Erfahrungsbericht von Mellchen

Eigene Erfahrungsberichte zu Baclofen und Alkohol
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GoldenTulip
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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon GoldenTulip » 13. August 2015, 07:26

Moin Mellchen,

hast Du Dich schonmal mit Hochsensitivität beschäftigt?

Hier das mMn beste Buch dazu, von Rolf Sellin (ich hatte ein paar Stunden bei ihm, und er ist auch persönlich beeindruckend und war mir sehr hilfreich)

http://www.amazon.de/gp/product/3466308844?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage

LG Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 14. August 2015, 06:44

Hallo Zusammen!

Donnerstag, Baclofen Tag 78: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
getrunkene Menge: 0,0l
Allgemeines Befinden: gut
Trinkverlangen: null

Therapie gestern war wirklich spannend. Voller Ruhe hat er mir ein vorläufiges Konzept vorgestellt, mit dem er mit mir arbeiten will. Alles natürlich änderbar, sollten sich andere Schwerpunkte im Verlauf der Therapie zeigen. Erstmal sieht das vor:
- Selbstsicherheitstraining (wie schaffe ich es, mich abzugrenzen und gut für mich zu sorgen)
- Entspannungsmethoden erlernen, auch "schnelle" Techniken, die in Akutsituationen helfen (besonders in Fällen, in denen möglicherweise Suchtdruck entsteht)
- Traumaauflösung mittels Hypnose (hier hat er vorgeschlagen, mich an den Tag zu führen, an dem ich mit meinem Zahn verunfallt bin. HIervor graut es mir am meisten, eigentlich will ich das nur vergessen. Aber vermutlich ist es wichtig, sich dem zu stellen und das aufzuarbeiten...)
Insgesamt vermittelt mir das das Gefühl, dass er sich wirklich Gedanken gemacht hat. Mir gefällt auch, dass er sehr praktisch arbeitet. Den von ihm angebotenen Kaffee habe ich trotzdem abgelehnt - nach einem Blick auf die Kaffeemaschine und der Tassen dort auf dem Tisch. Man muß ja nicht übertreiben. :-)

Hey Conny!
Oh ja, genau mein Thema. Dass ich darauf kam, war Zufall - also schon etwas, das mir zu-gefallen ist... Bevor eine neue Nachbarin einzog, hatte ich noch nie davon gehört. Sie sagte mir nach recht kurzer Zeit, sie sei ein "HSM-chen" - und so fing ich an, mich damit zu beschäftigen. Viel habe ich gelesen auf der Seite von "zart besaitet" und auch das Buch "Leben mit der Hochsensibilität" (Autor vergessen) hat mir sehr geholfen. Ich finde mich in den Beschreibungen absolut wieder und es erklärt mir auch, warum ich die Dinge "anders" empfinde und erlebe als mein Umfeld. Natürlich ist es auch ein mehr oder weniger heikles Thema. Kritiker sagen, es sei lediglich ein neuer, moderner Name, den sich jemand aus den Fingern gesaugt habe. Solange etwas nicht wissenschaftlich bewiesen oder zumindest anerkannt ist, hat es kaum Daseinsberechtigung. All diesem Abtun und Gemecker zum Trotz glaube ich, dass es wichtig ist, einen Begriff und eine Definition dafür zu finden - ob sie nun belächelt wird oder nicht. Mir hilft es, dass das Kind einen Namen hat!
Wie bist Du darauf gestoßen? Und in wie weit hat es Dir geholfen?
Danke für den Buchtipp, werde ich mir gleich bestellen! :-)

Nach den sagenhaften Unwettern der letzten Nacht (hammer) wünsche ich allen einen sonnigen und ruhigen Tag!
Liebe Grüße und Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 15. August 2015, 06:30

Guten Morgen!

Freitag, Baclofen Tag 79: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
getrunkene Menge: 0,0l
Allgemeines Befinden: gut
Trinkverlangen: null

Helle Aufregung hier, der nächtliche Sturm hat den schönen Baum im Hof zum Umstürzen gebracht.
Grüße Und Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 16. August 2015, 06:08

Guten Morgen!

Samstag, Baclofen Tag 80: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
getrunkene Menge: 0,0l
Allgemeines Befinden: gut
Trinkverlangen: null

Grüße und Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Choklat1 » 16. August 2015, 08:31

Moin Mellchen,

Therapie gestern war wirklich spannend. Voller Ruhe hat er mir ein vorläufiges Konzept vorgestellt, mit dem er mit mir arbeiten will. Alles natürlich änderbar, sollten sich andere Schwerpunkte im Verlauf der Therapie zeigen. Erstmal sieht das vor:
- Selbstsicherheitstraining (wie schaffe ich es, mich abzugrenzen und gut für mich zu sorgen)
- Entspannungsmethoden erlernen, auch "schnelle" Techniken, die in Akutsituationen helfen (besonders in Fällen, in denen möglicherweise Suchtdruck entsteht)
- Traumaauflösung mittels Hypnose (hier hat er vorgeschlagen, mich an den Tag zu führen, an dem ich mit meinem Zahn verunfallt bin. HIervor graut es mir am meisten, eigentlich will ich das nur vergessen. Aber vermutlich ist es wichtig, sich dem zu stellen und das aufzuarbeiten...)


Der Therapeut hat ja ein wirklich interessantes Programm. Bisher hat mir noch kein Therapeut einen so klaren Plan vorgelegt. Vielleicht berichtest du demnächst etwas zu dem Selbstsicherheitstraining. Ich sage immer erst Nein, wenn die Grenzen schon überschritten sind. Das ist dann für die Leute schwer, nachzuvollziehen wieso die nette, hilfsbereite Frau plötzlich sauer ist und dicht macht. Ich war schon früher der seelische Mülleimer für andere, bis ich total ausgelaugt war. Am liebsten würde ich mir ein Schild umhängen "Schutt abladen verboten".

HIervor graut es mir am meisten, eigentlich will ich das nur vergessen. Aber vermutlich ist es wichtig, sich dem zu stellen und das aufzuarbeiten...)


Ja, das ist es ja gerade, was da so im Unterbewusstsein schwelt und Druck aufbaut. Verdrängen frisst Energie. Das glaube ich gerne, dass du Angst davor hast, diese Erfahrung noch mal zu durchleben. Aber es wird dich sicherlich befreien. Hypnose ist mir aus der Traumatherapie gar nicht bekannt. Auch das wäre interessant, von Dir zu hören, wie es Dir damit ergangen ist.
Wir hatten 2003 ein Schiffsunglück vor Borkum knapp überlebt und sind nur mit unseren Sachen am Leib, nachdem der Kiel abbrach und wir sanken, in letzter Sekunde gerettet worden. Meine Kinder wären beinahe zwischen dem Rumpf unseres Schiffes und dem Rettungsboot zerquetscht worden. Dieses Bild werde ich nie vergessen. Danach kam eine schwere Depression, tägliches Trinken und die Trennung von meiner Familie (die mit meiner Krankheit nicht klar kam).
Habe das nie aufgearbeitet, weil ich mich entsetzlich davor fürchte. Vielleicht wird es Zeit dafür.

Das freut mich sehr, dass Du diese Therapie machst und der "Zausel" sich als so kompetent erweist.

Trotz des Regens wünsche ich Dir einen schönen Sonntag . [hi_bye] [hi_bye]

LG
Choklat
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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 17. August 2015, 08:13

Guten Morgen!

Sonntag, Baclofen Tag 81: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
getrunkene Menge: 0,0l
Allgemeines Befinden: gut
Trinkverlangen: null

Trinken als Gesellschaftszwang. Hat auf der Geburtstagsfeier meines Vaters fast zum Eklat geführt. Die Tatsache, dass ich nicht nur mein vegetarisches Essen für den Grill sondern auch noch eine Flasche alkoholfreien Sekt mitgebracht habe, ist mir übelst angelastet worden, hauptsächlich von meinem Stiefmonster. "Du wirst doch wohl einmal was trinken können!" hieß es da unter anderem. Gut, fairerweise muß ich sagen, dass sie alle nur meine "ich-trinke-nichts-aufgrund-der schlechten-Antibiotikum-verursachten-Leberwerte"-Version kennen, aber ich war schon erstaunt, wie viele Aggressionen meine konsequente Ablehnung hervorgerufen hat. Unglaublich.

Hallo Choklat!
Wie gesagt, erstmal ist sein Programm klar - aber er hat eingeräumt, dass das alles veränderbar ist, je nach dem, was sich während der Therapie so ergibt.
Was den seelischen Mülleimer angeht, können wir uns die Hand reichen. Bei mir übertreten die Menschen auch ständig Grenzen, weil ich diese für mich nicht aufzeigen kann. Und wenn es dann in einer Art totalen Notfallsituation doch passiert, sind sie entsetzt.
Grundsätzlich denke ich, dass es Menschen gibt (besonders HSM/HSP-ler), die durch ihre Empathie sehr gut anderen helfen können - und deren Rat deswegen auch geschätzt ist. Sich in andere reinzudenken ist eben auch eine Gabe, und auch eine Art Auftrag/Verantwortung, dies zum allgemeinen Wohl zu nutzen. Gefährlich wird es nur dann, wenn es zu sehr an die eigenen Substanz geht, wenn man selbst auf der Strecke bleibt. Und genau diesen Punkt muß man für sich finden. Ich möchte auch weiterhin für diejenigen da sein, denen ich helfen kann - nur nicht mehr 24 Stunden am Tag. :-)

Die erste Lektion im Selbstsicherheitstraining bestand in meiner "Hausaufgabe". Ein seitenlanges Manuskript, in dem Situationen geschildert wurden und entsprechende Möglichkeiten, damit umzugehen. Meine Aufgabe bestand nur darin zu beurteilen, ob die Reaktion selbstsicher, aggressiv oder unsicher war. Interessanterweise empfand ich fast alle abgrenzenden Reaktionen als aggressiv.... Schon die Frage einer Nachbarin: "ich muß dir unbedingt was erzählen, hast du Zeit auf einen Kaffee?" und die Reaktion: "nein, heute passt es mir nicht." bereitet mir Bauchschmerzen und ich würde mich in langen Erklärungen und Rechtfertigungen verlieren, WARUM das so ist. (-> große Baustelle!)

Oh ha. Dein Schiffserlebnis ist wirklich grauenhaft! Sich damit konfrontiert zu sehen, dass es möglicherweise jetzt "vorbei" ist - für sich selbst oder die Kinder - ist sicher mit das Schlimmste, was man erleben kann. Das ist eine ganz harte Nummer. Und sich dem zu stellen erfordert ganz viel Mut. Aber wie Du sagst: vielleicht ist es an der Zeit dafür. Wenn Du denkst, dass es Dir gut tut, dann mach es unbedingt. "ein Leben in Angst gelebt ist nur halb gelebt".

(Ein Randgedanke hierzu: ein traumatisches Ereignis wie das von Choklat ist heftig und sicher nicht mit meiner Zahnnummer vergleichbar. Was mich dazu bringt mich zu fragen, warum uns Dinge so sehr aus der Bahn werfen. "Aufgearbeitet" werden müssen. Meine Großeltern haben den Krieg durchlitten. Trotzdem waren sie starke Persönlichkeiten und bei bester Gesundheit, auch ohne Therapie. Verweichlichen wir vielleicht? Messen wir Schicksalsschlägen zu viel Bedeutung bei? Das nur so...)

Ja, ein regnerischer Tag, mit viel Zeit für philosophische Gedanken.... :-)
Euch allen liebe Grüße und ein fetter Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon WilloTse » 17. August 2015, 09:32

Morgen Mellchen!

Mellchen hat geschrieben:Interessanterweise empfand ich fast alle abgrenzenden Reaktionen als aggressiv.... Schon die Frage einer Nachbarin: "ich muß dir unbedingt was erzählen, hast du Zeit auf einen Kaffee?" und die Reaktion: "nein, heute passt es mir nicht." bereitet mir Bauchschmerzen und ich würde mich in langen Erklärungen und Rechtfertigungen verlieren, WARUM das so ist.

Ja, das kenne ich.
Man möchte eigentlich nicht hin, aus welchen Gründen auch immer. Aber irgendwie gehört es sich für ein braves Mädchen (guten Jungen) nicht, "Nein, danke!" zu sagen. Was sollen die Leute denken?
Es ist ein weiter Weg, hier eine gesunde Grenze ziehen zu können zwischen unnötiger Zurückweisung anderer und ständigem Leben gegen sich selbst.
Wenn Du Dir solche Baustellen bewusst machst, dann stehen da immerhin schon mal die Warnschilder und die gelben Blinklichter dran, das ist schon viel besser, als ständig ungebremst in diese Schlaglöcher zu hageln.

Mellchen hat geschrieben:Was mich dazu bringt mich zu fragen, warum uns Dinge so sehr aus der Bahn werfen. "Aufgearbeitet" werden müssen. Meine Großeltern haben den Krieg durchlitten. Trotzdem waren sie starke Persönlichkeiten und bei bester Gesundheit, auch ohne Therapie. Verweichlichen wir vielleicht? Messen wir Schicksalsschlägen zu viel Bedeutung bei?


Um es mit Bert Brecht zu sagen:
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.

Ich denke, dass eine Generation, die mutwillig zwei Kriege angezettelt und locker 80 Millionen Menschenleben auf dem Gewissen hat (WW1 und 2 zusammen), weder stark noch gesund ist. :wink:

Da es in beiden Kriegen für das "Deutsche Reich" ordentlich auf die Nase gab, waren hinterher Jahre bis Jahrzehnte mit dem Überleben-müssen gefüllt, da bleibt keine Zeit für ein bisschen Traumatherapie (obwohl sie bitter nötig gewesen wäre).
Das wird dann irgendwann zur Lebensmaxime ("Nie wieder hungern! Mein Haus, mein Auto, mein Boot!").
Da ich allerdings davon überzeugt bin, dass es so etwas wie eine transgenerationale Weitergabe von Traumata gibt, müssen wir für die Vorfahren mit auf die Couch, sozusagen. Die gute Nachricht: ich denke, dass es auch eine transgenerationale Traumatherapie gibt und man den ganzen geerbten Scheiß nicht zwingend an die nächste Generation weiterreichen muss.
Ich glaube nicht, dass wir verweichlicht sind. Wir können es uns aber leisten, aufmerksamer hinzuschauen, denn satt werden wir am Ende des Tages so oder so alle sein.

Das ist die Stärke unserer Generation und ihre Chance.

LG
Willo

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon WilloTse » 17. August 2015, 09:55

Nachtrag:

WilloTse hat geschrieben:Das wird dann irgendwann zur Lebensmaxime ("Nie wieder hungern! Mein Haus, mein Auto, mein Boot!").

Auch diese auf Angst basierende Lebensmaxime ist vererbbar: es kann eigentlich nur auf eine rational unbegründete Angst zurückzuführen sein, dass wir derzeit wieder einen Ruck ins "deutschnationale" erleben müssen bei der Flüchtlingshilfe.

Das private Geldvermögen deutscher Haushalte beläuft sich auf 5.000.000.000.000 Euro (2013), also fünftausend Milliarden Euro. Wie gesagt, nur das Geldvermögen, nur in Privathaushalten.

Quelle

Derzeit sind weltweit rund 60.000.000 Menschen auf der Flucht.
Quelle

Wenn wir jedem einzelnen Flüchtling auf der ganzen Welt also gute 80.000 Euro in die Hand drücken, ist unser aller Sparbuch leer.
Dann haben wir für schlechte Zeiten noch 6,3 Billionen Euro in Grundstücken und Anlagevermögen auf der Kante.

Wie gesagt, nur Privathaushalte.

"In unserer Stadt sind 500 Syrer angekommen. Die brauchen Wohnungen, was zu essen, medizinische Versorgung. Wer soll das alles bezahlen?"

Auch wenn das jetzt ein bisschen vom Thema wegführt: das ist doch Angst, oder?

LG nochmal
Willo

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon GoldenTulip » 17. August 2015, 10:10

@Willo
das Thx ist für beide Beiträge, insbesondere dafür, transgenerationale Traumatisierungen anzusprechen

@Mellchen
ich schreibe Dir nachher noch etwas zum Thema "gesunde Grenzen setzen" aus meiner Erfahrung

LG Conny
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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Choklat1 » 17. August 2015, 11:43

Hallo Willo, hallo Mellchen,

Da ich allerdings davon überzeugt bin, dass es so etwas wie eine transgenerationale Weitergabe von Traumata gibt, müssen wir für die Vorfahren mit auf die Couch, sozusagen. Die gute Nachricht: ich denke, dass es auch eine transgenerationale Traumatherapie gibt und man den ganzen geerbten Scheiß nicht zwingend an die nächste Generation weiterreichen muss.


Meine Mutter musste im Krieg aus Danzig flüchten und wurde in Lagern interniert, ihr Bruder stürzte mit dem Flugzeug ab. Mein Vater war in Russland. Die Ängste meiner Eltern habe ich schon als kleines Kind immer wieder mitbekommen und sie warnten mich ständig vor allen möglichen angeblichen Gefahren. Meine Mutter war daher auch oft psychisch bedingt krank und als Einzelkind lernte ich schon früh, für ihre Befindlichkeiten Verantwortung zu übernehmen. Dass dies in Panikattacken und frühe Sucht mündete, ist dann ja kein Wunder. Auch waren meine Eltern so sehr mit ihren Problemen beschäftigt, dass ihnen meine eigenen gar nicht auffielen. So lernte ich, Gefühle zu unterdrücken um die Eltern nicht noch damit zu belasten. (Reine Überlebensstrategie). Diese transgenerationale Traumatherapie würde mich sehr interessieren. Das ganze erklärt mir endlich, warum ich so ängstlich war/bin. Ich hatte das nie verstanden. Danke für diesen Tipp.

Ja Mellchen, ich bin sicherlich auch ein HMSchen. Hatte mir auf facebook eine Gruppe in Köln dazu angesehen. Dort finde ich mich in vielen Berichten wieder. Danke auch nochmal für deine ausführlichen und interessanten Berichte. Auch hier sehe ich immer wieder Parallelen.

Einen schönen Tag an alle
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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Choklat1 » 17. August 2015, 11:46

..... wir werden mit dem momentanen Flüchtlingsproblem demnächst sehr direkt konfrontiert. Auf unserem angemieteten Firmengelande soll eine Notunterkunft direkt vor unserem Bürofenster errichtet werden......
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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon WilloTse » 17. August 2015, 13:33

Hi Choklat,
und sorry @Mellchen, dass ich hier Deinen Thread ein bisschen entführt habe. Kriegst ihn gleich zurück. [blus]

Choklat1 hat geschrieben:Diese transgenerationale Traumatherapie würde mich sehr interessieren.


in Bezug auf meinen Beitrag oben

Willo hat geschrieben:ich denke, dass es auch eine transgenerationale Traumatherapie gibt


Mir ist jetzt keine konkrete Therapie in dieser Hinsicht bekannt. Möglicherweise gibt es so etwas, aber mir geht es mehr darum, dass Mensch erkennt, dass er gewissermaßen nicht allein in der Therapie sitzt (welche auch immer), sondern dass dieser "transgenerationale Rucksack" immer mit dabei ist.
Ich bin auch so ein "Kind der Kriegskinder", meine Familie kam aus Stettin. Ich hatte hier mal ein Stück weit darüber geschrieben.
Geschichten, die auch in meinem Hinterkopf wohnen, sind z.B. meine Mutter (Jg. 1936), die mit meiner Großmutter vom Verwandtenbesuch nach Hause kam. Blöderweise war gerade Bombenangriff, weshalb der Zug nicht bis Stettin durchfuhr, und sie waren irgendwo auf freiem Feld. Es muss die letzte Welle des Angriffs gewesen sein (die zynische Abfolge (erfunden von Deutschen, dass mir da nix durcheinander geht...) war ja: "Blockbuster", also die großen Kracher, die die Fenster aus den Häusern blasen und die Dächer abheben für den Kamineffekt, dann die Brandbomben, damit das Zeug ordentlich brennt, und zum Schluss die Splitterbomben, die kurz über dem Boden in tausend kleine Teile zerreißen, damit die Helfer, die Feuerwehrleute und die Menschen, die es aus den brennenden Häusern nach draußen geschafft haben, zerfetzt werden.)
Sie lagen unter einem umgekippten Heuwagen irgendwo auf dem Feld, das brennende Stettin vor ihnen, und die Splitter pfiffen ihnen um die Ohren. Sie haben es dann, nach der Entwarnung, zu Fuß nach Hause geschafft. Gott allein weiß, was meine damals achtjährige Mutter dabei sehen musste.

Oder meine Mutter (immernoch acht Jahre alt zu dem Zeitpunkt) am Küchenfenster, meine Großmutter bringt den Müll in den Hof, und meine Mutter sieht den großen, stillen Schatten eines Tieffliegers kommen, der meine Großmutter im Hof unter Feuer nimmt.

So Sachen halt.

Meine Großmutter (die dann einen Großteil meiner Erziehung übernommen hat) hat zwei ihrer vier Kinder verloren, eins wurde schwer verwundet, meine Mutter war die Einzige, die "unbeschadet" davongekommen ist. Mein Großvater ist kurz nach der Entlassung aus russischer Gefangenschaft gestorben, mein Vater hat sich das Leben genommen, vorher hatte meine Mutter mehrere Fehlgeburten und eine Totgeburt (die wurden damals noch nicht beerdigt, die kamen als "Beipack" namenlos in irgendein Grab, ohne Möglichkeit, auch nur Abschied zu nehmen).

Mit "transgenerationaler Traumatherapie" meine ich, um diese Sachen zu wissen. Sich ehrlich die Frage zu stellen, ob ich nicht mein letztes verbliebenes Kind auch übervorsichtig erziehen würde, wie meine Mutter es mit mir getan hat, wenn seine drei Brüder und meine Frau eines Tages nicht mehr nach Hause kämen.
Klar würde ich.
An diesem Punkt tritt irgendwann an die Stelle des Verstehens, oder besser: über das Verstehen hinaus, ein Verzeihen. Und mit dem Verzeihen ist das ja so eine Sache: man erlöst sich und den anderen gleichzeitig. Und vergib' uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Der Liebesdienst, den wir unseren Eltern und Großeltern noch erweisen können.

Es gibt dazu einen bemerkenswerten Artikel im Deutschen Ärzteblatt:

Deutsches Ärzteblatt hat geschrieben:Immerhin, Therapie kann manchmal auch einfacher sein: eine Nachfrage, das Gespräch im Miteinander der Generationen, Erfahrungsaustausch in (moderierten) Gruppen. Was aber, wenn das alt und sehr alt gewordene „Kriegskind“ kaum noch ansprechbar ist? „Auch der Schwerstdemente hat Gefühle“, versichert der Gerontologe Prof. Dr. med. Rolf. Hirsch, Bonn, und ergänzt: „Umarmen kann man auch noch im Alter lernen.“


LG
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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 18. August 2015, 06:55

Guten Morgen!

Montag, Baclofen Tag 82: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
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Trinkverlangen: schwach - so ein Gläschen Wein hätte ich abends schon gerne gehabt...

Also erstmal:
"...und sorry @Mellchen, dass ich hier Deinen Thread ein bisschen entführt habe. Kriegst ihn gleich zurück"
:-) Ich erhebe hier keinerlei Territorialansprüche!
Spaß beiseite. Es ist doch so: natürlich ist das Baclofen Forum in erster Linie Ort für das Thema Sucht und eben auch das liebe Bac an sich. ABER: Sucht ist nichts, was sich ausgrenzen, schematisieren und wegpacken läßt. Um die Sucht zu verstehen, muß ich versuchen, mich selbst zu verstehen und dazu gehören sämtliche Dinge, die mich beschäftigen und über die ich mir Gedanken mache. All das ist Teil von mir und hängt somit auch mit meiner Sucht irgendwie zusammen. Jeder neue Gedanke, jeder Impuls, ob nun bestätigend, kritisch oder rein informativ ist wichtig und hilft dabei weiter. Und dafür muß, darf und sollte es Raum geben. Ich bin immer für jedes feedback dankbar!

Was ihr über Eure Familien während der Kriegszeit schreibt, berührt mich sehr. Es ist seltsam, dass diese Ereignisse auf der einen Seite total weit weg scheinen, aber doch so nahe bei uns sind. "Ich denke, dass eine Generation, die mutwillig zwei Kriege angezettelt und locker 80 Millionen Menschenleben auf dem Gewissen hat (WW1 und 2 zusammen), weder stark noch gesund ist." Das ist angesichts der Erzählungen von Betroffenen natürlich eine harte Aussage. Nicht jeder war aktiv beteiligt oder hat das Regime gedanklich unterstützt. ((als der Krieg ausbrach, brannte gerade der Hof meines Uropas ab. Die Nachricht erreichte den Winkel im Osten, in dem sie lebten, ein halbes Jahr (!!!) später. Sein Kommentar war: "jetzt nicht!" Ich glaube meiner Oma, dass sie von der Hetzpropaganda wenig mitbekommen haben, und dem auch wenig Bedeutung beigemessen hatten. der Kampf ums tägliche Überleben war präsenter als irgendwelche Nazi-Ideologien)))
Aber wie es auch sei: wir sind von all dem nicht so weit entfernt, wie wir gerne sein möchten. Angesichts der aktuellen Situation komme ich stark ins Grübeln, wie schnell ein angeblich tolerantes Staatssystem kippen kann, wenn Unmut gestiftet wird und Ängste geschürt werden - wie unbegründet diese auch sein mögen (hier denke ich an Deine Berechnungen, Willo). Wir leben hier wirklich wie die Maden im Speck, und doch gibt es einige, die sich fühlen als würde man ihnen die Butter vom Brot nehmen. Ich komme damit ehrlich gesagt nicht klar. Da sind Menschen, die um ihr nacktes Überleben kämpfen, und wir streiten darüber, ob man ihnen das Taschengeld streichen sollte (allein dieser Ausdruck!). Nochmal Brecht: erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Aber wir haben unser "Fressen". Wir haben sogar mehr als genug davon.
Es ist ein Angstthema, keine Frage. Wobei mich nicht die Flüchtlinge ängstigen, sondern meine Mitmenschen. Und hier besonders die, die mir nahe stehen und trotzdem derart verkorkste Gedanken denken. Wie soll ich meinem Sohn denn erklären, wie wichtig Toleranz ist, wenn er mitbekommt, das Flüchtlingsheime in Brand gesetzt werden? Oder wenn sein eigener Opa sagt, dass "die" alle zu Hause bleiben sollen?
Oh, ich glaube, wir bekommen unsere Chance zu einer Art transgenerationalen Traumatherapie - durch erneutes Erleben.

Und da verknüpfe ich mal mit der Generation des 2. Weltkrieges: wenn es hart auf hart kommt - stellen wir uns dem in den Weg?

Nachdenkliche Grüße mit fettem Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon GoldenTulip » 18. August 2015, 11:41

Moin Mellchen,

Trinkverlangen: schwach - so ein Gläschen Wein hätte ich abends schon gerne gehabt...


Wie wäre es mit einer Umformulierung?

"Das Gefühl wie nach einem Gläschen Wein hätte mir gut getan"?!

Ich meine das wirklich ernst. Ein Glas Wein macht keinen Rausch, also geht es eher um Entspannung, gedankliches Loslassen-Können. Das müsste doch mit ein wenig Üben auch mit Bordmitteln möglich sein, als bewusste Auszeit, sozusagen. Spaziergang, Tee trinken, Märchenbuch lesen, Autogenes Training - irgendwas, was Dich aus der Anspannung rausholt?!

Lieben Gruß
Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 19. August 2015, 06:40

Guten Morgen!

Dienstag, Baclofen Tag 83: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
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Tatsächlich war es vorgestern abend so, dass ich mega-entspannt war. Kein Gedankenkreisen, keine Sorgen o.ä. Ich hatte gerade ein Bild fertiggestellt, mit dem ich total glücklich bin und eine neue Auftragsarbeit angenommen. Kein Hype, aber ein angenehmes, relaxtes Hochgefühl.
Wenn ich in so einer Stimmung bin, WILL ich mich da auch keinesfalls rauskriegen. Es tut mir gut, wenn ein Schaffenszyklus abgeschlossen ist und ich sozusagen die "Früchte meiner Arbeit" vor Augen habe. Schwer zu beschreiben, es sind die wenigen Momente, in denen ich das Gefühl habe, mit mir, meinem Tun und mit allem anderen Eins zu sein. Da sind dann keine Fragen, keine Bedenken, da ist nur eine kostbare, wohltuende Stille. Ich erlebe das als äußerst befriedigend - vielleicht vergleichbar mit einem Investor, der ein großes Geschäft unter Dach und Fach bringt - so er dieses denn als Teil seiner Lebensaufgabe wahrnimmt.
Ich weiß schon, was Du meinst (und danke dafür!!), aber diese Situationen möchte ich voll und ganz auskosten. Wie geschrieben war es ein Gedanke an ein Glas Wein, also ein schwaches Gefühl. In diesen Situationen habe ich auch früher nicht mehr oder auch gar nicht getrunken - das Gefühl der Stimmigkeit ist einfach zu groß und zu schön.
Wenn ich mich nun hinterfrage, warum ich dennoch diesen kleinen Gedanken an Wein hatte, komme ich eigentlich nur zu zwei möglichen Antworten, nämlich dass dieses wunderbare Gefühl (leider nicht evozierbar und äußerst kurzlebig :-)) zum einen schwer zu begreifen ist. In dem Fall wäre der Wein eine Art "Erdung", ein altes, vertrautes Muster. Oder es ist so, dass ich das verständliche Bedürfnis habe, das Gefühl festhalten zu wollen - wie man sich eben auch an einem Glas Wein festhalten kann.
Aber hin wie her - das Gefühl war schwach und ich habe ihm nicht nachgegeben. Also alles gut. Und im Gegensatz zum Wein ist mein Werk noch da und entlockt mir jedesmal ein Lächeln, wenn ich daran vorbei gehe!
Einen schönen Tag an alle (die Sonne kommt wieder!!!)
Grüße und Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 20. August 2015, 06:34

Guten Morgen!

Mittwoch, Baclofen Tag 84: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
getrunkene Menge: 0,0l
Allgemeines Befinden: gut
Trinkverlangen: null

Choklat schreibt über ihre heftige Reaktion auf Alkohol. Ja, das habe ich gestern erlebt!
Situation: mein Mann hat sich den Rücken verknackst und hatte wirklich extreme Schmerzen. Ich erwähne der Vollständigkeit halber, dass es ein grauenhafter Tag war mit seinem (zwar verständlichen, aber nervigen) Genöhle. Nichts konnte man ihm Recht machen, keine Hilfe nahm er an, aber hat immer rumgemotzt.... Furchtbar.
Jedenfalls (weil ich so ein netter Mensch bin :-)) habe ich ihm dann ein Glas Wein eingeschenkt. Er konnte sich ja kaum bewegen. Dann war es ganz spannend. Der Duft des Weins stieg mir in die Nase und mir wurde von jetzt auf gleich total schlecht. Wirklich richtig übel. Das klingt vielleicht jetzt schräg, aber ich empfand das sehr heftig. So eine plötzliche Übelkeit aufgrund eines Geruches hatte ich das letzte Mal in der Schwangerschaft.
Gut so!
Euch allen einen wunderbaren Tag!
Liebe Grüße und Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Papfl » 20. August 2015, 08:38

Hallo Mellchen,
Hallo Choklat!

Was man immer wieder hört (oder auch hier in den Erfahrungsberichten des Forums manchmal lesen kann) ist, dass Bier/Wein etc. nach einer gewissen Zeit der Baclofeneinnahme schlichtweg nicht mehr "schmecken".

Auf Gerüche reagiere ich inzwischen übrigens auch recht sensibel. Mir wird zwar nicht direkt schlecht, wenn ich Alkohol rieche, aber zum Beispiel die "Fahne" eines Gegenübers oder die alkoholischen "Ausdünstungen" mancher Menschen in der U-Bahn nehme ich sehr viel feiner wahr, seit ich abstinent lebe. Hätte ich früher keinen Gedanken dran verschwendet. Vielleicht ist das ein bisserl so wie mit Knoblauch: Wenn man selbst danach stinkt bzw. Knoblauch gegessen hat, riecht man's nicht so... [pardon].

Von Nicht-Abhängigen höre ich dieses Phänomen manchmal auch im Bezug auf Zigarettenqualm. Seit kaum noch öffentlich geraucht wird, fällt es viel häufiger auf, wenn doch mal irgendwo jemand raucht.

Schon interessant, wie feinfühlig der Mensch ist [good] . Und wie aufgeschlossen gegenüber Veränderungen.

Einen schönen Tag wünscht
Papfl
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Albert Ein­stein (1879 - 1955)

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon Mellchen » 21. August 2015, 06:38

Guten Morgen!

Donnerstag, Baclofen Tag 85: morgens 12,5, mittags 12,5, abends 12,5, nachts 12,5
getrunkene Menge: 0,0l
Allgemeines Befinden: gut
Trinkverlangen: null

Dass die alkoholischen Dinge nicht mehr schmecken, finde ich gut nachvollziehbar. Wobei es dann tatsächlich am Alkohol selbst liegen muß und weniger am Geschmack an sich - mein alkoholfreies Bier schmeckt mir richtig gut!
Die "Fahne" bei anderen stößt mir auch sehr unangenehm auf. Ich denke oft daran, wie intensiv ich früher versucht habe, meine eigene Fahne zu verbergen - mit allerlei Pfefferminz-Geschichten, ja selbst mit Maggi. Brrrr, gruselig. Auch hier habe ich viel Freiheit gewonnen. Ich kann normal mit anderen reden, ohne darauf achten zu müssen, ihnen nicht zu nahe zu kommen (sie könnten ja was riechen).
Therapie gestern war anstrengend, aber sehr gut. Wir haben festgestellt, dass meine Unsicherheit kein allgemeines Phänomen ist sondern sich tatsächlich auf ganz bestimmte Menschen/-typen bezieht. Also sind wir dahin, was das für Menschen sind und was genau mich an ihnen ängstigt. Letzteres ging schon recht tief - aber na ja, dafür macht man schließlich eine Therapie... :-)
Euch allen einen fabelhaften und sonnigen Tag!
Liebe Grüße und Drücker,
Mellchen

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon GoldenTulip » 21. August 2015, 10:14

Moin Mellchen,

ich bin froh, dass sich der etwas schräge Vogel für Dich als hilfreich erweist.
Zum Thema Kaffeetrinken dort:
Bring Dir einfach selbst eine schöne Kaffeetasse mit dorthin, sofern er nicht minderbegabt ist, kapiert er ggf., dass seine und Deine Hygieneansprüche inkompatibel sind [biggrin]
Außerdem sind gute Therapeuten gerade dazu da, an ihnen mal was auszuprobieren, wie etwa gut für sich selbst zu sorgen, Grenzen zu setzen etc. Sie werden dafür bezahlt.

Du liest ja ganz gern, oder? Mein Lieblings-Literatur-Therapeut ist Irvin Yalom, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Irvin_Yalom, den kannst Du auch mal bei Ama**** eingeben, ich habe (bis auf das letzte) alle seine Bücher gelesen und jedes ist mir ein Schatz, ist vielleicht auch was für Dich dabei?!

Also sind wir dahin, was das für Menschen sind und was genau mich an ihnen ängstigt.


Als kleine Anregung zum Themenkreis:

"Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen, die wir von den Dingen haben." (Epiktet)

Ganz nett dazu sind die Gedanken von Christa Schyboll http://www.gutzitiert.de/zitat_autor_epiktet_thema_dinge_zitat_1083.html

Dir ein schönes, sonniges Wochenende,
Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: Erfahrungsbericht von Mellchen

Beitragvon WilloTse » 21. August 2015, 18:56

Hallo Mellchen,

Mellchen hat geschrieben:Das ist angesichts der Erzählungen von Betroffenen natürlich eine harte Aussage. Nicht jeder war aktiv beteiligt oder hat das Regime gedanklich unterstützt.


Ich habe nur auf Deine allgemeine Frage, ob "wir" - verglichen mit unerer Eltern-/Großelterngeneration - "verweichlichen", geantwortet. Dass Einzelschicksale eben Einzelschicksale sind, ob dafür, dagegen, mitgelaufen oder nix gecheckt, das wollte ich damit nicht ansprechen. [smile]

Mellchen hat geschrieben: wenn es hart auf hart kommt - stellen wir uns dem in den Weg?

Nein, wahrscheinlich nicht.
Wir können uns aber dem Weg ins Hart-auf-Hart in den Weg stellen, dann müssen wir diese Frage hoffentlich nie beantworten.

LG
Willo


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