Vorstellung

Hier erhalten Angehörige von Alkoholabhängigen Rat und Hilfe sowie auch Arztvorschläge. Und sie können dort lesen, wie andere mit dem Problem umgehen.
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Quirllie
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Vorstellung

Beitragvon Quirllie » 12. Juli 2016, 03:07

Ein freundliches Hallo euch allen!
Ich bin recht unerfahren im Umgang mit Foren, brauche aber dringend eure
Hilfe. Die Mutter meines 30-jährigen Sohnes ist seit Jahren
alkoholabhängig. Mehrere Entgiftungen (die letzte vor vier Wochen) und
einige mehrwöchige Aufenthalte in Kliniken haben nichts gebracht. Wir sind
zwar schon lange getrennt, aber immer noch gute Freunde und waren immer
füreinander da. Alleine im letzten Jahr hat sie sich durch Stürze im
Alkoholrausch mehrere schwere Knochenbrüche (Schien- und Wadenbein,
Schultergelenk, Lendenwirbel) zugezogen, was ebenfalls immer zu längeren
Klinikaufenthalten geführt hat. Mein Sohn ist vor zwei Monaten bei ihr
ausgezogen, aus Verzweiflung und der Angst sie irgendwann tot aufzufinden.
Auch ihre Eltern und Geschwister, die sich sehr um sie bemüht haben, sind
nervlich am Ende. Ich kann und will ihr nicht länger beim Sterben zusehen
und wende mich daher jetzt an euch. Danke das ich diese Möglichkeit habe.
Wie kann ich ihr noch helfen?

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Papfl
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Re: Vorstellung

Beitragvon Papfl » 12. Juli 2016, 09:36

Hallo Quirllie!

Herzlich willkommen im Forum [hi_bye] . Schön, dass Du da bist [smile] .

Die Mär, dass alkoholabhängige Menschen von ihrer Umwelt erst ganz fallen gelassen werden müssen, damit sie alleine wieder aus ihrer "Sucht" herausfinden, hält sich leider hartnäckig - ist aber Quatsch. Bei jeder anderen Krankheit "predigt" man immer wieder, wie wichtig die Unterstützung durch Familie und Freunde bei der Genesung sein kann, nur die "Süchtigen" sollen es bitteschön alleine schaffen.

Trotzdem können Betroffene ihre Abhängigkeit natürlich nur mit einer gehörigen Portion Eigeninitiative überwinden. Du und Dein Sohn können Eure Ex-Frau/Mutter bei ihrem Weg aus der Abhängigkeit begleiten und unterstützen, aber gehen muss sie ihn alleine [pardon] . Dazu ist es Voraussetzung, dass sie SELBST auch einsieht, ein Problem zu haben und Hilfe zu brauchen. Auch sie muss WOLLEN.

Und genau da liegt die Krux. Das habt Ihr sicherlich mit Blick auf die Therapien, Klinikaufenthalte etc. von den Ärzten und Therapeuten dort auch schon zig-fach gehört: Wenn sie nur WILL, klappt das auch. Genau das stimmt so eben NICHT! Die Medaille hat zwei Seiten, und das WOLLEN ist eben nur eine davon.

Es ist wichtig, dass sie (und auch Ihr) weiß/wisst, dass die Rückfälle erstmal nichts mit Willensschwäche oder fehlender Disziplin etc. zu tun haben. Schuld daran ist das sog. Craving. Unser Beitrag über Craving erklärt einiges und kann auch so manches Schuld-, Scham- und Versagensgefühl nehmen bzw. relativieren.

Warum bisherige Therapieversuche gescheitert sind, kann vielleicht der Beitrag Baclofen-Therapie vs. traditionelle Suchtbehandlung ein Stück weit erklären.

Quirllie hat geschrieben:Wie kann ich ihr noch helfen?

Siehst Du eine Chance, dass Ihr drei Euch mal in einer ruhigen Minute gemeinsam zusammen setzt und die beiden oben verlinkten Texte miteinander lest? Ohne Zwang oder "belehrenden" Zeigefinger? Einfach unter dem Aspekt, dass Ihr eine weitere Option gefunden habt, mit der ein Ausweg aus dem Teufelskreis vielleicht doch noch möglich wäre...und dann Eure Ex-Frau/Mutter SELBST entscheiden lasst, ob sie diesen Schritt versuchen möchte. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie neue Hoffnung schöpft und dabei mitzieht, weil ihr so wahrscheinlich noch nie jemand die Zusammenhänge zwischen der Krankheit und dem eigenen "Zutun" erklärt hat.

Klar hat sie im Moment wahrscheinlich ein Stück weit resigniert und sich aufgegeben. Diese ständigen Rückschläge können sehr kräftezehrend, zermürbend und frustrierend sein - für beide Seiten, Angehörige und die betroffene Person selbst. Gerade, weil man eben alles Menschenmögliche daran setzt, endlich aufzuhören, und einem das physische Craving - für das man selbst nichts kann, weil es biochemisch bedingt ist (s. verlinkter Beitrag oben) - immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Man tut als abhängiger Mensch alles für eine Sache, trotzdem klappt's nicht - und man selbst hat keine Ahnung, warum das so ist. Und wenn man fragt, heißt es lapidar: "Sie wollen halt nicht". Und jede Menge Vorwürfe gibt's zu den eigenen Versagens-, Schuld- und Schamgefühlen gratis gleich mit dazu.

Baclofen kann dabei helfen, die eine Seite der Medaille - also die biochemischen Prozesse im Stoffwechsel, die immer wieder zu "unverschuldeten" Rückfällen führen - in den Griff zu bekommen.

Die andere Seite - also den "WOLLEN-Faktor", sprich: die Eigeninitiative, sein Leben umzukrempeln und einen "neuen" Sinn zu finden, kann das Medikament indes nicht beeinflussen. Da muss jede/r selbst Hand anlegen.

Das kann aber ganz gut funktionieren, wenn der "Zwang" zu trinken erstmal weg fällt und man zudem liebe Menschen hat, die einem beistehen [smile] .

In diesem Sinne würde ich sagen: Setzt Euch wie oben vorgeschlagen zusammen und lasst Eure Ex-Frau/Mutter entscheiden, ob sie eine Baclofen-Therapie probieren möchte. Falls ja, bekommt Ihr hier gerne jedwede Unterstützung dafür.

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Quirllie
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Re: Vorstellung

Beitragvon Quirllie » 13. Juli 2016, 00:13

Hallo Papfl!

Herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort und die darin enthaltenen, nützlichen Informationen und Links. Ich habe die Beiträge gelesen und bin um einiges schlauer als vorher.

Bevor ich jetzt auf deine Anregungen (gemeinsames Gespräch usw.) eingehe, habe ich noch einige, wahrscheinlich wichtige Informationen: SIE war 27 Jahre Krankenschwester mit Leib und Seele, hat sich auch oft nach der Arbeit um meist älter, kranke Mitmenschen in unserem Dorf gekümmert. SIE war sehr beliebt und angesehen aufgrund ihrer herzlichen und unkomplizierten Art. SIE war und ist eine gute Mutter. SIE hat mich 1991 wegen einem Arbeitskollegen verlassen, in den SIE sich unsterblich verliebt hatte. Der Kollege hat SIE dermaßen verarscht, ihre Gefühle so verletzt, dass es zu einem Suizid-Versuch kam. Das hat SIE nie ganz überwunden und dazu der jährlich zunehmende Stress auf der Arbeit hat SIE langsam und unmerklich in eine schwere Depression und in die Alkoholkrankheit geführt. SIE hat ihren Job verloren, ist mittlerweile in Rente und hat somit keine Lebensaufgabe mehr. Soviel zur Vorgeschichte und nun zu deinen Anregungen.

Einen geeigneten Zeitpunkt für ein gemeinsames Gespräch (gerne auch mit ihren Eltern) zu finden ist aus folgenden Gründen sehr schwer:
- SIE ist nur selten wirklich nüchtern, trinkt seit Jahren nur noch Schnaps, nimmt täglich Medikamente gegen ihre Depressionen und Schmerzmittel wegen ihrer Knochenbrüche (alles ärztlich verordnet);
- SIE belügt uns alle (auch ihre Ärzte, Therapeuten, Suchtgruppe usw.) immer wieder und am meisten sich selbst, mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit;
- SIE hat kein Gewissen mehr (weder ein Gutes noch ein Schlechtes); SIE ist nicht mehr sie selbst und kennt sich auch selbst nicht mehr;
- SIE halluziniert phasenweise (was sie auch in die letzte Entgiftung in die Psychiatrie gebracht hat);
- SIE erzählt nichts über z. B. Blutwerte und sonstige Diagnosen und wenn doch weiß man nicht was man glauben kann und was nicht;
außerdem:
- unser Sohn braucht jetzt, nach seinem Auszug, dringend Abstand zu dem Thema, was ich voll und ganz verstehe;
- ihre Eltern (vornehmlich ihr dominanter Vater) wehrt sich gegen Einflüsse von außen (auch von mir), hat den Ernst der Lage noch nicht richtig erkannt und hofft immer noch auf eine Lösung auf konventionellem Weg, also auf ein Wunder (das nicht eintreten wird);

Da ich seit zwei Jahren ihr Auto habe und SIE zu den meisten Arztterminen fahre (aber auch dann ist SIE nicht immer nüchtern), habe ich einen kleinen Zugang zu Ihr. Wie eine Tür, die einen spaltbreit offen steht und wir ein paar ernsthafte Sätze reden können, ohne wirklich zu wissen was von ihr ernst und ehrlich gemeint ist. In diesen Spalt habe ich jetzt meinen Fuß gestellt, damit SIE die Tür nicht so einfach zuschlagen kann. SIE hält sehr viel von mir und meine ruhige und umsichtige Art hilft mir dabei. Daher gebe ich auch nicht auf und versuche ihren Selbstmord auf Raten zu verhindern, wenn ich es denn kann. Meine eigene Lebensgeschichte der letzten 6 Jahre hat mir (und ihr) gezeigt, dass man aus den tiefsten Tiefen des Lebens auch wieder die höchsten Gipfel der Lebensfreude erklimmen kann. Wie du sagst: man muss es wollen und SIE will es auch (in ihrem tiefsten Innern)!

Nochmals recht herzlichen Dank für die freundliche Aufnahme in diesem Forum und speziell für die guten Informationen und Anregungen

PS: Wenn du eine Lösung hast, . . . die nicht zu deinem Problem passt , . . . dann ändere dein Problem !

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Re: Vorstellung

Beitragvon Papfl » 13. Juli 2016, 10:28

Hallo Quirllie!

Danke für Deine Rückmeldung [good] . So, wie Du die Lage beschreibst, wird der Beginn mit Baclofen ohne eine nochmalige vorherige Entgiftung wahrscheinlich nicht möglich sein. Das wäre a) zu gefährlich (viel Alkohol in Kombination mit Baclofen kann gesundheitliche Konsequenzen und ebenfalls Psychosen nach sich ziehen) und b) würde die Therapie auch nicht funktionieren, weil - vereinfacht gesagt - Alkohol und Baclofen biochemische Gegenspieler sind, die sich gegenseitig antagonisieren ("neutralisieren"). Soll heißen: Baclofen könnte unter den gegebenen Umständen nicht oder nur kaum seine Wirkung entfalten.

Dass SIE Krankenschwester war, ist aber doch schon mal prima [good] . Dann ist SIE mit Sicherheit für den medizinischen Hintergrund und die Wirkungsweise von Baclofen offen bzw. versteht die Zusammenhänge.

Dass es in der jetzigen Situation sehr schwer ist, an SIE ran zu kommen, kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch, dass sie lügt. Als Außenstehender denkt man immer, Betroffene wollen einen für dumm verkaufen, aber die Lügen haben oft einen anderen Hintergrund: Es geht abhängigen Menschen häufig darum, ihr Gegenüber nicht zu verletzen. Zugegeben - das ist eine schwer nachvollziehbare Logik - aber wenn ein Abhängiger z. B. steif und fest behauptet, er habe nichts getrunken, obwohl jeder "Blinde" sieht, dass dem nicht so ist, dann tut er das zum einen natürlich ein Stück weit aus "Selbstschutz" (weil er sich nicht eingestehen will, es wieder nicht geschafft zu haben bzw. die getrunkene Menge - was auch vorkommen kann - im Verhältnis gesehen "Peanuts" sind), aber zum anderen auch, weil er sein Gegenüber nicht schon wieder ENTTÄUSCHEN möchte und insgeheim Angst hat, diesen letzten Halt auch noch zu verlieren. Die Lügen sind also meistens nicht böse gemeint sondern vielmehr versteckte Hilferufe aus purer Verzweiflung. Klar, manchmal ist auch Trotz mit dabei, aber meiner Erfahrung nach sind das die selteneren Fälle.

Dass der Sohn Abstand braucht, ist ebenfalls verständlich. Und vor Dir ziehe ich - nach allem, was zwischen Euch vorgefallen ist - den Hut :-!? .
Dass Du Dich so um Deine Ex-Frau kümmerst, ist wahrlich nicht selbstverständlich [good] .

Was also tun: Das beste wäre wirklich eine Entgiftung. Meinst Du, Du kannst SIE (vielleicht auch in Kooperation mit ihrem Hausarzt) nochmal zu sowas bewegen? Da hätte SIE dann im Idealfall auch die nüchternen Momente, um sich der Baclofen-Therapie ein Stück weit anzunähern. Vielleicht sogar in einer Klinik, bei der beides - Entgiftung und paralleler Beginn mit Baclofen - möglich ist. Davon gibt's nicht viele, aber ein paar. Wenn Du magst, kannst Du @DonQuixote (er verwaltet unsere Arztadressen) mal mit einer Privaten Nachricht (PN) anschreiben und ihm Deine Postleitzahl samt Wohnort mitteilen. Er kann dann auf unserer Ärzteliste nachsehen, ob es in Deiner Umgebung gegebenenfalls so eine Einrichtung gibt.

Wenn SIE sich partout nicht auf eine weitere Entgiftung einlassen möchte, dann heißt es wohl - so makaber das klingt - warten. Die nächste "Zwangsentgiftung" kommt bestimmt. Spätestens, wenn SIE aufgrund irgendwelcher (Sturz)Verletzungen gezwungenermaßen stationär im Krankenhaus landet. Hoffentlich ist es dann nicht zu spät.

Ich kann Dir/Euch nur insofern Hoffnung machen, dass es einen Ausweg geben kann (hier grob skizziert Entgiftung --> danach abstinenter Beginn mit Baclofen --> psychotherapeutische Unterstützung). Ich kenne viele Patienten, bei denen auf diese Weise Stück für Stück der Lebensmut zurück gekommen ist.

Time will tell!

Alles Gute einstweilen,
Papfl
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Re: Vorstellung

Beitragvon Quirllie » 31. Juli 2016, 08:19

Hallo Papfl,

ich hab noch folgende Frage:

  • Was genau sollte ich in der privaten Nachricht an den Administrator schreiben?
Nun noch kurz zum Stand der Dinge, wie sie sich in den letzten Wochen entwickelt haben:

  • Ich habe SIE vor zwei Wochen zu einem Termin bei einem Orthopäden gefahren, wo endgültig entschieden wurde, dass SIE nun doch eine Schultergelenks-Prothese braucht. (Diese OP lässt SIE mit Sicherheit nicht machen, weil SIE nicht will und nicht kann.) Leider war SIE an diesem Morgen auch nicht nüchtern, sodass ein normales Gespräch mit ihr nicht möglich war. Aus ihr sprach nur noch der Realitätsverlust, echt erschreckend für mich.
  • Ich habe SIE am Sonntag darauf besucht, das gleiche Elend (8 Flaschen Schnaps, 5 leere, 3 fast leere in ihrem Kleiderschrank).
  • Danach habe ich mit ihrer Mutter gesprochen (was nicht einfach war und nur selten möglich ist) und sie war auch völlig verzweifelt. Sie sagte, sie hätten alles denkbare getan und nichts hätte was gebracht. Sie (auch ihr Vater) hätten SIE aufgegeben und geben ihrer Tochter keine zwei Jahre mehr. Ihre Eltern haben wirklich viel für SIE gemacht und geregelt, trotzdem war ich geschockt über diese Aussage, kann sie aber irgendwie verstehen. Ich hab ihrer Mutter dann von meinen Bemühungen und von Baclofen erzählt und auch sie will sich darüber informieren.
GEMEINSAM sind wir zu folgendem Ergebnis gekommen:

  1. Da ihre Tochter eine Gefahr für sich (und andere) darstellt, müssen ihre Eltern einen Beschluss beim Amtsgericht erwirken. Wie das genau heißt und wie das geht weiß ich nicht, aber ich kenne einen Fall bei dem das die Rettung war und die Betroffene heute ihren Angehörigen für diesen, nicht leichten, Schritt unendlich dankbar ist.
  2. Dann erst kann eine (Zwangs-)Entgiftung in die Wege geleitet werden und danach müsste übergangslos eine baclofengestützte Langzeittherapie begonnen werden.
  3. Danach sollte SIE in das Haus ihres Bruders ziehen, dort wohnen auch ihre Eltern und eine schöne ELW (in der ich selbst 9Jahre gewohnt habe) steht schon länger leer.
Einen anderen Weg sehe ich nicht mehr, wie denkst du darüber? Auch für mich muss dieses Thema (Drama) langsam ein Ende haben, denn es belastet doch sehr.

Ich danke dir recht herzlich für die Möglichkeit mal so konzentriert darüber zu schreiben und natürlich auch für deine hilfreichen Antworten. Schöne Tage und alles Gute

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Papfl
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Re: Vorstellung

Beitragvon Papfl » 31. Juli 2016, 09:26

Hallo Quirllie!

Quirllie hat geschrieben:ich hab noch folgende Frage:

  • Was genau sollte ich in der privaten Nachricht an den Administrator schreiben?

Das ist kein großer Akt: Nur den Wohnort, am besten mit Postleitzahl. Dieses Prozedere dient u. a. der Anonymität (sowohl Deiner als auch der der Ärzte [smile] ). Wir haben über 100 Adressen in ganz Deutschland von baclofenerfahrenen Ärzten. @DonQuixote müsste anhand Deiner Angaben einen passenden Ansprechpartner in Eurer Nähe finden. Im Idealfall vielleicht sogar eine Klinik, in der entgiftet und parallel mit Baclofen begonnen werden könnte. Aber die sind - wie bereits geschrieben - recht rar. Wäre es denn auch vorstellbar, die Entgiftung und eine anschließende Kurzzeitentwöhnung mit gleichzeitigem Baclofen-Beginn (8-12 Wochen) in einem anderen Bundesland zu machen, falls es bei Euch keine Möglichkeit dazu gibt?

Quirllie hat geschrieben:Einen anderen Weg sehe ich nicht mehr, wie denkst du darüber?

Was Euer geplantes Vorgehen betrifft, bin ich - ehrlich gesagt - etwas zwiegespalten [pardon] . Es stimmt schon, manchmal ist dieser "letzte" Ausweg am Ende die richtige Lösung. Auf der anderen Seite hat so eine "Betreuung", wie Ihr sie anstrebt (früher hieß das "Entmündigung"), ja auch weitreichendere Konsequenzen als "nur" die Einweisung in die Klinik. Der "Betreuer" hat - wenn vom Amtsgericht bestellt - umfangreiche Befugnisse IHR Privatleben betreffend, die nicht zwingend einfach von heute auf morgen wieder aufgehoben werden, sollte die Abstinenz im Anschluss an den Klinikaufenthalt tatsächlich funktionieren. Das kann mitunter ein längeres Prozedere werden. Es könnte also sein, dass SIE quasi komplett in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeengt würde, obwohl SIE die ja durch Baclofen gerade zurück erlangen soll.

Auch unsere Konversation spiegelt ja dieses "über IHREN Kopf hinweg"-Entscheiden ein Stück weit wider. Wir reden nur über SIE, und was SIE nicht tut und SIE nicht will und SIE nicht kann...verstehe mich bitte nicht falsch: Ich verstehe auch Deine Situation und Eure Verzweiflung. Nur: Wenn SIE jetzt mit Zwängen und Einschränkungen konfrontiert wird, die SIE überhaupt nicht akzeptiert und Euch vielleicht sogar übel nimmt, kann der "Schuss" auch recht schnell nach hinten losgehen. Nämlich im Sinne einer Art Trotzreaktion. "Wenn die meinen, sie könnten über mich bestimmen, dann zeig' ich's denen erst recht...". Und wenn der vermeintliche "Betreuer" entsprechend drauf ist, kann das über kurz oder lang Psychiatrie bedeuten (worst case).

Überspitzt formuliert: Wenn SIE sich dazu entschlossen hat, sich tot zu saufen, ist das auch eine Art Recht auf Selbstbestimmung. Auch wenn's für Außenstehende und Angehörige bitter ist. Nun können wir natürlich darüber diskutieren, inwiefern sie überhaupt noch frei entscheiden kann...aber das bringt uns nicht wirklich weiter. Da habt Ihr vor Ort wahrscheinlich den besseren Überblick...

Fakt ist jedenfalls: Gegen IHREN Widerstand hat auch Baclofen keine Chance. Solange SIE sich sträubt, ist jede Therapie und jedes Medikament machtlos.

Eine "harmlosere" Möglichkeit (weil mit weniger potentiellen negativen Langzeitkonsequenzen verbunden) wäre eine polizeiliche Einweisung zur Entgiftung wegen akuter Eigengefährdung. Natürlich immer voraus gesetzt, SIE möchte wirklich nicht freiwillig gehen. Dazu müsstest Du SIE in unzurechnungsfähigem, betrunkenem Zustand antreffen und dann die Polizei zur Hilfe holen, weil Du SIE so nicht alleine in ihrer Wohnung zurück lassen kannst. Genügend "Unfälle", um Deine Sorge zu begründen, gab's ja in der Vergangenheit. Dann würden die Beamten SIE in ein Bezirkskrankenhaus bringen, wo sie erstmal ein paar Tage entgiften könnte/müsste. Diese Zeit könntest Du dann nutzen, um IHR die Baclofen-Therapie näher zu bringen. Dann kann SIE dort entscheiden, ob SIE das versuchen möchte. Im Idealfall hättest Du dann dank @DonQuixotes Informationen schon die passende Klinik bzw. den passenden Arzt zur Hand.

So eine polizeiliche Zwangseinweisung zieht in der Regel nur weitere Konsequenzen nach sich (Einschaltung weiterer Behörden, Sozialamt etc.), wenn das öfter passiert. Deshalb wäre das - wenn's wirklich gar nicht anders geht - für mich das Mittel der Wahl. Das könnte ich auch vertreten, weil es den Bogen nicht überspannt. Du "zwingst" SIE quasi "nur", nochmal für eine knappe Woche in einigermaßen nüchternem Zustand über ihre Zukunft und ihr weiteres Leben nachzudenken. Und kannst IHR signalisieren, dass Du SIE begleiten würdest, wenn SIE den Weg gehen möchte. Will SIE nicht, war's das dann für Dich. Dann musst Du Dich - das hast Du ganz richtig erkannt - selbst schützen. Und SIE wäre weiterhin ein "freier" Mensch (klingt zynisch in diesem Zusammenhang) ohne Vormund.

Eine vom Amtsgericht oktroyierte Betreuung mit langfristig unabsehbaren Folgen fände ich suboptimal. Aber das ist nur meine Meinung. Das kann man sicher auch anders sehen.

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Re: Vorstellung

Beitragvon DonQuixote » 31. Juli 2016, 21:48

Hallo Quirille

Ich bin da etwas weniger skeptisch als @Papfl, jedenfalls liest respektive hört sich Dein / Euer Plan für mich wohlüberlegt und absolut perfekt an:

Quirille hat geschrieben:

  1. Da ihre Tochter eine Gefahr für sich (und andere) darstellt, müssen ihre Eltern einen Beschluss beim Amtsgericht erwirken. Wie das genau heißt und wie das geht weiß ich nicht, aber ich kenne einen Fall bei dem das die Rettung war und die Betroffene heute ihren Angehörigen für diesen, nicht leichten, Schritt unendlich dankbar ist.
  2. Dann erst kann eine (Zwangs-)Entgiftung in die Wege geleitet werden und danach müsste übergangslos eine baclofengestützte Langzeittherapie begonnen werden.
  3. Danach sollte SIE in das Haus ihres Bruders ziehen, dort wohnen auch ihre Eltern und eine schöne ELW (in der ich selbst 9Jahre gewohnt habe) steht schon länger leer.

Der Plan ist perfekt, einen besseren kann man gar nicht machen. Aber funktioniert der Plan auch?

Er kann nur funktionieren, wenn auch die Patientin den Plan mitträgt, oder sich zumindest am Anfang nicht expressis dagegen sträubt. Aber Du schriebst ja, dass Ihr den Plan „gemeinsam“ ausgearbeitet habt, d.h. Du, die Eltern der Patientin und die Patientin selbst. Sollte die Patientin selbst nicht explizit dahinterstehen, wird es allerdings schwieriger. Natürlich könnte ich jetzt viele Gespenster an die Wand malen, was im Falle der „Patientenverweigerung“ geschieht. Aber das hilft jetzt auch nichts, diese Gespenster kennst Du alle selbst. Lass uns deshalb positiv nach vorne denken: Setzt den Plan genau so um, wie Du ihn oben beschrieben hast.
COURAGE !

DonQuixote

P.S. Für Arztadressen in Eurer Region: <<KLICK MICH>>


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