den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Eigene Erfahrungsberichte zu Baclofen und Alkohol
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Ralph
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den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 5. Mai 2013, 16:43

Hi,

wie schon in der Vorstellung kurz beschrieben, bin ich Quartalstrinker. Das ist wie bei einem Dammbruch. Wenn ich es nicht mehr aushalte, schütte ich - nach wochenlanger Abstinenz - sofort Unmengen Bier in mich rein. Und das dann tagelang, fast nonstop.
Mit dem Vermeiden von Risikosituationen kann ich die Intervalle spürbar verlängern, aber irgendwann ist Schluss.

Nun zu gestern Abend.
Wir waren bei Freunden eingeladen. Auch den Kontakt hatten wir fast verloren, weil ich mich in den letzten Jahren ziemlich isoliert hatte. Risikosituationen aus dem Weg gehen - Ihr kennt das.
Allein der Gedanke an eine abendliche Party löst in mir so einen Saufschub aus, dass ich schon vorher reichlich trinke.
Zu Hause bleiben oder tagelanger Absturz, das waren sonst die mageren Optionen.

Gesten Nachmittag war ich mit dem Motorrad unterwegs, was mich abgelenkt hat.
Um 17:30 Uhr habe ich dann meine erste Bac ( 25mg ) überhaupt genommen.
Im Laufe des Abends - bei leichtem Verlangen - habe ich zwar Alkohol getrunken, aber nur etwa 25 % meiner üblichen Menge. Es ging mir gut. Gegen 1.00 Uhr wurde das Verlangen intensiver und ich wartete unruhig auf das nächste Bier. Ich konnte dem Umschalten in den Saufmodus gerade noch wiederstehen. Wir sind dann gleich nach Hause gefahren, ich hab noch eine Bac genommen und bin schnell ins Bett.
Heute Vormittag wachte ich mit nur leichtem "Nachdurst" auf. Auch ohne Bac oder Bier gut auszuhalten.

Immerhin :)

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Ralph
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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 12. Mai 2013, 18:04

alles nicht so einfach.

Mit ner harmlosen Radtour am Rheinufer hat es Himmelfahrt angefangen. Biergarten. Seitdem hab ich wieder vier Tage durchgesoffen.
Anfangs keine Bac genommen, weil ich einfach angedröhnt sein wollte.

Heute Abend werde ich noch eine nehmen und versuchen, wieder runter zu kommen.
Zuletzt geändert von Ralph am 14. Mai 2013, 08:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 14. Mai 2013, 08:33

Ganz schön blöd :)

Nach vier Monaten ganz ohne Alk und einem gemäßigten WE mit etwas BAC zu glauben, ich könnte mir ungebremst eine Biergartentour leisten.
Tagelanger Totalabsturz, war ja klar.

Eigentlich wollte ich eine - alkoholfreie, ich hab mir die Karre ja zur Ablenkung geholt - Motorradtour in die Eifel machen.
Meine Frau - hasst das Ding - war am rummeckern. Ich wär ja immer alleine unterwegs und wir sollten doch lieber eine Radtour machen.
Es war aber nicht ihre Schuld, die Bereitschaft zu trinken war ja da. Sie wollte auch eher Eis essen.

Ich hatte auch vorher kein Bac genommen, weil ich bedenken hatte, meine Konzentrationsfähigkeit beim Motorradfahren könnte leiden. Und als ich dann mit dem Fahrrad im ersten Biergarten war, wollte ich auch gar keine nehmen.
Seit vorgestern nehme ich BAC regelmässig, weiß aber nicht ob sie wirken. Seit gestern Abend trinke zwar nichts mehr. Erfahrungsgemäß lasst mein Saufdrang nach einigen Tagen ohenhin nach.
Zwischendurch hatte ich doch noch ein paar genommen, die waren aber völlig wirkungslos.
So einfach geht es eben nicht, ein paar Bac schlucken und saufen, in der Hoffnung, dass es weniger ausartet.
Ich komme wohl doch um eine regelmäßige Einnahme nicht herum.

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GoldenTulip
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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon GoldenTulip » 14. Mai 2013, 09:19

hallo Ralph,

ich schicke nochmal vorweg, dass ich nur spekulieren kann, weil ich das Quartalstrinken nicht kenne, und auch bisher nirgends Baclofen-Nutzer gelesen habe, die über Erfahrungen berichtet haben. Ich kann das also nur logisch und mit etwas Phantasie angehen.

Grudsätzlich möchte ich das mal mit der Einnahme von Blutdrucksenkenden Mitteln vergleichen - da medikamentiert man auch langfristig, um auf ein gesundes Level zu kommen und schluckt die nicht, weil man fürchtet, man könne sich aufregen, also nur die Spitzen abzufedern.
Mit Baclofen baut man einen Spiegel auf, erreicht einen gewissen Sättigungsgrad, der neurologisch den Aufbau von Suchtdruck deutlich abschwächt.
Ist man über diesen Punkt bereits hinaus, trinkt man mit Bac genauso wie ohne. Es verschafft einem eine Gedankenpause zwischen Impuls und Tatausführung - (Gleichgültigkeitstheorie klammer ich mal aus, ist ja auch nicht Deine Baustelle zur Zeit).

Nach vier Monaten ganz ohne Alk und einem gemäßigten WE mit etwas BAC zu glauben, ich könnte mir ungebremst eine Biergartentour leisten.


Ich halte es für ziemlich normal und legitim, herumzuexperimentieren, was geht und was nicht geht.

Ich würde an Deiner Stelle nur nicht unterschätzen, was die Haltung gegenüber der Baclofeneinnahme ausmacht. "Ich trinke weiter wie bisher und Bac wirkt dann wie eine Art Rettungsschirm, funktioniert nicht. Bei einmaliger Einnahme schon mal gar nicht. Im gegenteil, dadurch, dass Du das Problem quasi an Bac delegierst, statt Dich selbst in die Pflicht zu nehmen, lässt Du jede Restkontrolle fahren, und dann macht Bac gleichgültig: allerdings gegenüber der Trinkerei und nicht gegenüber dem Alkohol.
Diese Erfahrung haben etliche im Forum schon gemacht, das ist einigermaßen empirisch.

Darum nochmal etwas zur Erwartungshaltung (s. Deine Aussage oben).
Kläre mal ab, ob Du
- nichts mehr Trinken willst
- zwar alle paar Monate was trinken willst, aber keine Exzesse passieren sollen.
- den Ausstieg nach einer Sauftour erleichtern möchtest, aber eigentlich alles bleiben kann, wie es ist.

1. Im ersten Fall hieße das, auch in "ungefährlichen" Zeiten eine niedrige Bac-Dosis durchzunehmen, und bei Aufkommen von Quartalsunruhe die Dosis langsam zu steigern, bis der Schub vorbei ist und dann langsam wieder abzudosieren. Keine Sprünge, das ist wichtig!

2. Im zweiten Fall ist m.E. Bac eher kontraproduktiv, da passiert ungefähr das, was Du erlebt hast. Du bist psychisch dann auf Abschießen eingestellt, und wenn man dem Trinkwunsch nachgibt, richtet Bac nicht mehr allzuviel aus.
Da bin ich mir aber nicht ganz sicher. Vielleicht funktioniert auch Methode 1, und Du trinkst weniger, wenn Du bac-mäßig eingestellt bist. Ausprobieren.

3. Baclofen erleichtert den Ausstieg aus Saufphasen insofern, dass die Entzugserscheinungen abgemildert werden, gerade auch depressive Verstimmungen und Unruhe, wegen der muskelentspannenden und angstlösenden Wirkung, die es auf viele hat. Vielleicht verkürzt es dann den Anlauf, den man braucht, um aufzuhören, weil man den Entzug nicht so fürchtet.

(An die Mapostel, die "Weitersaufen mit Bac" das allerletzte finden: Wer trinkt, schert sich wenig um Moral und darum, ob das jemand gut oder schlecht findet. Bac wird teilweise so benutzt, da bin ich mir sehr sicher. Also kann man es auch erwähnen).

Grundsätzlich würde ich noch bedenken, dass Dein Entschluss, etwas am Trinkverhalten zu verändern, innere Widerstände auf den Plan rufen dürfte, was zu einer "Erstverschlimmerung" führen kann. Der Tag vor der Diät ist der Schlimmste, wenn Du verstehst, was ich meine.

Hast Du die Phase denn jetzt hinter Dir?

Dann hättest Du bis zur nächsten genug Zeit, Dich körperlich und seelisch auf Baclofen einzustellen und Dir in Ruhe zu überlegen, wo die Reise eigentlich hingehen soll.

Lieben Gruß
Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 14. Mai 2013, 13:14

Hallo Conny,

das hast Du alles sehr treffend beschrieben.
Wobei ich nicht immer Quartaltrinker war. Ich wollte meine ersten postings nicht zu lang werden lassen, und hab nicht alles geschrieben. Ich habe früher jeden Tag etwas getrunken und am WE richtig zugeschlagen. Als ich dann versucht habe, dagegen anzugehen, hat sich dieses Quartalstrinken herausgebildet.


GoldenTulip hat geschrieben:Darum nochmal etwas zur Erwartungshaltung (s. Deine Aussage oben).
Kläre mal ab, ob Du
- nichts mehr Trinken willst
- zwar alle paar Monate was trinken willst, aber keine Exzesse passieren sollen.
- den Ausstieg nach einer Sauftour erleichtern möchtest, aber eigentlich alles bleiben kann, wie es ist.

Da liegt wohl das Problem. Ablenkungsstrategien und Anticraving-Medikamente können helfen, aber gehen eben nicht an die Ursachen. Zwischen dem, was ich will und dem, was ich kann, klafft eine Lücke.
Es ist immernoch die leise Hoffnung da, die Dinge unter Kontrolle zu kriegen.
Ich möchte schon trinken, mir ist aber bewusst, dass ich es nicht im Griff habe. Also sagt mir mein Verstand, dass ich es lieber lassen sollte.
Andererseits fehlt mir etwas. Ich habe mir noch kein erfülltes, alkoholfreies Leben organisiert. Viele Dinge mache ich nicht mehr, von Freunden habe ich mich isoliert.
Wenn ich monatelang nix trinke, hänge ich an den Wochenenden nur rum und habe zu nichts Lust. Und wenn ich dann doch wieder trinke, spüre ich einen Energieschub und habe das Gefühl, wieder am Leben teilzunehmen.
Auf Empfehlung eines Psychologen habe ich mir jetzt ein Motorrad gekauft. Das macht natürlich schon erstmal Spaß und bringt einen auf andere Gedanken. Allerdings ist der erste Reiz auch schon etwas verflogen. Dann gehe ich noch des Öfteren ins Fitnessstudio, das ist halt ein alkoholfreier Bereich und ich tue was für mein Aussehen. Spaß mach mir das aber auch nicht

Kurz gesagt, es geht nicht mit und es geht nicht ohne.

LG
Ralph

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Rettungsflugsaurier » 14. Mai 2013, 20:33

Moin allerseits.

Das interessiert mich...

Da liegt wohl das Problem. Ablenkungsstrategien und Anticraving-Medikamente können helfen, aber gehen eben nicht an die Ursachen. Zwischen dem, was ich will und dem, was ich kann, klafft eine Lücke.
Es ist immernoch die leise Hoffnung da, die Dinge unter Kontrolle zu kriegen.
Ich möchte schon trinken, mir ist aber bewusst, dass ich es nicht im Griff habe. Also sagt mir mein Verstand, dass ich es lieber lassen sollte.


Oftmals (so bei mir) ist der Alk auch selbst das (Haupt-)Problem. Ich hab generell einen Hang zum Depressiven. Wenn alles gut läuft hab ich kein Problem und führe ein gute und fröhliches Leben - aber sobald irgendetwas nicht "rund" läuft neige ich zu Depris und die werden gerne erstmal ertränkt.
NUR das führt schnell zu einen Status, wo mir mein Körper/Psyche vorgaukelt, das ich ohne Alk sowieso nicht "glücklich" werden kann. Erst wenn mann diesen selbstbetrug verinnerlicht hat, kann mann den Alk erfolgreich bekämpfen um sodann seine Depris anzugehen (obwohl die ohne Alk sowieso schon viel weniger sind).
Ist dies geschafft, könnte man zumindest auf den Moment bezogen sagen: Problem gelöst.
Hier steckt natürlich erhebliche Gefährdungspotential gleich ins nächste Dilemma zu stolpern.

Letztendlich ist es doch so - Jeder Mensch hat Sorgen und Probleme und das ist auch OK und gut so. Unserer Laster ist es eben, das wir unsere Probleme erstmal ertränken wollen und damit am ende noch viel größere schaffen.
DAS ist es, was ich mir "eingeschädelt" habe - Mal in Gesellschaft aus Wohlgefühl heraus was trinken = OK. Frustsaufen - NO GO!

LG
Retti
Mal angenommen, ich nehme mir vor, heute gar nichts zu tun -
und ich schaffe das auch.
Hab ich dann was erreicht, oder nicht ?

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 14. Mai 2013, 20:59

Rettungsflugsaurier hat geschrieben:NUR das führt schnell zu einen Status, wo mir mein Körper/Psyche vorgaukelt, das ich ohne Alk sowieso nicht "glücklich" werden kann.


Hi,

da ist was dran. Auch wenn ich umgekehrte Vorzeichen habe und eher ein Lust- als ein Frustsäufer bin.
Probleme lenken mich ab, da hab ich was zu tun.
Wenn ich gut verdient habe, die Sonne scheint, ein paar freie Tage anliegen, ist die Gefahr besonders groß.
Eigentlich könnte ich dann ja zufrieden sein. Aber wie du es so schön formulierst, fehlt der Alk zum Glück.
In diesen Situation habe ich am meisten zu kämpfen.
Eine depressive Stimmung entsteht dann durch die Tatsache, dass ich nichts trinken darf. Nicht durch die Situation an sich.

Gruß
Ralph

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Rog
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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Rog » 15. Mai 2013, 06:35

Hallo Ralph

Zuerst mich mal kurz vorstellen, da ich in diesem Forum zwar als Leser aktiv war, aber bis jetzt noch nichts geschrieben habe. Ein paar Berichte, darunter deins, haben mich veranlasst, aktiv teilzunehmen.

Ich bin auch ein Quartalstrinker. Vieles, was du beschreibst, kenne ich aus eigenen Erfahrungen, die du hier untenwahrscheinlich auch zurückerkennen wirst. Genauso wie du bin ich auch "eher ein Lust- als ein Frustsäufer". Genauso wie du ist meine Gefahr auch grösser, wenn die Sonne scheint und ein paar freie Tage anliegen, fast das Erfolgsrezept für Rückfälle.

Weiter habe ich es dann über meine ähnliche Baclofen-Erfahrung, der direkte Grund, warum ich hier schreibe.

Ich bin 45 Jahre alt, verheiratet, 1 Kind, und habe 27 Jahre Alkoholerfahrung, davon 26 mit Suchtproblemen. Und zwar mehrheitlich Abstürze oder besser gesagt Alkoholexzesse bis ich sowohl zu müde als auch zu besoffen war um noch weiter zu trinken und dann in den allermeisten Fällen nicht mehr genau wusste was ich genau gemacht habe. Die Abstürze gab es wöchentlich bis dreimonatlich, und das ganze Spektrum lag drin: meistens Abstürze, die einen Abend dauerten, vor allem in den Anfangsjahren, bis 2-, 3-, 4-tägige Exzesse, hauptsächlich in den letzten 5 Jahren.

Der vorletzte Absturz geschah Anfang dieses Jahres, als ich geschäftlich in Moskau war. Da habe ich es geschafft, 15 Tage lang ständig alkoholisiert zu sein - allein oder mit Arbeitskollegen - mit ein paar Absturzabenden zwischendurch als traurigem Höhepunkt. Danach Kaltentzug, Todesängste, Blutdruck von 200, Kliniksuche, Behandlung während einem halben Tag mit bevor ich wieder einigermassen fit war.

Zurück zuhause habe ich angefangen, bacl. und Antabuse zu nehmen und ich war - muss ich ehrlich sagen - anfangs sehr begeistert, weil ich nicht mehr an Alkohol dachte. Um sicher zu sein, dass es keine Placebo-Wirkung war, hörte ich mit Antabuse auf und nahm nur noch bac, 3x10mg am Tag. Und trank nach ein paar Wochen wieder mal ein Glas, zuerst bei Freunden 2 Gläser über den Nachmittag verteilt, danach vereinzelt hie und da 1 Glas Wein.

Und dann kam der Ausflug mit meiner Frau. Noch immer begeistert und voll Vertrauen, dass ich es jetzt "schaffen würde", trank ich am ersten Abend 1 Bier vor dem Schlafengehen, alles ok. Am nächsten Tag verlangte ich am Nachmittag schon nach der Flasche Sekt, die im Kühlschrank stand. Im Kühlschrank befand sich auch noch eine kleine Flasche Bier und dann passierte es: kurz vor dem Abendessen trank ich heimlich die Flasche und spürte eine leichte euphorische Alkoholeinwirkung. Nachher war ich in der Küche am kochen, machte die Flasche Sekt auf, schaute genau zu, dass ich ein wenig mehr im Glas hatte als meine Frau. Nach dem ersten Glas habe ich - wieder - heimlich ein Glas für mich ausgeschenkt usw.. Dreiviertel der Flasche hatte ich getrunken. Und das war zu viel, die Schwelle war deutlich überschritten. Mit ein wenig Mühe und Kreativität konnte ich meine Frau überzeugen, dass ich gerne ein Eis kaufen möchte an der Tankstelle nebenan. Das glaubte sie mir noch. Ein Eis habe ich gekauft, aber auch eine Flasche Wein die ich dort leertrank. Später am Abend kam noch eine Flasche dazu.. Dadurch, dass ich längere Zeit keine grösseren Mengen Alkohol mehr getrunken hatte, war ich nach diesen ca. 2 L Wein stockbesoffen, wusste am nächsten Tag nicht mehr, was geschehen war.

Nur um zu bestätigen, was Conny beschrieben hat mit ihrem Vergleich der "Einnahme von Blutdrucksenkenden Mitteln": Ich glaube nämlich auch, dass bac ein Wundermittel ist und zugleicherzeit Keins: man darf sich nicht blind darauf verlassen, dass "nichts" mehr passieren wird. Man soll immer alert bleiben, und vorsichtshalber bac als erwiesen wirkungsvolles Unterstützungsmittel benutzen. Wenn man - wie ich - merkt, dass die Lust auf Alkohol sehr reduziert wird, darf man das nicht ausnutzen und annehmen, dass es jetzt doch gar nicht mehr gefährlich sein könne, etwas zu trinken, und dass bac sowieso meine Hand festhält und mich davor hütet, mehr trinken zu wollen.
So funktioniert es nicht, habe ich schmerzvoll und schuldbewusst erfahren müssen.

Jetzt habe ich hochgeschraubt auf 3x2x10mg und bin ich vorsichtiger mit dem Umgang zu Alkohol. Ich habe vor, nichts mehr zu trinken, mit Ausnahmen von sporadischen Restaurant- und Freundesbesuchen wo ich ca. 2 Gläser Wein oder Bier pro Woche trinken werde, weil ich sozial (wenig) Trinken noch als zu wichtig empfinde. Hauptsache, die Angetrunkenheitsschwelle nicht überschreiten.
Wenn das nicht klappt, was bleibt dann noch übrig..? Genau.

Ralph, Ich wünsche dir viel Mut, eine gute Dosis "gesunden Menschenverstand" und hoffe, dass du weiterhin deine Erfahrungen hier postest.

Gruss

Rog

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Papfl
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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Papfl » 15. Mai 2013, 08:28

@ Rog, @ Ralph, @ Conny, @ Retti, @ all

Keine Angst, ich versuche nicht, den "Mapostel" zu geben (@ Conny) [mocking] .

Allerdings glaube ich, dass es ganz entscheidend dafür ist - wenn man mehr oder weniger "kontrolliert" weitertrinken möchte - dass man sich vorher klar macht: "In welchen Situationen habe ich in meiner 'krankhaften' Phase getrunken?" An dieser Stelle ist vielleicht auch nochmal ein Hinweis auf die "W-Fragen" samt anschließender Diskussion angebracht.

Ich selbst habe zum Beispiel fast schon "ekstatische" Musikerlebnisse (hörender- und spielenderweise) unter starkem Alkoholeinfluss erlebt. Für mich wäre Alkohol in Verbindung mit Musik deshalb ein absolutes Tabu. Da stecken zu viele Erinnerungen, Erfahrungen und vermeintlich positive Erlebnisse drin, dass ich nahezu sicher bin: So was würde für mich im Totalabsturz enden.

Wenn ich "früher" vornehmlich ein Frusttrinker war, dann sollte ich aufhorchen, wenn die innere Stimme sagt: "Der Tag war heute so besch...., ein Bierchen kannst Du Dir genehmigen."

Heimliches Trinken (@ Rog, Stichwort: Tankstelle) kennt wahrscheinlich jeder von uns. Auch so ein Punkt, bei dem die Alarmglocken läuten sollten.

Und wenn ich weiß, dass die Aussicht auf ein paar freie Tage und schönes Wetter bei mir immer der Anfang vom Ende waren/sind, dann sollte ich solche Tage halt nicht zum Anlass für Alkohol nehmen. Der Tipp mit dem Motorrad (@ Ralph) Deines Psychologen war ja schon mal gar nicht schlecht.

Natürlich ist es tausendmal anstrengender, seine Tage auf diese Weise sinnvoll und befriedigend zu gestalten. Der Griff neben sich zur Wodkaflasche ist da leichter. Aber genau solche Anstrengungen sind für die sog. "Normalen" (Nicht-Trinker) eine Selbstverständlichkeit. Schlicht und ergreifend, weil sie gar nicht kennen gelernt haben, dass man vermeintliche Zufriedenheit auch viel "leichter" erreichen kann. Das ist unser Pech. Wir wissen, dass es geht bzw. ging.

Und weil wir diese Erfahrung gemacht haben, dauert es eben (leider) auch eine ganz lange Zeit, bis wir wieder so etwas wie Glück, Freude oder Zufriedenheit ohne Alkohol empfinden können. Dass es mitunter anstrengender sein kann, ist nicht das Problem. Der Aufwand ist für alle (Normalo und Alki) der gleiche. Aber in uns schwingt eben immer dieses: "Mit Alk wäre es jetzt noch um ein Vielfaches geiler..." mit. Wäre es das wirklich?

Ich glaube, das Gläschen Sekt beim Brunch oder das Pils beim Grillen - eben der ganz normale Umgang mit Alkohol, wie ihn die sog. "Normalen" auch pflegen - wirft uns irgendwann mal nicht mehr aus der Bahn. Vorausgesetzt, wir haben ein Stadium erreicht, in dem wir solche Versuche überhaupt erst "wagen" sollten. Damit meine ich eine lange Baclofenphase unter Abstinenz, damit unser Organismus die Chance hat, sich umzuorientieren.

Bevor der "Mapostel" jetzt doch nocht herausbricht, höre ich auf [smile] . Nur eins noch: In den oben genannten Situationen (und jede/r kann da für sich sicherlich ganz individuell noch etliche ergänzen) sollte Alkohol wirklich ein Tabu bleiben. Das funzt sonst nicht...

Papfl
„Der Hori­zont vie­ler Men­schen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nen­nen sie dann ihren Stand­punkt."
Albert Ein­stein (1879 - 1955)

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 15. Mai 2013, 17:00

erst ein mal Danke, für Eure interessanten Beiträge.

Was auch ich als entscheidend ansehe - auch hier in anderen Forenbereichen diskutiert - ist die Frage, hab ich Craving oder will ich - aus welchem Grund auch immer - saufen.
Ich habe da folgende Erfahrungen gemacht.
Ich bin etliche Wochen lang jeder Trinksituation aus dem Weg gegangen, Partys abgesagt usw. was auch funktioniert hat. Dann setzte sich aber in Alltagsituationen der Gedanke an Alkohol immer mehr durch, an normalen Wochentagen, ging wieder weg, kam stärker wieder. irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten und ohne Anlass angefangen zu trinken. Das hat dazu geführt, dass ich auch in beherrschbaren Situation nicht mehr willensstark war.
Ich hab dann gedacht, warum soll ich meinen Geburtstag nicht feiern wie früher, wenn ich ne Woche später wohl eh wieder saufe.
Eine Psychologin hat mir mal erklärt, Craving wäre Stress für den Körper und selbst wenn man sich nicht ablenkt, geht es von alleine wieder weg. man muss die Situation nur durchstehen. Stimmt, allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass es umso heftiger wiederkommt.
Und gerade hier setze ich Hoffnung auf bac. Das mich das Bewusstsein nicht sowieso wieder anzufangen auch in den typischen Absturzszenarien stärker macht.

Gruß
Ralph

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 20. Mai 2013, 23:15

Hi,

gestern hatte ich ein kleines, aber nettes Erlebnis. Etwas Bac ( 2 x 12,5 ) nehme ich erst seit ein paar Tagen regelmäßig. Keine Ahnung, ob das schon damit zusammen hängt.

Samstag fragte mich meine Frau, ob wir am Sonntag Abend nicht endlich mal grillen wollen. Sofort schoss mir der Gedanke an Alkohol durch den Kopf. Nun führt Grillen nicht zum Absturz, ich habe aber Bierdurst. Es ist immer ein kleiner Kampf. Zum Glück trinkt außer mir keiner alkoholisches. Oft trinke ich dann doch
Radler( Alster ). Danach kann ich zwar wieder aufhören, vernünftig finde ich es aber selbst nicht.

Sonntag kamen wir recht spät zum Grillen und dann fehlte uns noch Spiritus, also bin ich nochmal schnell zur Tankstelle gefahren. Dadurch war ich vlt auch etwas abgelenkt.
Beim Essen ist mir dann plötzlich aufgefallen, dass ich mir Cola eingeschenkt hatte. Weder an der Tankstelle noch beim Getränke ausschenken kam der Gedanke an Bier.
Das ist mir noch nie passiert :)


LG
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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Chinaski » 21. Mai 2013, 06:22

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Zuletzt geändert von Chinaski am 21. Juni 2014, 11:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Suse » 23. Mai 2013, 17:30

Hallo Ralph,

ich wünsche dir ebenfalls, dass es so weitergeht. Mit Interesse habe ich diesen Thread gelesen, weil ich mich mit dem Quartalstrinken auch nicht auskenne..naja, ich bin sozusagen DauerQuartalstrinkerin [cray]

Nicht bis zum absoluten Abschuss, immer irgendwie so, dass noch alles geht, aber schlimm.
Ich hatte es vor Jahren schon mal mit Baclofen versucht und kann die Aussagen der anderen nur bestätigen - zwar mag es einigen geholfen haben / helfen, weniger zu trinken...bei mir aber hatte sich das damals sehr rasch wieder eingepegelt. Da trank ich dann wie vorher OBWOHL ich 100 mg täglich nahm. Irgendwann fiel mir das auf (klingt blöd, aber irgendwie so war es) und was machte ich? Baclofen runterdosieren und damit aufhören. Ich denke auch heute noch, anders herum wäre es nicht möglich gewesen.
Was ich sagen möchte, Eigendisziplin gehört mE (leider) dazu. Ich bin echt ein Weichei, hätte auch lieber eine Pille, die mir das WollenWollen nimmt...Aber das Leben ist kein Wunschkonzert [sad]

Weiterhin alles Beste, liebe Grüße, Suse
Früherer Name: Desperatio

Plötzlich konnte ich sehen und ich war froh. Doch was ich sah, gefiel mir nicht. Ich lerne, neu zu sehen. Suse

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Re: den ersten kleinen Schritt hinbekommen

Beitragvon Ralph » 25. Mai 2013, 20:50

Wieder ein nettes Erlebnis.

Aktuell nehme ich 12,5 - 0 - 12,5, heute einmalig erhöht auf 12,5 - 25 -12,5.

Wir hatten heute ab mittags eine kleinere Familienfeier. Keine richtige Party wie sonst abends, aber die Meisten haben schon was getrunken und wurden nach und nach immer lauter.
Vor einigen Jahren bedeute das Absturzgefahr. Später habe ich das einigermaßen in den Griff bekommen und bin bei solchen Anlässen ganz oder fast nüchtern geblieben. Aber mit unbehaglichem Wiederstand gegen den Saufdrang. Ich war vorher schon immer unruhig, weil ich einen unangenehmen Nachmittag auf mich zu kommen sah.

Heute war es wesentlich entspannter. Ich habe einen halben Begrüßungssekt mitgetrunken und war danach die restlichen etwa fünf Stunden alkfrei.
Ein leichtes Verlangen zwar - was jetzt wieder weg ist - aber nicht annähernd so wie sonst. Dadurch war ich auch nicht so genervt und mein Wunsch mich der Situation zu entziehen nicht so ausgeprägt.


Gruß
Ralph


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