Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

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WilloTse
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Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon WilloTse » 23. Juli 2013, 10:33

@all

Ich erhielt gestern Morgen eine geharnischte e-Mail zum Thema „Moderates Trinken“.

Darin wurde bemängelt, dass „Personen, die öffentlich nachvollziehbar alle paar Monate einen schweren Rückfall haben, unverantwortlich handeln, wenn sie zeitgleich den Eindruck eines funktionierenden moderaten Konsums zu erwecken suchen.“ Ferner hieß es, derartige Statements seien „nicht nur unglaubwürdig, sondern in höchstem Maße schädlich für die ohnehin schlechte Akzeptanz der Baclofentherapie in der Ärzteschaft und brandgefährlich für jeden einzelnen Patienten.“

Auch, wenn sich die Kritik nicht auf dieses Forum bezog, möchte ich an dieser Stelle einmal mehr eine Stellungnahme zum Thema „moderates Trinken“ abgeben:

Ich halte Abstinenz für das sicherste und sinnvollste Ziel der Baclofentherapie. Moderates oder kontrolliertes Trinken oder Verringerung der Trinkmenge zur Schadensbegrenzung können meiner Meinung nach nur eine Hilfestellung sein, wenn Abstinenz (noch) nicht gelingt.

Ich bin der Ansicht, dass jeder, der Abstinenz erreicht hat, mit dem Feuer spielt, wenn er diese gezielt beendet.
Mir persönlich sind nur ganz vereinzelte Fälle bekannt, in denen sehr, sehr moderates Trinken über einen längeren Zeitraum gelingt und nicht zum Wiederanstieg der Trinkmenge bis zum massiven Rückfall führt.

Gerade für die Schadensbegrenzer und moderaten Trinker ist meiner Ansicht nach - und da stimme ich der erbosten Schreiberin uneingeschränkt zu - die absolut ehrliche und realistische Einschätzung des eigenen Konsums unabdingbar.
Oder, wie es ein Therapeut mal so griffig formulierte: Zwei ehrlich dokumentierte Rückfälle sind immer noch besser als ein verheimlichter.

LG
Willo

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GoldenTulip
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 23. Juli 2013, 19:31

Hallo Willo,

vielen Dank für Deinen moderat gehaltenen Kommentar zu dieser privaten Mail an Dich.

Zu den Anwürfen habe ich ein paar Fragen und Anmerkungen.

Personen, die öffentlich nachvollziehbar alle paar Monate einen schweren Rückfall haben, unverantwortlich handeln, wenn sie zeitgleich den Eindruck eines funktionierenden moderaten Konsums zu erwecken suchen.


Die öffentliche Dokumentation des realen Trinkverhaltens von allen, die Bac nehmen oder auch nicht, die Darstellung von Fortschritten und Rückschritten halte ich für sehr wertvoll für alle, die in den Foren lesen.
Sowohl für diejenigen, die solche privaten Sachverhalte hier posten, sich Fragen und Kritik stellen und auf der Suche nach Lösungen sind.
Zum anderen für die Lesenden, die sich Erfahrungswerte anderer zu Nutze machen können.

Definiere "schwerer Rückfall". Definiere "moderater Konsum".
Wenn ich als zuvor durchgehend Trinkende jetzt bei 50% Trinkfreiheit bin - ist das Trinken dann ein Rückfall, oder das Nichttrinken ein Fortschritt und demgegenüber "moderater". Sofern man es nicht definieren kann, ist es immer noch eine Standpunktfrage, meine ich.
Ist Baclofen für mich nicht wichtig gewesen, weil ich es inzwischen abgesetzt habe? Muss ich es zeitlebens nehmen, um hier mitreden zu dürfen? Selbst Diabetikern wird Heilung inzwischen zugestanden.

Ich kenne logischerweise nicht den ganzen Mail-Text, habe aber über diese Sentenz verstanden, wo die Intention liegt:

[...]nicht nur unglaubwürdig, sondern in höchstem Maße schädlich für die ohnehin schlechte Akzeptanz der Baclofentherapie in der Ärzteschaft und brandgefährlich für jeden einzelnen Patienten.


- Offenheit ist unglaubwürdig.
- Ehrlichkeit schadet der Akzeptanz bei den Ärzten.
- Alkoholiker sind so verführbar, wenn einer ihnen etwas vorexerziert, machen sie es gleich nach. Das Schlechte, natürlich, denn sie wollen ja eigentlich immer nur Gründe zum Weitertrinken finden.

Ich stelle mir vor, unter diesen Maßgaben hätte O. Ameisen sein Buch geschrieben. Das sähe dann sicherlich etwas anders aus.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich, mal kurz über den zeitlichen Tellerrand zu schauen. Sollen den Ärzten nur ideale Verläufe präsentiert werden, damit sie besseren Gewissens Baclofen verschreiben mögen? Das halte ich für gefährlich. Es fehlt immer noch eine breite Datenbasis, was psychische Wirkungen, neuronale Wirkungen und unerwünschte Nebenwirkungen angeht.
Es fehlen auch viele Informationen, bei wem Bac unter welchen Umständen wie wirkt - und wie nicht.
Sollen nur noch diejenigen schreiben, die mit Bac abstinent sind? Um einen Erfolg, der nicht bei allen vorhanden ist, darzustellen und für allgemeingültig zu erklären?

Im Falle von Contergan haben sich sicherlich einige Eltern gewünscht, da wäre viel und schnell dokumentiert worden.
Ich will die Medikamente selbstverständlich nicht vergleichen, aber die Geisteshaltung hinter solchen Wünschen, bitte nicht "das Nest zu beschmutzen" finde ich schon etwas brisant. Unsinn: ethisch nicht verantwortlich.

Und wenn Baclofen nur funktioniert, wenn man abstinent bleibt, dann ist es eben für die Probanden, die trotzdem einen "Trinkwunsch" haben, ein ungeeignetes Medikament, um abstinent zu sein. So what?

Tja, schade, dann wäre auch Ameisen hier aus dem Forum geflogen, oder zumindest gebeten worden, die Klappe zu halten, mit seinen "Doppelexperimenten", was Alkohol und Baclofen angeht.

Ganz allgemein gesprochen ist das alleinige Therapieziel Abstinenz eh nicht mehr so ganz auf der Höhe der Zeit.
Und ganz speziell gesprochen, finde ich es ziemlich dreist, über solche erpresserisch-appelativen Mails Zensur betreiben zu wollen.

Die Einstellung, Demokratie und Pressefreiheit generell zu begrüßen, und immer dann abschaffen zu wollen, wenn sie die eigene Meinung oder Haltung nicht featured, halte ich für überdenkenswert.

Gruß Conny
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon Papfl » 23. Juli 2013, 21:04

@ Willo, @ Conny, @ betalbatim, @ all

Ich finde gut, dass @Willo in seinem obigen Beitrag noch einmal unterstrichen hat, was wir hier sowieso auch immer wieder schreiben - ganz unabhängig davon, ob er dazu indirekt durch eine E-Mail "aufgefordert" worden ist oder nicht. By the way: @Willo ist m. E. nicht der Typ, der sich zu etwas "nötigen" lässt, wenn er nicht dahinter steht.

WilloTse hat geschrieben:Ich halte Abstinenz für das sicherste und sinnvollste Ziel der Baclofentherapie. Moderates oder kontrolliertes Trinken oder Verringerung der Trinkmenge zur Schadensbegrenzung können meiner Meinung nach nur eine Hilfestellung sein, wenn Abstinenz (noch) nicht gelingt.

Das ist m. E. auch der rote Faden, der sich hier durchs Forum zieht - zumindest, seit ich mitlese. Wenn jemand - wie jüngst wohl geschehen - meint, sie könne entgegen aller Ratschläge nach wenigen Tagen Baclofeneinnahme erfolgreich ins moderate Trinken einsteigen, dann...?!?

Wir sind zwar "Alkoholiker", aber wir sind auch erwachsene Menschen. Und durchaus in der Lage, die hier verfassten Beiträge und deren Inhalte zu interpretieren und einzuordnen. Wenn Forenmitglieder hier offen und ehrlich ihren ganz individuellen Weg mit bzw. ohne Baclofen resp. ihren Umgang mit der Suchterkrankung schildern, dann ist das okay. Da bin ich ganz bei @Conny.

Eben, weil viele auch ihr "Scheitern" schildern. Weil Baclofen kombiniert mit Alk in den meisten Fällen eben nicht funktioniert. Am Anfang gleich zweimal nicht. Wer es mit Baclofen ernsthaft raus aus der Sucht schaffen möchte, findet hier beides: Beispiele, wie's funktionieren kann - und Beispiele, wie's nicht funktioniert. Welchen Weg er/sie gehen möchte, bleibt jedem/jeder selbst überlassen. Und so viel Urteilsvermögen traue ich den Lesern hier schon zu, dass sie zwischen den "Wegen" unterscheiden können.

Ich lese hier manchmal Beiträge, bei denen mir die Verfasser echt leid tun und ich mir denke: "Mensch, jetzt bist Du doch schon so nah dran, geh' doch den letzten Schritt in die Abstinenz auch noch...wenigstens für ein paar Monate." Baclofen wirkt dann um so viel besser...ich kenne mittlerweile zig Beispiele dafür. In real, keine "Foris".

Es ist doch schon ein Riesenangebot, vom "Du darfst nie wieder ein ,MonChéri' essen", wie es einem in den Therapien eingebleut wird, zu: "Du solltest eine Zeit lang abstinent bleiben, dann sehen wir weiter!" Das ist doch eine Wahnsinns-Chance! Und in dieser abstinenten Zeit verändert sich manchmal so viel im Hirn, der Einstellung und dem eigenen Umfeld, dass der Alkohol - wenn er denn eventuell nach einem halben Jahr oder so wieder in Frage kommen könnte - längst seine "Wichtigkeit" verloren hat. Auch erlebt. In real!

Abstinenz ist schwierig. Aber dank Baclofen erträglich geworden. Gegen den Trinkwunsch kann man kämpfen. Das zahlt sich irgendwann aus und wird mit der Zeit auch einfacher. Dem gegenüber steht ein ständiges Auf und Ab im Spannungsfeld zwischen Nüchternheit und Alk, Enttäuschung, Scham und Versagensgefühlen.

Wer raus will aus der Sucht, für den gibt's erstmal nur die Abstinenz. Und jede Menge Erfahrungsberichte hier im Forum von Mitgliedern, die das so handhaben.

Wer "lediglich" seinen Konsum reduzieren möchte, auch okay. Der/Die wird hier im Forum ebenfalls fündig.

Und für alle anderen, die noch nicht so genau wissen, was sie wollen...schaut Euch um: Ihr seid' erwachsene Menschen.

Papfl

Nachtrag:
@ betalbatim: Von @jivaro bin ich (leider) noch meilenweit entfernt [smile] .
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 23. Juli 2013, 21:55

lieber bb, damit hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen:

Warum trinke ich alle 3- 4 Wochen etwas? Ich bin wohl immer noch so konditioniert, zu glauben, das gibt mir den absoluten Wohlfühlkick. Das bedeutet aber auch, daß es wohl so ist, daß ich mich in meiner alkfreien Zeit nicht richtig wohlfühle. Nach Alk- genuss fühle ich mich aber auch nicht wohl. Also was ???


Es geht darum, das aussprechen zu dürfen , zu hinterfragen und zu wachsen, im Prozess, in dem man sich befindet.
Wenn daraus die Verpflichtung erwächst, wenigstens zu jammeren, sich selbst zu verfluchen und sich schuldig zu fühlen, weil man Bac und Alk gemeinsam "konsumiert", dann läuft etwas schief.
Das "Also was" braucht Zeit, sich zu entwickeln, und die sollte man nicht mit energieraubenden Maximalforderungen an sich selbst vergeuden.

Was würde denn passieren, wenn Du alle 3-4 Wochen etwas trinkst so wie jetzt, nur ohne schlechtes Gewissen? Oder hält genau das Dich davon ab, wieder in den "Abgrund" zu fallen?

Wieso und was ist jetzt nicht ok? Jede Suchtberatungsstelle schickt Dich derzeit nach Hause, weil Du anderen Leuten den Platz wegnimmst.

LG Conny
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon DonQuixote » 23. Juli 2013, 22:16

Hallo erst mal

Den Erfolg einer Therapie immer nur am Vorhandensein von Abstinenz fest zu machen, ist IMHO unangemessen.

Renaud de Beaurepaire hat geschrieben:Resultate:
Zu Beginn der Untersuchung war der Konsum von allen Patienten mit „hohem Risiko“ einzustufen. Bei etwa der Hälfte von ihnen sank er bei 3, 6, 12 und 24 Monaten auf ein Niveau mit „geringem Risiko“. Die Summe der Patienten, deren Trinkverhalten sich auf Werte mit „geringem Risiko“ oder „moderatem“ Risiko verbesserte, betrug 84 % nach drei Monaten, 70 % nach sechs Monaten, 63 % nach einem Jahr und 62 % nach zwei Jahren. Über den Zeitraum von zwei Jahren betrachtet war diese Verbesserung bemerkenswert. Die durchschnittliche maximale tägliche Dosis lag bei 147 mg. 92 % der Patienten verspürten einen craving-unterdrückenden Effekt von Baclofen.
[...]
Weiterlesen hier ...

No further comment.

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon Papfl » 23. Juli 2013, 22:35

@ DonQ

DonQuixote hat geschrieben:Den Erfolg einer Therapie immer nur am Vorhandensein von Abstinenz fest zu machen, ist IMHO unangemessen.

Da stimme ich Dir zu. Es kommt halt immer drauf an, welches Ziel man sich steckt. Wenn das Ziel Konsumreduzierung ist (was ja aktuell auch mit Blick auf Selincro/Nalmefen verstärkt diskutiert wird), dann ist der Weg dorthin ein anderer als der ganz raus aus der Sucht.

@ Conny

GoldenTulip hat geschrieben:Es geht darum, das aussprechen zu dürfen , zu hinterfragen und zu wachsen, im Prozess, in dem man sich befindet.

Absolut D'accord [smile] .

GoldenTulip hat geschrieben:Das "Also was" braucht Zeit, sich zu entwickeln, und die sollte man nicht mit energieraubenden Maximalforderungen an sich selbst vergeuden.

Ich frage mich halt manchmal, ob diese "Kompromisse" auf Dauer nicht "energieraubender" sind, als - zumindest für eine gewisse Zeit - konsequent einen Schlussstrich zu ziehen und abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln [unknown] .

@ betalbatim

Hört sich so an, als ob Du Dich mitten in der "Rekonditionierungsphase" befindest. Du "lernst" allmählich (alle 3-4 Wochen), dass der Alk Dir eigentlich nichts mehr bringt. Wenn Du das regelmäßig so reflektierst, wird's verinnerlicht, und das Trinken wird über kurz oder lang "von ganz alleine" nicht nur "gefühlt" seinen Sinn verlieren. Zumindest in der Theorie :wink: . Fehlt noch etwas für's allgemeine "Wohlgefühl"...irgendeine Idee, was Dich "ausfüllen" könnte ?!?

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon DonQuixote » 23. Juli 2013, 23:09

Papfl hat geschrieben:Es kommt halt immer darauf an, welches Ziel man sich steckt

Ich formulierte vorsichtiger: Es kommt halt immer darauf an, welches Ziel realistisch, erreichbar ist.

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 23. Juli 2013, 23:13

Lieber papfl.

Ich frage mich halt manchmal, ob diese "Kompromisse" auf Dauer nicht "energieraubender" sind, als - zumindest für eine gewisse Zeit - konsequent einen Schlussstrich zu ziehen und zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln [unknown] .


Da stimme ich Dir zu 100% zu. Zu "auf Dauer" und "für eine gewisse Zeit". Nach x- Monaten oder Jahren unter Alkohol fehlt einem jeder Begriff davon, was sich überhaupt auf der "anderen Seite" befinden mag.
Ich war überrascht, wie leicht und schwer es zugleich war, nicht zu trinken.

Und anstatt das zu bewerten, könnte es hilfreich sein, mal zusammenzutragen, was denn eigentlich "triggert", und was eine Stabilität des Nicht-Trinkens bewirken kann, aus den eigenen Erfahrungen heraus. Ressourcen, Resilienz, Perspektiven, Vertrauen . So was in der Richtung.

Das, was viele hier schon vorgelebt haben, die sich entschlossen haben, dass der Alltagskampf um ob oder ob nicht zu kräftezehrend ist. Aus.Punkt. Ende.
Wie kommt aber nun Süppelchen 1,5 Liter hin zu "ist mir zu anstrengend, mich dauernd entscheiden zu müssen, da lass ich's doch gleich ganz"?

Das gibt es vice versa nämlich auch noch: es ist mir zu anstrengend, es nicht zu lassen. Das krempelt mein Leben um, fordert viele emotionale Entscheidungen, und ich bin plötzlich wieder verantwortlich, statt - krank [shok]

Da was zu begreifen, statt die "Luschen" über Bord zu schmeißen, braucht ein wenig Empathie und Optimismus. "Was ich dem Geringsten getan habe, das tue ich Dir".

In den meisten Fällen ist der "Geringste" man selbst.
Vielleicht sollte man sich selbst öfter mal die Füße salben.

Kryptographie over:

Es gibt nichts Gutes außer man tut es.

Und:
Wenn sich der Rollstuhlfahrer über den Rollstuhl definiert, hat er ein Problem.

Conny

für die Statistiker: 1,5 Flaschen Sekt. Da ist aber die Mail an Willo dran Schuld. Das ärgert mich seit heute morgen.
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon Argentina1 » 24. Juli 2013, 03:14

GoldenTulip hat geschrieben:Das gibt es vice versa nämlich auch noch: es ist mir zu anstrengend, es nicht zu lassen. Das krempelt mein Leben um, fordert viele emotionale Entscheidungen, und ich bin plötzlich wieder verantwortlich, statt - krank [shok]

für die Statistiker: 1,5 Flaschen Sekt. Da ist aber die Mail an Willo dran Schuld. Das ärgert mich seit heute morgen.


Hi Conny und alle
Zu Willos Erfahrungsbericht wollte ich mich eh noch äußern, aber nun lese ich "das" und auch dazu möchte ich mich äußern, aber nicht mehr heute. Ich habe mich heute auch über die Mail an Willo geärgert und mich gleichzeitig gefreut wie gefasst er geantwortet hat und auch über das Feedback das er hier bekommen hat!!! Ein Satz hat mir in seiner Antwort besonders gut gefallen (weiß nicht wie ich das jetzt hier rein kopiere) aber der lautete ca. : "Besser zwei Rückfälle kommentieren als einen zu verheimlichen!!! " Sehe ich ganz genauso und wenn ich das in diesem Forum nicht sagen darf, dann Adios...

Alles weitere meinerseits, ausstehende Antworten etc die Tage!

Lg aus dem "Schneeregen-kalten" Argentinien [smile] eure Argentina

PS: Und Conny, ärger dich nicht!!!!

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 24. Juli 2013, 08:37

@argentina

doch doch, da darf ich mich ärgern. Aber ich trage für jedes Heranlassen von "Triggern" an mich Verantwortung. Jedes "ich trinke weil" möchte ich umkrempeln in ein "wenn ich diese Ausflucht nicht hätte, was täte ich dann am liebsten" und mich das auch trauen. Da ist viel gelernte Feigheit und Angst im Spiel, ein sich "Mut antrinken". Je mehr ich meine Wunschreaktion nüchtern ins Leben integrieren kann, desto weniger muss da künstlich nachhelfen.
Nur fällt einem das eben nicht über Nacht in den Schoß, wenn man es nie anders gelernt hat.
Ich für meinen Teil muss ganze Abschnitte von "Erziehungsaufgaben" selbstlernend nachholen, die meine lieben armen Eltern mir nicht beigefüttern konnten, weil beide selbst getrunken haben.

Ich muss gleichzeitig lernen, mir zu verzeihen, mir ein gutes Beispiel zu geben, mich zu verantworten und zu überleben.
Daher kommt mein Spruch "Abstinenz ist die Fortsetzung der Faulheit mit anderen Mitteln". Den Alkohol auf der moralischen Überholschiene durch Abstinenz zu ersetzen, ist kein Ziel für mich.
Jeder Weg ohne Herz und Empathie ist inakzeptabel für mich. Alle Wege mit sind mir herzlich willkommen.
Solche Mails wie an Willo von mir zu weisen, ist tätige Selbstliebe. Mich stört doch nicht die Überzeugung, dass Abstinenz der geeigneteste Weg ist, wieder gesund zu werden. Mich stört die Bigotterie und Herzenskälte, jemandem wie Willo, der sich so aufrichtig bemüht, sich zu erklären und verständlich zu machen, alles vor die Füße zu werfen und mit einem "Säufer schadet Baclofen" abzufertigen.

Dieses "Kinder und Frauen zuerst"- über Bord werfen, ist eh nur Ballast.

Für mich bedeutet Wertschätzung, alle Menschen als das zu nehmen, was und wie sie gerade sind.

Ressourcenorientierte kritische Fragen sind toll. Nur sein Mütchen zu kühlen, ist nicht so toll.

Schade, dass versucht wird, das "hintenherum" zu managen. Und gut, dass Willo dieses Spielchen nicht mitmacht, und hier im Forum veröffentlicht. Manch anderer hätte diese Anmaßung tabuisiert und sich einfach einen darauf gesoffen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Resilienz

2 Cent,
Conny
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon WilloTse » 24. Juli 2013, 09:51

Huch??! [shok]
Hold your horses, wie der Lateiner sagt.

Liebe Conny, Du verrennst Dich da völlig.

Bitte lies' nochmal:
Willo hat geschrieben:Darin wurde bemängelt, dass „Personen, die öffentlich nachvollziehbar alle paar Monate einen schweren Rückfall haben, unverantwortlich handeln, wenn sie zeitgleich den Eindruck eines funktionierenden moderaten Konsums zu erwecken suchen.“ Ferner hieß es, derartige Statements seien „nicht nur unglaubwürdig, sondern in höchstem Maße schädlich für die ohnehin schlechte Akzeptanz der Baclofentherapie in der Ärzteschaft und brandgefährlich für jeden einzelnen Patienten.“


Du verdrehst das komplett ins Gegenteil!

Die Aussage ist: geschönte Berichte werden erkannt und gefährden die Akzeptanz der Therapie und die Gesundheit des einzelnen Patienten. Wenn es eine Möglichkeit gibt, die Akzeptanz zu verbessern, dann sind es ehrliche Berichte.
Die Schreiberin hat nicht nur meine Mailadresse, sondern auch mein Vertrauen.
Sie ist eine gestandene Ärztin mit Jahrzehnten Erfahrung, ist über diverse Fortbildungen weit vernetzt und bereitet ihre zwei Töchter gerade auf die Übernahme einer Praxisgemeinschaft vor. Sie ist vielseitig interessiert, ihr derzeitiges Lieblingskind heiß Baclofen.


Wenn ihr der normalerweise hoch belastbare Kragen platzt, dann höre ich zu.

Es gab einen sehr konkreten Auslöser für diese Mail, aber
Willo hat geschrieben:Auch, wenn sich die Kritik nicht auf dieses Forum bezog,

In dem ich auch schreibe. Die Mail bezog sich auch nicht auf mich.

Ihr ungebremster Ärger bezog sich darauf, dass jemandem unwidersprochen das Funktionieren des sonntäglichen Glases Rotwein öffentlich bescheinigt wird, dem "der Zugang der letzten Entgiftung noch nicht gezogen ist." (Sie ist eisenhart, aber ein rheinisches Herzchen;-))

Im Hinblick auf Abstinenz ist sie eher "old school", o.k. Sie akzeptiert aber Zwischenziele auf dem Weg dahin und plädiert nicht für "ganz oder gar nicht". Ich habe mich mit ihr mal über MT unterhalten, da sind sogar mir die Argumente ausgegangen.
Die einfache Gegenfrage war immer: "Wozu?"
Die mir letztmögliche Antwort war "Weil es Situationen gibt, durch die ich ohne Alkohol nicht durchkomme."
Sie: "Ist doch o.k. Nur bleiben Sie bitte so ehrlich, genau das nicht zu vergessen."

DonQuixote hat geschrieben:Ich formulierte vorsichtiger: Es kommt halt immer darauf an, welches Ziel realistisch, erreichbar ist.

Wie wäre es denn damit:

Es kommt immer darauf an, welches Ziel zum jetzigen Zeitpunkt realistisch ist.
Die Etappenziele anerkennen, aber die zufriedene Abstinenz nicht aus den Augen verlieren.

Ich würde zufriedene Abstinenz jederzeit jeder anderen Lösung vorziehen. Dass ich sie noch nicht erreicht habe, ist aber o.k.

Es gibt keinen Grund, sich wegen dieser Mail volllaufen zu lassen. Oder wenn, dann aus Freude darüber, dass es solche Ärzte gibt.

LG
Willo
Zuletzt geändert von WilloTse am 24. Juli 2013, 10:29, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 24. Juli 2013, 10:27

Hi Willo,

Du verrennst Dich da völlig.


Dann halt eine Lektion zum Thema Missverständnisse. Ich habe das nicht rauslesen können vor Deiner Ergänzung.
Ich bleibe trotzdem dabei: Mit dem "Wozu" ist das Thema nicht erledigt. Das greift die Ratio ab, nicht den Rattenschwanz an 90% unterhalb des Eisbergs. Selbst wenn ich weiß, wozu, ändert es nichts am Bedürfnis, es zu tun.
Dann kommen wir wieder beim Wollen-wollen raus, und bei alternativen Empfindungsmodi.
Ich muss nicht das "craving" in den Griff kriegen, sondern das "Mehr wollen". Und das ist definitiv (für mich) Hirnchemie im Belohungszentrum.
Nach zwei Wochen ohne Koffein hatte ich beim Genuss von Kaffee Sehstörungen. Nach 6 Wochen ohne Weizenprodukte fühle ich mich aufgebläht (unwohl), wenn ich Pizza, Toast esse.
Weizen und Zucher stimulieren Unterzuckerung. Niemand, der da nicht reguliert, wird je suchtfrei werden.
Da mag jede/r rauslesen, was er will. Einfach mal 30 Tage testen.
Sucht ist hausgemacht, und Alkoholsucht nur ein Teilbereich. Ohne Änderung der Suchtstruktur keine Heilung.

Da geht mein Ansatz hin, und ich kann bei mir merken, was geht, und was nicht. Baclofen unterdrückt den Kontakt zur Gesundheit. Das ist gut, wenn man dann nicht mehr trinkt und nicht an Leberzirrose stirbt.
Super.

Ich will aber, dass die süchtigen Elemente ihren Boden verlieren. Ihre Nahrung. Ich will das nicht mehr brauchen und keinen Gedanken daran mehr verschwenden müssen.

Und die vielgepriesene "Gleichmütigkeit" gegenüber Alkohol mit Bordmitteln herstellen. Will zurück zur Unschuld des Kindes, dass bei jedem "Genuss" von Gift das Gesicht verzieht und es ausspuckt.

ich will wieder nach Hause. Heilung statt Behandlung.

Conny
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon WilloTse » 24. Juli 2013, 10:37

Liebe Conny,

das ist doch völlig in Ordnung so.
Du sollst nur - und da stimme ich der Schreiberin zu - anerkennen, dass Du noch nicht zu Hause bist, wenn dieses Bedürfnis noch da ist.
Mehr nicht.
Da ist kein Vorwurf, keine Besserwisserei und kein "Du-musst-nur-wollen-wollen".
Da ist nur der Hinweis, dass es noch ein bisschen Weg ist bis "zu Hause".

LG
Willo

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 24. Juli 2013, 10:43

Ja, da kommt der Frust her.
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon WilloTse » 24. Juli 2013, 10:44

Nachtrag
GoldenTulip hat geschrieben:Will zurück zur Unschuld des Kindes, dass bei jedem "Genuss" von Gift das Gesicht verzieht und es ausspuckt.

Hast Du mal einem Einjährigen eine Großpackung Gummibärchen in die Hand gedrückt und geschaut, was passiert?
9 von 10 spucken sie nicht wieder aus, sie kotzen sie wieder aus.
Und stecken sie sich morgen wieder 'rein.
Ein Teil dieser Suchtstruktur ist bereits "Bordmittel".
Die Frage, ob ich mich damit umbringen muss, ist legitim.
LG
Willo

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon WilloTse » 24. Juli 2013, 11:34

Hi betalbatim,
um diesen Faden nicht zu fleddern, habe ich hier geantwortet.

LG
Willo

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GoldenTulip
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 29. Juli 2013, 11:22

Da es andernorts Kommentare gibt, befleißige ich mich mal zu antworten:

„Abstinenz ist eine Tortour“. Diese Worte stammen von Prof. Olivier Ameisen.
„Abstinenz ist nicht das Ziel“. Diese Worte stammen von Prof. Karl Mann.

Dazwischen liegen Welten und vor allem:
Der eine kennt die Sucht dank Praxiserfahrung von Innen,
hat eine Entdeckung gemacht und seine Erfahrungen weiter gegeben.
Der andere kennt die Sucht in der Theorie und sammelt Daten, die er auswertet.

Andernorts scheint sich die Sehnsucht nach Abstinenz wieder stärker bemerkbar zu machen.
Das ist in Ordnung.

Nicht in Ordnung ist Abstinenz als einzig erstrebenswertes Ziel für alle zu propagieren.
Jedenfalls nicht in einem Baclofen-Forum, dafür gibt es genügend andere Adressen.

Würde man dem folgen, wäre Abstinenz mit oder ohne Baclofen nach wie vor alternativlos.
So steht es jedenfalls andernorts geschrieben, was für ein Fortschritt.
Die Frage nach moderatem Trinken wird mit einer simplen Gegenfrage beantwortet: Wozu?

Darauf habe ich eine ebenso simple Antwort: „für meine Lebensqualität. Punkt“.
Und – Genießen war noch nie ein Leichtes.

Ergänzend füge ich hinzu, es ist mein Leben und die Qualität meines Lebens,
die ich sehr, sehr weit nach oben hänge – ich habe nur dieses „Eine Leben“.
Dies gilt ausschließlich für mich, nur für mich. Sucht und die Behandlung ist und bleibt interindividuell. Jede andere Meinung wird selbstverständlich respektiert und akzeptiert.

Nicht zu akzeptieren sind dagegen persönliche Angriffe auf ein tragendes Mitglied dieses Forums. Hintenrum per mail, am 22.07.2013, 15.14 Uhr und sehr, sehr aggressiv formuliert.

Nur 45 Minuten später wurde Olivier Ameisen um 16.00 Uhr in Paris zu Grabe getragen.
Sein Vermächtnis wird erhalten bleiben, dafür werden Jivaro, ich und viele andere Sorge tragen.

Diesen Satz hat Olivier Ameisen gelegentlich der versammelten Gemeinde (nicht selbst betroffener) „Suchtspezialisten“ als „take home“ mitgegeben:
„Geht nach Hause und werdet Klempner“. Der kernige Satz blieb mir lange unverständlich – heute verstehe ich ihn umso besser. Wut und Zärtlichkeit sind keine Feinde sondern Brüder.

R.I.P. Olivier und Danke für Alles.

Federico

Nachtrag: Auf der Jahreshauptversammlung der Anonymen Alkoholiker 2012 wurde dem Präsidium die Frage gestellt: Was müssen wir ändern um den Mitgliederschwund zu stoppen?
Gar nichts, war die Antwort.


Ich habe selten eine Stellungnahme gelesen, nach der ich so ratlos davor stand. Was willst Du damit sagen? Irgendwie ist alles nicht unrichtig, aber ich entwickle keine Gefühle oder besser: nur Irritation dazu. Ist die Quinessenz: Endlich kann ich gleichgültig und stressbefreit meine zwei Genussweine trinken?

Nicht zu akzeptieren sind dagegen persönliche Angriffe auf ein tragendes Mitglied dieses Forums. Hintenrum per mail, am 22.07.2013, 15.14 Uhr und sehr, sehr aggressiv formuliert.

Nur 45 Minuten später wurde Olivier Ameisen um 16.00 Uhr in Paris zu Grabe getragen.


Ich bin selbst kein Feind von Sentimentalität, sonst würde ich keine Songtexte posten.

Nur, was soll das? Das tragende Mitglied des Forums könnte selber antworten. Einen Zusammenhang mit Ameisens Tod finde ich nicht, es sei denn, es wird auf der Schiene "pietätlos" rumgeritten.
Niedermachen und emotional erpressen.

Nicht in Ordnung ist Abstinenz als einzig erstrebenswertes Ziel für alle zu propagieren.
Jedenfalls nicht in einem Baclofen-Forum, dafür gibt es genügend andere Adressen.


Solange Willo moderat trinken wollte, war es schlecht.
Nun will er abstinent leben. Auch schlecht.

Ich glaube nicht, dass Du noch weißt, worum es Dir eigentlich geht. Außer, dass er Dich ärgert. Normalerweise spiegelt solch irrationaler Ärger etwas in einem selbst.
Da würde ich ansetzen.

Gruß Conny
_________________
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon GoldenTulip » 29. Juli 2013, 11:48

Zurück zum Thema

Ein Teil dieser Suchtstruktur ist bereits "Bordmittel".


Die Neugierde und die Begierde schon. Eis ohne Ende macht Bauchweh. Man lernt aus den negativen Erfahrungen. Der Unterschied zum Suchtverhalten besteht darin, dass unangenehme Erfahrungen fortgesetzt werden, weil ein höherstehendes Belohnungsziel dagegensteht.
Das kann man sehr schön am Selbstverletzenden Verhalten, SM, Bulimie und Komasaufen beobachten: Der subjektive Gewinn in Echtzeit wird höher bewertet als der Schaden der Zukunft.
Er bekommt mir nicht, aber es tut mir gut.

Ich möchte es mal als eine Art Druckausgleich beschreiben: Die aktuelle Erleichterung ist wichtiger, als mögliche Konsequenzen der "Kur".

Ich werbe für ein Verständnis dafür, dass man nachträglich ansetzen könnte an der Entstehung der "fehlgeleiteten Lösungsversuche", indem man die Not und den Mangel betrachtet und möglichst behebt.

GoldenTulip hat geschrieben:Will zurück zur Unschuld des Kindes, dass bei jedem "Genuss" von Gift das Gesicht verzieht und es ausspuckt.


Da schadet etwas Zivilisationskritik keineswegs, und sich mit Abhängigkeitsstrukturen zu beschäftigen, statt sich im Jungle von Symptomatik zu verheddern, auch nicht.

Ja, toll, und wie geht das?

Keine Ahnung. Ich arbeite daran. Ich verbuche das unter persönlichem Wachstum.
Man lernt dazu.
Und irgendwann wird dieses Wissen Früchte tragen,

Conny,
die sich auf der Liege räkelt, statt 10-Meter-Sprungbretter weiter interessant zu finden
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Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon Aragorn » 29. Juli 2013, 14:02

Geschätzte Conny,

warum hast Du den Drang, Aussagen aus dem De.Forum zu kommentieren? (Vor allem von F.) Ich denke, da wäre eine direkte Auseinandersetzung fairer. So gibt es wieder ein Hin- und her und manche hier kennen nicht alle Zusammenhänge.. Selbst lückenlose Zitate sind nur ein Teil der Diskussion.. Aber vielleicht hast Du ja eine plausible Erklärung Und sage jetzt nicht – die haben aber angefangen..)

Die Neugierde und die Begierde schon. Eis ohne Ende macht Bauchweh. Man lernt aus den negativen Erfahrungen. Der Unterschied zum Suchtverhalten besteht darin, dass unangenehme Erfahrungen fortgesetzt werden, weil ein höherstehendes Belohnungsziel dagegen steht.
Das kann man sehr schön am Selbstverletzenden Verhalten, SM, Bulimie und Komasaufen beobachten: Der subjektive Gewinn in Echtzeit wird höher bewertet als der Schaden der Zukunft.
Er bekommt mir nicht, aber es tut mir gut.

Ich möchte es mal als eine Art Druckausgleich beschreiben: Die aktuelle Erleichterung ist wichtiger, als mögliche Konsequenzen der "Kur".


Teile ich absolut. Mache ich bei jeder Zigarette, obwohl ich weis, dass ich damit mein Leben evt sogar qualvoll beenden werde.

Ich werbe für ein Verständnis dafür, dass man nachträglich ansetzen könnte an der Entstehung der "fehlgeleiteten Lösungsversuche", indem man die Not und den Mangel betrachtet und möglichst behebt.

GoldenTulip hat geschrieben:Will zurück zur Unschuld des Kindes, dass bei jedem "Genuss" von Gift das Gesicht verzieht und es ausspuckt.


Da werden wir m.E nie wieder hinkommen, leider. Aber Mangel aufzuarbeiten, geht, wenn auch nur langsam.

Ich habe zu wenig „Mutterliebe“ erfahren, wurde früh instrumentalisiert und habe funktioniert. Der Alk war mein Anker und so konnte ich irgendwie überleben. Diesen Mangel (und die entsprechende Kompensation mit Alk) habe ich Jahrzehnte durch mein Leben geschleppt.

Da es keine „rückwirkende Liebe gibt“ musste ich einen anderen Ansatz finden. Ich musste lernen, mich selbst zu lieben, mich so zu nehmen wie ich bin. Mich nicht mehr abhängig machen, von dem Urteil anderer (Robert Betz macht da ganz gute Ansätze)

Ein langer Weg, da der andere lange konditioniert war. Dabei muss die Seele das Hirn erreichen, nicht umgekehrt. Heute ist bei mir auch nicht alles Friede Freude Eierkuchen. Aber immer, wenn mein „inneres Kind“ nach Anerkennung und Liebe schreit, versuche ich den aktuellen Mangel zu „fühlen“ nicht intellektuell zu zerlegen..
OK- My way

Ganz liebe Grüße Volker
Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer
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Re: Stellungnahme zum "Moderaten Trinken"

Beitragvon Chinaski » 29. Juli 2013, 16:17

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Zuletzt geändert von Chinaski am 21. Juni 2014, 12:57, insgesamt 2-mal geändert.


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