Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Neues aus der Forschung, Fachartikel und sonstige Publikationen in den Medien.
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Chinaski
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Re: Provisorische Zulassung RTU in Frankreich beantragt

Beitragvon Chinaski » 21. März 2014, 21:50

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DonQuixote
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Re: Provisorische Zulassung RTU in Frankreich beantragt

Beitragvon DonQuixote » 21. März 2014, 21:55

Hallo erst mal

Es gibt weitere kritische Stimmen, hier eine gemeinsame Pressemitteilung von:

  • Collège national pour la qualité des soins en psychiatrie (CNQSP)
  • Collège national des universitaires de psychiatrie (CNUP)
  • Fédération française de psychiatrie (FFP)
  • Intersyndicale de défense de la psychiatrie publique (IDEPP)
  • Syndicat national des psychiatres privés (SNPP)
  • Syndicat des psychiatres d’exercice public (SPEP)
  • Syndicat des psychiatres français (SPF)
  • Syndicat des psychiatres des hôpitaux (SPH)
  • Syndicat des psychiatres salariés de la Confédération française de l’encadrement – Confédération générale des cadres (SP CFE-CGC)
  • Syndicat universitaire de psychiatrie (SUP)
  • Union syndicale de la psychiatrie (USP)
Kurz zusammenfassend :

  • Die Forderung nach einer Zweitmeinung ab einer Dosis von mehr als 120 mg / Tag ist sinnlos.
  • Das Einholen einer Zweitmeinung ab einer Dosis von mehr als 180 mg kann sinnvoll sein, dies muss jedoch im Ermessen des behandelnden Arztes liegen.
  • Jedenfalls dann, wenn der behandelnde Arzt selbst Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ist, sind Belgleiterkrankungen aus dem psychiatrischen Bereich nicht gegenindiziert.
  • Wir verlangen, dass die RTU in diesem Sinne abgeändert wird.
Au weia, und das gemeinsam von praktisch sämtlichen französischen Psychiatrie-Fachverbänden! Was hat die ANSM eigentlich an ihren vorbereitenden Sitzungen gemacht?

Fragt sich DonQuixote

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Re: Provisorische Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 15. Juni 2014, 14:49

Hallo erst mal

Soderle, jetzt ist auch noch die letzte Lücke geschlossen worden. Das französische Gesetz, auf welchem die RTU beruht, ist ja noch ziemlich jung (2011), und Baclofen ist das erste Medikament überhaupt, welches von einer RTU profitiert hat. Obwohl Baclofen also offiziell seit März dieses Jahres in Frankreich für die Behandlung von Alkoholismus zugelassen ist, gab es, warum weiß kein Mensch, noch einen Hickhack um die Erstattungsfähigkeit durch die gesetzliche Krankenversicherung (CNAMTS). Auch dieses leidige Gezerre hat jetzt aber ein einvernehmliches Ende gefunden und mit doppelministeriellem Erlass (Finanzen / Gesundheit & Soziales) ist jetzt klargestellt worden, dass Baclofen für diesen neuen Therapiezweck selbstverständlich erstattet wird.

In der Praxis war das allerdings schon vorher meist so. Eine Umfrage unter knapp dreihundert Baclofen gegen Alkoholismus verschreibenden französischen Ärzten hat ergeben, dass bereits vor der Erteilung der RTU in fast 80 % der Fälle auf den Rezepten so getan wurde, als sei das Medikament erstattungsfähig und damit wurde das dann auch von den Kassen berappt. Die haben’s ja gut, die Franzosen, die scheinen kein Problem mit explodierenden Gesundheitskosten oder überhaupt mit dem Staatshaushalt zu haben *hüstel*.

Einen positiven Effekt hat dieses französische „laissez-faire“ für uns jedoch gehabt. Es erlaubte nämlich der dortigen staatlichen Krankenversicherung abzuschätzen, wie viele Ärzte in Frankreich Baclofen für die Behandlung von Alkoholismus verschreiben, und man kam für das Jahr 2012 auf die stolze Zahl von 10‘000. Inzwischen dürften es natürlich sehr viel mehr sein, versteht sich.

Bien à vous, DonQuixote

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Re: Provisorische Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon agnesl » 15. Juni 2014, 15:25

Hallo DonQ
ein kleiner Beitrag von mir hierzu!
Kann nicht verstehen,warum die Franz.Kassen,nachdem das Med. nun zugelassen istr,nicht den kleinen Beitrag an Euro übernehmen will,wenn die Medikamente für die Folgen von Alkoholismus viel teurer sind.
Bei einem Arzt kann ich es noch verstehen.Der hat mehr davon wenn er einen Kranken dauerhaft behandeln kann!

Doch die Kasse sollten doch froh sein,wenn die Folgekosten des Alkoholismis,dauerhaft duch die gabe von Bac minimiert werden.
meint
agnesl


PS.Danke für den Daumen [hi_bye]

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Re: Provisorische Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 15. Juni 2014, 18:16

Hi agnesl

Ja, klar. Niemand in Frankreich hat’s wirklich begriffen, warum es nach der dortigen Zulassung noch diese leidige Debatte um die Erstattungsfähigkeit gab. Aber zum Glück haben die ja dort auch ihre Minister *hüstel*, und jetzt ist endlich alles gut *uff*.

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 4. Juli 2014, 06:54

Hallo erst mal

Am 16. Juni erschien auf dem französischen Gesundheitsportal „Pourquoi Docteur“ ein Artikel, der sich mit den bisherigen Erfahrungen der RTU auseinandersetzte. Ich übersetze das jetzt einfach mal eins zu eins, die Linksetzungen stammen indes von mir:

Artikel in < Pourquoi Docteur> hat geschrieben:
Vor drei Monaten gab die ANSM grünes Licht für eine vorgezogene, zeitlich auf drei Jahre befristete Zulassung von Baclofen zur Behandlung des Alkoholismus (RTU). Zurzeit sind im dafür eingerichtete Internet-Portal insgesamt 2‘200 Patienten registriert.
Etwas mehr als drei Monate nach der Initiierung der RTU und der Einrichtung der dafür vorgesehenen virtuellen Daten-Sammelstelle, zieht die französische Zulassungsbehörde (ANSM) zum zweiten Mal Bilanz. „Es ist mehrheitlich ein Erfolg“, so äußerte sich die ANSM noch im April dieses Jahres anlässlich einer Pressekonferenz. Insbesondere deshalb, weil die Zahl der Eingeschriebenen Ärzte und Patienten stetig anstieg. Vor allem erhoffte man sich, dass sich mehr und mehr die bereits in Behandlung stehenden Patienten in das System eingliedern werden. Heute muss man allerdings feststellen, dass diese gut gemeinten Vorsätze nur langsam Früchte tragen.

2‘200 eingeschriebene Patienten in drei Monaten
Denn nur 850 Ärzte haben sich bisher im System der ANSM registriert. Das ist wenig, wenn man dies mit der Zahl von 90‘000 Allgemeinpraktikern (Quelle: Hexagone) vergleicht. So sind es doch gerade diese Allgemeinpraktiker, die als erste Kontakt mit den Alkoholabhängigen haben. Kommt noch dazu, dass etwas weniger als die Hälfte (44%) der bisher registrierten Ärzte noch keine Patienten gemeldet haben. Die andere Hälfte (56%) behandelt im Durchschnitt vier alkoholabhängige Patienten, so die Aussage der ANSM im April dieses Jahres. Alles zusammen genommen, sind in der Datenbank der ANSM heute insgesamt 2‘200 alkoholabhängige Patienten registriert. Im Vergleich zur letzten Bilanz von Ende April, mit 400 registrierten Patienten, muss man feststellen, dass sich die Zunahme in überschaubaren Grenzen hält.

Nur die eingeschriebenen Patienten profitieren von der Kostenerstattung des Medikaments
Die ANSM bemüht sich deshalb weiter, die Ärzteschaft zur Registrierung (Zeitaufwand zwei Minuten) auf ihrem Portal zu ermuntern, denn glaubt man den Zahlen der staatlichen Krankenversicherung, erhielten seit 2008 bereits mehr als 50‘000 Patienten Baclofen zur Behandlung ihrer Alkoholsucht, aus den Händen oder Rezeptblöcken von 7‘000 Ärzten. Und dies wohlgemerkt in einem nur halb legalen („off-label“) Rahmen.

Nichtsdestoweniger könnte eine vor kurzem erfolgte Entscheidung des Gesundheitsministeriums diesen Trend jetzt umkehren. Am vergangenen 13. Juni wurde mit Regierungserlass die Kostenerstattung ermöglicht. Doch nur diejenigen Patienten, welche in der Datenbank der ANSM auch tatsächlich erfasst sind und dem von der ANSM empfohlenen Protokoll folgen, sollen in den Genuss einer solchen Kostenerstattung kommen. So jedenfalls die Verlautbarung des offiziellen Kommunikees.

Na ja, Ihr seht schon: Alles ein bisserl unpräzise, falsche, oder ich möchte sagen längst überholte Zahlen und Fakten, vieles vom Hörensagen oder jedenfalls ohne Quellenangaben und dann auch noch das Durcheinanderbringen von Zeitrahmen. Journalismus halt, wie er leibt und lebt *gg*.

Tatsache ist aber, dass sich sehr viele Ärzte und Patienten in ihrer „Off-Label-Nische“ noch sehr wohl zu fühlen scheinen. Das wurde angesichts der etwas restriktiven Bedingungen der RTU aber auch vorausgesagt. Macht aber nix: Die RTU ist ein Erfolg und wird hoffentlich viele Ärzte und Patienten neu zu dieser Therapie ermutigen. Hürden gibt es allerdings noch genug, wie Sylvie Imbert, die Präsidentin der französischen Association Baclofène es in einem Interview kürzlich treffend zum Ausdruck brachte.

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 10. Oktober 2014, 22:25

Seid gegrüßt

Die französische Agentur zur Überwachung der Medikamentensicherheit (ANSM) gab der Online-Publikation „Pourquoidocteur“ Auskunft über eine Zwischenbilanz nach sechs Monaten RTU. Nachstehend die Übersetzung aus dem Französischen des am 17. September erschienenen Artikels:

Pourquoidocteur hat geschrieben:Vor sechs Monaten gab die ANSM grünes Licht für eine RTU zu Gunsten von Baclofen für die Behandlung der Alkoholabhängigkeit. Die Zahl von derzeit 3'700 auf dem entsprechenden Portal eingeschriebenen Patienten wächst indes nur langsam.

Fast fünf Millionen Franzosen haben ein Alkoholproblem und wenn sie sich deswegen ihrem Arzt anvertrauen, sieht sich der oft in einer Art Sackgasse gefangen. Deshalb wurde die Zulassung von Baclofen für eine solche Behandlung schon sehr lange erwartet. Doch mehr als sechs Monate danach hält sich der Enthusiasmus in Grenzen. Die Agentur für die Überwachung der Medikamentensicherheit (ANSM) zieht gegenüber „Pourquoidocteur“ eine Zwischenbilanz und gibt Auskunft über die Umsetzung mittels des von der ANSM für die Betreuung von Patienten und Ärzten eingeführten Internetportals http://www.rtubaclofene.org. „Es ist mehrheitlich ein Erfolg“, meint François Hébert, stellvertretender Generaldirektor der ANSM. Vor allem die Zahl der eingeschriebenen Patienten und Ärzte steige in „angemessenem Umfang“, er gibt aber auch seiner Hoffnung für ein schnelleres Wachsen dieser Zahlen Ausdruck. Zurzeit muss man feststellen, dass es nur schleppend vorangeht.

Ein angestrebtes Ziel von 300‘000 Patienten in drei Jahren!

Zurzeit (17. September 2014) haben sich jedoch erst 1‘100 Ärzte auf dem Internetportal registriert. Das sind wenige im Vergleich zu insgesamt (laut Hexagone) 90‘000 Allgemeinpratikern, d.h. Ärzten, welche mit Sicherheit bei der Behandlung ihrer Patienten mit dem Problem der Alkoholabhängigkeit konfrontiert sein dürften. Kommt noch dazu, dass laut ANSM etwas weniger als die Hälfte dieser registrierten Ärzte bisher keine mit Baclofen behandelten Patienten gemeldet haben und es bei der anderen Hälfte im Durchschnitt lediglich vier sind. Stand heute zählt die RTU-Datenbank der ANSM insgesamt 3'700 in Behandlung stehende Alkoholabhängige.

Im Vergleich zur letzten Zwischenbilanz von Ende Juni, mit damals 2‘200 Patienten, ist der Zuwachs gering. Gemäß einer mit dem Dossier vertrauten Quelle rechneten die verschiedenen Akteure des Portals ursprünglich mit ca. 15‘000 registrierten Alkoholabhängigen nach sechs Monaten. Das angestrebte Ziel von registrierten 300‘000 Patienten und 100‘000 Ärzten nach drei Jahren scheint so schwierig zu erreichen.

Angesichts dieser Zahlen beabsichtigt die ANSM einen Aufruf an die Ärzteschaft, sich und ihre Patienten auf dem Internetportal zu registrieren. Gegenüber „Pourquoidocteur“ betont François Hébert, dass dadurch eine „viel bessere und sicherere Begleitung der Patienten und Ärzte gewährleistet“ sei, als „bei einer Off-Label-Behandlung“.

Und nochmal François Hébert: „Es ist wichtig, die Ärzte darauf hinzuweisen, dass es diese RTU gibt. Das dort vorgesehene Protokoll erlaubt eine bessere Beherrschung von Nebenwirkungen, welche bei dieser Behandlung auftreten können.“

RTU: Eine maximal abgesicherte Behandlung.

Außerdem, so die ANSM, biete die RTU den Patienten größtmögliche Gewähr, dass durch das von der Agentur festgelegte Schema der Dosierung ein Minimum an möglichen Nebenwirkungen (Epilepsie-Anfälle, Depressionen etc.) auftreten. Zur Erinnerung: Die RTU sieht eine stufenweise Verschreibung vor. Ab 120 mg / Tag muss der Arzt einen in der Behandlung der Alkoholabhängigkeit erfahrenen Kollegen zu Rate ziehen und ab 180 mg / Tag, respektive bereits ab 120 mg / Tag bei Patienten ab 65 Jahren, ist die Zusammenarbeit mit einer anerkannten suchtmedizinischen Einrichtung (CSAPA) oder der suchtmedizinischen Abteilung eines Spitals mit entsprechender Erfahrung erforderlich. Außerdem darf die Dosis von 300 mg / Tag im Rahmen der RTU nicht überschritten werden.

Um die noch zögernden Ärzte vom Protokoll der RTU zu überzeugen, weist die ANSM auf die Einfachheit des Verfahrens hin: „Es ist überhaupt nicht kompliziert und die Neuerfassung eines Patienten nimmt lediglich ein paar wenige Minuten in Anspruch. Bei den weiteren Konsultationen ist es dann noch weniger.“ Eine Einschätzung, die von praktizierenden Ärzten nicht immer geteilt wird und die der Meinung sind, das Verfahren sei zu umständlich.

Das Portal sei zu kompliziert, monieren die Promotoren der Baclofen-Therapie

Prof. Philippe Jaury, Leiter der in Zusammenarbeit mit praktizierenden Ärzten durchgeführten klinischen Studie Bacloville, erstaunen diese Zahlen nicht. Gegenüber „Pourquoidocteur“ gibt er zu bedenken, dass das Verfahren des Meldeportals eine weitere Administrative Bürde für die Ärzte darstellt: „Es kann nicht die Aufgabe der Ärzte sein, auf dem Portal die Identität ihrer Patienten einzutragen (Anm.d.R: Nur die Initialen müssen angegeben werden). Außerdem ist das dortige Protokoll nicht so simpel, wie das die ANSM behauptet. Es müssen auch viele andere Angaben gemacht werden (Vorausgegangene Behandlungen, Werte von Blutuntersuchungen etc.)“. Außerdem unterstreicht der Allgemein- und Suchtmediziner, dass viele Patienten kein Vertrauen in das Verfahren haben: „Einige lehnen es nur schon deshalb ab, weil sie nicht wollen, das ihr Dossier einem Internetportal anvertraut wird. Und bei mir sind viele in Behandlung, die das selbst dann ablehnen, wenn ihnen versichert wird, dass alles anonymisiert und abgesichert sei. Es gibt eben eine gewisse Paranoia angesichts solcher zentralisierter und letztendlich auch durch Hacker abgreifbarer Datensammlungen“, gibt Jaury zu bedenken.

Auch zukünftig werde die ANSM Schwierigkeiten haben, die Ärzte von einer Registrierung zu überzeugen. „Und es ist auch nicht die Erstattungsfähigkeit des Medikaments nur für registrierte Patienten, das zu einer Wende führen könnte“, führt er weiter aus. „Denn den Patienten, welchen das Medikament außerhalb des Portals und damit off-label verschrieben wird, werden die Kosten genauso erstattet wie den anderen. Im Moment gibt es da überhaupt keine Kontrolle“. Ginge es nach ihm, hätte die Schulung für den Umgang mit dem Medikament den Praktikern überlassen werden sollen, welche sich schon lange für dessen Legalisierung eingesetzt hatten. „An ihnen, und nicht an einem solchen komplizierten Portal, sollte es liegen, die gemachten Erfahrungen an Kollegen weiterzugeben“, schlussfolgert er.

Gemäß der staatlichen Krankenversicherung wurden seit 2008 über 50‘000 Patienten mit Baclofen gegen Alkoholabhängigkeit behandelt und 7‘000 Ärzte verschrieben das Medikament in einem nur halb legalen Rahmen.

Nun muss man der ANSM zu Gute halten, dass es die gesetzliche Grundlage für eine RTU erst seit 2011 gibt, und dass Baclofen das erste Medikament ist, welches bisher von einer RTU profitiert hat. Wie also damit umgehen? Die ANSM hat sich für ein solches Melde-Portal entschieden, das kann ich jetzt irgendwie schon nachvollziehen. Schon im Vorfeld der RTU beklagten sich allerdings die Baclofen-Ärztevereinigungen, nicht zu den vorbereitenden Sitzungen der ANSM hinzugezogen worden zu sein. Und das scheint sich jetzt zu rächen. Auch manche unnötige Restriktionen halten offenbar viele Ärzte und Therapeuten noch von einer Registrierung auf dem Portal und einer Durchführung der Behandlung streng nach dem dortigen Protokoll ab. Viele Therapien werden deshalb wohl auch in Frankreich noch off-label durchgeführt.

Aber hey, 3‘700 in dem Portal registrierte und in Behandlung stehende Patienten nach sechs Monaten ist ja auch nicht Nichts. In Deutschland und Europa wären jedenfalls viele froh, wenn es dort auch so ein Instrument wie die RTU gäbe.

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 11. Oktober 2014, 19:57

Seid erneut gegrüßt

Also insgesamt finde ich den Artikel voll ok, d.h. insbesondere „journalistisch ausgewogen“, wie sich das ja gehört. Und immerhin ist „Pourquoidocteur“ die einzige mir bekannte Publikation, welche der Sache gezielt nachgeht, und das auch ohne, dass es öffentliche Verlautbarungen der ANSM gibt. Allerdings haben sich da doch ein paar ganz wenige handwerkliche Recherchefehler ergeben, lasst sie mich zitieren:

Pourquoidocteur hat geschrieben:Außerdem, so die ANSM, biete die RTU den Patienten größtmögliche Gewähr, dass durch das von der Agentur festgelegte Schema der Dosierung ein Minimum an möglichen Nebenwirkungen (Epilepsie-Anfälle, Depressionen etc.) auftreten.

Nun ja, Epilepsie-Anfälle und Depressionen sind zwar mögliche Nebenwirkungen von Baclofen, die allerdings sehr selten auftreten, und daher das letzte wäre, was ich als Journalist in einer solchen knappen Zusammenfassung erwähnen würde. Und dann noch das hier:

Pourquoidocteur hat geschrieben:Gemäß der staatlichen Krankenversicherung wurden seit 2008 über 50‘000 Patienten mit Baclofen gegen Alkoholabhängigkeit behandelt und 7‘000 Ärzte verschrieben das Medikament in einem nur halb legalen Rahmen

Wer diesen Thread (und andere) aufmerksam verfolgt hat, der weiß, dass es im Jahr 2012 in Frankreich, immer noch laut der dortigen staatlichen Krankenversicherung, schon 10‘000 Baclofen verschreibende Ärzte gegeben hatte und dass es zur Zeit der „Drucklegung“ des Online-Artikels im September 2014 jetzt natürlich sehr viel mehr sind.

So, jetzt aber genug Krümel gekackt. Schön, dass sich „Pourquoidocteur“ drum kümmert und regelmäßig darüber berichtet.

Meint DonQuixote

P.S. „Pourquoidocteur“ ist übrigens eine ziemlich populäre Internetseite und gehört laut alexa.com zu den weltweit ca. 50‘ - 60‘000 der am meisten beachteten Seiten.

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 24. März 2015, 18:35

Seid gegrüßt

Vor ziemlich genau einem Jahr hat die französische nationale Agentur für die Überwachung der Sicherheit von Medizinalprodukten (ANSM) dem Medikament Baclofen für die Behandlung der Alkoholabhängigkeit zumindest eine auf drei Jahre befristete Zulassung erteilt. Das nimmt die ANSM jetzt löblicherweise zum Anlass, eine erste Erfolgsbilanz zu ziehen und schreibt in ihrer Pressemitteilung („Point d’Information“) vom 20. März 2015:

Pressemitteilung der ANSM hat geschrieben:Die nationale Agentur für die Überwachung der Sicherheit von Medizinalprodukten (ANSM) erteilte dem Wirkstoff Baclofen (Lioresal®, Baclofen Zentiva®) im März 2014 eine vorübergehende Zulassung (RTU) für die Behandlung von Alkoholabhängigen, bei welchen die bisherigen Behandlungsmethoden scheiterten.

Ein Jahr nach Erteilung der Erteilung der RTU zieht die Agentur anhand der gesammelten Daten nun Bilanz. Sie ruft auch in Erinnerung, dass die diesbezügliche Verwendung des Medikaments verpflichtend an die von der ANSM vorgegeben Prozedur der Verschreibung und Patientenbegleitung sowie an die Meldepflicht der Effektivität und der Medikamentensicherheit via des dafür vorgesehenen Internet-Portals gebunden ist, so wie dies im Protokoll zur RTU definiert wurde.

Kontext

(Anmerkung DonQ: Dieses Kapitel übersetze ich nicht, weil es dort für uns nichts wirklich neues zu lesen gibt.)

Erste Auswertung der im Rahmen der RTU erhaltenen Daten

Die Daten, welche in den ersten sechs Monaten, d.h. zwischen dem 14. März 2014 und dem 16. September 2014 via des oben genannten Portals gesammelt wurden, konnten inzwischen ausgewertet werden.

In diesem Zeitraum waren total 3‘570 Patienten durch insgesamt 679 Ärzte registriert. Bei letzteren handelt es sich hauptsächlich um Allgemeinpraktiker (45 %), aber auch um Suchtmediziner (32 %) und Psychiater (13 %). Die Mehrheit der Partienten waren Männer (70 %), das Durchschnittsalter lag bei 48 Jahren. Bei den Patienten, welche neu mit der Behandlung begonnen hatten (39 % ), war die meistgenannte Indikation (65 %) die Reduzierung des Alkoholkonsums. Etwas mehr als die Hälfte der Patienten (n = 2032 = 57 %) haben an mindestens einer ärztlichen Folgevisite teilgenommen und unter diesen Patienten gaben 163 (8%) die Behandlung auf.

Das Resultat die Wirksamkeit betreffend stützt sich auf diejenigen 2032 Patienten, welche an mindestens einer ärztlichen Folgevisite teilgenommen haben. Es zeigt eine durchschnittliche Reduzierung des täglichen Alkoholkonsums von 56 Gramm Reinalkohol bei den Patienten, welche die Behandlung neu und mit der RTU begonnen hatten (n = 782: Anm. DonQ: = 38 % von 2032) und 15 Gramm Reinalkohol Reinalkohol pro Tag bei den Patienten, deren Behandlungsbeginn bereits vor der Erteilung der RTU lag (n = 1194: Anm. DonQ: = 59 % von 2032).

Anmerkung DonQ: 782 + 1194 ergibt 1‘976, nicht 2‘032 Patienten, siehe oben. 56 Patienten (3 %) sind aus der Statistik „verschwunden“. Wohin wird leider nicht gesagt … Doch jetzt weiter im Text:

Pressemitteilung der ANSM hat geschrieben:Unter den Patienten, welche die Behandlung neu und mit der RTU begonnen hatten, waren 12 % bereits bei Beginn der Behandlung abstinent und 32 % waren dies bei der letzten im Meldeportal gemeldeten ärztlichen Folgevisite. Bei der letzten im Meldeportal gemeldeten ärztlichen Folgevisite waren 46 % derjenigen abstinent, deren Behandlung bereits vor der Erteilung der RTU begonnen hatte.

Ebenfalls vorteilhaft verringert hat sich der Schweregrad des Cravings,, nämlich bei 74 % der Patienten (n = 786), deren Behandlung erst mit der RTU begann und bei 45 % (n = 1207) bei den anderen.

Anmerkung DonQ: Da ist wieder etwas mit den Zahlen unpräzise. Bei „n = x“ kann nicht der Anteil der Patienten, sondern nur die Gesamtzahl der jeweiligen Patientengruppe gemeint sein. Beide Gruppen zusammen (786 + 1207) ergeben jetzt 1‘993 Patienten, vormals waren es 1‘976, siehe oben, aber eigentlich sollten es 2‘032 sein, siehe noch weiter oben. Diesmal sind 39 Patienten aus der Statistik verschwunden, aber immerhin, je nach Sichtweise, 17 Patienten wieder aufgetaucht. Doch nun weiter im Text:

Pressemitteilung der ANSM hat geschrieben:Es gibt auch Aussagen zur Sicherheit der Anwendung. 14 % der Patienten (n = 487) berichteten über mindestens eine Nebenwirkung, bei 9 % der Patienten sind diese Nebenwirkungen wahrscheinlich auf das Medikament Baclofen zurückzuführen. Bei insgesamt 1,7 % der Patienten waren diese Nebenwirkungen schwerwiegender Natur, bei 1,1 % der Patienten sind diese schwerwiegenden Nebenwirkungen wahrscheinlich auf das Medikament Baclofen zurückzuführen. Dies sind Die häufigsten Nebenwirkungen, welche wahrscheinlich auf Baclofen zurückzuführen sind:

  • Neurologische Nebenwirkungen (3,9 % der Patienten), insbesondere Krämpfe (0,2%)
  • Psychische Nebenwirkungen (2,9 % der Patienten), insbesondere Angststörungen (0,5 %), schwere Depressionen (0,3 %) und Suizid-Gedanken (0,2 %). Die registrierten Nebenwirkungen korrelieren mit denjenigen des „Résumé des Caractéristiques du Produit (RCP)“ welches von Spezialisten herausgegeben wurden sowie mit denjenigen des nationalen Überwachungsprogramms (Pharmacovigliance).

Anmerkung DonQ: Jetzt wird es aber richtig komisch mit den Zahlen. „14 % der Patienten (n = 487)“ würde ja bedeuten, dass es insgesamt knapp 3‘500 Patienten gab. Wo kommen die plötzlich her? Die insgesamt ca. 3‘500 Patienten des Beobachtungszeitraums (siehe ganz oben) können es nicht sein, denn nur 2‘032 hatten an wenigstens einer ärztlichen Folgevisite teilgenommen und nur über die kann man ja eigentlich Bescheid wissen. Gut, es bleibt noch der Anteil von Patienten, welche bereits vor der Erteilung der RTU in Behandlung standen und ihren Ärzten bei der Erstkonsultation (auf die es keine weiteren gab) hätten berichten können, aber auch dann passen die Zahlen nicht zusammen. Oder man betrachten nun plötzlich alle Patienten bis März 2015 oder bis irgendwann. Weder über einen solchen Zeitraum noch über die zugehörige Anzahl der Patienten noch über deren Verteilung (vor oder nach RTU) weiß man jedoch Bescheid. Doch erst mal weiter im Text:

Pressemitteilung der ANSM hat geschrieben:Bis im März 2015 wurden insgesamt etwas mehr als 5‘000 Patienten im RTU-Portal registriert. Das ist sehr wenig, wenn man die die Gesamtheit der alkoholabhängigen und mit Baclofen behandelten Patienten in Betracht zieht.

Die Modalitäten der Verschreibung und die Schlüsselelemente des RTU-Protokolls

  • Die durch die RTU spezifizierten Kontraindikationen
  • Langsames kontinuierliches Steigern der Dosierung
  • Langsames kontinuierliches Absetzen des Medikaments
(Anmerkung DonQ: Diesen Abschnitt übersetze ich jetzt nicht, weil er für uns nichts wirklich Neues enthält)
(Hervorhebungen in allen Zitaten wie im Original, Linksetzungen von mir)

So, das war‘s jetzt erst mal mit dieser – ehm – etwas seltsamen oder zumindest inkohärenten Pressemitteilung der ANSM. In einem zukünftigen Posting geht es dann um:

  • Meine Einschätzung der kommunizierten Daten
  • Medien-Echo (insbes. aus Frankreich) und sonstige Reaktionen auf die Pressemitteilung der ANSM
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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 24. März 2015, 22:12

Seid erneut gegrüßt

Hier also erst mal wie versprochen meine eigene Einschätzung der Daten:

  • 1. Beobachtungszeitraum und Datum der Veröffentlichung

    Beobachtet werden Teilnehmer am RTU-Protokoll von März bis September 2014. Da ist der Veröffentlichungstermin auf der eigenen Homepage von März 2015 aber schon reichlich spät. Ich verstehe ja, dass es für eine gründliche wissenschaftliche Auswertung Zeit benötigt, aber an eben dieser Gründlichkeit scheint es mir zumindest in der oben genannten Pressemitteilung allerdings zu fehlen.
  • 2. Die Studienabbrecher

    Es wird von der ANSM folgendes gesagt:

    „Etwas mehr als die Hälfte der Patienten (n = 2032 = 57 %) haben an mindestens einer ärztlichen Folgevisite teilgenommen und unter diesen Patienten gaben 163 (8%) die Behandlung auf.“

    Schauen wir uns mal den ersten Teil des Satzes an. Demnach hat knapp die Hälfte der Patienten (43%) lediglich eine einzige Konsultation bei einem Arzt gehabt und ist dann „verschwunden“. Dieser Anteil ist unglaubwürdig hoch. Ich vermute viel eher, dass die behandelnden Ärzte angesichts der komplizierten Prozedur und der Einschränkungsbedingungen (dazu im nächsten Posting mehr) zu diesen Patienten ganz einfach keine weiteren Daten zur ANSM kommuniziert hatten. Natürlich kann es auch sein, dass viele dieser „verlorenen“ Patienten weitere Konsultationen bei einem Arzt hatten, dass diese Konsultationen jedoch außerhalb des Beobachtungszeitraumes fielen. Dagegen spricht allerdings, dass ein Folgetermin, auch nach den Regeln der RTU, eigentlich bereits zwei Wochen nach der Erstkonsulation hätte stattfinden müssen.

    Und nun zum zweiten Teil des Satzes: „[…] und unter diesen Patienten [die sich zu mindestens einer Folgekonsultation einfanden] gaben 163 (8%) die Behandlung auf.“ Dieser Prozentuale Anteil von Therapieabbrechern (8 %) erscheint wiederum unglaubwürdig tief.
  • 3. Ausgewertete Patientengruppe

    Ausgewertet wurden die Daten derjeniger Patienten, „welche an mindestens einer ärztlichen Folgevisite teilgenommen haben.“ Streng nach dem Protokoll der RTU müssen solche Folgekonsultationen alle 15 Tage stattfinden (Seite 8 von 64). Ganz am Anfang, d.h. im ersten Monat, werden sie allerdings nach gängiger Praxis wöchentlich stattfinden. Auch nach dem Protokoll der RTU führt das aber nun dazu, dass auch Patienten in die Auswertung einflossen, welche gerade erst mit der Therapie begonnen hatten und über die im Grunde keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Meiner Meinung nach hätte man die Kriterien der Auswertung anders formulieren sollen, nämlich in Etwa so: „Diejenigen Patienten, welche an mindestens einer ärztlichen Folgevisite teilgenommen haben und deren Therapie drei Monate oder mehr gedauert hatte.“
  • 4. Ausgewertete Nebenwirkungen

    Berichtet wird davon, dass insgesamt 14 % der Patienten Nebenwirkungen beschrieben.

    Pressemitteilung der ANSM hat geschrieben:Es gibt auch Aussagen zur Sicherheit der Anwendung. 14 % der Patienten (n = 487) berichteten über mindestens eine Nebenwirkung, bei 9 % der Patienten sind diese Nebenwirkungen wahrscheinlich auf das Medikament Baclofen zurückzuführen. Bei insgesamt 1,7 % der Patienten waren diese Nebenwirkungen schwerwiegender Natur, bei 1,1 % der Patienten sind diese schwerwiegenden Nebenwirkungen wahrscheinlich auf das Medikament Baclofen zurückzuführen. Dies sind Die häufigsten Nebenwirkungen, welche wahrscheinlich auf Baclofen zurückzuführen sind:

    • Neurologische Nebenwirkungen (3,9 % der Patienten), insbesondere Krämpfe (0,2%)
    • Psychische Nebenwirkungen (2,9 % der Patienten), insbesondere Angststörungen (0,5 %), schwere Depressionen (0,3 %) und Suizid-Gedanken (0,2 %). Die registrierten Nebenwirkungen korrelieren mit denjenigen des „Résumé des Caractéristiques du Produit (RCP)“ welches von Spezialisten herausgegeben wurden sowie mit denjenigen des nationalen Überwachungsprogramms (Pharmacovigliance).

    Und schon wieder haben wir doch einen Zahlensalat. 14 % erscheint mir schon mal sehr wenig, und 14 % von wie vielen Patienten ist auch nicht klar, siehe mein letztes Posting. Und dann würde man auch gerne wissen, welche Kriterien durch die ANSM (oder die Ärzt?) anlegt wurden, um beurteilen zu können, welche Nebenwirkungen „wahrscheinlich“ von Baclofen hervorgerufen werden und welche „wahrscheinlich“ nicht. Bei immerhin 36 % der Patienten (14 % gegenüber 9 %, siehe oben) mit verspürten Nebenwirkungen wird vermutet, dass deren verspürte Nebenwirkungen „wahrscheinlich“ nicht von Baclofen verursacht sind.

    Wenn man sich die Zahlen noch genauer ansieht, wird es auch nicht besser.

    • „Neurologische Nebenwirkungen (3,9 % der Patienten), insbesondere Krämpfe (0,2%).“

      Aber von welchen Nebenwirkungen ganz genau berichten dann die anderen 3,7 % der Patienten (3,9 % – 0,2 %), immerhin 95 % aller Patienten, welche ebenfalls „neurologische Nebenwirkungen“ verspüren?
    • „Psychische Nebenwirkungen (2,9 % der Patienten), insbesondere Angststörungen (0,5 %), schwere Depressionen (0,3 %) und Suizid-Gedanken (0,2 %).“

      Aber von welchen Nebenwirkungen ganz genau berichten dann die anderen 1,9 % der Patienten (2,9 % – 0,5 % – 0,3 % – 0,2 %), immerhin 65 % aller Patienten, welche ebenfalls „psychische Nebenwirkungen“ verspüren?
Von einer solchen Pressemitteilung kann man sicher nicht die Exaktheit und die Detailtiefe wie von einem medizinischen Fachartikel erwarten, aber so wie ich die öffentliche Verlautbarung lese, kommt die mir schon ziemlich – sorry - dahingeschlampt vor, immerhin handelt es sich doch um eine offizielle Pressemitteilung der ANSM, – sorry - Merde! So weit man Daten daraus grob ablesen kann, machen sie Mut, sie sind jedenfalls bei Weitem besser als für jedes andere Medikament. Im Detail sind die Zahlen jedoch unbrauchbar.

Meint DonQuixote

P.S. 1: Auf Seite 7 (ganz unten) des RTU-Protokolls ist mir noch ein kleiner aber feiner Fehler aufgefallen. Dort wird die Verschreibung nämlich auf maximal einen Monat (!) beschränkt. Aber keine Bange, spätestens auf der nächsten Seite wird dann klar („Visites de suivi jusqu’à l’arrêt du traitement“), dass die Behandlung natürlich sehr viel länger, ja eigentlich unbeschränkt lange erfolgen kann. Halt: Streng nach dem Protokoll natürlich nur so lange, wie die RTU in Kraft ist, d.h. bis März 2017.

P.S. 2: Im nächsten Posting geht es dann darum, warum sich bisher enttäuschend wenig Ärzte mit ihren Patienten dem Protokoll der RTU angeschlossen haben und ihre Statusmeldungen laufend auf dem dafür vorgesehenen Portal aktualisieren. Und dann, in einem weiteren Posting, versuche ich einen Überblick über das (französische) Medienecho und über sonstige Reaktionen auf die Pressemitteilung der ANSM zu geben.

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 27. März 2015, 23:22

Seid gegrüßt

Ein Medienecho (Frankreich) ist sicher zu vernehmen, aber längst nicht so laut, wie damals unmittelbar vor der Erteilung der RTU. Von den etwas seltsamen Zahlen der ANSM-Pressemitteilung liest man wenig bis nichts. Bedauert wird jedoch allgemein, so wie auch von der ANSM selbst, die bisher geringe Anzahl von Ärzten und Patienten, welche sich bisher im RTU-Portal anmeldeten und das RTU-Protokoll auch strikte einhalten, d.h. insbesondere monatlich eine Rückmeldung abliefern. Hier nochmal die zeitliche Evolution der Zahlen:

Einerseits erkennt man unschwer, dass sich der Zuwachs von Patienten sehr verlangsamte. In den letzten sechs Monaten sind lediglich „etwas mehr“ als 1‘300 Patienten neu hinzugekommen. Ist der „Markt“ etwa schon gesättigt? Mit Sicherheit nicht, dazu später mehr. Auf der anderen Seite gibt es eine hohe Anzahl von Ärzten, welche auf dem Portal zwar gemeldet sind, aber noch keine Patientendaten ablieferten. Außerdem gibt es eine unnatürlich hohe Zahl von vermeintlichen Therapieabrechern (43 %). Ich vermutete schon weiter oben (Ziffer 2.), dass es sich dabei gar nicht um Therapieabbrecher handelt, sondern dass die behandelnden Ärzte schlicht keine Lust und keine Zeit mehr hatten, die administrativen Hürden und Verschreibungsrestriktionen (Siehe ab hier) oder auch schon hier (letzter Teil des Postings), auf sich zu nehmen und ganz einfach keine monatlichen Berichte an die ANSM mehr ablieferten und dem System auch keine neuen Patienten mehr zuführten.

Ein Psychiater beschreibt es in einem Leserkommentar so:

Ein Psychiater in einem Leserkommentar hat geschrieben:Diese RTUs ergeben keinen Sinn. Entweder man erteilt die Marktzulassung oder man lässt es bleiben. Aber nervt uns bitte nicht mit diesen besch*** auszufüllenden Protokollen und den Meldungen an ein Portal. Außerdem ist diese RTU zu restriktiv, vor allem was die psychischen Komorbiditäten und die gleichzeitige Verschreibung von anderen Medikamenten betrifft. Die Situation ist in einem Kleinkrieg von Verfechtern ihres jeweiligen Wundermittels total verfahren. Kurzum: Suchtmedizin wie sie bereits seit ihrer Erfindung stattfindet.

Und eine Patientin berichtet von ihrer letzten Arztvisite:

Eine Patientin, @jocelyne1955, hat geschrieben:Ich komme gerade von meiner Arztvisite. Er sagte mir, dass er am Anfang der RTU das Spiel noch mitgespielt und einige Patienten gemeldet habe. Dass habe aber eine solche zusätzliche Arbeitsbelastung verursacht, dass er mit Neuregistrierungen aufgehört habe und vor er allem auch keine monatlichen Updates der anderen Patienten ablieferte, so wie das eigentlich von ihm verlangt werde.

Dann gibt es einen weiteren Aspekt, nämlich die Unsicherheit der Patienten selbst, die nicht wissen, was mit ihren erfassten Daten passiert. Darauf hatte damals schon Philippe Jaury, einer der erfahrensten französischen „Baclofen-Ärzte“ und Studienleiter der kontrollierten Studie BACLOVILLE hingewiesen, ich zitiere ihn hier nochmal:

„Pourquoidocteur“, Philippe Jaury zitierend, hat geschrieben:„Es kann nicht die Aufgabe der Ärzte sein, auf dem Portal die Identität ihrer Patienten einzutragen (Anm.d.R: Nur die Initialen müssen angegeben werden). Außerdem ist das dortige Protokoll nicht so simpel, wie das die ANSM behauptet. Es müssen auch viele andere Angaben gemacht werden (Vorausgegangene Behandlungen, Werte von Blutuntersuchungen etc.)“. Außerdem unterstreicht der Allgemein- und Suchtmediziner, dass viele Patienten kein Vertrauen in das Verfahren haben: „Einige lehnen es nur schon deshalb ab, weil sie nicht wollen, das ihr Dossier einem Internetportal anvertraut wird. Und bei mir sind viele in Behandlung, die das selbst dann ablehnen, wenn ihnen versichert wird, dass alles anonymisiert und abgesichert sei. Es gibt eben eine gewisse Paranoia angesichts solcher zentralisierter und letztendlich auch durch Hacker abgreifbarer Datensammlungen“, gibt Jaury zu bedenken.

Wie „simpel“ oder „komplex“ das Meldeverfahren ist, könnt Ihr, auch ohne der französischen Sprache mächtig zu sein, in etwa erahnen, wenn ihr Euch die Prozedur im RTU-Protokoll mal anschaut, dort Seiten 12 bis 19.

So, ich mache jetzt aber erst mal Schluss, das Posting wird ja immer länger und noch länger. Mehr dann zu einem späteren Zeitpunkt, das Eine oder Andere gibt es nämlich noch zu sagen ...

À bientôt, DonQuixote

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 9. September 2015, 16:16

Seid gegrüßt

Kritik an den Durchführungsbestimmungen zur RTU gab es ja schon seit deren Einführung. Nun scheint aber Bewegung in die Sache zu kommen. Zunächst gab es am 25. August einen gemeinsam veröffentlichten offenen Brief von Dr. Renaud de Beaurepaire und Prof. Philippe Jaury, in welchem sie die Frage stellten, warum trotz Einführung der RTU dennoch die Verkaufszahlen von Baclofen sinken:

Übersetzt: Verunmöglicht [wörtlich sogar: "kannibalisiert" oder "ermordet" oder "erstickt"] die RTU die Anwendung von Baclofen?

Für Beaurepaire und Jaury ist die Antwort klar: Es sind die unnötigen Restriktionen der RTU, welche die Ursache für die inzwischen sogar rückläufige Verschreibung von Baclofen zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit sind. Siehe dazu auch den Blog-Eintrag des uns bereits bekannten französischen Medizinjournalisten Yean-Yves Nau vom 26. August 2015.

Der Kritik folgen nun aber offenbar Taten. In einem Interview vom 7. September mit dem französischen Online-Portal „Pourquoi Docteur“ berichtet Prof. Philippe Jaury, der Studienleiter der klinischen Studie BACLOVILLE, von einem gewissen Einlenken der für die RTU zuständigen französischen Behörde für die Überwachung der Sicherheit von Medikamenten und Medizinalprodukten ANSM. Demnach werde es „bereits im Oktober, aber jedenfalls noch vor Jahresende“ Anpassungen und Erleichterungen im RTU-Protokoll geben. Welche Anpassungen und Erleichterungen das genau sein werden, konnte oder mochte Jaury natürlich auch nicht explizit sagen. Aber schaun‘ mer halt mal.

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 7. Oktober 2015, 19:20

Seid gegrüßt

Nun gibt es in dieser Sache (Änderung an der RTU) ein erstes öffentliches Lebenszeichen der ANSM:

Bild

Übersetzt: „RTU und Baclofen: Der Prozess einer Vereinfachung ist im Gang.“

Details werden keine angegeben, aber schon lange in der Kritik stehen insbesonders:

  • Erfordernis einer ärztlichen Zweitmeinung ab 120 mg / Tag.
  • Erfordernis einer qualifizierten suchtmedizinischen Zweitmeinung ab 180 mg / Tag.
  • Kompliziertes, zeitaufwändiges Meldeverfahren.
  • Für Alkoholabhängige darf Baclofen erst als letzte Chance verschrieben werden, nachdem die sonstigen verfügbaren Therapien scheiterten.
  • Für Alkoholabhängige muss zwingend Abstinenz die Zielsetzung sein. Lediglich für Personen mit riskantem Konsum kann auch die Reduktion auf ein gesundheitlich unbedenkliches Niveau anvisiert werden.
  • Leberschädigung als Kontraindikation.
  • Psychiatrische Begleiterkrankungen als Kontraindikation.
Mal sehen, was die ANSM daraus macht und inwieweit die RTU jetzt „entschärft“ wird.

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 14. Oktober 2015, 18:19

Seid gegrüßt

Die Einschläge kommen langsam näher. So schrieben „Pourquoi Docteur“ am 7. Oktober 2015 und Yean-Yves Nau am 13. Oktober 2015 von einem „Mea Culpa“ der ANSM.

Allerdings:

DonQuixote, „Pourquoi Docteur“ und Prof. Philippe Jaury zitierend hat geschrieben:Demnach werde es „bereits im Oktober, aber jedenfalls noch vor Jahresende“ Anpassungen und Erleichterungen im RTU-Protokoll geben.
(von hier …)

Bei „Pourquoi Docteur“ (und etwa gleichlautend auch bei Yean-Yves Nau) liest man jetzt aber, die ANSM zitierend:

„Pourquoi Docteur“, die ANSM zitierend hat geschrieben:„Die Bedingungen der RTU werden neu formuliert, dafür wurde eine Arbeitsgruppe aus Psychiatern, Sucht- und Allgemeinmedizinern gebildet. Resultate werden im ersten Trimester 2016 vorliegen.
(Hervorhebung von mir.)

Nun gut, Geduld ham‘ wer ja. Aber warum dauert das alles immer so lange?

Fragt sich DonQuixote [unknown] .

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 21. September 2016, 17:18

Seid gegrüßt

Und ewig grüßt das Murmeltier? Ja, auf solche Gedanken könnte man schon kommen, wenn man die letzte Pressemitteilung der ANSM, der Französischen Agentur für die Überwachung der Sicherheit von Medikamenten und Medizinalprodukten liest. Da wird in bestem Beamten-Französisch festgestellt, dass man von den in Berlin 2016 vorgestellten Resultaten Klinischer Studien Kenntnis genommen habe und dass sich nun eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe gebildet habe, welche die unzulänglichen Rahmenbedingungen der RTU jetzt überprüfen werde. Aber hatten wir das nicht schon bereits vor einem Jahr?

Egal: Hauptsache die ANSM meldet sich wieder mal zu Wort, und wenn es auch nur Murmeltier-Gemurmel ist. Den Rest werden Andere erledigen [good] .

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Befristete Zulassung Baclofen in Frankreich verlängert

Beitragvon Mcervantes » 16. März 2017, 20:14

Die befristete Zulassung von Baclofen in Frankreich (RTU) zur Behandlung der Alkoholkrankheit wurde um ein weiteres Jahr verlängert.
Die befristete Zulassung war am 14.3.2014 für einen Zeitraum von 3 Jahren durch die ANSM erteilt worden.
Sie ist nun nach einer Meldung von LADEPECHE vom 16.3.2017 um 18:13 Uhr um ein weiteres Jahr verlängert worden.
Hier der Link zur Meldung
http://www.ladepeche.fr/article/2017/03 ... ongee.html
Die deutsche maschinell übersetzte Version ist leicht unverständlich.
Grüße, Mcervantes

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Re: Befristete Zulassung Baclofen in Frankreich verlängert

Beitragvon Lucidare » 16. März 2017, 20:17

Hi Mc,

Danke! [good]

LG
Wer aus meinen Texten nicht herauslesen kann, dass ich aus persönlicher Erfahrung schreibe, wird mich sowieso missverstehen. Ronja von Rönne

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 16. März 2017, 20:43

Hi Mc

Du warst einen Tick schneller, hier nun mein Bericht:

Gerade noch rechtzeitig zum Ablauf der auf drei Jahre befristeten Zulassung (RTU) hat die Französische Agentur für die Überwachung der Sicherheit von Medikamenten und Medizinalprodukten (ANSM) diese RTU um ein Jahr verlängert. Grund dafür ist, dass die Studie BACLOVILLE noch immer nicht in Gänze veröffentlicht wurde, namentlich fehlt dort noch die vollständige Auswertung der Daten über die Medikamentensicherheit (Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) / Nebenwirkungen). Eine solche vollständige Veröffentlichung wäre in der Tat Voraussetzung für eine dauerhafte Marktzulassung (Autorisation de mise en marché / AMM).

Nun wurden also die RTU um ein Jahr verlängert und die Voraussetzungen der Teilnahme für Ärzte und Patienten radikal vereinfacht. Die von Anfang an bestehende Kritik an der RTU ist praktisch vollumfänglich berücksichtigt worden. Hier die wichtigsten Eckpunkte:

  • Das Meldeportal ist ersatzlos gestrichen worden. Es sei zu kompliziert gewesen und habe auch zu keinen neuen Erkenntnissen bezüglich Medikamentensicherheit beitragen können, so die ANSM.
  • Die Pflicht zur Einholung einer Zweitmeinung ab einer Dosis von 120 mg / Tag bei einem erfahrenen Suchtmediziner respektive ab 180 mg / Tag bei einer Suchtmedizinischen Einrichtung oder bei einer Suchtmedizinischen Abteilung eines Spitals mit entsprechender Erfahrung entfällt.
  • Baclofen zur Behandlung der Alkoholabhängikeit darf jetzt als erste Option verschrieben werden, und nicht erst, nachdem die sonstigen verfügbaren Therapien scheiterten.
  • Leberschädigung ist nicht länger eine Kontraindikation.
  • Sowohl für Alkoholabhängige als auch für Personen mit riskantem Alkoholkonsum sind Abstinenz UND Risikominimierung jetzt anerkannte Behandlungsziele.
  • Psychische Begleiterkrankungen sind keine Kontraindikation mehr, obgleich die ANSM in solchen Fällen zu erhöhter therapeutischer Sorgfalt mahnt.
  • Das gleichzeitige Verabreichen von Psychopharmaka ist ebenfalls keine Kontraindikation mehr.
Mit anderen Worten: Diejenigen, die sich mit Baclofen auch wirklich auskennen, haben die ANSM auf der ganzen Linie überzeugen können. Diese neuen vereinfachten Verschreibungsrichtlinien der verlängerten RTU werfen auch ein günstiges Licht auf die kommende definitive Marktzulassung (AMM).

Hier noch die zugehörigen Links:

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon Lucidare » 16. März 2017, 20:48

Hi DonQ,

auch Danke! [mocking]

Psychische Begleiterkrankungen sind keine Kontraindikation mehr, obgleich die ANSM in solchen Fällen zu erhöhter therapeutischer Sorgfalt mahnt


Das finde ich besonders gut!

LG
Wer aus meinen Texten nicht herauslesen kann, dass ich aus persönlicher Erfahrung schreibe, wird mich sowieso missverstehen. Ronja von Rönne

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Re: Dreijährige Zulassung RTU in Frankreich erteilt

Beitragvon DonQuixote » 18. März 2017, 20:39

Seid gegrüßt

Einen Tag nach der Verlängerung der RTU (siehe oben) hat nun die Firma Ethypharm in einer gestrigen Pressemitteilung verlautbart, dass das Dossier zur Erlangung der endgültigen Marktzulassung (AMM) von Baclofen zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit noch vor Ende dieses Monats bei der zuständigen Französischen Behörde (ANSM) zur Genehmigung eingereicht wird.

Interessant dabei: Es soll unterschiedliche Tabletten mit 10 bis zu 60 mg pro Tablette geben. Ob auch eine gesamteuropäische Zulassung angestrebt wird, ist der Pressemitteilung leider nicht zu entnehmen.

DonQuixote


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