Klopf, klopf...

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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Mellchen
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Klopf, klopf...

Beitragvon Mellchen » 1. Mai 2015, 13:15

Hallo zusammen!

In den letzten Tagen bin ich erstmals auf Baclofen gestoßen und hoffe/denke/wünsche, dass es meine Möglichkeit ist, mein Leben zu ändern.
Aber es geht ja hier rein ums Vorstellen. Ich bin 40, weiblich, seit 20 Jahren glücklich verheiratet und habe einen 9jährigen Sohn. Wir leben im Bergischen Land und ich bin Malerin und Poetin. Im Grunde läuft alles richtig gut, weswegen mein Alkoholproblem nicht sofort zu verstehen ist.
Angefangen hat alles vor ca. 20 Jahren. Damals hatte ich einige schwerwiegende Zahnbehandlungen. Aber die Schmerzen hörten nicht auf. Nicht nur Schmerzen, auch starke Irritationen, die mein Leben aber sehr einschränken. Man muß sich vorstellen, das es nur wenige Tage gibt, an denen ich essen kann, wonach mir der Sinn steht. Ich habe sämtliche Zahnärzte aufgesucht, war bei Neurologen, beim HNO. Überall. Und niemand wußte eine Antwort, weswegen ich anfing, irgendwie mit den Schmerzen zu leben. Große Ängste kamen hinzu: Ängste vor weiteren schmerzhaften Behandlungen, Ängste vor eigentlich allem. Sie haben sich im Laufe der Zeit verselbstständigt/generalisiert. Und da ist der Alkohol schon recht hilfreich. Es ist zur Gewohnheit geworden. Ich trinke nie soviel, dass ich vollkommen berauscht bin, aber ich beginne schon morgens mit Sekt und halte ein gewisses Level über den Tag verteilt.
Nun habe ich den Entschluß gefasst, keinen Zahn mehr unbedingt "retten" zu wollen, wie Zahnärzte das so schön vorschlagen, sondern es wird radikal alles entfernt, was schmerzt. Damit geht es mir besser, aber die Gewohnheit des Trinkens läßt sich nicht einfach so abstellen.

Meine Anmeldung hier war sehr spontan :-), ich hoffe, ich kann mich mit Fragen an Euch wenden, wenn sich welche stellen. Ansonsten werde ich mal ein wenig stöbern.
Danke für diese Seite!

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Hundertkilo » 1. Mai 2015, 17:27

Hallo Mellchen,

bin hier auch neu und mache gute Erfahrungen mit dem Forum. Fragen werden hier offensichtlich immer beantwortet. Vielleicht ist die Anmeldung für uns ja ein erster erfolgreicher Schritt beim Kampf gegen den Alk. Drücke Dir die Daumen. Nachdem ersten erfolglosen Versuch, Baclofen verschrieben zu bekommen, muss ich mich aber erst weiter um eine Bezugsquelle kümmern und kann noch keine Erfahrung beisteuern.

Gruss 100

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Papfl
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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Papfl » 1. Mai 2015, 17:44

Hallo Mellchen!

Schön, dass Du zu uns gefunden hast und herzlich willkommen im Forum [hi_bye] !

Erstmal gut, dass Du endlich die üblen Zahnschmerzen [ireful] losgeworden bist. Dann fällt der Alkohol als notwendiges "Betäubungsmittel" schon mal weg...

Ich kann mir gut vorstellen, dass langwierige und schmerzhafte Zahnbehandlungen mit wachsender Angst einher gehen. Und auch, dass sich diese Ängste dann auf den Alltag übertragen können. Wenn man ständig Schmerzen hat, geht das ja auch generell auf die persönliche Belastbarkeit.

Im Idealfall könntest Du mit Baclofen gleich zwei "Fliegen" mit einer Klappe schlagen: Die Ängste und die Alkoholabhängigkeit.

Die anxiolytische ("angstlösende") und auch antidepressive Wirkung von Baclofen ist mittlerweile unbestritten, und was das Medikament in punkto Alkoholabhängigkeit zu leisten vermag, kannst Du ja hier im Forum an vielen Stellen lesen.

Ich lege Dir - wie allen "Newcomern" - am besten mal unsere Einsteiger-Links ans Herz:

Einen ersten Überblick rund um das Medikament findest Du in unserer Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick. Genaueres zur Dosierung und Therapie findest Du im Leitfaden für die Anwendung.

Nimmst Du denn aktuell schon Baclofen?

Alles Gute einstweilen, und wenn Du Fragen hast, kannst Du die natürlich gerne stellen...oder weiter berichten, wie's Dir so geht [smile] !

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Mellchen » 2. Mai 2015, 07:38

Hallo Papfl!

Danke für die schnelle Antwort!

Na, so gaaanz sind die Zahnschmerzen nicht weg. Der Hauptherd rechts oben wurde entfernt, jetzt aber fängt es links unten an. Ich habe wohl erst dann Ruhe, wenn alle Zähne raus sind.

Tatsächlich IST viel passiert seit gestern. Zum Einen habe ich den Schritt gewagt, unseren guten Bekannten offen darüber zu erzählen - auch auf die Gefahr hin, dass sie sich abwenden. Aber dann ist das so. Es stellte sich aber heraus, dass sie ganz ähnliche Probleme haben.
Zum anderen ist mein Partner am gestrigen Abend derart abgestürzt, dass er mit unserem Sohn (!) hinfiel. Das macht mehr als alles andere deutlich, dass Alkohol alles ist, aber kein Freund. (Mein Mann hat das gleiche Suchtproblem, aber er denkt noch, er bekommt das durch reine Willenskraft in den Griff. Ja, ja, wie man gestern gesehen hat...)

Danke für sämtliche links zum Thema Baclofen. Ich nehme es noch nicht, und bin auch nicht sicher, ob mein Arzt mir das verschreibt. Der Hausarzt macht es wohl nicht, oder? Wäre mir eigentlich am liebsten, weil ich ihn seit Jahren kenne und ich finde, ein Hausarzt sollte so etwas begleiten. Aber es gibt noch die Möglichkeit des Neurologen. Ich werde mit Unterlagen bewaffnet dort hin gehen. Im deutschen Ärzteblatt habe ich auch einen Artikel gefunden (von 2014), den ich gut fand. Würdest Du mir raten, vorab zu checken, welche anderen Ärzte in meiner Region mit Baclofen arbeiten? Kann man ja in die Argumentation mit dem Arzt mit einbringen - möglicherweise kennen die sich sogar. :-)

Ich bin sehr froh über dieses Forum! Dank dafür und für die Ehrlichkeit und Offenheit aller!

Vor einiger Zeit schon dachte ich, ich möchte zu den anonymen Alkoholikern gehen. Aber in einer Kleinstadt ist das alles nicht wirklich anonym - der Vater und auch der Ex meiner Freundin sind dort. Spitze.
Über die unterschiedlichen Therapieformen habe ich mich auch schon vor langem erkundigt. Daher kann ich sagen, dass eine stationäre Geschichte für mich nicht in Frage kommt.....
Keine Ahnung, wo das alles hinführt. Aber ich bin doch zuversichtlich, dass ich den ersten Schritt gemacht habe!

Beste Grüße,
Mellchen

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon gretikatz » 2. Mai 2015, 09:02

Ich habe mir schon mit 45 ALLE oberen Zähne ziehen lassen und vor 15 Jahren auch die unteren. Ich habe also eine totale OK und UK Prothese. (Implantate konnte/wollte ich mir nicht leisten. Immerhin sind sie schweineteuer, nicht jedes Kiefer ist dafür geeignet, ausserdem sind es auch Fremdkörper im Kieferknochen.)

Ich habe es noch nie bereut! Ich sehe zwar etwas eingefallen aus (in meinem Alter ist mir das jetzt egal), aber wenn ich keine Schmerzen mehr habe und gut essen kann, nehme ich das gerne in Kauf! Damals wollte man mir auch teure Kronen und Brücken einreden, es gibt aber keine Garantie, wie lange sie halten - ein Jahr, 10 Jahre? Dann fängt der Spaß mit Schmerzen und hohen Ausgaben von vorne an.

LG gretikatz

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Papfl » 2. Mai 2015, 12:28

Hallo Mellchen!

Mellchen hat geschrieben:Der Hausarzt macht es wohl nicht, oder? Wäre mir eigentlich am liebsten, weil ich ihn seit Jahren kenne und ich finde, ein Hausarzt sollte so etwas begleiten.

Das kommt auf Deinen Hausarzt an [smile] . Ich kenne mehrere Allgemeinärzte, die ihren Patienten Baclofen verschreiben. Manchmal sogar eher, als Neurologen oder Psychiater. Das hat auch seinen Grund: Meistens kennen Hausärzte ihre Patienten sehr genau und haben sie über Jahre hinweg begleitet. Sie kennen somit mitunter auch die vielen vergeblichen Versuche ihrer Patienten, von der Sucht loszukommen. Das kann ein wichtiges Argument für die Off-Label-Verschreibung sein.

Prinzipiell finde ich es gut, zunächst mal mit dem Hausarzt zu sprechen. Falls das nicht klappen sollte, kannst Du immernoch auf Deinen Neurologen oder einen Arzt aus unserer Liste zurückgreifen. Dazu müsstest Du dann unserem Admin @DonQuixote eine Private Nachricht (PN) mit Deinem Wohnort und Deiner Postleitzahl zukommen lassen.

Vielleicht schaust Du vor dem Gespräch mit Deinem Hausarzt auch mal in den Faden Kooperation statt Konfrontation rein. Wichtig ist immer zu betonen, dass Du schon sehr viel probiert hast und es auf die konventionelle Methode einfach nicht schaffst, vom Alkohol loszukommen. Das Wort "Versuch" sollte im Mittelpunkt stehen...mit offenem Ausgang. Quasi nach dem Motto: "Verschreiben Sie mir doch bitte nur diese eine Packung, damit ich es probieren kann...wenn's nicht funktioniert, dann war's das eben, und wir müssen andere Alternativen in Erwägung ziehen...". Und betone auch, dass Du selbstverständlich nicht erwartest, dass die Kasse die Kosten für das Medikament übernimmt. Ein Privatrezept sei vollkommen okay.

An Unterlagen eventuell mitnehmen kannst Du:

Die Übersichtsarbeit der Charité Berlin

PTA-Artikel: "Ist Alkoholismus doch heilbar?"

Unsere Übersetzungen der BACLAD-Veröffentlichung (den englischen Original-Artikel kannst Du über unseren Admin @DonQuixote bekommen)

Auszüge aus dem Leitfaden für die Anwendung (um zu zeigen, dass Du Dich über die Therapie bereits informiert hast)

und eventuell die Aufklärung und Haftungsfreistellung und die Vereinbarung über einen individuellen Heilversuch, falls Dein Arzt sich rechtlich absichern möchte.

Ich würde aber nicht mit der Tür ins Haus fallen und dem armen Mann gleich alles auf den Tisch knallen [mocking] . Vielleicht brauchst Du das ganze Zeug ja gar nicht...Es wirkt halt sehr souverän, wenn der Doktor z. B. Sätze sagt wie "Ich würde Ihnen ja gerne Baclofen verschreiben, aber ich bin da rechtlich in einem Zwiespalt..." und Du erwidern kannst: "Falls es daran scheitern sollte, dann hätte ich hier auch eine Haftungsfreistellung dabei..." :wink: .

Aber soweit kommt's normalerweise nicht... [mocking] ...Hast Du schon einen Termin?

Papfl

P.S. Ist Deinem Sohn gestern was passiert?
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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon baclofino » 2. Mai 2015, 12:35

Moin Klopf Klopf.
"Wer ist da?" Sorry, erinnert mich immer an die guten Gags von "The big Bang Theory.." [biggrin]
Von Zahnschmerzen kann ich ein Lied singen. Letztes Mal Wurzelvbehandlung am Abend und einen Tag darauf morgens in die Entiftungsklinikg. Nur Ibus bekommen. Das einzigst positive war, dass ich durch die Schmerzen kein Craving hatte. Jetzt habe ich auch auch alle Weisheitszähne raus. Viel Erfolg beim Start.LG Baclofino

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon baclofino » 2. Mai 2015, 12:39

ps. Natürlich kenne ich solche Zahnschmerzen nicht über Jahre hinweg, aber Schmerzen aller Art sind mit Drogen wie Alkohol immer gut zu betäuben, bis Du dann davon Schmerzen erleiden mussst [sad] Alles Gute Dir. Baclo

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Mellchen » 2. Mai 2015, 14:41

Hallo Ihr Lieben!

Zahnschmerzen - schon auch ein Thema in Verbindung mit Alkohol. So scheint es. Heute morgen hat mich mein Körper damit ganz heftig begrüßt, und es stellt sich mir die Frage, ob die Sucht SO WEIT gehen kann, dass der Körper selbst Schmerzen erzeugt (für die es organisch keine Ursache gibt), nur um seinen Stoff zu bekommen???

* Danke an Baclo!
* Danke an Baclofino und gute Besserung!
* An Gretikatz: nach meinem Weg weiß ich ganz sicher, dass weder Brücken noch Implantate in Frage kommen. DAS nicht auch noch. Es macht mir Mut, dass Du diesen Schritt nie bereut hast!
* An Papfl: Danke der Nachfrage. Sohn hatte eine Riesenbeule und natürlich war er geschockt und hat geweint. Für Kinder ist das "andere" Verhalten, das betrunkene Verhalten, nicht zu verstehen. Ich bin auch immer noch sauer. Soweit darf es einfach nicht gehen.
Für die links danke ich - besonders die Haftungsfreistellung wird sicher interessant sein. Einen Termin mache ich am Montag, das geht aber bei ihm immer sehr fix, ich rechne also noch diese Woche damit. Unbehagen begleitet das Ganze. Es ist wieder ein Schritt mehr in die "Öffentlichkeit", weitere Eingeständnisse, Fragen, Unbequemlichkeiten - eben all diese Dinge, die ein Suchtkranker so gerne umschifft. Vermeidungskünstlerin vom Feinsten. Aber das ziehe ich jetzt durch und werde natürlich berichten.
((vorhin noch einen recht interessanten Bericht über Baclofen auf youtube gesehen - ursprünglich von arte. DEN werde ich mal meinem Mann zeigen))

Euch allen noch ein schönes Wochenende!
Mellchen

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Papfl » 2. Mai 2015, 16:54

Hallo Mellchen!

Es gibt auch eine von uns kommentierte Version der ARTE-Dokumentation (Danke an dieser Stelle nochmal an @DonQuixote).

Darin wird auf einige wenige "Ungereimtheiten" bzw. missverständliche Aussagen hingewiesen, die den Journalisten seinerzeit unterlaufen sind.

Wir hatten hier im Forum auch einen regen Austausch zu dieser Dokumentation. Den entsprechenden Thread findest Du hier.

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon DonQuixote » 2. Mai 2015, 18:22

Hi Papfl

Danke für’s Bedanken

Es gibt allerdings noch eine weitere Stelle in der Reportage, welche man zusätzlich hätte kommentieren können, und zwar eine Aussage ab Minute 17:30 von Prof. Didier Sicard, dem ehemaligen Präsidenten und derzeitigen Ehrenpräsidenten der nationalen französischen Ethikkommission (CCNE).:

Die ARTE-Reportage, respektive Didier Sicard hat geschrieben:Es ist auch eine moralische Frage. Man kann doch nicht mit dem Trinken aufhören, ohne zu leiden, wo kämen wir denn da hin? Wer seinem Körper schadet, muss dafür bezahlen. Da bin ich einverstanden.

Auch er, Sicard, fällt da in ein verhängnisvolles Schema zurück: Alkoholabhängige sind selber schuld, damit sie geheilt werden können, müssen sie leiden und „bezahlen“. Wenn man das weiterdenkt, dann kann man das auch auf viele andere Zivilisationskrankheiten (Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes usw.) beziehen und setzt damit den Solidaritätsgedanken unseres Gesundheitssystems aufs Spiel. Aber ansonsten sind die anderen Aussagen von Sicard im Verlaufe der Reportage voll ok.

Und nun an Dich, Mellchen:

Mellchen hat geschrieben:Im deutschen Ärzteblatt habe ich auch einen Artikel gefunden (von 2014), den ich gut fand.

Welchen Artikel meinst Du da? Das sagt mir jetzt grad nix. Kannst Du da mal einen Link angeben?

Und natürlich ist es von Vorteil, wenn Dir Der Arzt oder Neurologe, der Dich eh schon kennt und behandelt, auch Baclofen zur Behandlung Deiner Alkoholabhängigkeit verschreibt. Oft ist das aber nicht einfach, weil viele Ärzte das Risiko einer Off-Label-Behandlung scheuen. Wenn es nicht klappt, dann melde Dich wieder, dann schaue ich in unserer Liste nach, wer in Deiner Region für Dich in Frage kommt.

DonQuixote

Edit: Oh, ich sehe gerade, dass ich von Dir bereits eine entsprechende PN (Privatnachricht) erhalten habe. Infos schicke ich Dir dann demnächst per Mail.

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Mellchen » 2. Mai 2015, 19:56

Hey Du!

Das ist schon sehr philosophisch: haben wir es "verdient", zu leiden? Etwas verdient zu haben bedeutet doch, dass man es selbst verschuldet hat, also eine "rechtmäßige" Strafe verdient. Das ist schon fragwürdig und trifft auch auf die anderen von Dir genannten Krankheiten zu (Bluthochdruck, etc).
Was dieser Mensch leider außer acht läßt ist die Tatsache, dass grundsätzlich niemand geboren wird um zu leiden. Es gibt einfach immer Umstände, Ereignisse, die so etwas hervor rufen. Oder was will er vielleicht auch sämtlichen Kriegsopfern der Vergangenheit sagen: "Hey, ihr seid's selbst schuld, dass ihr massakriert wurdet?"
Etwas mehr Warmherzigkeit und Verständnis wären durchaus angebracht. Wobei es sicher Menschen gibt, die gerade diesen "ich-werde-zurecht-bestraft" Gedanken als hilfreich empfinden mögen.
Persönlich finde ich, leiden wir genug. Was immer die Gründe dafür sein mögen. Und die einzige Hilfe ist u.a., dass man gegenseitige Unterstützung findet.

http://www.aerzteblatt.de/ - das ist der link, dann unter baclofen nachsehen.

Liebe Grüße,
Mellchen

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon DonQuixote » 2. Mai 2015, 21:26

Danke Mellchen

Ich verstehe, Du meinst bestimmt diesen Artikel. Der erschien tatsächlich Mitte März 2013, nämlich im Nachgang zur Erteilung der vorläufig auf drei Jahre befristeten französischen Zulassung (RTU). Weitere Medienberichte, welche damals praktisch zeitgleich veröffentlicht wurden, findest Du hier, dort ist auch der Artikel im „Ärzteblatt“ verzeichnet.

Wenn Du einen wirklich sehr guten Zeitungs-Artikel für Dich oder für Deinen Arzt benötigst, dann nimm den da. Er erschien in der Publikation „PTA-Forum“. Diese erscheint 18 Mal im Jahr und wird der wöchentlich erscheinenden Ausgabe der „Pharmazeutische Zeitung“ jeweils beigelegt. Über die „Pharmazeutische Zeitung“ selbst schreibt Wikipedia:

Wikipedia zur „Pharmazeutische Zeitung“ hat geschrieben: Laut der Leseranalyse für Apothekenfachzeitschriften 2014 (LA-PHARM) ist die Pharmazeutische Zeitung der am meisten gelesene Fachtitel für Apotheker. Jedes Heft der Pharmazeutischen Zeitung wird von durchschnittlich 72,2 Prozent der Apothekenleiter, 66,9 Prozent der approbierten Mitarbeiter und von 50,6 Prozent der PTA und Pharmazie-Ingenieure gelesen. Die Reichweite über alle Berufsgruppen in der Apotheke liegt bei 58,6 Prozent.

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Mellchen » 26. Mai 2015, 16:39

Hallo zusammen!

(ich hoffe, ich habe das jetzt an die richtige Stelle gesetzt...)
Das gibt es Neues: war heute beim Doc und wie zu erwarten war, ganz entsetzliche Blutwerte. Egal wie, ich muß handeln. Er hat sich mit dem Thema befasst und hat mir Baclofen verschrieben. Darüber bin ich sehr sehr froh. Morgen wird also mein erster Bac-Tag sein.
Monatlich wird mein Blut überwacht, zudem mache ich eine ambulante Psychotherapie. Und ich soll eine Art Tagebuch führen.
Bin noch ziemlich daneben. Auf der einen Seite habe ich Angst und mache mir auch Vorwürfe, warum es erst so weit kommen mußte. Und auch die Angst: "was, wenn das nicht klappt? Was, wenn ich trotz Baclofen weiter trinke?"
Auf der anderen Seite sehe ich das als Chance und freue mich auch auf das Leben "ohne".

Für jemanden, der trinkt, und das seit Jahren, ist diese Ambivalenz echt schwierig. Die Sucht in mir heult jetzt schon auf und versucht jeden positiven Gedanken im Keim zu ersticken.
Schnuff.

Euch allen alles Gute!
Mellchen

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Papfl » 26. Mai 2015, 18:22

Hallo Mellchen!

Kam mir gerade so in den Sinn: Irgendwie ist das doch ein Stück weit typisch für "unsereins". Wir suchen immer nach dem "Haar in der Suppe", auch wenn die Suppe ausgezeichnet schmeckt [smile] !

Mellchen hat geschrieben:Und auch die Angst: "was, wenn das nicht klappt? Was, wenn ich trotz Baclofen weiter trinke?"

Darüber reicht es vollkommen nachzudenken, wenn es tatsächlich soweit kommen sollte. Da Du ja schon ein paar Tage hier im Forum mit liest, weißt Du, dass es auch kein Weltuntergang ist, wenn es nicht gleich auf Anhieb klappt. Manchmal sind zwei, sogar drei Anläufe nötig. So what? Denn die Erfahrung sagt: Bei den meisten funktioniert's - mal früher, mal später. Setzt' Dich also deshalb diesbezüglich bitte nicht jetzt schon unter Druck, wo Du doch noch nicht mal angefangen hast [nea] .

Schau: Hier sind fast 1.000 Forenmitglieder angemeldet, regelmäßig schreiben tun etwas mehr als eine Hand voll. Viele lesen zwar noch regelmäßig mit, aber es gibt für sie einfach nichts mehr zu berichten. Weil sie es mit Baclofen geschafft haben [good] und jetzt ihr Leben genießen. Wirst sehen: Bald gehörst Du wahrscheinlich auch dazu [clapping] . Wobei es natürlich schön wäre, wenn Du trotzdem auch dann noch ab und an hier schreiben würdest [mocking] .

Such' also nicht länger nach dem vermeintlichen "Haar in der Suppe", sondern freu' Dich über Dein Glück und Deine jetzige Chance [good] :

  • Du hast einen Arzt, der Dir Baclofen verschreibt und Dich bei der Therapie begleitet
  • Du hast Termine bei einer ambulanten Psychotherapie
  • Du bist motiviert, etwas an Deinem Leben zu ändern
  • Es gibt für Dich in deiner jetzigen Situation wohl keine bessere Therapie als die, die Du eingeschlagen hast

In Frankreich, wo Baclofen als Therapieoption bei Alkoholabhängigkeit schon weiter verbreitet ist, haben Betroffene, Ärzte und Therapeuten nicht umsonst den Satz geprägt:

Wir haben lange gesucht - wir haben nichts Besseres gefunden.


Und solche Gedanken wie dieser...

Mellchen hat geschrieben:Auf der einen Seite habe ich Angst und mache mir auch Vorwürfe, warum es erst so weit kommen mußte.

...sind nicht nur sinnlos, sondern absolut unangebracht:

Du bist nicht schuld an Deiner Krankheit. Genauso wenig wie Krebspatienten an ihren Tumoren schuld sind oder ältere Menschen an ihrer Demenz. Punkt. Schluß damit. Und Schluß auch mit jeglicher Form von Selbstmitleid: Jetzt wird nach vorn geschaut [smile] !

Trinkst Du denn momentan noch? Falls ja, dann kennst Du ja die Vorgehensweise: Alkohol langsam herunterfahren, Baclofen parallel dazu langsam einschleichen.

Mellchen hat geschrieben:Morgen wird also mein erster Bac-Tag sein.

Wenn Du die Tabletten schon hast, spricht im Grunde auch nichts dagegen, heute Abend schon die ersten 5 mg bzw. 6,25 mg zu nehmen.

Alles Gute erstmal und bitte halte uns auf dem Laufenden, wie's läuft!
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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Papfl » 26. Mai 2015, 18:30

Ach ja, ganz vergessen:

Mellchen hat geschrieben:...war heute beim Doc und wie zu erwarten war, ganz entsetzliche Blutwerte.

Auch das ist relativ. Die Leber gehört zu den "dankbarsten" Organen, die wir haben und verzeiht eine Menge. Ich habe schon miserabelste Blutwerte gesehen, die nach ein paar Monaten Abstinenz richtig "jungfräulich" wurden...unter anderem meine eigenen [smile] .

Dass Baclofen über die Nieren und nicht über die Leber verstoffwechselt wird, ist dabei ein weiterer Vorteil des Weges, den Du eingeschlagen hast.

Das wird schon, wirst sehen [good] !
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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon DonQuixote » 26. Mai 2015, 18:34

Hallo Mellchen
Ich gratuliere zu Deiner erfolgreichen Arztsuche. Reife Leistung [good] .

Papfl hat recht. In die Vergangenheit gerichtete Selbstvorwürfe und neue Therapie-Versagensängste sind schlechte Wegbegleiter, derer Du Dich unbedingt entledigen solltest. Freu Dich auf Deine jetzt beginnende Baclofen-Therapie. Du packst das!

Meint DonQuixote

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Mellchen » 26. Mai 2015, 19:04

Ach, Ihr Süßen!

Zuspruch ist so wichtig, gerade weil das Thema Alkoholmißbrauch mit soviel Tabus, Vorwürfen, etc. behaftet ist.
Ganz ehrlich, ohne das Forum hätte ich diesen Schritt nicht gewagt. Danke!
Jetzt versuche ich, mich auf den morgigen Tag zu freuen (hier ist's sehr ländlich, Baclofen mußte bestellt werden und ist erst morgen früh da).
Alles wird gut!!!!

Danke nochmals und ein fetter Drücker!!!

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon GoldenTulip » 26. Mai 2015, 19:52

Liebe Mellchen,

auch ich wünsche Dir einen guten Start mit Baclofen. Inhaltlich pflichte ich papfl zu, kümmere Dich um mögliche Probleme, wenn sie da sind, statt Dich vorher mit Kopfkino verrückt zu machen,

Bussi Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: Klopf, klopf...

Beitragvon Eva » 26. Mai 2015, 20:28

Grüß dich Mellchen!
Auch ich möchte dir einen kraftvollen und optimistischen Start wünschen. Toi, toi, toi.
Es grüßt dich von Herzen Eva
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe, bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in Andere, neue Bindungen zu geben. Und jeden Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben (aus Hesse' Stufenlied).


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