Spekulation Suchtgedächtnis

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Ginger
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Spekulation Suchtgedächtnis

Beitragvon Ginger » 2. Februar 2013, 22:37

Hallo Forum,

da ich nicht Dons Neurobiologie-Thread entführen möchte, eröffne ich hier einen neuen.

Warum "Spekulation Suchtgedächtnis"?
Eine erste Antwort findet sich in Dons Strang "Das Human Brain Project".
Solange die Wissenschaft das menschliche Gehirn noch so wenig de fakto versteht, solange muss dieses Thema unter "Spekulation" laufen.

Ich persönlich glaube an ein potentielles Suchtgedächnis - oder - ich muss es mehr eingrenzen: ich selbst scheine ein ausgeprägtes solches zu besitzen. Welcher Mechanismus hier am Werk ist, das erklärt vielleicht die Neurobiologie eines Tages, wenn ich Glück habe, erfahre ich es noch, ich interessiere mich sehr dafür, bin sozusagen Laien-Neurobiologie-Interessierte, vorwiegend autodidaktisch (ich glaubte mal, mit der HPA-Stressachse hätte ich einiges verstanden - doch - je mehr ich verstehe, umso mehr neue Fragen stellen sich), ist also auch relativ das mit der Laienneurobiologie... Und mir scheint es, als tummelten sich hier noch etliche, die an diesem Thema auch interessiert sind.

Vielleicht entwickelt ja auch nicht jeder Süchtige (gleich, ob stofflich oder nichtstofflich) einen solchen Mechanismus?

Es gibt gleichwohl Ansätze, die These vom Suchtgedächnis weiter zu erhärten - es wird wohl aktuell im Nucleus accumbens verortet.
Beispiel, ein allgemeinverständlicher Text: Fortschritt in der Suchtforschung: Wie das Suchtgedächtnis beeinflusst werden kann.
http://www.innovations-report.de/html/b ... 94185.html

Doch auch dieser Artikel geht genau so vor, wie es in Dons Link an einer Stelle beschrieben wird:
Wie wirkt Neurotransmitter A auf Ionenkanal B, wenn gleichzeitig Substanz C anwesend ist? Diese und ähnliche Fragen werden derzeit in den Journals in tausenderlei Varianten durchgespielt.
http://www.spektrum.de/alias/human-brai ... ns/1129521

Man darf gespannt sein, wie diese Forschungen später, im Gesamtkontext (im vollständig simulierten Gehirn) aussehen werden.
Der Prophet (Frieden und Segen Allahs seien auf ihm) sagte: „Die Frau ist Aura, und wenn sie das Haus verlässt, macht sich der Shaitan Hoffnungen (sie irrezuführen). Nirgends ist sie Allah näher als in ihrem Haus.“ (Berichtet von Ibn Hibban und Ibn Khuzaima; von al-Albani in as-Silsila as-Sahiha, Nr. 2688 als sahih eingestuft.)

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WilloTse
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Re: Spekulation Suchtgedächtnis

Beitragvon WilloTse » 3. Februar 2013, 07:38

Hi Ginger & all,

danke für diesen Thread!
Ich halte das "Suchtgedächtnis" für ein etwas bemühtes und inzwischen komplett negativ besetztes Konstrukt, das die Mechanismen der Sucht vereinfacht zu erklären sucht (pardon für das Wortspiel).

Insofern: habe ich ein Suchtgedächtnis? Na, klar!

Ob das nun aber ein bestimmter Teilbereich oder eine bestimmte Teilfunktion meines Hirns ist, etwas, das man lokalisieren könnte und das andere so nicht haben, oder ob es doch eher ein Wirkmechanismus, bestehend aus genetischer Disposition, psychischer Disposition, Umwelt und Erfahrung ist, ist mir dabei relativ wurscht. Interessanter für mich ist: wie wirkt sich dieses "Suchtgedächtnis" auf mich im täglichen Leben aus?

Und da hat mich - ich liebe einfache Lösungen - de Beaurepaires "Lerntheorie" sehr beeindruckt.
de Beaurepaire hat geschrieben:Im Wesen jeder Erinnerung liegt es, zu verschwinden. Das ist ein Grundprinzip der Neurophysiologie.

aus DonQs Übersetzung

An dieser Stelle ist mir ganz persönlich klar geworden, dass mein Ansatz, mich so lange in Ruhe mit allen zugrunde liegenden Problemen zu beschäftigen, bis die Sucht von allein aufhört, bei mir zum Scheitern verurteilt ist.
Man kann nicht aktiv vergessen. Geht nicht. "Ich vergesse jetzt, dass impossible = unmöglich bedeutet. Ich vergesse jetzt, dass impossible = unmöglich bedeutet. Ich...". Das wird nichts. Das brennt sich nur tiefer und tiefer ein.
Und wenn man eine Vokabel durch wiederholtes Lernen, Vertiefen und Anwenden mal gründlich 'drin hat, dann wird das mit dem Vergessen kompliziert. Auch, wenn Du fünf Jahre lang kein Englisch mehr gesprochen hast, wirst Du auf der Straße hinter Dir mal das Wort "impossible" hören und Du wirst es verstehen. Und zwar ohne darüber nachdenken zu müssen, ganz von allein.

Diese simple Erkenntnis von de Beaurepaire war der Punkt, an dem ich beschlossen habe, dass ich

- die Hilfe von Baclofen, das die Vokabeln, die auf "-prost" enden, vom aktiven in den passiven Wortschatz verschiebt, annehme
- keine Alternative zur dauerhaften Abstinenz mehr sehe

Ob ich nun einfach lange genug fleißig genug gelernt habe oder ob ich eine besondere persönliche Begabung für die "-prost" - Endungen habe?
Who cares?

LG
Willo

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Re: Spekulation Suchtgedächtnis

Beitragvon Ginger » 3. Februar 2013, 17:09

WilloTse hat geschrieben:Ich halte das "Suchtgedächtnis" für ein etwas bemühtes und inzwischen komplett negativ besetztes Konstrukt, das die Mechanismen der Sucht vereinfacht zu erklären sucht (pardon für das Wortspiel).



Hi Willow,

kann ich mitgehen. Es ist nicht überall negativ besetzt. Ich nutze es als Hilfe, als Grund, nix mehr zu trinken. Und - wenn ich mich damit selbst austrickse - ist es auch legitim, vielleicht wirkt ja die geringe Menge Bac, die ich nehme, auch nur als Placebo? Wäre alles in Ordnung für mich.


Ob das nun aber ein bestimmter Teilbereich oder eine bestimmte Teilfunktion meines Hirns ist, etwas, das man lokalisieren könnte und das andere so nicht haben, oder ob es doch eher ein Wirkmechanismus, bestehend aus genetischer Disposition, psychischer Disposition, Umwelt und Erfahrung ist, ist mir dabei relativ wurscht. Interessanter für mich ist: wie wirkt sich dieses "Suchtgedächtnis" auf mich im täglichen Leben aus?


D' accord!
Da frage ich ich aber dann doch, was das bei mir ist. Trinke ich nichts, ist alles gut. Trinke ich etwas, geht das eine Zeitlang gut. Dann hakt irgendwas bei mir aus und ich verfalle ins alte Muster (Bing!)

Auch die Schlafstörungen, die ich gar nicht dem Alkohol zugeordnet hatte. Sie erscheinen unweigerlich, wenn ich eine bestimmt Zeitlang vermehrt Alkohol getrunken habe (hatte). Das sehe ich jetzt erst, im Rückblick. Muss eine veränderte Hirnchemie sein unter Alkoholeinfluss (auch noch Tage später), denn - jetzt schlafe ich wieder des Nachts, in ganz anderer Qualität. Das hätte ich nicht mehr für möglich gehalten.

An dieser Stelle ist mir ganz persönlich klar geworden, dass mein Ansatz, mich so lange in Ruhe mit allen zugrunde liegenden Problemen zu beschäftigen, bis die Sucht von allein aufhört, bei mir zum Scheitern verurteilt ist.


Zu dem Schluss kam ich auch. Ich bin klar mit mir.
Nichts mehr, was unter der Oberfläche raus möchte, befreit werden oder so, ich verfalle nicht gerne in den psychologischen Sprachgebrauch. Bei mir hatte sich der Rausch verselbstständigt, wollte aus sich selbt heraus leben. Suchtgedächtis ? Jedenfalls doch ne gestörte Hirnchemie, wenn mir ein Mittel verheißungsvoll erscheint, dass mir zuletzt nur noch geschadet hat, auf allen Ebenen?
Was ist das denn, was hin und wieder aufblitzt und zischt: trink was, jetzt gleich, und wenn ich nicht gleich wegzappe kommts noch hinterher: "du hältst das sonst nicht mehr aus". Ich tus als Suchtgedächtnis ab und weiss, es vergeht nach kurzer Zeit. Gebe ich ihm nach, wird es wieder mächtiger.

Nach ein paar Minuten des Nicht-nachgebens ist wieder Ruhe. Aber - was verdammt noch mal ist das?

LG Ginger
Der Prophet (Frieden und Segen Allahs seien auf ihm) sagte: „Die Frau ist Aura, und wenn sie das Haus verlässt, macht sich der Shaitan Hoffnungen (sie irrezuführen). Nirgends ist sie Allah näher als in ihrem Haus.“ (Berichtet von Ibn Hibban und Ibn Khuzaima; von al-Albani in as-Silsila as-Sahiha, Nr. 2688 als sahih eingestuft.)

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Re: Spekulation Suchtgedächtnis

Beitragvon WilloTse » 4. Februar 2013, 09:37

Hi Ginger,
danke für die Antwort.
Ginger hat geschrieben:Nach ein paar Minuten des Nicht-nachgebens ist wieder Ruhe. Aber - was verdammt noch mal ist das?

Ich habe für mich einfach aufgehört, danach zu suchen. Ich werde aber meine Hasslieben, die Neuroscience-Spinner, nicht davon abhalten, weiter zu suchen.
Grundsätzlich halte ich es aber eher mit David Eagleman (auch so'n Neurospinner), der da sagt:
David Eagleman hat geschrieben:Wenn unser Gehirn so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, dann wären wir nicht intelligent genug, um es zu verstehen

(David Eagleman, Incognito)

Das reicht mir für meine Arbeit. Ist aber, wie gesagt, mein höchstpersönlicher Ansatz.

Herzlich
Willo

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Re: Spekulation Suchtgedächtnis

Beitragvon Ginger » 4. Februar 2013, 11:32

WilloTse hat geschrieben:Ich habe für mich einfach aufgehört, danach zu suchen. Ich werde aber meine Hasslieben, die Neuroscience-Spinner, nicht davon abhalten, weiter zu suchen.

Hier dasselbe. War als "Beleg" fürs Suchtdedächtnis gedacht ("Was zum Teufel ist das wenn nicht eine Art von Impuls/Rauschgedächtnis?") . Aber - wie das Kind nun letztendlich heisst ist ja nicht der entscheidende Punkt.

Grundsätzlich halte ich es aber eher mit David Eagleman (auch so'n Neurospinner), der da sagt:
David Eagleman hat geschrieben:Wenn unser Gehirn so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, dann wären wir nicht intelligent genug, um es zu verstehen

(David Eagleman, Incognito


Hehe. Neurospinner. Aber ja, logisch.
Und wir verstehens eines Tages doch :wink: Vielleicht erreichen wir dann das nächste Level - nur weil wir nur drei Dimensionen erfahren können heisst es doch nicht, dass es nicht noch weitere gibt?
Oh, hoffentlich erleb ich das noch, das ist so spannend.. gleich nochn Grund mehr, meine Gesundheit zu pflegen [smile]
Der Prophet (Frieden und Segen Allahs seien auf ihm) sagte: „Die Frau ist Aura, und wenn sie das Haus verlässt, macht sich der Shaitan Hoffnungen (sie irrezuführen). Nirgends ist sie Allah näher als in ihrem Haus.“ (Berichtet von Ibn Hibban und Ibn Khuzaima; von al-Albani in as-Silsila as-Sahiha, Nr. 2688 als sahih eingestuft.)

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Re: Spekulation Suchtgedächtnis

Beitragvon WilloTse » 4. Februar 2013, 13:47

Ginger hat geschrieben:Und wir verstehens eines Tages doch

Um mal @rettis geniale Signatur:

"Mal angenommen, ich nehme mir vor, heute gar nichts zu tun -
und ich schaffe das auch.
Hab ich dann was erreicht, oder nicht ?"

ein bisschen zu entführen:

Wenn ich verstehe, dass ich niemals alles verstehen werde, habe ich dann nicht alles verstanden?

Die Philosophen und die eher geisteswissenschaftlich orientierten Psychologen haben das längst begriffen. Die Neurospinner, die wie wild an ihren zigmillionen teuren Apparaten drehen, werden das auch noch hinkriegen. Geben wir ihnen einfach hundert Jahre, dann wird das schon. :wink:

LG
Willo

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Re: Spekulation Suchtgedächtnis

Beitragvon GoldenTulip » 19. Februar 2013, 15:39

Einen groben Überblick über den Stand der Neurowissenschaften zum Thema Sucht bietet diese pdf der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin von 2009.
http://www.fosumos.ch/images/stories/pdf/neurowissenschaften_und_sucht_100401.pdf

Auf der Website findet auch Baclofen Erwähnung:
http://www.fosumos.ch/index.php?option=com_content&view=article&id=371%3Abaclofen&catid=36&Itemid=317&lang=de

LG Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz


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