Ein neuer Versuch

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Narzissus
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Ein neuer Versuch

Beitragvon Narzissus » 28. Juli 2016, 21:40

Hallo an alle,

meine Geschichte ähnelt hier einigen anderen Beiträgen, die ich im Forum teilweise mitgelesen habe. Es hat mich zugegebenermaßen doch überrascht, dass sich einige User hier befinden, die Alkohol im Wechsel mit GBL/GHB substituieren....

Ich bin 24 Jahre alt und wohnhaft in Berlin. Mir ist bewusst, dass Baclofen kein Heilmittel ist, aber wenn ich alleine das Craving ein wenig einstellen könnte, wäre mir schon sehr geholfen. Meine Therapeutin steht der ganzen Baclofen Sache sehr skeptisch gegenüber, weil sie meint, dass ich damit mich nur von einem weiteren Mittel abhängig machen würde. Ich bin der Meinung, dass Baclofen mir vielleicht die Möglichkeit erst eröffnen würde wirklich ernsthaft meine Probleme therapeutisch anzugehen - ohne Craving.

Zu meinem Suchtverlauf:

Es fing vor 3 Jahren an. Eine Trennung und eine zwei monatige Liebesaffäre mit der Droge GBL folgte, wo ich 24/7 alle zwei Stunden nachlegte. Ich entzog zwar stationär vom GBL, aber merkte kaum, wie ich dann im Anschluß daran oft abends zur Bierflasche griff um "runterzukommen". Mein Bierkonsum steigerte sich. Ich trank oft alleine und wenn ich was mit anderen unternahm musste ich Alkohol trinken, um es überhaupt auszuhalten.

Seitdem ist es ein konstantes auf und ab. Ich habe in Zeiten wo es mir richtig gut geht es höchstens ein paar Wochen, vielleicht 3, ohne Alkohol ausgehalten. Furchtbar finde ich einfach die Tatsache, dass ich das Gefühl habe einfach keinen nüchternen Tag mehr inzwischen verbringen zu können. Sobald ich das realisiert hatte, dass ich nicht so einfach "einfach" aufhören konnte, bekam ich es mit der Angst zu tun.

In Zeiten von Stress trinke ich ca 1,5l Bier und mehrere Gläschen Schnaps jeden Abend. Ich wache verkatert auf und fange dann morgens an schon weiterzutrinken. Meine Rationalisierung davon: Ich trinke ja gegen den Kater/ich muss meinen Zustand schön trinken.... Wenn sich eine drastische Stresssituation ergibt sieht mein Konsummuster schlimmer aus. Es summieren sich dann einige Liter Bier und ganze Kornfläschen, ich trinke angebrochene Weinflaschen von meinen Mitbewohnern, halbverstaubte Spirituosen von der letzten Party, alles was ich finden kann mit dem Impuls das einfach zu müssen, weil ich es in meiner eigenen Haut nicht aushalte....

Zurzeit habe ich mein Konsum wieder auf ein "Minimum" heruntergefahren von vier Standarddrinks. Ich versuche wieder Sport regelmäßig vier mal die Woche zu treiben und zu meditieren, aber ich leide eben oft unter der Tatsache, dass ich weiterhin Alkohol trinke und gegen dieses Craving ankämpfe und nur soweit dagegen ankomme. Auch fällt es mir schwer viele Dinge anzupacken, weil ich oft fertig bin von meinem Alkoholkonsum, schlecht schlafen kann deswegen, sehr wenig Appetit habe, dadurch wenig esse etc etc....

Ich habe inzwischen schon viele Medikamente ausprobiert, um gegen diese Angstgefühle und Depressionen anzukommen, aber bisher eben leider kein Mittel gefunden. Oft weiß ich auch nicht was zuerst da war. Ich vermute mal, dass die Angststörung und Depressionen zuerst da waren, aber leider hilft der Alkohol nicht, sondern verstärkt alles nur...


Viele Grüße und lieben Dank fürs Mitlesen

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Papfl
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Re: Ein neuer Versuch

Beitragvon Papfl » 28. Juli 2016, 22:32

Hallo Narzissus!

Herzlich willkommen im Forum [hi_bye] ! Schön, dass Du da bist [smile] .

Erstmal super, dass Du von GHB wieder los bist :-!? . Und auch gut, dass Du therapeutische Hilfe in Anspruch nimmst. Es hat ja einen Grund, dass Du es "in Deiner Haut" praktisch nur "zugedröhnt" aushältst. In einem muss ich Deine Therapeutin allerdings korrigieren:

Narzissus hat geschrieben:Meine Therapeutin steht der ganzen Baclofen Sache sehr skeptisch gegenüber, weil sie meint, dass ich damit mich nur von einem weiteren Mittel abhängig machen würde.

Baclofen ist KEIN Alkoholersatz, macht NICHT abhängig, und man braucht auch nicht immer mehr davon, wenn man seine individuelle Erhaltungsdosis gefunden hat (KEINE Toleranzentwicklung), weil Baclofen nicht im GABA-A-System bindet (wie z. B. Benzos oder Alkohol), sondern selektiv an einer Untereinheit im GABA-B-System.

Natürlich - und das hast Du ja auch schon geschrieben - ist es mit Baclofen alleine nicht getan. Wahrscheinlich geht die Skepsis Deiner Therapeutin auch eher in die Richtung, dass die Arbeit "an sich selbst" mit der Medikamenteneinnahme nicht aufhört. Im Gegenteil: Meistens kann es dann erst richtig los gehen, weil der Kopf endlich frei von den ständigen Gedanken an das Suchtmittel (Craving) ist und sich der Therapie widmen kann. Auch das hast Du ja in Deinem Vorstellungs-Posting ganz richtig erkannt. Zudem könntest Du von den anxiolytischen ("angstlösenden") und antidepressiven Eigenschaften des Medikaments profitieren. Kurzum: Einen Versuch ist es allemal wert [clapping] .

Und mit 24 Jahren hast Du vielen "Leidensgenossen" etwas Entscheidendes voraus: Wenn Du jetzt die Kurve kriegst, liegt der größte Teil Deines Lebens noch vor Dir [good] .

Näheres zum Thema Craving und der Wirkungsweise von Baclofen findest Du hier. Was die Baclofen-Therapie von der traditionellen Suchttherapie unterscheidet, wird hier erklärt.

Einen ersten Überblick rund um das Medikament bietet unsere Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick. Genaueres zur Dosierung und Therapie findest Du im Leitfaden für die Anwendung.

Lesenswert und aufschlussreich ist auch der Artikel "Ist Alkoholsucht doch heilbar?", den man auch online im PTA-Forum finden kann. Und natürlich das Buch "Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen. Der Kardiologe Olivier Ameisen war selbst betroffen und hat Baclofen als Therapieoption bei Abhängigkeitserkrankungen (wieder)entdeckt. Das Buch ist spannend zu lesen! Du kannst die E-Book-Version des Buches auch kostenlos über dieses Forum "ausleihen". Bei Interesse schreibe das bitte einfach in die Private Nachricht (PN) an @DonQuixote mit rein, wenn Du ihn um eine Arztadresse bittest.

Da wir unsere Arztadressen aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich rausgeben, möchte ich Dich bitten, @DonQuixote (er verwaltet unsere Arztadressen) kurz mit einer Privaten Nachricht (PN) anzuschreiben und ihm Deinen Wohnort samt Postleitzahl mitzuteilen. Er wird sich dann bei Dir mit allen Infos melden.

Einen guten Start wünscht
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Re: Ein neuer Versuch

Beitragvon DonQuixote » 28. Juli 2016, 23:28

Hallo Narzissus, oder besser gesagt Narzissa [smile] .

Es muss Dich nicht überraschen, „dass sich einige User hier befinden, die Alkohol im Wechsel mit GBL/GHB "substituieren“. Aber wer substituiert da eigentlich mit was und wofür? GBL/GHB kann kein „Substitut“ für Alkohol sein und umgekehrt funktioniert das auch nicht. Unser @Papfl hat das weiter oben sehr gut erklärt. Aber was können wir, was kannst Du jetzt genau daraus machen?

Na ja, halt eben „durchbeißen“ oder noch besser es mit dem Medikament Baclofen versuchen. Das Wirkspektrum dieses Medikaments (Baclofen) ist jedenfalls gleichenfalls für die Abhängigkeit von GBL/GHB als auch und für die Abhängigkeit von Alkohol geeignet. Du müsstest es einfach mal probieren.

DonQuixote

Edit: Oh, und jetzt habe ich auch gerade eine PN (Private Nachricht) von Dir bekommen, wir sehen respektive lesen und also demnächst …

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Re: Ein neuer Versuch

Beitragvon jivaro » 30. Juli 2016, 15:50

Liebe N.

Narzissus hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass Baclofen mir vielleicht die Möglichkeit erst eröffnen würde wirklich ernsthaft meine Probleme therapeutisch anzugehen - ohne Craving.

Stimmt genau! Papfl hat Dir schon alles Wissenswerte geschrieben. Würde mich hier nur wiederholen.... Baclofen kann Dir eine wirkliche Hilfe sein um vom Alkohol sowie vom GHB/GBL loszukommen. Ich möchte Dich ermutigen diesen Weg einzuschlagen! Es besteht kein Risiko der Abhängigkeit und keines der Toleranzentwicklung. In Holland wird das Medikament schon länger auch wissenschaftlich bei GHB/GBL-Abhängigkeit untersucht.

Herzlicher Gruss

jivaro

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Re: Ein neuer Versuch

Beitragvon jivaro » 30. Juli 2016, 16:08

Ergänzug:

Möchte an dieser Stelle nur noch einmal anmerken, dass GHB unter dem Namen Alcover in verschiedenen Ländern (Italien, Österreich) zur Behandlung des Alkoholentzugs zugelassen ist, und es wird immer mal wieder auch als Anticravingsubstanz erwähnt. Die Unterschätzung der Suchtgefahr hierbei finde ich unglaublich ignorant.
Siehe auch: http://www.alkohol-und-baclofen-forum.d ... 55&p=18095

LG jivaro

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Re: Ein neuer Versuch

Beitragvon DoctorBAC » 31. Juli 2016, 12:26

Interessant ist dabei die empfohlene Tagesdosis von Natrium-Oxybat (=GHB): 50mg/kg Körpergewicht pro Tag!
Das sind immerhin 3g/Tag für 60kg Frau oder 4g/Tag für 80kg Mann.
GHB führt zu einer enorm schnellen Toleranzentwicklung und Abhängigkeit, die extrem schwer zu behandeln ist. Die Entzugserscheinungen sind identisch mit denen beim Alkoholentzug (der sich damit "behandeln" läßt).
Auf dem Suchtkongress in Bonn 2013 referierte eine niederländische Arbeitsgruppe über die enormen Probleme des GHB-Entzugs. GHB-Missbraucher brechen Entgiftungen regelmäßig ab und werden fast immer rückfällig.
Der Einsatz von Natriumoxybat bei Alkoholismus erinnert an die Versuche, Morphinismus mit Heroin zu heilen!

LG

Ulrich


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