Situation jedes Patienten in jeder Einrichtung trennscharf erfasst werden kann, sollte auch klar sein.

Und dass sich gerade in SHGs gern Gestalten tummeln, die ihre jeweilige Ansicht zur Religion erklären ("Du sollst keine anderen Götter haben neben mir") ist auch bekannt. Wer seine Existenz über zehn Gebote, 12 Schritte oder 99 Thesen definiert, wird dem 11. Gebot, der 13. Säule oder der 100. These nicht wohlwollend gegenüberstehen. Versuch' mal, den edlen achtfachen Pfad einem Katholiken zu erklären. Selbst, wenn er verstehen würde, dass da auch nix anderes 'drinsteht als in den zehn Geboten, wird er es ablehnen, weil es vom fetten Buddha und nicht vom ausgemergelten Jesus kommt. Traurig, aber traurig.

Mir ging es hier aber im wesentlichen um Antwort auf @praghas Frage
pragha hat geschrieben:Klar kommen die evidenzorientierten Therapien auch zu 65% Abstinenzraten nach einem Jahr, wenn man die Nicht-responder nicht berücksichtigt.
So, und wie definieren wir den Fortschritt durch Baclofen?


Und um die zu beantworten, muss man m.E. erstmal diese ominösen 65% Abstinenzrate zurechtrücken und sich klarmachen, dass die Gesamtzahl der klassischen Einrichtungen auch bei wohlwollendster Betrachtungsweise bestenfalls auf 35% kommt, und das im direkten Anschluss an die Therapie. Reden wir nicht über die Erfolgsquote nach einem oder zwei Jahren (doch, reden wir darüber, aber erst, wenn wir dazu auch valide Zahlen gefunden haben...). Da wird der Unterschied zur Baclofentherapie recht schnell deutlich, auch, wenn wir mit einigen hundert Patienten gegen die Datenbasis der DSHS natürlich lange nicht anstinken können.

LG
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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon pragha » 10. März 2013, 19:26

Hallo Willo,
berücksichtigt man die non-responder Daten bei der Baclofen-Statistik kommmst du nicht mal auf die 35 % Abstinenzrate der Baclofenstatik der evidenzorientierten Alkoholtherapie, da bist du eher bei 25 %. Wundermittel sehen anders aus.
So, und jetzt? Es stimmt nichts.
Aber jetzt mal was Konstruktives: Baclofen wirkt, aber nicht gegen Alkoholabhängigkeit .
pragha

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Re: Neue statistische Zahlen aus Frankreich

Beitragvon WarzoEcht » 10. März 2013, 19:44

gelöscht wegen Zwangsouting.
Zuletzt geändert von WarzoEcht am 24. März 2013, 13:08, insgesamt 1-mal geändert.


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