Die Firma Indivior hat heute ihre Halbjahresergebnisse für das Jahr 2016 veröffentlicht und berichtet von ersten Erfolgen des Medikaments Arbaclofen Placarbil in Testphase IIA.
Zur Erinnerung: Ende 2014 hatte der Konzern Reckitt Benckiser seine Pharmasparte ausgegliedert. Sie fungierte fortan unter der Marke Indivior. Das Hauptaugenmerk von Indivior liegt auf der (Weiter)Entwicklung von Medikamenten im Suchtbereich.
Suboxone®, eine Kombination aus dem Analgetikum Buprenorphin und dem Opioid-Antagonisten Naloxon, dürfte vielleicht einigen ein Begriff sein. Da arbeitet die Firma gerade an einer "Depot-Version", die laut Pipeline 2017/2018 auf den Markt kommen und im Idealfall einen Monat lang im Körper wirken soll.
Für uns interessant sind vor allem die Forschungen am Medikament Arbaclofen Placarbil.
Unser altbekanntes Baclofen sieht in der chemischen Struktur so aus:
Die rote Linie in der Mitte habe ich eingezeichnet, um zu verdeutlichen, dass das Baclofen-Molekül ursprünglich "spiegelbildlich" aufgebaut ist. Man nennt das in der Fachsprache auch "Enantiomer". Baclofen besteht also quasi aus zwei "gleichen" Teilen (namentlich Baclofen und R-Baclofen), von denen man annimmt, dass nur einer (nämlich R-Baclofen) wirklich "wirkt". Indivior hat diesen "wirkenden" Bestandteil als Arbaclofen (in Anlehnung an R-Baclofen) isoliert...
...und zusätzlich ein Patent der Firma Xenoport (daher der Beiname Placarbil) erworben, mit dem es gelingen soll, eine Art Vorstufe des eigentlichen Medikaments herzustellen, die erst im Organismus in die Wirksubstanz umgewandelt wird. Man verspricht sich davon einen besseren Transfer der Blut-Hirn-Schranke und somit auch eine bessere Wirkdauer und Wirkstärke.
Außerdem könnte es sein, dass Arbaclofen Placarbil durch den Wegfall der einen Molekül-Hälfte nebenwirkungsärmer ist. Und Geld verdienen könnte man damit eventuell auch wieder (obwohl es bis zur endgültigen Zulassung sicher noch eine Stange Geld kosten wird), denn arzneimittelrechtlich wäre das isolierte Arbaclofen eine völlig neue Substanz mit Patentschutz.
In der heute veröffentlichten Halbjahresbilanz 2016 heißt es nun:
Quelle: Indivior
Indivior in der deutschen Übersetzung hat geschrieben:Testphase IIA (RB-US-14-0001):
- Arbaclofen Placarbil hat sich als sicher und gut verträglich in einer Dosis bis zu 240 mg unter kontrollierten abstinenten Bedingungen erwiesen.
- Hohe inter-individuelle pharmakokinetische Variabilität bei steigender Dosierung.
- Neue Entwicklungsphasen und zusätzliche klinische Studien sind nötig, um Sicherheitsrisiken abzuklären, bevor weiterführende ambulante Studien mit alkoholabhängigen Patienten gemacht werden.
- [Unsere weiteren] klinischen Pläne werden derzeit überprüft.
Interessant ist vor allem die recht hohe Dosis von 240 mg, wo man doch annehmen könnte, dass durch das vermeintlich verbesserte "Verfahren" geringere Dosen nötig sind. Weniger überraschend ist indes, dass auch hier die individuelle Dosis von Patient zu Patient sehr stark zu variieren scheint.
Auf dem Weg zur Marktreife (geplant 2020) gibt es wohl noch einiges zu tun. Es bleibt spannend!
Papfl