einen Versuch ist es wert

Eigene Erfahrungsberichte zu Baclofen und Alkohol
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Lisa
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 17. September 2014, 02:37

Hallo William, ist ja sehr beruhigend, dass es bei Dir von Woche zu Woche besser wird! Mit Koffein muss ich sowieso vorsichtig sein, kann bei mir Angst/Panik auslösen. Baldrian versuche ich auch seit vorgestern, mit großem Erfolg... bei meinen Katzen [biggrin]

Hallo delle54, danke für den Tipp mit dem AD, aber ich warte jetzt erstmal ein paar Wochen ab und gebe meinem Körper Zeit, sich umzustellen.

Wobei ich ja nicht mal Probleme mit dem Einschlafen habe, bin abends total kaputt von meinem "Bewegungsprogramm". Nur nach 4 Stunden hab ich dann immer ausgeschlafen und bin fit für den Tag... oder besser gesagt für die Nacht. So langsam finde ich das aber gar nicht mal so schlecht. Wann sollte ich sonst ins Forum sehen? Mein Tag ist vollgepackt mit Unternehmungen und abends meide ich das Internet. Die Verknüpfung Alkohol und Spielforum ist zu groß bei mir und deshalb viel zu riskant, alte Erinnerungen herauf zu beschwören!

Schöne Grüße
Lisa
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 17. September 2014, 02:59

Hallo Papfl,

Papfl hat geschrieben:Ich muss zugeben, dass ich Dich - als ich heute morgen aus dem Haus ging - ein klein bisschen beneidet habe: Die ganze Woche so schönes Wetter, und ich muss arbeiten... . Mach' wenigstens Du was draus...


ohjaaa das tue ich! Ich genieße so sehr meine neue Freiheit! Bin heute wieder Wege gelaufen, am anderen Ende meiner Stadt, wo ich noch nie in meinem Leben war, obwohl ich schon fast mein ganzes Leben lang hier zuhause bin. Aufregend.

Und am Samstag habe ich eine Bahnfahrt in eine 80 (!!) km entfernte Kurstadt vor. Freue mich schon sehr darauf! Wochenende ist momentan noch die schwierigste Zeit für mich und muss deshalb gut geplant sein. Aber wenn ich überlege, was ich durch den Verzicht auf Alkohol für neue Möglichkeiten in meinem Leben geschenkt bekomme, ist das jede Anstrengung wert!

Werde heute von einem meiner neuen Wege gedanklich ein paar Sonnenstrahlen in Deine Richtung schicken, mal sehen, ob sie Dich finden [smile]

Liebe Grüße
Lisa
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Papfl » 17. September 2014, 07:58

Guten Morgen, Lisa!

Lisa hat geschrieben:Werde heute von einem meiner neuen Wege gedanklich ein paar Sonnenstrahlen in Deine Richtung schicken, mal sehen, ob sie Dich finden...

Das ist lieb von Dir. Bild

Sonnige Grüße zurück,
Papfl
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 17. September 2014, 08:38

Gedanken am Morgen:

Von einer Gleichgültigkeit Alkohol gegenüber bin ich noch weit entfernt (was bei einer Tagesdosis von 25 mg auch nicht zu erwarten ist). Das wurde mir gestern Abend mal wieder bewusst. Schreibe es zum einen der sedierenden Wirkung von Baclofen zu, dass ich bisher nicht rückfällig wurde und zum anderen der Tatsache, dass ich mir einen Lebensraum schaffen kann, in dem ich mit Alkohol nicht in Berührung komme (bzw. nur für kurze Momente). Ein Partner, der in meiner Gegenwart weiterhin trinkt, würde mich genauso überfordern wie eine (zum Glück die nächste Zeit nicht anstehende) Familienfeier. Müsste diese aus Selbstschutz absagen.
Eine Vermeidungshaltung ist bei der Angstbewältigung der falsche Weg, aber ich denke, um von meiner Sucht loszukommen, der einzig richtige.
Auch stationäre Entwöhnungstherapien basieren ja auf diesem Prinzip: erstmal raus aus der gewohnten Umgebung. Da vor Jahren eine stationäre Entzugstherapie von meinem Versicherungsträger abgelehnt wurde mit der Begründung, dass dadurch meine Arbeitskraft nicht wiederhergestellt werden kann, muss ich jetzt eben alleine ( [biggrin] da ist sie wieder, alles alleine) meine Entzugstherapie gestalten. Wertvolle Hilfen stehen mir zur Verfügung: an erster Stelle mein Arzt, das Medikament, dieses Forum und meine jahrelange Therapieerfahrung.

Alles wird gut.
Zuletzt geändert von Lisa am 17. September 2014, 08:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 17. September 2014, 08:41

@Papfl
der Schmetterling hat sich auf meine Schultern gesetzt und wird mich den heutigen Tag begleiten! Vielen lieben Dank!
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 18. September 2014, 07:43

Es wird besser! Dr. Kneipp und Papfl sei Dank [mocking]
Jetzt hoffe ich nur, dass auch meine Achterbahnfahrten (das schaff' ich nie - baclofen ist ein Wunder - wie leicht es mir fällt - hab schwer mit mir zu kämpfen) langsamer werden. Obwohl, Achterbahn fahr' ich schon mein Leben lang [biggrin]

Euch Allen einen lieben Morgengruß
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Papfl » 18. September 2014, 09:00

Guten Morgen, Lisa!

Ein ganz wichtiges "Plus", das Du in die "Baclofen-Therapie" miteinbringst, sind Deine Zuversicht und Dein Mut [smile] . Du hast (hattest) anfänglich Schlafprobleme. Und sagtest Dir: "Na und? Wird sich schon legen." Du musstest mit Dir kämpfen an der Bushaltestelle letztes Wochenende. Und sagtest Dir: "Na und? Da muss ich jetzt durch!"

Lisa hat geschrieben:...tausend Mal habe ich versucht, nichts mehr zu trinken, habe es niemals länger als 2 - 3 Tage geschafft, gleichwohl ich mich nicht als willensschwach bezeichnen würde. Kann sehr diszipliniert und konsequent sein...

Eben. "Abhängige" und Menschen mit Ängsten sind alles andere als "willensschwach". Das wird ihnen von ihrer Umwelt aber leider dauernd unterstellt. Wenn die "Normalos" wüssten, wie viel Kraft es kostet und wie viel eiserner Wille dazu gehört, starkem Craving auch nur einen Tag lang zu widerstehen, oder sich mit ausgeprägter Agoraphobie in einen vollen Bus oder ins Kino zu setzen, würden sie nicht - Entschuldigung - so blöd daher reden.

Und das Schlimme daran ist: "Wir Betroffenen" glauben diesen Schmarrn auch noch. Fangen an, an uns selbst zu zweifeln. Fühlen uns minderwertig, als Versager...die meisten hier im Forum wissen wahrscheinlich, was ich damit meine.

Glücklicherweise hat man Ende des letzten Jahrhunderts neue technische Methoden (z. B. die funktionelle Magnetresonanztomographie, fMRT) entwickelt, mit denen neurobiologische Prozesse im Gehirn sichtbar gemacht werden können (s. auch "physisches Craving" an anderer Stelle) und die endlich "beweisen", dass Süchte, Ängste und viele andere vermeintlich rein psychische Krankheiten durchaus auch eine physiologische Komponente haben, die man eben nicht willentlich und mit ausreichend Disziplin in den Griff bekommt. Gegen die ist der Betroffene machtlos. Oder sollte ich besser sagen: War der Betroffene machtlos?

So ungefähr sieht es in einem Kopf aus, wenn "physisches Craving" das Kommando übernommen hat. Im übertragenen Sinne könnte man das auch mit starken Ängsten oder panischen Zuständen vergleichen:

Bild

Und da will mir irgendjemand ernsthaft weismachen, dass bei diesem "Chaos im Kopf" mit Willenskraft und Disziplin noch etwas zu machen ist :wink: ? Hier ist der selbe Kopf unter den gleichen Bedingungen nach einer mehrtägigen Baclofenbehandlung:

Bild

So oder so ähnlich, liebe Lisa, dürfte es jetzt auch "in Dir" aussehen. Und ein klein bisschen erklärt das auch die von Dir beschriebene "Achterbahnfahrt": Es braucht nach wie vor sehr viel Willenskraft, Disziplin und Durchsetzungsvermögen, um "schwere" und hochgesteckte Ziele zu erreichen (und "in-einen-voll-besetzten-Bus-zu-steigen" bzw. "nicht-zu-trinken" sind für unsereins enorm schwere Vorhaben) - daher auch immer wieder der Satz: "Baclofen schlägt einem das Glas nicht aus der Hand". Aber Baclofen schafft in unseren Köpfen den notwendigen "Platz", damit genau diese Anstrengungen auch fruchten können.

Und je mehr Erfolgserlebnisse wir für uns selbst verbuchen können, desto leichter wird es mit der Zeit, unsere Ziele zu verwirklichen.

In diesem Sinne: Du bist auf einem guten, richtigen Weg! Auch wenn's ab und zu noch bergab und bergauf geht!

LG Papfl

P.S. Die Fotos stammen aus einer Arbeit von Dr. Anna Rose Childress (University of Pennsylvania, USA). Wer sich näher dafür interessiert, findet hier Genaueres darüber (Danke @fetsecht und @DonQ für die damaligen Beiträge).
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 19. September 2014, 05:50

Guten Morgen Papfl, ein Wahnsinn was Du alles weißt! Und ein wahnsinnig interessanter Bericht über die Magnetresonanztomographie!! Da muss ich mich mal in Ruhe einlesen!! Danke Dir ganz herzlich dafür! Und wie gut Du mich/meine/unsere Ängste kennst! Mein ganzes Leben war ein einziger Kampf gegen die Angst. Wie oft musste ich mir anhören: man muss nur wollen [sad] Ich wollte ja, ich konnte aber nicht. Sowohl mein Neurologe als auch mein Verhaltenstherapeut meinten, wenn ich meine "größte Angst" überwinde, würden auch meine anderen Ängste verschwinden. Also hab ich mich in ein Flugzeug gesetzt und bin alleine (!) auf die Kanaren geflogen. Und nachdem ich mich wochenlang intensiv auf diesen Flug vorbereitet hatte, ging es sogar recht gut. Wohl auch beflügelt durch die Hoffnung: wenn ich DAS jetzt schaffe, ist meine Angst vorbei! Nur: auf der Insel waren meine Ängste immer noch da, ich hatte immer noch Angst, in den Bus zu steigen, ich hatte noch immer Angst vor Menschenansammlungen, mit der Fähre auf eine andere Insel, unmöglich. Dieser "Urlaub" war eine einzige Hölle. Irgendwann hab ich mich damit abgefunden, dass ich "nicht normal" bin.

Also haben Angst und Sucht/Craving im Gehirn ihren gleichen Ursprung? Dass Baclofen stark angstlösend bei mir wirkt, habe ich von Anfang an gespürt.

Papfl hat geschrieben:Es braucht nach wie vor sehr viel Willenskraft, Disziplin und Durchsetzungsvermögen, um "schwere" und hochgesteckte Ziele zu erreichen


Aber weißt Du Papfl, ENDLICH funktioniert es auch mit meiner Willenskraft! Sowohl in Bezug auf Alkohol als auch bei der Bewältigung meiner Ängste. Achja... Kino wär doch auch mal wieder was, endlich mal einen Film bis zum Schluss ansehen ohne vorher voller Panik zu flüchten.

Ich habe sooo viel an Leben nachzuholen, mit Baclofen erscheint es mir machbar!

Liebe Grüße
Lisa
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon gretikatz » 19. September 2014, 06:48

Papfl hat geschrieben:Abhängige" und Menschen mit Ängsten sind alles andere als "willensschwach". Das wird ihnen von ihrer Umwelt aber leider dauernd unterstellt.

Hierzu ein Auszug aus dieser Dissertation von Armin Schachameier, Seite 18 und 19:

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde angenommen, dass Alkoholismus erblich sei. So hieß es im Rassengesetz nach § 1 Abs. 3 ‚Gesetz zur Verhütung des erbkranken Nachwuchses‘: „Wer an schwerem Alkoholismus leidet, kann sterilisiert werden“. (zit n. Lindenmeyer 2001) Die Zahl derer, die wegen Alkoholismus in Konzentrationslager geschickt worden sind, ist nicht bekannt. (ebd.)

Insgesamt kamen während der Nazizeit die Vorurteile über Trinker als „willensschwache, triebhafte und kriminelle“ Persönlichkeiten wieder verstärkt auf. 1943 wurden sogar alle Abstinenzvereine verboten, und nur eine einzige Trinkerheilstätte blieb während des Zweiten Weltkrieges geöffnet.

Alkoholismus wurde in dieser Zeit also wieder mit dem Konzept der Charakter- und Willensschwäche in Verbindung gebracht. Dies zeigt nochmals das wechselhafte Krankheitsverständnis der letzten 200 Jahre.

Immer wieder konnten sich Vertreter dieser moralisierenden Position durchsetzen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass diese Ansichten bis heute in Teilen der Bevölkerung zu finden sind.


Alkoholismus ist eine Krankheit. Niemand würde sich wegen einer Blinddarmentzündung oder einer Grippe solche Vorwürfe gefallen lassen.

Lisa: Alles Gute für Dich! Ich wünsche, dass Dir Baclofen hilft so wie es mir geholfen hat!

LG gretikatz

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Papfl
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Papfl » 19. September 2014, 08:30

Hallo zusammen!

Lisa hat geschrieben:Also haben Angst und Sucht/Craving im Gehirn ihren gleichen Ursprung?

Auch auf die Gefahr hin, dass mich mitlesende Mediziner jetzt mental "steinigen" [wacko] : JEIN.

Bei beidem spielen (neben vielen anderen Faktoren) Botenstoffe im Gehirn eine wichtige Rolle, die jeweiligen Zusammenhänge können aber recht unterschiedlich sein.

Alkohol wird beispielsweise oft als "Medizin" eingesetzt. Gegen Ängste, gegen Schlaflosigkeit, gegen Nervosität etc.. Man kommt leicht dran, die gewünschte Wirkung ist nicht von der Hand zu weisen und wenn man das ein paarmal erfolgreich ausprobiert hat, kann es unter Umständen zur Gewohnheit werden. "Zwei Bier am Abend sind doch allemal gesünder als eine starke Schlaftablette".

"Leider" reichen zwei Bier am Abend irgendwann nicht mehr aus, weil der Körper eine Toleranz (bessere Verträglichkeit) gegenüber Alkohol entwickelt. Dann werden es drei, irgendwann vier, dann kommt ein Schnaps dazu...und allmählich rutscht man in die Abhängigkeit (Sucht) hinein. Dabei war alles, was man ursprünglich wollte, doch nur ein klein bisschen Entspannung, Beruhigung, Ausgeglichenheit...oder einfach mal gut drauf sein.

Für sowas stellt der Körper normalerweise "Botenstoffe" bereit: Serotonin resp. Melatonin, Endorphine, Dopamin, Adrenalin etc...nur aus irgendeinem Grund hat der Stoffwechsel halt nicht so funktioniert, wie er sollte. Oder wir haben einfach zu schnell zur einfachsten Lösung (Alkohol) gegriffen und damit das komplette körpereigene System durcheinander gewirbelt.

Baclofen (GABA) gehört zu den "wichtigsten" Botenstoffen für Beruhigung, Relaxation, Entspannung etc.. Kann uns also indirekt genau das geben, was wir zuvor im Alkohol gesucht haben. Und hat zudem den Vorteil, dass es nicht abhängig macht, weil es an anderen Stellen (Rezeptoren) "andockt" als beispielsweise Alkohol, andere Drogen, Benzodiazepine etc.. Und es hat keine berauschende Wirkung. Eben weil Baclofen ganz "anders" funktioniert als die "Droge", ist es auch kein klassisches "Substitutionsmittel" (wie beispielsweise Methadon für Heroinabhängige).

Wenn also die Ursachen von Angst und (daraus resultierender) Sucht (resp. Craving nach Absetzen der Droge) ursprünglich in der Unfähigkeit zur Entspannung, Beruhigung und Ausgeglichenheit liegen, dann sind diese durchaus ein Stück weit miteinander vergleichbar.

Nochmal: Ich beziehe mich hier ausschließlich auf die neurobiologischen Aspekte, viele andere Ursachen für eine mögliche Sucht- und Angstentwicklung wie individuelle Voraussetzungen, Sozialisation, genetische Veranlagung etc. lasse ich hier außen vor, obwohl sie natürlich ebenfalls eine wichtige Rolle spielen können.

Einen schönen Tag wünscht
Papfl
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 19. September 2014, 10:32

Danke Papfl für die ausgesprochen verständliche Erklärung!
Dann hat anscheinend mein Stoffwechsel noch nie so richtig funktioniert, woher sonst die Ängste bereits in der Kindheit. Egal, ich bohr da jetzt nicht weiter nach. Ändern lässt sich eh nichts mehr.

Papfl hat geschrieben:Oder wir haben einfach zu schnell zur einfachsten Lösung (Alkohol) gegriffen


Das regt mich momentan dermaßen auf, wie EINFACH es ist, an Alkohol zu kommen, wie er an jeder Ecke präsentiert wird. Und wie sehr er allgemein verharmlost wird. Ein Arzt im Krankenhaus sagte zu mir bei einer Abschlussuntersuchung nach einem Sturz: "Sie machen es genau richtig, genießen Sie Ihr Leben, genießen Sie den Wein, und wenn wiedermal was ist, kommen Sie zu uns, wir flicken Sie wieder zusammen" ... wortwörtlich [sad] Natürlich gibt es Menschen, die Alkohol in Maßen genießen können. Gönne es Ihnen auch von Herzen. Aber mir fallen immer mehr Menschen unterwegs auf, die eindeutig ein Problem damit haben. Und wenn jemand im Bus oder in der S-Bahn mir gegenüber sitzt und nach Alkohol riecht, wird's mir hundsmiserablig übel. Oje, werd ich schlimm? Intolerant?

Liebe gretikatz, das ist Motivation pur für mich! Es ist also zu schaffen, so viele vor mir sind den Weg schon gegangen. Ich halte durch ... zumal es mir momentan wieder ziemlich leicht fällt. Keine Bange, die nächste Achterbahnkurve kommt bestimmt [biggrin]

Liebe Grüße
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 20. September 2014, 13:32

Hallo zusammen, bin gerade etwas beunruhigt: habe vor gut 2 Std. die ersten 10 mg für heute genommen, bin momentan auf 30 mg täglich und habe jetzt heftige Sehstörungen. Lesen geht nur noch sehr eingeschränkt. Hab zwar als Suchbegriff "Sehstörungen" hier eingegeben, finde aber nicht wirklich etwas, das passt. Es ist nur ein Doppelsehen beschrieben. Ich sehe ehr in "Streifen". Teile kann ich lesen, dazwischen wieder nicht.

Kennt das jemand? Sollte ich heute besser kein Baclofen mehr nehmen?

LG Lisa
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon GoldenTulip » 20. September 2014, 13:43

Liebe Lisa,

bei 30 mg ist höchst unwahrscheinlich, dass Baclofen Deine Wahrnehmung dermaßen verändert. Es ist Wochenende. Schlaf drüber weg. Vielleicht möchtest Du grad nichts lesen?!
Dein Unterbewusstsein kämpft mit sich selbst. [help]
Wieviel hast Du gelesen, als Du betrunken warst? War das ein Problem?

Nein? Geh Heia. Morgen weiter, ok?

Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Papfl » 20. September 2014, 14:05

Hallo Lisa!

Kennst Du diese Symptome auch aus der Zeit vor der Baclofen-Einnahme bei Dir? Kam das schon mal vor?

Irgendwelche Kreislaufprobleme, Schwindel? Genug Flüssigkeit zu Dir genommen? Erhöhe jetzt bitte erst mal nicht, bleib' bei der Dosis, die Du die ganze Woche über genommen und gut vertragen hast. Absetzen (schon gar nicht abrupt) macht jetzt auch keinen Sinn.

Ich würde ein, zwei Stunden abwarten, ob sich die Sehstörungen legen. Wenn es sich nicht ändert oder zumindest bessert, evtl. doch einen Arzt kontaktieren. Lieber einmal zu oft...aber vielleicht ruhst Du Dich in der Tat erst mal ein bisschen aus. Ist vielleicht wirklich alles grad etwas viel!

Lass' uns bitte wissen, wie's Dir geht.

Gute Besserung, Papfl.

Edit: Rechtschreibfehler "und" statt "uns" :wink:
Zuletzt geändert von Papfl am 20. September 2014, 18:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Chinaski » 20. September 2014, 14:06

Hallo Lisa,
die Sehstörung kommt vom Baclofen da es ein Muskelrelaxan ist.
Das bezieht sich dann auf alle Muskeln im Körper.
Auch auf das Auge.*
Das muß dir keine Angst machen!
Nimm Baclofen weiter nur vielleicht 5mg weniger.
Diese Dosis hälst du bis die UWN verschwunden sind und dosierst dann weiter auf.
Im laufe der Therapie wirst du noch mehr Merkwürde UWN verspüren, keine Angst Baclofen ist ein sehr sicheres Medikament.
Verfahre dann wie oben beschrieben, Dosis verringern und dann wieder hoch dosieren.
Schönes Wochenende,
LG Chinaski

*hatte ich auch!

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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Chinaski » 20. September 2014, 14:10

@Lisa,
um ganz sicher zu sein das die Beschwerden nicht von Baclofen kommen solltest du natürlich zum Arzt gehen.

LG Chinaski

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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 20. September 2014, 14:15

Herzlichen Dank Conny, Papfl und Chinaski. Hab ja gestern erst auf 30 erhöht, behalte es jetzt erstmal bei. Ist ja wirklich noch nicht so hoch. Im Moment lässt es auch etwas nach. War vergleichbar mit einer Behandlung beim Augenarzt, wenn die Pupillen geweitet werden, Sonne hat unheimlich geblendet und lesen war verzerrt.
Am Montag gehe ich sowieso zu meinem Arzt, werde es da mal ansprechen. Aber Wochenende ist immer nicht so toll, wenn da Probleme auftauchen. Angsthase halt [sad]
Liebe Grüße und Danke nochmals!!!
Lisa
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Papfl » 20. September 2014, 14:23

Nichts zu danken, Lisa. Immer GERNE [smile] .
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon Lisa » 20. September 2014, 14:35

Lieber Papfl, Du hattest wohl Recht: ist wirklich grad alles etwas viel. Muss wohl mal 1 - 2 Tage einen Gang runterschalten, vor allem bei meinem "Bewegungsprogramm". Deshalb wollte ich mich faul auf die Couch legen, ein Buch lesen... und dann gehts nicht [sad]

Aber richtig gut geht's mir gerade in Bezug auf Alkohol. Hätte vor 2 Wochen noch nicht geglaubt, dass ein Leben ohne Alkohol soviel Spaß machen kann.

Wünsche Dir ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße
Lisa
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Re: einen Versuch ist es wert

Beitragvon DonQuixote » 20. September 2014, 14:44

Hallo Lisa

Man nennt das Akkomodations-Störung, und von dieser Baclofen-Nebenwirkung wird tatsächlich manchmal berichtet. Mache es wie die anderen bereits vorgeschlagen hatten: Dosis beibehalten oder sogar leicht reduzieren und abwarten. Das wird vorüber gehen.

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