Amadeus' Reset

Eigene Erfahrungsberichte zu Baclofen und Alkohol
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Amadeus
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Amadeus' Reset

Beitragvon Amadeus » 29. November 2015, 06:01

Guten Morgen!

Ich sammele meine Erfahrungen ab jetzt hier.
vor Behandlung: Wein ca.: 3-2-2-2-2-3-3 Flaschen (Mo-So)
Behandlungsbeginn: 23.10.2015

KW44: Baclofen einschleichen bis 37,5mg. Wein: 1-2-0-0-0-0-0 Flaschen
KW45: Baclofen aufdosieren bis 62,5 mg. Wein: 0-0-2-2-2-1-0 Flaschen
KW46: Baclofen aufdosieren bis 75 mg. Wein 0-0-0-0-1-2-0 Flaschen
KW47: Baclofen konstant 75mg. Wein: 0-0-0-0-0-1-0 Flaschen

@DonQuixote: ich bin jetzt bei der bewussten Praxis in meiner Stadt, unproblematisch. Vielen Dank nochmal! (Edit Admin: Name der Stadt gelöscht)

Ich antworte mal hier auf zwei Fragen aus meiner Vorstellung:

Wie wär’s mit: „ … aber geplant Dinner Morgen ohne Wein und nur mit Mineralwasser.“ ? Der „Ausstieg“ lässt sich nämlich auch ein Stück weit planen
von DonQuixote bzw.

Gefühlt hatte ich zehntausend Rückfälle in meinem Leben. Geplant hatte ich davon keinen...
von Suse.

Ich plane keine Rückfälle, sondern die Rückkehr in ein normales Leben.
Und mein Leben, das stark von Geschäftskontakten mit den oberen Stufen des Managements verschiedener Konzerne geprägt ist, bringt Geschäftsessen, Einladungen zu vornehmen Abendessen ("mit der werten Gattin!"), hie und da mal eine Opernpremiere oder einen Ball und ein paar Pullen Sekt bei gelungenen Projektabschlüssen mit sich.
Wenn ich da ausstiege, was ich gar nicht will, dann kann ich mich erst gesellschaftlich und zwei Tage später geschäftlich eintüten lassen.

Mir ist es in den letzten Jahren immer weniger und zum Schluss gar nicht mehr gelungen, die täglichen Besäufnisse im Zaum zu halten. Das hat jetzt ein Ende.
Ich will einfach einen ganz normalen Umgang mit Alkohol zurück.
Und üblicherweise kriege ich, was ich will.

Viele Grüße
Amadeus
Zuletzt geändert von Amadeus am 30. November 2015, 07:30, insgesamt 1-mal geändert.

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andi
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Re: Amadeus Reset

Beitragvon andi » 29. November 2015, 06:48

Guten Morgen Amadeus,

die Pläne hören sich ja super an.

Meiner Meinung nach, solltest du irgendwie versuchen wirklich eine gewisse Zeit auf Alk verzichten, um dann einen "normalen" Umgang mit dem Trinken zu wagen. Aber das ist wie gesagt, meine bescheidene Meinung. Bei 75mg und einer Fl. Wein ist von zweiten doch zuviel. Oder so: behalte so wie es ist eine Zeit lang und wirst sehen, das das (zweite) nicht sein muss.

Viel Erfolg good

lg
andi

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Lucidare
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Re: Amadeus Reset

Beitragvon Lucidare » 29. November 2015, 08:59

Hallo Amadeus,

erst einmal Dank, dass Du uns weiterhin an Deinen Erfahrungen hier im Forum teilhaben lässt. Da Du ja von robuster psychischer und physischer Konstitution bist, kann der Plan so auch aufgehen. good

Ein paar Widerworte, die Du vielleicht sonst nicht gewohnt bist, seien mir trotzdem erlaubt. [smile]

Amadeus hat geschrieben:Wenn ich da ausstiege, was ich gar nicht will, dann kann ich mich erst gesellschaftlich und zwei Tage später geschäftlich eintüten lassen.


Das erlaube ich mir mal anzuzweifeln.

Amadeus hat geschrieben:Mir ist es in den letzten Jahren immer weniger und zum Schluss gar nicht mehr gelungen, die täglichen Besäufnisse im Zaum zu halten. Das hat jetzt ein Ende.
Ich will einfach einen ganz normalen Umgang mit Alkohol zurück.


Erst einmal herzlichen Glückwunsch. Du hast in sehr kurzer Zeit Dein Primärziel erreicht. Wäre ein totaler Verzicht, sagen wir mal für ein halbes Jahr, nicht die Krönung des Projektes? Sicher gehört ein wenig "Kunst" dazu, dem sozialen Umfeld seinen Stempel aufzudrücken, aber es geht.

Amadeus hat geschrieben:Und üblicherweise kriege ich, was ich will.


Das glaube ich Dir auf's Wort.

LG
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DonQuixote
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Re: Amadeus Reset

Beitragvon DonQuixote » 29. November 2015, 18:09

Hallo Amadeus

Danke für das Eröffnen eines eigenen Erfahrungsberichts. Deine Entscheidung bezüglich eines Outings hast Du getroffen, das ist voll Ok. Wir haben zu dem Thema zwei ausführliche Threads:

Aus letzterem zitiere ich mich mal selbst:

DonQuixote hat geschrieben:Ich erfand früher auch allerlei Ausreden: Medikamente, Fahrtauglichkeit, früher Arbeitsbeginn etc. Darüber bin ich längst hinweg. Heute sage ich ganz einfach: „Ach weißt Du, ich trinke heute sehr viel weniger als früher, und es geht mir ausgezeichnet damit“. Auch wenn es dann den ganzen Abend beim Wasser bleibt. Dafür ernte ich sehr viel, wenn auch oft unausgesprochene Anerkennung, im Sinne von: „Oh, der achtet auf sich und seine Gesundheit!“ Früher war es hingegen eher ein: „Oh, der lässt sich aber ganz schön gehen!“

Wer ein Problem damit hat, sind eigentlich immer nur die, die selbst ein Alkoholproblem haben und sich dessen auch mehr oder weniger stark bewusst sind. Doch wenn man da seine Haltung selbstbewusst und ohne sektiererisch zu wirken vertritt, stößt man auch hier auf Verständnis und Anerkennung, ohne sich als Ex-Alki outen zu müssen. Natürlich vermeide ich konsequent solche Tafelrunden, deren einziger Zweck manchmal das Zudröhnen mit Alkohol zu sein scheint.
Von hier …

DonQuixote
P.S: Und Danke für die Rückmeldung zum Arztkontakt good .

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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Amadeus » 30. November 2015, 14:28

Hallo!

lucidare hat geschrieben:Ein paar Widerworte, die Du vielleicht sonst nicht gewohnt bist,

Vom Lehrling bis zum CEO gibt es Leute, die meinen höchsten Respekt haben, weil sie in der Lage sind, eine abweichende Meinung zu vertreten. Arschlecker brauche ich nicht, ich kann mich selbst abputzen.

lucidare hat geschrieben:Das (=ich bin erledigt, wenn ich auf Firmenevents Wasser trinke) erlaube ich mir mal anzuzweifeln.

Nimm es bitte als gegeben hin. Ich würde mich zu weit exponieren müssen, um hier Details zu erklären.

lucidare hat geschrieben:Wäre ein totaler Verzicht, sagen wir mal für ein halbes Jahr, nicht die Krönung des Projektes?

Nein. Wieso sollte es das sein?
Ein halbes Jahr verzichten, um dann zu tun, was ich jetzt tue?
Erschließt sich mir nicht.

LG
Amadeus

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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon GoldenTulip » 30. November 2015, 14:53

Hi Amadeus,

von 17 Flaschen die Woche auf eine einzige innerhalb von 5 Wochen. Da muss man kein Suchtexperte sein, um das richtig einzuordnen. Grandios!
Lass das erstmal ne Weile so funktionieren, dann ergibt sich eine "Lösung" bezüglich der Sozialtrinkerei wahrscheinlich von selbst. Entweder Du machst das weiter so, oder es wird Dir irgendwann zu blöde (Ich meine, wenn mir andere etwas aufzwingen wollen, z.B. Haselnusstorte, obwohl ich allergisch gegen Haselnüsse bin [shok] , wäre ich wenig zimperlich, das von mir zu weisen [biggrin] )

Gib halt nur auf Dich Acht, dass Du nicht wieder in eine "jetzt ist auch egal-Haltung" fällst, wenn noch anderer Stress dazu kommt.

Ich find's klasse, was Du geschafft hast,

lieben Gruß
Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Lucidare » 30. November 2015, 15:57

Hallo Amadeus,

Amadeus hat geschrieben:Vom Lehrling bis zum CEO gibt es Leute, die meinen höchsten Respekt haben, weil sie in der Lage sind, eine abweichende Meinung zu vertreten. Arschlecker brauche ich nicht, ich kann mich selbst abputzen.


Da bin ich ja beruhigt.

Amadeus hat geschrieben:Nein. Wieso sollte es das sein?
Ein halbes Jahr verzichten, um dann zu tun, was ich jetzt tue?
Erschließt sich mir nicht.


Um mir zu beweisen ,dass ich das was ich jetzt tue, nicht tuen muss. Du bist ja faktisch gezwungen zu trinken, um Deinen Status beibehalten zu können. Mir würde das gegen den Strich gehen. Wenn das für Dich so i. O. ist, alles gut.

LG
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon GoldenTulip » 30. November 2015, 16:22

Hi lucidare, Amadeus,

ich schätze, das Missverständnis über den "richtigen" Ansatz besteht darin, dass in Bezug auf Trinken und ggf. wünschenwerter Abstinenz eine Gemengelage entsteht, die durchaus auch von Ambivalenz geprägt ist. Der Stress, sich soweit runterzutrinken, mit allen Folgen an wiedergewonnener Klarheit, Rückschau, Zukunftswünschen etc. verträgt sich sehr schlecht mit einem "Nie wieder Alkohol" (Limbi lässt grüßen). Dafür braucht es ein gehöriges Maß an wiedergewonnener Stabilität und Erfahrung. Wenn's brennt, fühle ich mich sicherer in einem Gebäude, wo mir Schilder den Weg zum Notausgang weisen.

Ich muss nur nicht mehr zwanghaft jeden Tag die Route ablaufen, ob die Exit-Türen noch da sind.

Sich auch psychisch umzustellen, braucht Zeit. Ich bin absolut dagegen, eine AA-Debatte zu führen á la "Du willst ja nicht wirklich aufhören", auch nicht, wenn sie an die Eitelkeit des "Probanden" anknüpft ("Mir würde das gegen den Strich gehen".)

Manchen Leuten fällt es sehr viel leichter, ganz die Finger vom Alkohol zu lassen, weil sie eben kein Stopp kennen, wenn sie anfangen. Es gibt aber auch Leute, die so sauer werden, wenn sie nicht selbstbestimmt wieder "normal" werden dürfen sollen, dass es sie in die Haltlosigkeit zurücktreibt.

Ich will hier nicht den Austausch zwischen Euch plattreden; mir geht es darum, dass beide Positionen Geltung haben dürfen.

doppd
Conny
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Lucidare » 30. November 2015, 16:41

Hi Goldentulip,

ne, nix mit Eitelkeiten. Ich habe doch dargelegt, dass es so gut ist, wie es ist. Die Leistung von @Amadeus will ich keineswegs zerreden. Dem gilt mein höchster Respekt.
Ich habe geschrieben, mir würde das gegen den Strich gehen. Ich würde mich in meiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt fühlen.
Und wie schon mehrfach gesagt, ich bin nicht der Abstinenzprediger vor dem Herrn. Ganz genau genommen, lebe ich auch nicht 100% trocken. Da möge jeder seinen Weg finden und gehen.

LG
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon GoldenTulip » 30. November 2015, 16:44

Hi lucidare,

dann sind wir uns da einig. Das freut mich sehr.

Herzlich
Conny
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Amadeus » 6. Dezember 2015, 07:51

KW48: Baclofen konstant 75 mg, Wein 0-0-0-0-0-1-0 Flaschen
KW49 (heute endend): Baclofen konstant 75 mg, Wein 0-0-0-0-0-0- und voraussichtlich heute 0 Flaschen

Danke für Eure Rückmeldungen!
lucidare hat geschrieben:Ich habe geschrieben, mir würde das gegen den Strich gehen. Ich würde mich in meiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt fühlen.

Ich verstehe, was Du meinst. Aber ich führe dieses Leben freiwillig und habe einen Riesenspaß daran. Klar gehört hier und da eine Flasche Wein oder Sekt einfach irgendwie dazu, aber dagegen habe ich nichts.

Ich will nur meine Unabhängigkeit zurück, und das scheint zu funktionieren!

Viele Grüße
Amadeus

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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Lucidare » 6. Dezember 2015, 08:09

Hi Amadeus,

ist wirklich super, dass es quasi über Nacht bei Dir funktioniert hat. good

Es wäre nett, wenn Du ab und zu weiter berichten würdest.

LG
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Choklat1 » 9. Dezember 2015, 23:13

Hallo Amadeus,

ich habe deine Beiträge verfolgt und sehe, dass du deine Selbstbestimmung/Unabhängigkeit, die ja zu Recht zu deiner Lebensmaxime gemacht hast, behalten willst. Allerdings scheinst du ja doch nicht so ganz frei in deiner Entscheidung zu sein:

Mir ist es in den letzten Jahren immer weniger und zum Schluss gar nicht mehr gelungen, die täglichen Besäufnisse im Zaum zu halten. Das hat jetzt ein Ende.


Guter Entschluss! Glückwunsch dazu, die Reißleine zu ziehen!

Aber ich führe dieses Leben freiwillig und habe einen Riesenspaß daran. Klar gehört hier und da eine Flasche Wein oder Sekt einfach irgendwie dazu, aber dagegen habe ich nichts.


... einfach/irgendwie.... wer bestimmt das? Du? Oder sind es die gesellschaftlichen "Zwänge", denen wir meinen, folgen zu müssen um erfolgreich zu sein?
Ich erinnere mich an ein Encounter mit einem der früheren Bürgermeister von Köln, der eine Rede gehalten hatte und, als ich ihn dazu beglückwünschen wollte, guckte er mich glasig an ! Also auch ein Opfer seiner gesellschaftlichen Zwänge UND seiner Sucht (das wurde mir dann auch bestätigt). Ich bin auch bei den oberen Zehntausend rumgelaufen...... Man muss da nicht mittrinken um zu überzeugen - nicht in der heutigen Zeit!

Das mag jetzt etwas "pushy" klingen - aber, was hast du getan um an die Ursprünge/Wozu's zu kommen, die deinem Trinkverhalten zugrunde liegen?

Ich möchte dich nur darauf aufmerksam machen, dass es nicht nur darum geht, unser Trinkverhalten der Gesellschaft anzupassen sondern, dass es ein sehr persönliches Problem ist, dem wir uns stellen müssen. Dabei geht es um Dich und nicht darum, wie du in den vermeintlich elitären Kreisen zurecht kommst. Zu krass? - May be!

LG
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Amadeus » 10. Dezember 2015, 13:13

Hi Choklat,

danke Dir für Deinen Input!
Nein, frei in meiner Entscheidung, mich täglich zu betrinken, war oder bin ich tatsächlich nicht mehr, daher ja Baclofen.
Lachen musste ich darüber:

Choklat1 hat geschrieben:dass es ein sehr persönliches Problem ist, dem wir uns stellen müssen.

Ich soll also meine vermeintliche oder tatsächliche "Abhängigkeit" von gesellschaftlichen Zwängen zum Alkoholkonsum bekämpfen, indem ich mich dem gesellschaftlichen Zwang zur Selbstanalyse/Selbstverbesserung stelle?
Oder wer bestimmt, dass wir uns dem stellen müssen?

Ich muss erstmal garnichts.

Aber, wenn es Dich interessiert:
meine Kindheit war Mist.

Mein Vater - Kriegsflüchtling aus den ehemaligen "reichsdeitschen Ostjebieten" - wollte schneller reich werden, als die Polizei es erlaubt und hat sich mit beiden Armen in der Firmenkasse erwischen lassen. Viele Jahre Knast. Wenn Du ein Kind missbrauchst in Deutschland und bist Ersttäter(in) kommst Du bei einem halbwegs geldwerten Anwalt mit Bewährung davon. Aber wehe, Du greifst in die Kasse.

Meine Mutter arbeitete im gleichen Betrieb, es folgte die fristlose Kündigung wegen Vertrauensverlustes.
Was man ja verstehen kann.
Sie blieb arbeitslos bis an ihr Lebensende, mein Vater kam als (engültig, würde ich heute sagen) gebrochener Mann aus dem Knast.
Meine ältere Schwester half uns, indem sie sich (und mir) heimlich was dazuverdiente. Mutter durfte das natürlich nicht wissen, aber so konnten wir wenigstens auch mal mit Freunden ins Kino oder in den "Wienerwald".
Willst Du wissen, wie sie es sich verdient hat?
Meine Mutter kriegte es spitz, als meine Schwester mit 16 schwanger war.
Entgegen aller Widerstände hat sie das Kind ausgetragen - es wurde tot geboren.
Obwohl sie und Ihr heutiger Mann sich so sehr Kinder wünschten, hat sie nie eins bekommen, bis auf diesen totgeborenen Arbeitsunfall.

Ich war leider immer ein pfiffiges Kind, trotz unserer miserablen Verhältnisse zu hause bin ich mit Söhnen von Ärzten, Apothekern, Unternehmern zur Schule gegangen. Und ich hätte so gern dazugehört.
Nicht wegen des Geldes. Doch, auch. Aber einfach irgendwo "dazugehören".
Und sie haben mich spüren lassen, dass ich der Underdog bin, der Haufen Scheiße, das Schmuddelkind. Wieder, wieder, wieder.
Als ich endlich meinen ersten "Lacoste"-Pulli hatte, ich habe Zeitungen dafür ausgetragen, meine Schwester ließ sich dafür vom Tennislehrer vögeln, habe ich da dazugehört?
Was meinst Du wohl?

Und irgendwann in dieser Zeit habe ich gelernt, dass Traumfänger und Feenhaar nichts bringen. Dass Du, wenn Du Deine Menschen in Sicherheit wissen willst, eine feste Burg und ein scharfes Schwert brauchst. Und ich habe mir geschworen, nie, niemals wieder, würde mir jemand das Herz rausreißen und vor aller Augen darauf herumtrampeln.

Willst Du wissen, warum ich saufe?
Ich würde lieber wissen, warum meine Schwester nicht säuft!

Suchst Du Gründe für meine Trinkerei?
Nur zu. Ich nutze die Zeit und suche Gründe zum Aufhören.

Viele Grüße
Amadeus

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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Lucidare » 10. Dezember 2015, 13:27

Hi Amadeus,

Amadeus hat geschrieben:Suchst Du Gründe für meine Trinkerei?
Nur zu. Ich nutze die Zeit und suche Gründe zum Aufhören.


Manchmal kann es schon wichtig sein, die Gründe für den Alkoholkonsum zu erkunden um daran zu arbeiten. Wenn man sich nur in der Menge vertan hat und eigentlich kein Grund da ist, umso besser.

Die Bandbreite ist groß und individuell: Von ich darf mein Leben lang nichts mehr trinken bis zu einem gewissen "Beikonsum" ist alles möglich.

LG
Zuletzt geändert von Lucidare am 10. Dezember 2015, 17:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon GoldenTulip » 10. Dezember 2015, 13:33

Hallo Amadeus,

bei mir hat sich das Lebensskript der Selbstzerstörung auch erst zu wandeln begonnen, als ich mir eine Katze aus dem Tierheim geholt habe. Unbedingte gegenseitige Zuneigung, Vertrauen und (meinerseits) Verantwortungsbewusstsein.
Mit Menschen ist das immer so eine Sache, wegen der Wertungen.

Ich vermute bei Dir, dass Du nicht wegen des Erlebten trinkst, sondern weil Du keine Möglichkeiten siehst, anders damit und mit den damit verbundenen Gefühlen umzugehen. Leider verstärkt sich bei der Trinkerei das Empfinden von Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit, und als "Underdog" fühlt man sich ja in der Rolle des "Hilfeempfängers" seitens der Therapeuten auch nicht so gut. Endlich wer sein zu wollen (Alkohol fördert Größenphantasien) und sich gleichzeitig nackig zu machen passt auch nicht zusammen. Da bietet der Alkohol subjektiv viel Halt und hält einen gleichzeitig dauerhaft im Hier und Jetzt. Meditation für Arme hab ich das Phänomen bei mir selbst genannt.

Ich würde lieber wissen, warum meine Schwester nicht säuft!


Frag sie! Was macht sie da resilienter?

Lieben Gruß
Conny
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon GoldenTulip » 10. Dezember 2015, 14:05

Ergänzend

Ich soll also meine vermeintliche oder tatsächliche "Abhängigkeit" von gesellschaftlichen Zwängen zum Alkoholkonsum bekämpfen, indem ich mich dem gesellschaftlichen Zwang zur Selbstanalyse/Selbstverbesserung stelle?
Oder wer bestimmt, dass wir uns dem stellen müssen?

Ich muss erstmal garnichts.


Da bin ich ganz bei Dir. Wenn ich dies tue oder unterlasse, hat es Konsequenzen. Die Freiheit, mich den Konsequenzen meiner Wahl zu stellen, die bleibt bei mir.
Und- da wären erneute 17 Flaschen Wein die Woche eine mir unliebsamere Konsequenz als die blöde Anspielung meines Tischnachbarn, der mir vermittelt, Du bist so'n oller Spielverderber.

Ich bin da bei Dir aber recht unbesorgt; Du wirst merken, ob es erneut aus dem Ruder läuft oder nicht. Ich traue Dir auch zu, dann die für Dich passenden Rückschlüsse zu ziehen.

LG Conny
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Choklat1 » 11. Dezember 2015, 22:41

Hallo Amadeus,

Lachen musste ich darüber........


freut mich, dass ich zu deiner Erheiterung beitragen konnte. Das war zwar nicht meine Intention, denn ich hatte das ernst gemeint. Meine erste Reaktion war, ebenfalls mit Zynismus zu antworten, denn das kann ich auch. Zynismus ist allerdings - so habe ich für mich erkannt - eine Strategie, um Menschen auf Abstand zu halten und ebenso dazu geeignet, eine eventuelle eigene Betroffenheit gar nicht erst zeigen zu müssen. Sprich: damit kann man ja wieder recht schnell die eigene Überlegenheit demonstrieren. Also einen flotten Spruch loslassen, der andere hält die Klappe und ich habe meine Ruhe.

......indem ich mich dem gesellschaftlichen Zwang zur Selbstanalyse/Selbstverbesserung stelle?


Ist das ein gesellschaftlicher Zwang? Wäre mir neu. Eher ist dies eine sehr persönliche Sache um dem eigenen Verhalten und den eigenen Mechanismen/Strategien auf die Spur zu kommen. Das Umfeld hat da nichts von. Für mich ist es eine Möglichkeit, mir endlich selber näher zu kommen. Und um Selbstverbesserung geht es dabei erstmal gar nicht. Selbstverbesserung impliziert ja schon wieder - wie das Wort beinhaltet - besser zu werden. Also wieder Erfolgsdruck um nach außen zu punkten - finde ich.

Aber, wenn es Dich interessiert:
meine Kindheit war Mist.


Nein, war ich jetzt nicht "doll" drauf. Ich neige nicht zum Voyeurismus und ziehe mich nicht an den Horrorstories anderer hoch. Dennoch hast du nun, außer der Vermeldung deiner Erfolge, nun sehr offen über deine Vergangenheit gesprochen. Danke dafür! Das war schon heftig, was da abging.
Wenn du magst, schau mal bei Herrn Google unter dem Thema "Kriegsenkel" nach. Das ist die Generation der Kinder von Eltern, die im Krieg schreckliche Erlebnisse hatten. Gibt auch ein Buch unter diesem Titel. Als Tochter einer Flüchtlingsmutter aus dem Osten und eines Vaters, der als Wehrmachtssoldat in mehreren Gefangenschaften war, habe ich einiges über die Traumata unserer Eltern und deren Erziehungsverhalten bei ihren Kindern erfahren. Interessanterweise kommen bei den Erfahrungsberichten einige, heute sehr erfolgreiche Menschen zu Wort, die sich aber ihre eigene emotionale Leere nicht erklären können. Viele haben dies mit Süchten versucht zu kompensieren. Nun, die Eltern konnten sich schlichtweg nicht um die Bedürfnisse ihrer Kinder kümmern. Und, wenn man Eltern als Looser empfunden hat, was liegt da näher, genau dies im eigenen Leben unter keinen Umständen - koste es, was es wolle - zuzulassen. Diesen Tipp hatte ich auch hier im Forum gefunden.

Und sie haben mich spüren lassen, dass ich der Underdog bin, der Haufen Scheiße, das Schmuddelkind. Wieder, wieder, wieder.


Das darf natürlich nie wieder im weiteren Leben passieren! Nie wieder Schwäche zeigen. Immer oben auf sein. Kompetent 'rüberkommen. Das tust du ja auch. Du bist verbal sehr gut unterwegs.

Suchst Du Gründe für meine Trinkerei?
Nur zu. Ich nutze die Zeit und suche Gründe zum Aufhören.


Nein, ich suche keine Gründe für DEINE Trinkerei. Also, ich schon mal gar nicht. Das wäre dein Part. Ich kann dir lediglich meine neuen Herangehensweisen mitteilen - welche du natürlich wieder belächeln kannst.
D.h., WOZU trinke ich heute in manchen Situationen, was bringt mir das Trinken (hat ja nicht nur Nachteile - ist ja auch eine Bewältigungsstrategie. Was triggert mich heute? Welche Situationen/welche Menschen kann ich ohne Alkohol nicht aushalten? Welche Masken muss ich aufrecht erhalten? Welche Unsicherheiten/Ängste will ich damit killen, Welche Minderwertigkeitsgefühle überdecken?

Ich sagte ja bereits, dass ich ebenfalls in den s.g. höheren Etagen unterwegs war. Auch ich war mit Statussymbolen umgeben und finanziell gut abgesichert. Aber selbst die Segeljacht und der Jaguar, sowie das gesellschaftliche Standing konnten meine innere Leere nicht füllen. Die Verlogenheit der Fassaden war einfach krass. Nun, ich bin aus der Welt der Hotshots und Highflyers ausgestiegen und heute selbstständig im Eventbereich. Hapert zwar an finanzieller Sicherheit, aber ich mache das, was mir Spaß macht. Ich bin 57 - but you're never to old to do what you like, as long as you like what you do. Heute denke ich aber auch, dass ich nicht hätte aussteigen müssen, wenn ich den Mumm gehabt hätte, mein ungesundes Anpassungsverhalten durch ein authentisches Verhalten ersetzt hätte. Dies wird normalerweise höher geschätzt als das "Heulen mit den Wölfen". Und gerade die, die selber an ihren Masken festhalten, sind diejenigen, die rummoppern - weil sie ihre eigenen Schwächen nicht sehen wollen. Am Ende des Tages bewundern sie einen insgeheim.

Being the bad cop - bin ich gespannt auf deine Gegenargumente!

Mag sein, dass dich das wieder schmunzeln lässt.

Trotzdem weiterhin viel Erfolg und ein schönes Wochenende wünscht Dir

Choklat
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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Amadeus » 13. Dezember 2015, 05:39

Guten Morgen.
Viel zu früh, kann nicht schlafen. Rückenschmerzen.

KW50 (ab jetzt So-Sa): Baclofen konstant 75 mg, Wein 0-0-1-0-0-0-1 Flaschen

Dienstag: Sekt mit dem Team, gelungener Projektabschluss
Samstag: großes Abendessen
Der Automatismus scheint gebrochen, gerade die morgendliche Lust auf den ersten Schluck ist weg, das Verlangen nach dem Gefühl des Angetrunkenseins schwindet.

Hi Choklat!
Das war weit weniger zynisch, als es sich liest. Ich sage, man "muss" bei gewissen Gelegenheiten mittrinken, Du sagst, man "muss" seine Trinkgründe hinterfragen. Anderes Argument, gleicher normativer Unfug. Darüber habe ich gelacht, nicht über Dich. Ich habe schon verstanden, was Du mir sagen wolltest, glaube ich.
Ich habe meine Geschichte erzählt, weil ich der Ansicht bin, dass es den Trinkgrund nicht gibt. Wenn Du mich fragst, warum ich trinke: weil ich gern angetrunken bin, es fühlt sich einfach toll an. Morgens zum Warmwerden, vormittags, weil die Arbeit leichter von der Hand geht, mittags, weil es gut zum Essen schmeckt, nachmittags, um noch zwei Stunden durchzuhalten, früher Abend, um den Ärger über einen dummen Fehler runterzuspülen, abends zum chillen. Und immer, weil es sich einfach gut anfühlt, wenn das Blut warm ist und die Füße leicht sind. Also was ist mein Trinkgrund, von dem ich was wissen müsste?
Es gibt nicht einen, es gibt tausend. Oder eben keinen.

Es gibt aber einen Grund, aufzuhören. Meine Gesundheit ist in Gefahr, ich werde zunehmend schusselig, vergesse Termine, Absprachen etc. Nicht die große, wichtigen, das habe ich noch vor mir. Aber die kleinen Absprachen auf dem Flur, die gehen mir zusehends durch die Lappen. Meine Leberwerte sind furchterregend, und ich bin zusehends mehr und betrunkener mit dem Auto unterwegs gewesen.
Wenn ich besoffen den Wagen crashe (jetzt mal abgesehen von den möglichen Folgen für Unschuldige...), wenn ich mit gelben Augen in der Klinik lande, wenn die Mitarbeiter oder Kunden merken, dass man sich auf mein Wort nicht mehr verlassen kann, dann war es das mit fester Burg und scharfem Schwert. Dann kann ich die Meinen nicht mehr schützen. Das ist der eine und einzige Grund, aufzuhören: Verantwortung.
Und der entkomme ich auch dann nicht, wenn ich rumheule, weil mich vor 40 Jahren die anderen Kinder gehänselt haben, oder es heute noch Kreise gibt, die mich als den Emporkömmling behandeln, der ich ja bin.
Das alles hat nichts mit Geld zu tun, Du hast ja selbst gesehen, das Yacht und Jaguar zwar Spaß machen, "es" aber schlussendlich auch nicht sind. Bin ich ganz Deiner Meinung.

Jim Carrey hat geschrieben:I think everybody should get rich and famous and do everything they ever dreamed of so they can see that it's not the answer.


Es hat nur was mit der Frage zu tun, ob ich mich morgens im Spiegel noch anschauen mag. Ob ich meine Aufgaben erfülle, sei es als Mitmensch, als Chef, als Vater oder als Ehemann. Ob ich "my shit done" kriege, oder morgen nicht mehr weiß, was ich gestern versprochen habe. Es geht weniger darum, welchen Weg ich gehe, sondern darum, ob ich ihn gehe oder mir lieber selbst auf den Füßen stehe und klage, dass es nicht voran geht.

Heute denke ich aber auch, dass ich nicht hätte aussteigen müssen, wenn ich den Mumm gehabt hätte, mein ungesundes Anpassungsverhalten durch ein authentisches Verhalten ersetzt hätte. Dies wird normalerweise höher geschätzt als das "Heulen mit den Wölfen". Und gerade die, die selber an ihren Masken festhalten, sind diejenigen, die rummoppern - weil sie ihre eigenen Schwächen nicht sehen wollen. Am Ende des Tages bewundern sie einen insgeheim.


Auch da gebe ich Dir recht.
Nur ist mein authentisches Verhalten eben, volle Pulle reinzuhauen und es nach einem Erfolg auch mal richtig krachen zu lassen. Authentizität bedeutet ja nicht, auf Teufel komm raus alles anders zu machen. Mir macht das, was ich tue, wirklich Spaß, ich sehe eine gesellschaftliche Relevanz und ich bin - wenn ich volle Leistung bringen kann - verteufelt gut darin.

Auch Dir und Euch weiterhin viel Erfolg und einen schönen Sonntag.
Viele Grüße
Amadeus

PS: danke für den Tipp mit den Kriegskindern, das ist interessant!

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Re: Amadeus' Reset

Beitragvon Choklat1 » 13. Dezember 2015, 12:03

Moin Amadeus,

danke für die schnelle Antwort und deine ausführliche Beschreibung.

Super, wie du deinen Konsum runtergefahren hast.

das Verlangen nach dem Gefühl des Angetrunkenseins schwindet.


Das ist ja eine richtig gute Entwicklung - und sicherlich eine neue Erfahrung! :-!? Hut ab!


Wenn Du mich fragst, warum ich trinke: weil ich gern angetrunken bin, es fühlt sich einfach toll an. Morgens zum Warmwerden, vormittags, weil die Arbeit leichter von der Hand geht, mittags, weil es gut zum Essen schmeckt, nachmittags, um noch zwei Stunden durchzuhalten, früher Abend, um den Ärger über einen dummen Fehler runterzuspülen, abends zum chillen. Und immer, weil es sich einfach gut anfühlt, wenn das Blut warm ist und die Füße leicht sind. Also was ist mein Trinkgrund, von dem ich was wissen müsste?
Es gibt nicht einen, es gibt tausend. Oder eben keinen.


Vielleicht habe ich mich mit den Gründen falsch ausgedrückt, denn was du beschreibst, sind genau die WOZU's - also die aktuellen Gründe, aus denen du im Moment trinken willst. Die Erlebnisse der Vergangenheit spielen da insofern mit 'rein, dass sie evtl. dazu geführt haben könnten, dass man ohne Alk evtl. gehemmter unzufriedener, müder oder lustlos ist, sich manchmal gar nicht toll fühlt oder nicht gut ertragen kann, wenn ein dummer Fehler an einem nagt. Und ja, es gibt tausend Gründe und das WOZU man gerade jetzt für diese Situation im Alkohl die schnelle Lösung braucht. Die negativen Gefühle verwandeln sich ruckzuck in positive. Das ist ja gerade der Reiz daran.
Das hast du super beschrieben. Es gibt genug Leute, die wissen gar nicht, wozu sie zur Flasche greifen. Da gibt es oft nur 7 Gründe: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag.

Es gibt aber einen Grund, aufzuhören. Meine Gesundheit ist in Gefahr, ich werde zunehmend schusselig, vergesse Termine, Absprachen etc. Nicht die große, wichtigen, das habe ich noch vor mir. Aber die kleinen Absprachen auf dem Flur, die gehen mir zusehends durch die Lappen. Meine Leberwerte sind furchterregend, und ich bin zusehends mehr und betrunkener mit dem Auto unterwegs gewesen.


Diese (recht vielen) Gründe haben nun so an Wichtigkeit für dich gewonnen und sind starke Motive! (Viktor Frankl, ein Psychiater der Wiener Schule hat u.a. den Ansatz vertreten, dass ein Sinn, der uns wichtiger ist, als bei schlechten Gewohnheiten zu bleiben, die Kraft gibt auszusteigen und auf das sinngebende Ziel hinzuarbeiten - ein starker Motor! (s. Viktor Frankl - der Wille zum Sinn) anstatt analytisch in der Vergangenheit zu graben. - Seine Bücher haben mir da viel gegeben.

Aber die kleinen Absprachen auf dem Flur, die gehen mir zusehends durch die Lappen.


Oh ja, das kenne ich: Wie war das - was hat der/die gesagt? Was habe ich vergessen? - Peinlich und stressig.

Was mir oft hinterher gesagt wurde von Leuten, die nüchtern waren während ich ihnen angetrunken begegnet bin (oder sie haben hinter meinen Rücken getuschelt): "Komisch, die war wieder leicht überdreht, ist immer gut drauf, auch wenn's gerade nicht zur Situation passt, dann die leicht gerötete Gesichtsfarbe und riechen kann man zeitweise auch die Fahne" - sprich, unser Umfeld merkt schon oft viel früher als wir es ahnen, dass wir da "ein Problem" haben, auch wenn wir dies nicht wahrhaben wollen.

Da du jetzt schon so weit deinen Konsum 'runtergefahren hast, nicht weiter in die Zerstörung abdriften willst, bist du auf einem guten Weg.

Wünsche dir weiterhin viel Erfolg dabei und einen schönen Sonntag.

LG
Choklat
Versöhnen heißt, dass ich ganz bei mir bin, dass ich mich spüre, dass ich mich freue über mich, so wie ich bin. So wie ich bin, bin ich einmalig
Anselm Grün - Einladung zum Leben


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