Mein Freund trinkt

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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Freundin
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Mein Freund trinkt

Beitragvon Freundin » 18. Mai 2014, 14:08

Hallo,
ich bin Freundin, also die Freundin eines Alkoholikers. Er hat die letzte Woche komplett durchgesoffen und ist nicht wie versprochen heim gekommen. Wir sind erst seit 8 Monaten zusammen, ich bin mit ihm total glücklich. Nüchtern oder auch leicht angetrunken ist er mein absoluter Traummann und umgekehrt ist es auch so. Er sagt es mir, er zeigt es mir. Also könnte eigentlich alles gut sein. Er hat zu Beginn unserer Beziehung natürlich auch schon viel getrunken und nach einigen Diskussionen, ich habe auch eine 12 jährige Tochter, die ich nicht dem täglichen Saufgelage meines Freundes aussetzen wollte, haben wir uns auf 2 alkoholfreie Tage/Woche und Saufgelage mit seinem Kumpel nur bei ihm zuhause geeinigt. Ansonsten trinkt er 6 oder 7 Flaschen (geschätzt) Bier am Abend. Wenn Schnaps dazu kommt, wird es kritisch. Das hat mehr oder weniger gut geklappt, aber im Großen und Ganzen konnte ich mich damit arrangieren.
Jetzt hat er sich letzte Woche krank schreiben lassen und ist komplett versackt. Donnerstag bin ich hingefahren und habe ihn gebeten mit heim zu kommen. Er wollte nicht. Er lässt keine Diskussionen zu, mit ihm sei alles ok, er trinkt halt gern. Er habe sich die letzten Monate total zusammen gerissen und jetzt will er mal für sich sein. Ich habe Schluss gemacht. War mit der Situation komplett überfordert. Eigentlich will ich das nicht. Ich liebe ihn und will ihn nicht verlieren. Ich will um die Beziehung kämpfen. Sein Bruder sagt, das geht seit 15 Jahren so, ihr Vater hat sich totgesoffen. Sie hatten die Hoffnung, dass er sich mit mir fängt.

In den letzten beiden Tagen habe ich das Buch von Olivier Ameisen gelesen und habe etwas Hoffnung geschöpft, dass das was für ihn sein könnte. Ich bin mir bewusst, dass er erst mal einsehen muss, dass er krank ist und etwas ändern will. Und da ist das nächste Problem. Er geht auch nicht mehr ans Telefon und antwortet nicht auf meine Nachrichten. Ich bin sehr traurig. Ich komme nicht mehr an ihn heran. Er trinkt einfach weiter. Ich weiß nicht, wie es jetzt weitergehen soll. Vielleicht hat der eine oder andere Betroffene einen Tip für mich.

Vorab herzlichen Dank und viele Grüße
Freundin

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gretikatz
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Re: Mein Freund trinkt

Beitragvon gretikatz » 20. Mai 2014, 01:50

Liebe Freundin,

ich kann Dir nur von mir berichten: Ich konnte beim Ausgehen während eines Abends locker 2/4 Wein trinken ohne dass man mir viel angemerkt hätte. Mein damaliger Begleiter sagt zu mir: Du trinkst zu viel und ich dachte, das stimmt doch so nicht wirklich und war böse auf ihn. Wenn mich später in meiner schlimmsten Zeit jemand auf mein Trinkverhalten angesprochen hätte, hätte ich geleugnet bzw. es nicht zugegeben. Wenn man mir da Vorhaltungen gemacht hätte, hätte das überhaupt nichts genützt.

Es gab dann durchaus Zeiten, wo ich spürte, dass es so nicht weitergehen konnte und genau da hätte ich Unterstützung gebraucht. Habe ich dann Alkohol abgelehnt, hieß es, aber komm, das eine Gläschen schadet nicht, ein halbes Glas nur zum Anstoßen usw. Da habe ich dann zu Hause weitergetrunken mit dem Gefühl, ich stehe an einem Abgrund und es gibt keine Rettung.

Ich kann Dir nur sagen, was ich machen würde: Wenn sich Dein Freund telefonisch nicht erreichen lässt, so schreibe ihm, dass Du nicht zusehen kannst, wie er vor die Hunde geht. So ist eine Trennung besser, für Dich auf jeden Fall und auch für ihn. Vielleicht kommt er dadurch zur Besinnung und er unternimmt etwas. Dabei kannst Du ihm dann helfen.
Es ist schwierig für Dich zu akzeptieren, wenn er keine Hilfe wünscht, besonders wenn Du ihn liebst und ihn nicht verlieren möchtest. Aber so machst Du Dich kaputt! Bevor er nicht selbst einsieht, dass er etwas ändern muss, ist alle Mühe von Dir umsonst.

LG, gretikatz

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gretikatz
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Re: Mein Freund trinkt

Beitragvon gretikatz » 20. Mai 2014, 19:18

Liebe Freundin,
ich bin momentan ein bisschen unkonzentriert. Ich wollte noch sagen, dass es nichts nützen wird, ihn vor die Wahl zu stellen, enweder ich oder der Alkohol. Jetzt wird er sich (noch) für den Alkohol entscheiden. Wie ich schon im vorangegangenen Beitrag geschrieben habe, muss er selbst erkennen, dass es so nicht weitergehen kann. Dann kannst Du ihmn helfen, vorher nicht.
LG gretikatz

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DonQuixote
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Re: Mein Freund trinkt

Beitragvon DonQuixote » 20. Mai 2014, 20:35

Hallo Freundin

Ich kann mich @Gretikatz nur anschließen. Ohne Einsicht und Therapiewille des Patienten geht nichts, auch keine Baclofen-Therapie. Daran müsst Ihr, musst Du, muss er noch arbeiten. Allerdings:

Gretikatz hat geschrieben:Ich wollte noch sagen, dass es nichts nützen wird, ihn vor die Wahl zu stellen, entweder ich oder der Alkohol. Jetzt wird er sich (noch) für den Alkohol entscheiden.

Manchmal wirkt Druck von außen, insbesondere von Familienangehörigen, Partnern oder Arbeitgebern, als heilsamer Schock und führt zu einer guten Wendung, manchmal aber auch genau zum Gegenteil. Eine Schwierige Gratwanderung, für die ich Dir alles Gute wünsche.

DonQuixote

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Suse
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Re: Mein Freund trinkt

Beitragvon Suse » 20. Mai 2014, 22:44

Liebe Freundin,

das ist bitter - und so "normal".

Freundin schrieb: Er habe sich die letzten Monate total zusammen gerissen und jetzt will er mal für sich sein.


Ich weiß, du würdest gerne anderes von uns lesen, aufbauendes, hilfreiches. Tatsache allerdings ist: Er ist noch nicht so weit. Er glaubt sich tatsächlich selbst, dass er gerne trinkt, sich "nur" wegen dir "zusammengerissen" hat (ist relativ zu sehen) und es nun verdient hat, sich endlich mal ungestört wegbeamen zu dürfen...Gerne trinken sieht anders aus, wenn er sich dafür krankschreiben lassen muss - und tief innen drin weiß er das auch!

Ich habe Schluss gemacht.


Das war das einzige, was du tun konntest. Nachdem du nun aber, wenn ich das richtig verstanden habe, mehrfach angerufen hast, ist dieses Schluss für ihn wahrscheinlich gar keines. Wäre möglich, dass der kranke Teil seines Gehirnes sich denkt, "Siehste, da kommt sie wieder..." Spekulation, aber so ginge es mir wahrscheinlich. Möglich, dass er sogar Genugtuung verspürt, wenn du anrufst - und er nicht rangeht. Der kranke Teil seines ich`s glaubt wahrscheinlich, ein Recht darauf zu haben, auf dich sauer zu sein.

Das allerbitterste ist, du kannst wirklich nichts tun. Man kann niemanden in den Entzug zwingen.
Ich würde es machen wie Gretikatz angedeutet hat. Schreibe einen Brief, schreibe, dass er dir viel bedeutet und dass du gerade deshalb nicht mit ansehen kannst, wie er sich zurichtet. Meine Meinung (!), schreibe dazu, es gäbe viele Möglichkeiten und sofern er sich irgendwann gegen den Alkohol entscheiden würde, wärest du vielleicht noch da, um ihm zu helfen...
Shit. Auch wieder verkehrt!!! Dann hat er sein Sicherheitspolster und du wartest die ganze Zeit hoffnungsvoll...

Es tut mir so leid.
Ich fürchte, alles, was du tun kannst, ist, ihn absolut in Ruhe zu lassen! Wenn er anruft, gehe ran. Ist er betrunken, lege auf. Sag in dem Fall, er kann dich anrufen, wenn er nüchtern ist.

Vielleicht wird er in lichten Momenten darüber nachdenken, warum du gar nicht mehr anrufst, ihm keine Nachrichten mehr hinterlässt. Wahrscheinlich kommen ihm dann mal ein paar schöne Erinnerungen in den Kopf. Entweder steht er auf - oder er verfällt erst Recht in Selbstmitleid.
Man weiß es nicht.

Wir sind wirklich, wirklich kranke Menschen. Aber niemand kann jemanden zwingen, gesund zu werden. Auch mit Baclofen würde er es nur schaffen, wenn er es wirklich will. Und da sehe ich ihn noch nicht.

Sorry, das ist hart für dich, ich wünschte, ich könnte dir besser helfen -
dennoch herzliche Grüße,
Suse
Früherer Name: Desperatio

Plötzlich konnte ich sehen und ich war froh. Doch was ich sah, gefiel mir nicht. Ich lerne, neu zu sehen. Suse


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