Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Neues aus der Forschung, Fachartikel und sonstige Publikationen in den Medien.
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DonQuixote
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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 7. Januar 2013, 20:19

Danke, Argentina

Das waren also die beiden Präzisierungen. Nebst den Punkten der weiter oben aufgeführten Aufzählung gab es noch viele andere Dinge, welche an dem Vortrag angesprochen wurden. Sie waren in meinen Augen nicht relevant oder uns längst bekannt und verinnerlicht.

Mit solchen Vorträgen ist das halt so eine Sache. Man erfährt vielleicht Dinge, die in schriftlichen Arbeiten nicht erwähnt sind. Fies ist hingegen, wenn in mündlichen Vorträgen wichtige Sachen in der Hektik ausgelassen werden, Fakten, die man dann erst in den schriftlichen Arbeiten wiederfindet. An Vorträgen wird sich gerne auch mal verhaspelt, oder es werden falsche Zahlen genannt oder sonst was durcheinander gebracht. Verlässlicher ist die schriftliche Arbeit von Dr. Renauld de Beaurepaire, die wurde bestimmt x-mal gepeert und gereviewt. Schau’n wer mal, was dann dort drin steht.

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 11. Januar 2013, 03:34

Hallo erst mal

Ich glaube, dass ich eine Sache noch etwas erhellen kann. Ich habe mich die vergangenen Tage weiter mit dem Fachartikel von Dr. Renaud de Beaurepaire befasst, und erste Teile der Übersetzung liegen inzwischen ja vor. Die Aussage: „Je grösser der Alkoholkonsum VOR der Behandlung war, desto weniger funktioniert sie“, findet man im Fachartikel definitiv NICHT. Man liest dort hingegen folgendes: „Je grösser der Alkoholkonsum VOR der Behandlung war, desto höher war die erforderliche Dosis“. Ein einfacher „Versprecher“ von Beaurepaire anlässlich des Vortrages ist es aber auch nicht, er redet ja MINUTENLANG darüber, dass es bei schweren Trinkern weniger gut klappt, stellt auch Überlegung an, warum dem so sei. Um einen Irrtum meinerseits auszuschließen und Euch einen etwas größeren Zusammenhang zu geben, komme ich wohl nicht darum herum, eine noch längere Passage des Vortrages wörtlich zu übersetzen, also bereits ab 31:42 und nicht erst ab 32:14:

Vortrag Dr. Renaud de Beaurepaire hat geschrieben:31:42 / Eine statistisch interessante Sache ist, das hat mich übrigens auch ziemlich überrascht, dass je mehr die Patienten vor der Behandlung SCHWERE [stimmlich betont] Trinker waren, um so mehr es ein Scheitern der Behandlung zu verzeichnen gab. Die Relation ist sehr sehr signifikant, für die Statistiker p<0.0005, das heißt, sehr sehr signifikant. Mit anderen Worten, je mehr die Patienten vor der Behandlung tranken, gerechnet in Gramm reinen Alkohols, um so eher scheiterte die Behandlung.

[Anm. DQ: Jetzt, nahtlos anschließend, die Passage die ich bereits weiter oben übersetzt habe.]

32:14 / Dies stellt Baclofen als Anti-Craving Medikament nicht in Frage. Ich denke, dass die Personen mit sehr hohem Alkoholkonsum diesen auch irgendwie brauchen. Ein Hauptgrund für das Scheitern der Baclofen-Therapie ist, dass diese Patienten einen Erfolg gar nicht möchten. Sie trinken so massiv aus psychologischen Gründen, vielleicht um einen antidepressiven Effekt zu erzielen, vielleicht um nicht nachdenken, vielleicht um nicht mit der Umwelt ohne Mithilfe eines Wirkstoffes kommunizieren zu müssen. Ich vermute, dass das Verhältnis von zuvor konsumierter Alkoholmenge und dem Misserfolg der Baclofen-Therapie mit der geringen Motivation zusammenhängt. Eine Hypothese.“ / 33:02

Jetzt kommt noch etwas sehr irritierendes hinzu. Denn während er all dies sagt, sieht man im Hintergrund eine Hellraum-Folie (31:38), in der die statistische Relevanz (p<0.0005) dargestellt wird. Dort steht aber nicht die Beziehung „Schwere Trinker“ ↔ „Misserfolg“, sondern „Trinkmenge“ ↔ „Erforderliche Dosis“ !!! Jetzt wird klar, dass sich Beaurepaire an dieser Stelle seines Vortrages ziemlich – na ja – vergaloppiert hat.

Gemäß seiner schriftlichen Arbeit sind eine der Hauptursachen für das Scheitern der Baclofen-Therapie unter Anderem: Fehlende Motivation und das Vorhandensein von psychischen Erkrankungen (wobei letzteres nur bedingt, d.h. im Sinne von „Den Erfolg verlangsamend“). Gut möglich, dass beides bei schweren Trinkern vermehrt auftritt. Beaurepaire setzte am Vortrag aber den falschen Fokus („Schwere Trinker“ ↔ „Misserfolg“) und belegte ihn mit Zahlen, die er dafür gar nicht „gemacht“ hat.

Alles klar soweit? Das war jetzt halt interpretiert, nicht übersetzt. Ich hoffe, Federico ärgert sich nicht zu sehr [unknown]

Zuversichtlich, DonQuixote

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon pragha » 11. Januar 2013, 12:43

Don Quixote
Zitat von Dr. Rapp (Deine Übersetzung von oben):
"Sie sehen also, dass ich mehr Patienten habe, die ohne meine subtile [grinst] und professionelle psychotherapeutische Hilfe gesund geworden sind als solche mit Psychotherapie. Voilà. So denke ich, dass eine Psychotherapie - die verschiedenen Formen sind da gleichwertig, sie funktionieren alle sehr gut wenn der Therapeut mit seiner Methode vertraut ist – nicht unbedingt für Alle absolut erforderlich ist. Aber auch hier muss man differenzieren: Die meisten meiner Patienten führen ein völlig selbständiges Leben. Es sind sehr wenige Personen dabei, die weitergehend durch suchtmedizinische Einrichtungen betreut werden und eine schwere Suchtvergangenheit aufweisen. Mit diesen, die dann von mir betreut werden wollten, hatte ich nur sehr wenig Erfolg, d.h. nur zwei Prozent positive Resultate, wenn sie durch ihren Alkoholismus schwer geschädigt waren"

Hallo, das relativiert alle Ergebnisse aus Frankreich; klar bei Missbräuchlern oder Menschen mit einer leichten Alkoholabhängigkeit und da selektiert Dr. Rapp wohl komme ich mit Baclofen mit oder ohne Psychotherapie zu bemerkenswerten Ergebnissen, aber mit schweren Alkoholikern liegt die Erfolgsrate bei 2%??? So kommt man natürlich schnell zu fabelhaften Zahlen von 70-80% "Heilung".

Die Erfahrungen in Deutschland ohne Selektion des Alkoholikertyps sehen da wohl komplett anders aus und die müssen sich mit evidenzorientierten Behandlung messen und deutlich besser sein. Ich behaupte mal: ohne Psychotherapie sind diese Zahlen mit Baclofen grottenschlecht.
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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 11. Januar 2013, 19:50

Hallo pragha

Und Danke für den Hinweis. Aber die 2% sind falsch. Sorry Fr. Dr. Rapp. 2 % sind ein Fünfzigstel. Um zu einer ganzen Zahl zu kommen (1 Patient) bräuchte sie demnach 50 Patienten. ½ Patient von 25 macht ja keinen Sinn. 50 solche Patienten kann sie nicht gehabt haben, es seien ja nur „sehr wenige“ gewesen.
Aber was ist schon „schwere Suchtvergangenheit“? Die Publikation von Rigal et al. 2012 beruht ja zu 100 % auf der Pariser Doktorarbeit, und von dort wissen wir:

Doktorarbeit hat geschrieben:Über Vorläufer-Therapien gibt es nur Daten von 65 der insgesamt 132 Patienten [Anm. DQ: Bei denen wo nichts bekannt ist, mag es ähnlich sein. Annahme.]
Kein Versuch: 10 Patienten
Nur medikamentös: 34 Patienten
Entziehungskur/Therapie („cure“) alleine: 1 Patient
Entziehungskur/Therapie („cure“) plus medikamentös: 25 Patienten
Die durchschnittliche Anzahl Kuren/Therapien war dabei 4.11

Da waren also durchaus zahlreiche schwere Jungs und Mädels dabei. Von den Patienten der Doktorarbeit hat Dr. Renaud de Beaurepaire dann 67 übernommen. Alle seine Patienten bekundeten, bereits erfolgslos mit verschiedenen Therapien behandelt worden zu sein (Medikamentös, stationär, Kuren, Anonyme Alkoholiker, Psychotherapien).

Es gibt keine Selektion des Alkoholikertyps. Bei allen bisherigen Protagonisten, so auch für die angelaufenen klinischen Phase III Studien, gilt als einziges Teilnahmekriterium: „Jeder, der ein Alkoholproblem hat, die Behandlung wünscht und den Therapieanweisungen sowohl physisch als auch psychisch folgen kann.“

Ein Satz ist sicher richtig: „Je schwerer die Suchtvergangenheit und je geringer die soziale Integration, desto schwieriger ist die Baclofen-Therapie“. Das gilt aber für alle Suchttherapie-Formen und ist eigentlich schon fast eine Binsenwahrheit.

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon pragha » 11. Januar 2013, 23:30

Hallo Don Quixote,
es ist bekannt, dass die Auswahl der Probanden für das Ergebnis einer Studie entscheidend ist.
Wenn Dr. Rapp berichtet, dass sie keine schweren Fälle behandelt, beziehen sich die Ergebnisse auf Missbräuchler oder leichte Alkoholiker.
Bei der Publikation von Rigal et al ist bei 50% der Probanden keine Vorgeschichte bekannt, 10 sind vorher nicht behandelt worden, 34 nur medikamentös; bleiben 26 Probanden, die zumindest eine Alkoholtherapie wie auch immer gemacht haben, das sind 11%.
Was fange ich da mit Ergebniszahlen der Baclofentherapie an, die nebenbei nicht mal so toll sind, an. Aussagen zu der Notwendigkeit von Psychotherapie oder nicht sind Makulatur. Vermutlich kommt ein Missbräuchler ohne Psychotherapie, allenfalls mit etwas Motivational Interviewing aus.
Addolorato hat Patienten mit Leberzirrhose ausgewählt, was die Schwere der Erkrankung deutlich macht, Garbutt, 2010 hat die Standard drinks pro Woche definiert, in allen Nalmefene-Studien ist zumindest der Lesch-Typ vorgeschrieben.
Gut, dass du darauf hinweist, das bei der Bacloville-Studie auch die Vorgeschichte nicht vorgegeben wird, so wie ich es sehe auch wieder zwei Jahre vertan.
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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 12. Januar 2013, 15:54

Hi pragha

Tatsache ist doch, dass alle anderen Therapieformen bisher so gut wie versagt haben. Und mit Baclofen sollen nicht nur schwerste Fälle, sondern, und vor allem, stinknormale Alkoholiker behandelt werden. In welche Kategorie die jetzt genau fallen, nach Lesch, Jellinek, DSM-IV, ICD-10, etc. ist doch zweitrangig, entscheidend ist, dass diese Leute alleine mit ihrer Sucht nicht mehr klar kommen und Hilfe benötigen. Das wird von der Fachwelt auch so honoriert werden und nicht nur, wie gut oder schlecht Baclofen auch Schwerstgeschädigten hilft. Ich würde gerne mal vergleichbare empirische, retrospektive Kohortenstuden anderer oder gemischter Therapieformen sehen, die nur annähernd so gute Resultate aufweisen. Von Phase III Studien weiß man, dass es sie nicht gibt.

Ich bin also nicht so pessimistisch wie Du, ganz im Gegenteil.

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon pragha » 12. Januar 2013, 18:06

Hallo Don Quixote,
ich bin keineswegs pessimistisch, Baclofen ist sicher die beste unterstützende Medikation, die es gibt. Aber die Fabelwerte von 60-80% Heilung, wie sie herumgereicht werden, beziehen sich offensichtlich auf bestimmte Typen von Alkoholikern; für Lesch 3- Typen, d.h. süchtige Trinker sieht die Situation völlig anders aus. Da brauchst du nicht über die Frage einer dauerhaften Abstinenz reden, sondern um eine Minimierung der Rückfallrate und ohne begleitende Psychotherapie geht schon mal gar nichts.
Wir tun im Forum so, als ob die französischen Werte der Standard sind, den es zu erreíchen gilt. Jeder süchtige Trinker springt doch gleich ob seines Versagertums ab.
Die Foren haben nach meiner Meinung auch die Aufgabe zu kommunizieren, dass für einen süchtigen Trinker der Weg aus dem Alkoholismus ein langer ist und nicht nur mit dem zeitlichen Abstand der Dosiseinnahme zusammenhängt.
Baclofen ist ein Bestandteil der Therapie, wo sehe ich die anderen Bestandteile beschrieben?
Ich denke aus der Annahme, dass Baclofen die alleinige Hilfe aus dem Alkoholismus ist, sind wir schon alle raus, auch wenn die französischen Studien ähnliches suggerieren. Aber wenn man auf die Randbedingungen schaut........
Wie immer wissbegierig
pragha

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon WilloTse » 12. Januar 2013, 18:50

Hi all

Der Akku ist so gut wie platt, daher nur ganz kurz:
pragha hat geschrieben:Wir tun im Forum so, als ob die französischen Werte der Standard sind, den es zu erreíchen gilt.

Das definitiv nicht. Gerade wir "Philosophen" haben immer darauf hingewiesen, dass der Weg lang ist, schmerzhaft sein kann und viel Arbeit Jenseits der regelmäßigen Einnahme erfordert.
Die Aussagen aus F, dass es im Wesentlichen auch ohne PT ginge, verwirren wohl die meisten hier. Ich hoffe ja innerlich auf eine Fehlübersetzung von DQ. Aber dann sollte langsam mal jemand mit einer besseren Fassung kommen.

Danke für Dein Statement

Lg an alle
Willo

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon pragha » 12. Januar 2013, 21:03

Hallo Willo,
du hast wie so oft Recht, aber lass mich eine Replik, die ich im Nachbarforum gegeben habe, nochmal reinstellen, um mein Anliegen auf den Punkt zu bringen:
Bei allem was du schreibst antwortest du nicht auf meine zentrale Frage.

""Zitat von Dr. Rapp vom Baclofenkonvent im November 2012:
"Sie sehen also, dass ich mehr Patienten habe, die ohne meine subtile [grinst] und professionelle psychotherapeutische Hilfe gesund geworden sind als solche mit Psychotherapie. Voilà. So denke ich, dass eine Psychotherapie - die verschiedenen Formen sind da gleichwertig, sie funktionieren alle sehr gut wenn der Therapeut mit seiner Methode vertraut ist – nicht unbedingt für Alle absolut erforderlich ist. Aber auch hier muss man differenzieren: Die meisten meiner Patienten führen ein völlig selbständiges Leben. Es sind sehr wenige Personen dabei, die weitergehend durch suchtmedizinische Einrichtungen betreut werden und eine schwere Suchtvergangenheit aufweisen. Mit diesen, die dann von mir betreut werden wollten, hatte ich nur sehr wenig Erfolg, wenn sie durch ihren Alkoholismus schwer geschädigt waren"
oder:
Bei der Publikation von Rigal et al ist bei 50% der Probanden keine Vorgeschichte bekannt, 10 sind vorher nicht behandelt worden, 34 nur medikamentös; bleiben 26 Probanden, die zumindest eine Alkoholtherapie wie auch immer gemacht haben, das sind 11%.
Was fange ich da mit guten Ergebniszahlen der Baclofentherapie an, die nebenbei nicht mal so toll sind, an. Aussagen zu der Notwendigkeit von Psychotherapie sind Makulatur. Vermutlich kommt ein Missbräuchler tatsächlich ohne Psychotherapie, allenfalls mit etwas Motivational Interviewing aus.
Addolorato hat Patienten mit Leberzirrhose ausgewählt, was die Schwere der Erkrankung deutlich macht, Garbutt, 2010 hat die Standard drinks pro Woche definiert, in allen Nalmefene-Studien ist zumindest der Lesch-Typ vorgeschrieben.
Was ist eine Baclofentherapie für einen Lesch3-Typ, d.h. einen süchtigen Alkoholiker wert? Wieviel Psychotherapie und zusätzliche Begleitung sind notwendig? Wo ist die Zusammenarbeit mit Nachsorgeinstitutionen notwendig?
Wäre schön, wenn dieses Forum auch im richtigen Leben ankommen würde.""
Was versprechen wir neuen Mitgliedern? Den Baclofen Garten-Eden auf Erden? Nein tun wir hier nicht,aber wir sollten die anderen Randbedingungen stärker betonen. Ist meine Meinung.
Wie immer gespannt auf Antworten
pragha

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 12. Januar 2013, 21:19

Hallo pragha

pragha hat geschrieben:Aber die Fabelwerte von 60-80% Heilung, wie sie herumgereicht werden, beziehen sich offensichtlich auf bestimmte Typen von Alkoholikern

Offensichtlich? Ich sehe nichts.

pragha hat geschrieben:Für Lesch 3- Typen, d.h. süchtige Trinker sieht die Situation völlig anders aus.

Alle vier Lesch-Typen sind süchtige Trinker, und alle Teilnehmer bei Rapp / Beaurepaire / Rigal / Bacloville / Alpadir sind süchtige Trinker. Nichtsüchtige benötigen weder Baclofen noch sonst eine Behandlung.

pragha hat geschrieben:Wie immer wissbegierig

Geht mir auch so. DonQuixote

Edit:

pragha hat geschrieben:In allen Nalmefene-Studien ist zumindest der Lesch-Typ vorgeschrieben.

Das kann nicht stimmen …

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon pragha » 12. Januar 2013, 21:36

Hallo Don Quixote,
es gibt Trinker, die Trinker missbräuchlich oder in Belohnungssituationen, d.h. sind noch im normalen sozialen Leben eingebunden, wenig auffällig. Das ist scheinbar das Klientel von Dr. Rapp.
Dann gibt es die wirklich süchtigen Trinker mit allem Drum und Dran: Sozialer Abstieg, Verlust der sozialen Beziehungen usw.; Angeblich in Deutschland 1,7 Mio.
Die werden, wenn ich es richtig sehe in den französischen Studien nicht oder sehr gering berücksichtigt. Wenn dem so ist, hilft Baclofen genau so wie Nalmefen ca.65%.
Wir wissen,demist nicht so, aber die Zahlen der französischen Studien sind für diese 1,7 Mio nicht repräsentativ.
Das wäre dann Forenarbeit.
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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 13. Januar 2013, 06:19

Hi pragha

Jemand ist also Deiner Meinung nach erst dann „wirklich süchtig“, wenn er sozialen Abstieg, Verlust der sozialen Beziehungen und das ganzen Drum und Dran hinter sich hat? Sorry, das ist eine falsche Sicht, eine falsche Definition der Sucht.

Richtig muss es heißen (*): „Alkoholabhängigkeit (Sucht) droht öfters in sozialem Abstieg, Verlust der sozialen Beziehungen und dem ganzer Drum und Dran zu enden.“ So wird doch ein Schuh draus.

Meint jedenfalls DonQuixote

(*) Das ist selbstverständlich keine Definition der Sucht. Es soll nur Deine Sichtweise zurechtrücken, wenn Du gestattest. Falls Du mehr meiner Meinung wissen möchtest, oder jemand anders diesen Wunsch hegt, kann ich meine Definition der „Sucht“ oder des „Süchtigen“ gerne ausführlich beschreiben.

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon GoldenTulip » 13. Januar 2013, 10:26

Hi DQ,

ich hätte Interesse, Deine Definition von Sucht zu lesen. Vielleicht in einem eigenen Thread? Hier ginge das wohl unter.

LG Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon WilloTse » 13. Januar 2013, 11:31

Das würde mich eigentlich sogar mal von allen interessieren: woran macht Ihr ganz persönlich Eure Sucht fest? Wo ist die Abgrenzung zur "schlechten Angewohnheit"?

Aber wirklich in einem neuen Faden.

Schönes RestWE und bis morgen

Willo

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon pragha » 13. Januar 2013, 17:33

Hallo Willo,
auf die Erfahrungen der "philosophen"in der richtigen Wirksamkeit/Nutzung von Baclofen sollten wir aufbauen; im Grunde gibt es viele Beiträge, die über die Heilsberichte von Baclofen nützlich sein können.
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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 14. Januar 2013, 18:02

Hallo erst mal

Ich mach dann mal weiter mit dem eigentlichen Thema. Hat Jemand den Faden verloren? Hier ist er:

pragha hat geschrieben:Es gibt Trinker, die Trinker missbräuchlich […] Das ist scheinbar das Klientel von Dr. Rapp. Dann gibt es die wirklich süchtigen Trinker […]Angeblich in Deutschland 1,7 Mio. […]Die werden, wenn ich es richtig sehe in den französischen Studien nicht oder sehr gering berücksichtigt. […] die Zahlen der französischen Studien sind für diese 1,7 Mio nicht repräsentativ.

DonQuixote hat geschrieben:[…] Sorry, das ist eine falsche Sicht, eine falsche Definition der Sucht. […] Falls Du mehr meiner Meinung wissen möchtest, oder jemand anders diesen Wunsch hegt, kann ich meine Definition der „Sucht“ oder des „Süchtigen“ gerne ausführlich beschreiben.

1.7 Millionen Alkoholabhängige (Süchtige) in Deutschland kommt etwa hin. Laut Wikipedia schätzt man die Zahl zwischen 1.3 und 2.5 Millionen. „Missbräuchler“, d.h. Personen mit riskantem Alkoholkonsum, gebe es etwa 9.5 Millionen.

Meine eigene Definition der Sucht? Ich habe geblufft und habe gar keine. Als unverbesserlicher Technokrat kann ich ja mal die Definition nach ICD 10 hier anführen da kann sich dann jeder Seins raussuchen.

ICD-10 hat geschrieben:Die ICD-10 definiert sechs Kriterien, von denen drei oder mehr mindestens einen Monat lang (oder bei kürzerer Dauer: innerhalb eines Jahres wiederholt) gleichzeitig vorhanden sein müssen, um die Diagnose eines Abhängigkeitssyndroms (F10.2) stellen zu können:

  1. Starkes Verlangen oder eine Art Zwang, Alkohol zu konsumieren (Craving).
  2. Verminderte Kontrollfähigkeit in Bezug auf Menge, Beginn oder Ende des Konsums (d. h. es wird oft mehr Alkohol oder über einen längeren Zeitraum konsumiert als geplant, oder es bestehen der anhaltende Wunsch oder wiederholte Versuche, den Alkoholkonsum zu verringern oder zu kontrollieren).
  3. Körperliche Entzugserscheinungen bei Konsumstopp oder Konsumreduktion.
  4. Nachweis einer Toleranz (um die gewünschte Wirkung hervorzurufen, sind zunehmend größere Mengen an Alkohol erforderlich, oder es treten bei fortgesetztem Konsum der gleichen Menge deutlich geringere Effekte auf).
  5. Einengung auf Alkohol, d. h. Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des Alkoholkonsums, oder ein erhöhter Zeitaufwand, die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
  6. Anhaltender Substanzkonsum trotz eindeutig schädlicher Folgen (wie z. B. Leberschädigung durch exzessives Trinken, depressive Verstimmungen infolge starken Alkoholkonsums oder eine Verschlechterung der kognitiven Funktionen), obwohl der Betroffene sich über die Art und das Ausmaß des Schadens bewusst ist oder bewusst sein könnte.

Das bedeutet, dass alle Teilnehmer der französischen Reihenuntersuchungen und Klinischen Studien (Rapp / Beaurepaire / Rigal / Bacloville / Alpadir) süchtige Trinker sind/waren.

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 14. Januar 2013, 19:55

Oh, gerade gefunden:

Doktorarbeit Paris hat geschrieben:Vor Beginn der Untersuchung lag bei den Patienten der durchschnittliche Alkoholkonsum bei 182 Gramm pro Tag (± 91 Gramm).

Kuckst Du … Das entspricht 4,5 Liter Bier oder 1,8 Liter Wein schrieb ich dort. Von den Patienten der Doktorarbeit hat Dr. Renauld de Beaurepaire dann ja 67 Personen übernommen.

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon WilloTse » 15. Januar 2013, 11:25

Kennt Ihr eigentlich den Unterschied zwischen Moral, Ethik und diesem Thread? Offenkundig nicht.

Ich helfe aber gern nach:Neuer Faden
Viel Spaß.

DonQuixote hat geschrieben:Hat Jemand den Faden verloren?

Noch nicht.

LG
Willo

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Re: Baclofen-Kolloquium Frankreich November 2012

Beitragvon DonQuixote » 16. Januar 2013, 22:58

Ich schon wieder [smile]

Gesamthaft, über alle Patienten hinweg betrachtet, war der durchschnittlich tägliche Alkoholkonsum VOR der Behandlung sogar noch höher, sprich 184 Gramm bei Frauen und 225 Gramm bei Männern. Das Verhältnis Männer zu Frauen war 70 / 30. Steht so im englischen Fachartikel.

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