lieber Willo,
puh, was unsere Eltern erlebt haben, sind keine Päckchen, sondern Paketladungen, welche die Deutsche Post nicht transportieren könnte. Nicht mit sämtlichen Transportmitteln, die sie zur Verfügung haben.
Das denke ich oft, Insbesondere, wenn ich diese Geschichten wie du sie erzählt hast, lese, höre, sehe. Aber sie wiederum sind von Eltern geprägt worden, die BEIDE Weltkriege, wie auch immer, erleben mussten.
Ich muss nun nicht alles verzeihen, wirklich nicht. Und ich nehme mir die Freiheit, verletzt zu sein, wenn ich verletzt werde.
Natürlich musst du nicht
alles verzeihen! Und natürlich darfst du dir die Freiheit nehmen, verletzt zu sein. Ich habe so unfassbare viele Besuche bei meinen Eltern damit beendet, im Nachhinein verletzt zu sein. Ist immer noch so. Man möchte die Aufmerksamkeit der Eltern, auch wenn man erwachsen ist.
Aber, Frage: Hat dich deine Mutter geschlagen?, in die Ecke getreten, hat sie dich so dermaßen verletzt, dass du nichts mehr mit ihr zu tun haben willst?
Und andererseits,
anderseits, ist es nicht auch ihr gutes Recht, sich NICHT mehr um sämtliche Belange der "Kinder" zu kümmern? Irgendwann zu sagen, nun ist gut gewesen? Der Junge ist nun 46 und was er macht, verstehe ich nicht, und will es vielleicht auch gar nicht mehr verstehen?
Meine Eltern haben mir auch viele Pakete aufgeladen - zB die nicht mehr bestreitbare genetische Veranlagung zum Alkoholismus, wohl eher, die genetische Bombe von mangelndem Selbstbewusstsein und damit verbundenen Ängsten
("wir können so was ja nicht!")
Wenn du das als Kind schon immer hörst, wie sollst du es dann je "können"?
Doch seit ich Mutter bin, sehe ich das ziemlich anders. Jeder Spruch, den man bringt, jede kleinste Fahrlässigkeit oder so, das speichern die Kinder ab. Sie sehen nur, was du ihrer Meinung nach falsch machst, nicht, wie viel Herzschmerz man mit ihnen hat. Und damit meine ich keine Windeln, Kochen oder sonstiges betütern.
Mein Vater ist von seiner 1,50 großen Mama geschlagen worden, mit dem Rohrstock, wenn er nicht parierte. So die Kinder zu erziehen, hatte sie wieder rum von ihrer Mutter gelernt und und und...
Versteh mich nicht falsch, wie ich schon schrieb, dein Erlebnis mit Erkenntnis kann ich absolut nachvollziehen! Nur denke ich, dass das alles so weitergehen wird.
Ich zB komme jetzt schon (!) teils nicht mehr mit dem ganzen Technikkram der Kinder klar, DS hier, 3DS da, die ganzen Spiele, und da noch da ein was weiß ich. Und es interessiert mich auch nicht. Soll ich das plötzlich alles lernen, nur um mit ihnen darüber sprechen zu können? Und damit sie mir später nie nachsagen könnten, ich hätte sie nicht beachtet?
Dass ich alles andere mache inklusive Taxifahrereien von a nach b und am nächsten Tag das Gleiche, Martinilaufen, alles eben, das wird später vergessen.
Ach, ich find das nur so sch...., dass für alle psychischen Angelegenheiten der Kinder die Eltern verantwortlich sein sollen. Natürlich prägt die Kindheit ungemein. Aber Sch.... passiert doch in jeder Famile, auch ohne Alkohol.
Aufmerksamkeit ist das, was zählt. Aber bringen kann man die eben nicht immer. Vielleicht hat man grad den Kopf selber voll mit anderen Dingen?
Dennoch will man selbst als "erwachsener " Mensch noch was hören von den Eltern bzw. Mutter in deinem Fall, oder?
Bsp. Ich hatte meinem Vater vor Jahren mal eine Arbeit von mir vorgelegt. Stolz über das gute Ergebnis und die Veröffentlichung.
Und er? :"Ja, schau ich mir mal an, irgendwann."
Obwohl er mich monatelang gebeten hatte, ihm eine Arbeit von mir zu zeigen.
Verletzt, ich, ohne Frage. Gestern auf einmal kam er darauf zu sprechen, aber nur weil der Text so auf Mama passte. Aber Scheiße, ich war schon froh, dass er die Arbeit behalten hat und sich überhaupt daran erinnerte, dass er sie noch hatte und worum es ging.
Generationskonflikt, tja, was will(o)ste machen.
Dass auch wir Päckchen zu tragen haben, sehen sie einfach nicht mehr. Kein Krieg, noch nicht, aber dafür so unfassbar viel mehr andere Dinge zu entscheiden, so geknebelt von allem.
Meine Eltern sehen mich auch nicht mehr wirklich, ich bin ihre Tochter, die `glücklicherweise´gesichert scheint, mit zwei Kindern, die sich bei ihnen zwar geoutet hat, aber sie scheints ja hinzukriegen, ich bin die, die besser `läuft´als der anstrengende Sohn, die, mit der man zumindest ein wenig noch prahlen könnte, wenn man den beträchtlichen Fehler mal besser verscheigt, diejenige, die rennt, wenn es gefordert wird, macht sie nicht gut, aber sie machts.
ich hasse das, nehme es aber hin, du scheinst das besser zu können, wenn du schreibst, das verletze dich nur einmal...
Never ending story.
herzliche Grüße Suse
(mal wieder viiiiel zu lang, sorry)