Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Was im Baclofen-Alltag so alles schief- oder gut läuft
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Arno
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Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 15. August 2014, 15:31

Hallo Forenmitglieder,
wer kann etwas zu der Kombination von Alkohol,Baclofen und Antidepressiva sagen? Welche Wechselwirkungen und/oder Langzeitfolgen können auftreten?
Ich würde mich über Erfahrungsberichte bzw. Infos dazu sehr freuen. Bin selbst nicht direkt betroffen, habe aber dennoch einigen Anlass, mir Gedanken dazu zu machen. Vielen Dank! :-|
Arno

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DonQuixote
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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon DonQuixote » 15. August 2014, 23:25

Hallo Arno

Zur Kombination von Alkohol und Baclofen darf ich mich selbst zitieren:

DonQuixote hat geschrieben:Alkohol und Baclofen können die gleichen Nebenwirkungen haben, insbesondere Schwindel, Unkonzentriertheit und dergleichen und bei gleichzeitiger Einnahme dieser beiden „Medikamente“ schaukeln sich diese Nebenwirkungen dann gegenseitig hoch und es kann zu unliebsamen Abstürzen mit richtigen Stürzen kommen. Einige Forumsmitglieder berichteten denn auch davon, dass sie Alkohol zusammen mit Baclofen schneller „besoffen“ mache.

Und dann noch dies hier:

DonQuixote hat geschrieben:Und Ja, Koma als Nebenwirkung von Baclofen ist tatsächlich möglich, wenn z.B. eine Überdosis des Medikaments mit einer Überdosis Alkohol zusammenfällt, das ist glücklicherweise selten. Klar, Notaufnahme, wo das dann jeweils endet, ist Sch***e, aber solange es dabei keine gravierenden Sturzverletzungen gibt, enden solche „Unfälle“ immer glimpflich. Nicht vergessen werden darf, dass komatöse Zustände auch bei Überdosierung anderer Medikamente und vor allem auch von Alkohol alleine auftreten können.

Zur Wechselwirkung von Baclofen und Antidepressiva kann ich sagen, dass die allermeisten dieser Medikamente mit Baclofen „kompatibel“ sind. Frage aber zur Sicherheit den Arzt, der diese Antidepressiva und/oder Baclofen verschreibt.

Nun zu den Langzeitfolgen von Baclofen: Im Anwendungsbereich der Therapie der Alkoholabhängigkeit (seit ca. 4-5 Jahren) sind mir keine negativen Langzeitfolgen bekannt. Doch halt, eine Langzeitfolge kenne ich schon, eine positive, nämlich die „Heilung“ von der Krankheit *grins* Im ursprünglichen Anwendungsbereich von Baclofen, der Behandlung einer Spastik, ist mir auch noch nichts aufgefallen. Aber so tief stecke ich da nicht drin. Frag halt mal in einem Forum, welches sich der Multiple Sklerose widmet, die haben vielleicht mehr und längere Erfahrung in der Sache.

Zu den Langzeitfolgen von Antidepressiva: Da bin ich, und ich denke das Forum insgesamt, zu wenig kompetent. Frage vielleicht Deinen Arzt oder erkundige Dich in einem Forum, das sich damit auskennt.

Ich hoffe, diese Auskunft hilft Dir weiter.

DonQuixote

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 16. August 2014, 13:54

Danke für die Antwort, Don. Ich kann nur schwer abschätzen,welche Alkohol und Baclofenmengen kritisch sein könnten, aber 112 mg Bac und 1l Wein & 2-3l Bier täglich (abends konsumiert) stelle ich mir bedenklich vor. Dazu das Antidepressivum. Ich frage mich auch, bei welcher Behandlungsdauer mit Bac ein suchtmindernder Erfolg zu erwarten ist. Hier in den Foren werden sehr unterschiedliche Erfahrungen geschildert. Auch zwischen physischer und psychischer Abhängigkeit wird häufig unterschieden. Meine Befürchtung ist , dass der tägliche Cocktail aus Alk un diversen Medikamenten zu Persönlichkeitsveränderungen und bei ausbleibendem Erfolg zur Resignation führt. Ist eine begleitende Psychotherapie nicht angeraten?
In diesem Zusammenhang werde ich mich durch die Foren wühlen ...
LG, Arno

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon WilloTse » 16. August 2014, 15:08

Hi Arno,
Arno hat geschrieben:Ist eine begleitende Psychotherapie nicht angeraten?

Ja, ist sie wohl. Aber die ändert unmittelbar auch nichts an dem Zusammenprall von Alk, Bac und ADs. Da geht bitte zum Arzt und legt die Probleme auf den Tisch. Mindestens mal die ADs sind ja wohl verschrieben, denke ich?

LG
Willo

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 16. August 2014, 16:42

@ Willo, Ja, sind sie. Aber das eigenmächtige Hoch- und Herunterdosieren macht die Sache nicht besser. Beim nächsten Arztbesuch werde ich genau das tun und auf selbstverantwortliche Patientenmitarbeit hinwirken.
Arno

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon WilloTse » 16. August 2014, 17:31

Hi Arno,

Arno hat geschrieben:das eigenmächtige Hoch- und Herunterdosieren macht die Sache nicht besser.


Definitiv nicht, nein. Weder bei Baclofen noch bei AD sind irgendwelche Galoppsprünge sonderlich hilfreich.
Wenn Du da Einfluss nehmen kannst, dann wäre das mit Sicherheit gut, da auf Therapieverständnis hinzuarbeiten.

LG
Willo

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon DonQuixote » 17. August 2014, 01:02

Hallo Arno

Danke für Deine zusätzlichen Erläuterungen. Es geht also nicht nur um irgendwelche Nebenwirkungen, Du befürchtest oder siehst sogar eine veritable Persönlichkeitsveränderung. Baclofen als Ursache, auch in Zusammenwirkung mit großen Mengen Alkohol, schließe ich nahezu aus. Alkohol hingegen, in den von Dir beschriebenen Mengen, und das über einen längeren Zeitraum, hat durchaus das Potential, eine Persönlichkeitsveränderung hervorzurufen.

Beim Wort „Antidepressiva“ wurde ich aber nochmal hellhörig. Von welchem Medikament redest Du da genau? Unter diesem weit gefassten Begriff, werden, zwar nicht im medizinischen, aber im allgemeinen Sprachgebrauch, manchmal auch Medikamente verstanden, die heavy Stoff sind, z.B. Benzodiazepin oder Distraneurin. Und da, im Langzeitgebrauch und hoher (meist missbräuchlicher) Dosierung, kann ich mir schwere Nebenwirkungen (Anhängigkeit) bis hin zu Persönlichkeitsveränderung nun schon sehr gut vorstellen. Aber eben, man müsste wissen, von welchem Medikament Du genau sprichst. Und auch dann kann Dir letztendlich nur der verschreibende Arzt kompetent Auskunft geben. Baclofen würde ich jedoch als letzte Ursache solcher extremen Nebenwirkungen und Langzeitfolgen vermuten.

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon GoldenTulip » 17. August 2014, 13:11

Ich schließe mich DQ tendenziell an.

Jedes der Mittel (Alk, Bac, ADs) hat selbst einzeln selbst bei bestimmungsmäßigem Gebrauch auf Dauer wahrscheinlich Persönlichkeitsveränderungen zur Folge. Sonst würde man es ja nicht nehmen, oder?

Abgesehen von psycho-sozio-kulturell-philosophischen Fragen wie "welche Persönlichkeit", stellt sich die Frage, wer wie wohin mit welchen Mitteln. Da ist das Warum noch nicht mal enthalten.

Da stimme ich Dir, DQ , auch nicht zu, dass bac allein keine Persönlichkeitsveränderungen bewirkt. Vielleicht nicht bei MS-Patienten, aber die Folgen, den Alkoholmissbrauch zu beenden, und mit Bac zu behandeln, hinterlässt zumindest eine Art Lücke - nämlich die, dass das Fehlen des "selbstverordneten Heilmittels" Alkohol einen nackt und bloß im fahlen Licht der Realität stehen lässt, und oft eben ohne Alternative und Hilfe. (Wartezeiten für selbstzahlende Traumapatienten bis zu einem Jahr).

Jedoch, man beachte, auch gewünschte Veränderungen geraten unter Cocktail-Bedingungen leicht aus dem Ruder.
Teufel und Belzebub wäre noch irgendwie planbar, zusammen mit psychischem Chaos wird das zu einem Roulette-Spiel.

Ich will mich nicht aus dem Fenster hängen, weil ich dafür zu unqualifiziert bin.

Gemeingut ist bislang: Ohne Abstinenzwunsch keine Baclofentherapie ("die wollen ja nur weitertrinken").
Gemeingut neu ist: Auch Reduktion kann Therapiefähigkeit erstmals herstellen. (Mein) Reißverschlussprinzip. Ohne die Retraumatisierung durch eine Abstinenzanforderung erstmal stabilisieren, Handlungsfähigkeit als Therapieziel, keine Abstrafung (Die Drohung, "Wenn Du nicht aufhörst zu trinken, dann..,." ist eine Retraumatisierung für etliche), weiß nicht, dass ist doch, was mit Recovery gemeint ist?!.

Hier ist der Erkenntnishorizont noch im Baby-Status. Zutiefst depressive Menschen, die mit ADs 30 kg zunehmen (nix gut für Lebensfreude), Trinkende, die mit 100 mg Bac objektiv (?) an Lebensqualität gewinnen, aber über die Reduktion/ Abstinenz mit Müdigkeit, Libidoverlust etc zu kämpfen haben. Die sich bei Bac daran klammern, mittelfristig doch wieder ab und zu ein Gläschen trinken zu können (pöser O.A.).

So, kann mir jemand erklären, wie da eine Gewinnformel draus werden kann? Am liebsten ohne subjektiven Faktor, der verwässert die wissenschaftliche Erkenntnisse so scheußlich.

Meiner Meinung nach ist da noch einiges an Grundverständnis zu tun. Zuviele Hennen und Eier, und wenn der Hahn kräht, verheißt das lange noch kein Morgen.

Gegenüber dieser Herausforderung ist ein Kleinkrieg wie er angezettelt wird, wenig hilfreich. Und Baclofen wird nicht im Handstreich diesen Komplex auflösen, allenfalls erhellen. Individuell auch helfen. Strukturell ist da aber so nicht viel zu machen,

Lieben Gruß
Conny
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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 17. August 2014, 23:51

Danke für die Antworten. Ich kann hier vor Ort nicht viel Schreiben, das Wischphone ist zu schlapp dazu . Bin im Urlaub. Das [] fragliche Mittel heißt Venlafaxin. Ist ziemlich hilfreich, reagiert aber sehr intensiv auf Dosierungsänderungen.
LG, Arno

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 19. August 2014, 12:51

@Conny: Wenn ich dich richtig verstanden habe, gehst du davon aus, dass Bac u.a. auch zur Veränderung eines andauernden Alkoholkonsums eingesetzt werden könnte. Jeder Durchschnittsmensch konsumiert hin und wieder Alkohol, um zu einer wie auch immer gearteten Stimmungsveränderung zu kommen. Aber bei Abhängigkeit kontrolliert der Alkohol den.Konsum, nicht der Trinkende. Ich glaube nicht, dass sich das durch einen Griff in die pharmazeutische Trickkiste wieder umkehren lässt. Die Frage, welche Lebensumstände zur Abhängigkeit geführt haben und welche Trigger immer wieder in die Endlosschleife münden, müsste m. E. umfassender geklärt werden, z.B. (verhaltens-)therapeutisch. Ein "glückliches Leben" (?) mit kontrollierter Abhängigkeit..? Ich weiß nicht, ob das funktionieren kann. Das "selbstverordnete Medikament" verändert, wie du vermutest, mit all seinen verschreibungspflichtigen Gegenspielern die Persönlichkeit. Aber wie weit geht das? Bis zur völligen Auflösung und dem Verlust der gesamten Lebensperspektive? Ich glaube, hier gibt es keine Alternative als: Weg vom Alk. Aber wie?
Liebe Grüße, Arno

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon GoldenTulip » 20. August 2014, 09:14

Hallo Arno,

ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit:

Der jeweilige Status der Abhängigkeit lässt sich einmal objektiv (ab einer gewissen Alkohol-Konsummenge) körperlich fassen (Entzugserscheinungen bei Reduktion/ Absetzen), und einmal subjektiv, als psychische Abhängigkeit. Diese ist ziemlich unabhängig von der verkonsumierten Menge und muss nicht mit körperlichen Entzugserscheinungen einhergehen.

Im ersten Fall wirkt Bac zweitrangig, da werden zumeist in der Entgiftung im KH andere Mittel eingesetzt, um die Entzugssymptome einzudämmen.

Aber bei Abhängigkeit kontrolliert der Alkohol den.Konsum, nicht der Trinkende. Ich glaube nicht, dass sich das durch einen Griff in die pharmazeutische Trickkiste wieder umkehren lässt.


Ja, und nein.

Abhängigkeit ist ein komplexes Gebilde, das neben der stofflichen/ neuronalen Seite auch seelisch-psychische Aspekte hat: Gewohnheit, Erfahrung von erwünschten Wirkungen wie Angst- und Stressminderung, Fokussierung, Reizfilterung, Enthemmung, Euphorisierung, etc. pp.

Fallen die psychischen Belohnungen einer Abstinenz "zum Opfer", fällt dem Gehirn nichts anderes ein, als auf der erneuten Zufuhr des "Heilmittels Alkohol" zu bestehen. Es kennt halt wenig anderes. Kriegt es nichts, ist es empört:

Da steht sie doch, die Flasche! Du musst nur zugreifen, Du Depp [ireful]

So entsteht zunehmender Trinkdruck, dem man willentlich eine Zeit lang standhält, bis irgendein Trigger (ein emotionales Ungleichgewicht) zum Anlass wird, wieder zuzuschlagen.

Durch Therapie, SHG, Angst vor sozialer Ausgrenzung und Existenzangst erreicht man dann ein Gleichgewicht des Schreckens. Das kann lange anhalten, es bleibt aber für viele ein sehr anstrengender Kampf gegen das Trinkverlangen.

Und genau hier setzt Baclofen an. Die Rezeptoren, die nach Alkohol schreien, werden durch Bac "besetzt" (ok, laienhaft, bitte um Korrektur, wers präziser ausdrücken kann)
Die sind so gesättigt wie ein Zuckerbäcker, der am Abend alles will, nur keinen Kuchen mehr.
Ähnlich uninteressant wird auf dieser Ebene der Alkohol durch Baclofen, bei entsprechender Dosierung.

Ich zum Beispiel bin lange Zeit mit 1-2 Bier am Abend "satt" gewesen, und es gab etliche Tage, wo es mir leicht fiel, gar nichts zu trinken. (Und ich war zuvor gut dabei mit Bier, Sekt und Schnaps am Ende, incl. Depressionen und Panikanfällen.)

Bac hat mir nachweislich geholfen, mit einem Bruchteil an Alkohol auszukommen". Ich hab Therapien gemacht usw.

Ich wiederhole Deine Aussage mal:

Aber bei Abhängigkeit kontrolliert der Alkohol den.Konsum, nicht der Trinkende. Ich glaube nicht, dass sich das durch einen Griff in die pharmazeutische Trickkiste wieder umkehren lässt.


Es lässt sich m.E. nicht "umkehren", aber einen soweit wieder einen klaren Kopf bekommen, dass man überhaupt in der Lage ist, sich auch der seelischen Gesundung zu widmen. Mit 2,5 Promille hat man nicht viel von Therapie- und SHG-Stunden. Die hält man dann eher in der Stammkneipe ab.

Ein "glückliches Leben" (?) mit kontrollierter Abhängigkeit..? Ich weiß nicht, ob das funktionieren kann.


Einem paar Prozent gelingt dieser Drahtseilakt. Für Quartalssäufer eher ungeeignet, aber für Stresstrinker, die sich aufmachen zu Sport, Yoga, bewussterem Leben insgesamt eben möglich.
Ich kann nicht einschätzen, ob diese dann weiterhin von Baclofen profitieren, oder ob es nur noch als Stütze dient. Wegen der angstlösenden und entspannenden Wirkung von Bac denke ich das aber schon, auch in niedriger Dosierung.

Die Gefahr, in die alten Trinkmuster schleichend wieder reinzurutschen ist aber recht groß, vermute ich.

Ich glaube, hier gibt es keine Alternative als: Weg vom Alk. Aber wie?


Ich wage mal die Behauptung, dass jeder, der sich für Abstinenz entscheidet, vorher Phasen/ Jahre mit Versuchen zum kontrollierten Trinken verbracht hat. Gescheitert ist, und irgendwann merkt: So klappt das bei mir nicht, ich habe nicht die Disziplin, das dauerhaft durchzuhalten.

Entscheidet man sich für Abstinenz, ist jedes Bier ein klarer Bruch mit den eigenen Vorgaben, das fällt einem selbst natürlich direkt auf.
Hier wird es dann zu einer Lebensentscheidung: Rausch oder Realität. Die eigentliche Arbeit an sich selbst geht los, incl. Rückfällen/ Vorfällen, Aufarbeitung, neuen Prioritäten im Leben. Dieses Paradigma "Nie wieder Alkohol" stellt jemanden, der mal grad die Traute hat, sich vom Beckenrand ins Wasser zu werfen, vor die unerfreuliche Aufgabe, sich schon mal mit dem Sprung vom 10-Meterbrett auseinanderzusetzen. Da kann man schon mal kalte Füße kriegen.

Ja, und wie nun?

Durch eigene Erfahrungen lernen. Sich den Druck rausnehmen, es muss jetzt und sofort für immer klappen, durch Akzeptieren, dass Prozesse der Persönlichkeitsänderung Zeit brauchen. Durch die Annahme von Hilfe und Austausch. Durch Therapie, die aufdeckt und einem hilft, mit alternativen Handlungsoptionen zu experimentieren.
Durch Baclofen, was einem die Möglichkeit gibt, selbst steuernd auf den Trinkdruck zu reagieren. Und dadurch zu erleben, dass es durchaus ohne Alkohol gehen kann - sofern man nicht erwartet, dass die Pille einem die Arbeit abnimmt.

So ein Leben ohne die Fluchten kann ganz schön anstrengend sein.
Man vergisst dann leicht, wie anstrengend das Leben mit den Fluchten gewesen ist. Wegen der Fluchten war.

Um es knapp zu sagen: Baclofen ist wie eine Gangschaltung beim Fahrrad, wenn man den Berg hinauf will:
Man kommt erstens überhaupt voran, wenn es steil ist, und man muss nicht bis zur völligen Erschöpfung ackern, um am Ende doch wieder zurückzurollen.

Ob man überhaupt ein Typ fürs Radfahren im Bergigen ist, ist dann eine andere Frage,

Lieben Gruß
Conny
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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 21. August 2014, 01:56

Hallo Conny,
vielen Dank für deine sehr ausführliche und informative Antwort. Inzwischen habe ich mir auch die Behandlungsempfehlungen der französishen Ärzte durchgelesen, inklusive der Kommentare. So gesehen hat Bac natürlich einen Sinn - als Therapievorbeteitung bzw. - Begleitung. Aber das dürfte nicht jedem klar sein. Wunder erzeugt es nicht, denn die Suchtursachen bleiben ja. Die psychischen Schmerzen und die ungefilterte Konfrontation mit der Realität sind die eigentliche Herausforderung.
Liebe Grüße
Arno

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon GoldenTulip » 21. August 2014, 07:51

Hallo Arno,

ich gehe völlig mit Dir d'accord, bis auf eine kleine Unterscheidung hier:

Wunder erzeugt es nicht, denn die Suchtursachen bleiben ja.


Es wird nicht umsonst empfohlen, möglichst trinkfrei in die Bac-Therapie zu gehen, denn eine der Haupt-Suchtursachen des Trinkens ist das Trinken selbst.

Klar trinkt man auch "weil...", aber mit jedem trinkfreien Tag steigen die Chancen, dass man auch weiterhin (immer öfter) nichts trinkt. Man gewöhnt sich an eine neue nüchterne Lebensqualität, die man schon vergessen hatte und nicht mehr leicht wieder hergeben mag.

Naja, ich denke, dass weißt du selber, ich wollte es nur noch mal betonen.

Lieben Gruß
Conny
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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 21. August 2014, 13:21

Hallo Conny,
genau das ist das Problem:
Man hatte schon vergessen, wie ausgefüllt und reich das Leben ohne Alk ist - und wie selbstverständlich. Es entsteht eine Angst vor dem tiefen Loch, in das man man fällt, wenn der Alk als Brücke nicht mehr zur Verfügung steht . Also werden sicherheitshalber Vorräte beschafft, um in der fraglichen Zeit (abends) nicht völlig "schutzlos" zu sein. Aber dann stehen die Flaschen halt da...und werden irgendwann getrunken. Und wieder hat man die wertvolle Selbsterfahrung des alkfreien Tages nicht gemacht, und die innere Bedrohung wird immer größer: Die Panik, ohne "Schutzschild" dem Monster ausgeliefert zu sein. Ein Teufelskreis, verstärkt durch die Depressionen, die mit Antidepressiva bekämpft werden. Es ist verrückt: Es scheint so einfach - und ist dennoch unvorstellbar für den Betroffenen.
Liebe Grüße,
Arno [unknown]

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon GoldenTulip » 21. August 2014, 13:59

Hallo Arno,

das sehe ich auch so. Manche meinen, es wäre schlau, alle Versuchungen aus der Reichweite zu verbannen.
Ich habe im Gegenteil erlebt, dass mir die freie Wahl, also eine Flasche Sekt im Kühlschrank vorrätig zu haben, zu mehr Seelenruhe verhalf.
Die stand dann auch morgens noch unangerührt da, wenn ich nicht wirklich etwas trinken wollte.

Der von Dir gewählte Begriff der Schutzlosigkeit trifft es sehr gut. Es ist eine defensive Art, sich nicht ausgeliefert fühlen zu wollen.

Was den Umkehrschluss zulässt, dass man lernen muss, sich seiner Haut anders zu wehren. Ohne körperliche Gewalt oder die innere Emigration via Alkohol, aber durchaus sich abzugrenzen zu lernen. Da ist soviel Angst im Spiel. Dann noch Angst vor dem Rückfall hinzufügen? Keine sonderlich gute Idee. Teufel und Belzebub.

Es ist ein unglaublich befriedigendes Gefühl, den Kühlschrank voller Sekt zu haben, und sich Saft einzuschenken.

Ich wollte und will nicht ohne Alkohol leben, ich will die freie Wahl zurückhaben. Man kann soviel Spaß haben, wenn man angeduselt ist. Darauf will ich nicht verzichten. Und ich hab mir Stück für Stück die alkohofreien Räume zurückerobert, bin nicht mehr so ferngesteuert. Es holpert noch, aber es wird besser.

Schade, dass es hier keinen Spoiler gibt, sonst hätte ich die letzten beiden Satz gekennzeichnet. Ich hoffe mal, Du verkraftest diese Aussage. Und greifst nicht meinetwegen zur Pulle. Sonst hab ich hier wirklich wenig verloren und richte Schaden an.

Lieben Gruß
Conny
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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 21. August 2014, 18:13

Hallo Conny,
Nein, ich greife nicht zur Pulle, denn ich bin nicht selbst betroffen. Meine Partnerin ist mein Anlass, mich in diesem Forum und darüber hinaus zu engagieren. Für mich wird es dadurch nicht leichter, aber das kannst du dir sicher denken.
Ein.Wochenende steht bevor, und ich wünsche dir,dass es ein gutes wird.
Liebe Grüße,
Arno [smile]

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon GoldenTulip » 22. August 2014, 06:57

Hi Arno,

das war mir kurzfristig entfallen, sry.
Ich hoffe natürlich, dass Dir meine Innenansichten trotzdem weiterhelfen. Bist Du eigentlich mit ihr im Gespräch? Und weiß sie, dass Du hier schreibst?

Euch beiden ebenfalls ein gutes WE,

lieben Gruß
Conny
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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon Arno » 22. August 2014, 12:03

Hallo Conny,
Ja, deine Innenansichten und Hinweise haben mir sehr geholfen. Meine Partnerin und ich sprechen oft über Thema und sie ist ausgesprochen gut informiert über alle möglichen Aspekte des "Problems". Sie weiß auch, dass ich hier im Forum angemeldet bin und (wenn auch bisher selten) etwas schreibe. Aber diesen Thread habe ich begonnen, ohne ihr das anzukündigen oder mitzuteilen, weil ich selbst Rat und Hilfe suche. MeinSituation hat sich etwas zugesitzt, weilsieinzwischen gerne trinkt. Und weil wir unseren Beziehungsstatus in nächster Zeit ändern wollten. Hier wäre auch sehr interessant für mich zu erfahren, wie man sich als Partner überhaupt verhalten soll, ohne als Co die Dinge weiter zu verschlimmern. Aber das wäre wohl ein Thema für einen anderen Thread oder ein anderes Forum. Wenigstens in einer Hinsicht habe ich mich nützlich machen können: Baclofen als Hilfe gegen die körperliche Abhängigkeit ist mir zufällig beim Recherchieren über den Weg gelaufen. Ich hoffe, sie findet irgendwann zu einer therapeutisch wirksamen Dosierung. [sorry]

Liebe Grüße,
Arno

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Re: Antidepressiva, Baclofen und Alkohol

Beitragvon GoldenTulip » 23. August 2014, 12:10

Aber das wäre wohl ein Thema für einen anderen Thread


Dazu habe ich hier etwas geschrieben:

http://www.forum-baclofen.com/dies-und-das-f11/zuneigung-und-liebe-als-krankheitsschutz-t1328.html#p16257

Liebe hat viel mit Lassen zu tun. Ohne Vertrauen geht da gar nichts.

Herzlich,
Conny
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