Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

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Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 8. März 2014, 17:33

Tach erst mal

Ich hatte ja an anderer Stelle schon mal geschrieben, dass schlechte Leberwerte oder gar ernsthafte Lebererkrankungen einer Baclofen-Therapie nicht im Wege stehen. Ganz im Gegenteil, es müsste ein Gebot der Stunde sein, in solchen Fällen unverzüglich mit dem Medikament zu beginnen. Damit wir alle Infos in diesem Thread versammelt haben, kopiere ich mich mal großräumig hier rein:

DonQuixote hat geschrieben:[…] Dass Du bereits einen Arzt gefunden hast, der Dir Baclofen grundsätzlich verschreiben würde, bringt Dir schon mal 50 Punkte ein. Doch woher kriegst Du die anderen 50 Punkte? Exakt von hier:

Chinaski hat geschrieben:Mein Hausarzt der mich behandelt ist sehr gut und hat großes Verständnis und würde mir auch Baclofen verschreiben sobald meine Leberwerte wieder im Toleranz Bereich sind.

Baclofen wird nicht über die Leber abgebaut und belastet deshalb diese nicht. Ganz im Gegenteil, man macht sich diesen Umstand zu Nutze und setzt Baclofen sogar GEZIELT bei Personen mit Leberschäden, ja sogar fortgeschrittener Leberzirrhose ein. Wohlgemerkt, Leberzirrhose, das ist dann noch eine ganz ANDERE Schuhnummer als „bloß“ erhöhte Leberwerte. Man verspricht sich von Baclofen eine rasche Verringerung des Alkoholkonsums, denn nur das allein, und zwar verblüffend schnell, führt zu einer Verbesserung der Leberwerte.

In der Reihenuntersuchung der Universität Descartes, Paris (182 Patienten), sind Personen mit Leberzirrhose ausdrücklich NICHT ausgenommen. Bei ca. der Hälfte der Patienten wurde der Verlauf der Leberwerte dokumentiert, allesamt haben sich markant verbessert (Abschnitt ist nicht übersetzt).

In zwei weiteren Reihenuntersuchungen mit jeweils rund 300 Patienten befinden sich Leberprobleme NICHT in den Ausschlusskriterien, was eigentlich schon alles sagt.

Hier gibt es den Fallbericht, 3.7 Herr G, mit Leberzirrhose im Anfangsstadium, dem Baclofen verordnet wurde.

Dann gibt es noch das hier, hochoffiziel. Abgeschlossener klinischer Test mit Baclofen, randomosiert, doppelblind gegen Placebo kontrolliert, 148 Alkoholabhängige mit Leberzirrhose. Wiederum eine beträchtliche Verbesserung der Leberwerte. Kannst Du oder Dein Arzt Englisch? Sonst gibt es auch eine Deutsche Zusammenfassung der Studie. Dort kommt der Aspekt "Verbesserung der Leberwerte" vielleicht etwas zu wenig zum Ausdruck. Die Deutsche Zusammenfassung befindet sich bereits im Arztkoffer.

Einen laufender klinischen Test, *doppelblindblabla*, mit 180 ehemaligen US-Armeeangehörigen welche ein Alkoholproblem haben und an Hepatitis-C erkrankt sind gibt es auch noch.

In Australien ist eben erst eine weitere Studie mit Baclofen angelaufen. *doppelblindblabla*, mit 64 Teilnehmern. Im Vordergrund steht wiederum die Behandlung von Leberzirrhose im Zusammenhang mit Alkoholismus.
[…]
Und nochmals sei es gesagt: Schlechte Leberwerte sind kein Grund, die Baclofen-Therapie hinauszuzögern, sondern im Gegenteil, SOFORT damit zu beginnen. Eine ärztliche Verordnung und Begleitung ist allerdings dringendst anzuraten.

Chinaski hat geschrieben:Im Moment werde ich mit Campral […] behandelt und ich bin seit 3 Wochen trocken... aber es ist trotz der Medikation ein täglicher Kampf […]

Na ja, das Medikament geht halt auf die Leber und hat nur eine leicht bessere Wirkung als Placebo. Die Häufigkeit und Art der Nebenwirkungen sind auch nicht von Pappe. Als Anti-Craving Medikament ist es Baclofen um Größenordnungen unterlegen.

Nun ist soeben ein weiterer Fachartikel erschienen, und zwar im „World Journal of Gastroenterology“, welcher das oben geschriebene nochmals bestätigt: „Pharmacotherapy of acute alcoholic hepatitis in clinical practice“ (Medikamentengestützte Behandlung akuter alkoholbedingter Hepatitis in der klinischen Praxis).

Autoren: Ludovico Abenavoli, Natasa Milic, Samir Rouabhia und Giovanni Addolorato.

Einige Absätze werde ich weiter unten übersetzen. Damit Ihr aber seht, in welchem Kontext das steht, hier auch die vollständige Struktur des Artikels:

Fachartikel im World Journal of Gastroenterology hat geschrieben:
  • Abstract (Zusammenfassung).
  • Introduction (Einführung).
  • Pathogenesis (Pathogenese, d.h. Entstehung und Entwicklung einer Krankheit).
  • Diagnosis and Prognosis (Diagnose und Prognose).
  • Pharmacotherapie (Medikamentengestützte Behandlung).
  • Other Treatments (Andere Behandlungsoptionen).
    • Nutrition (Ernährung).
    • Baclofen (übersetzt).
      Absolute Alkoholabstinenz ist der Eckpfeiler jeder Behandlungsstrategie für eine schwere alkoholbedingte Hepatitis. In der klinischen Praxis ist genau dies oft problematisch, insbesondere dann, wenn mit der Alkoholabhängigkeit auch noch eine Psychiatrische Störung einhergeht. Ärztliche Empfehlungen und / oder kurzfristige Interventionen genügen im Falle einer Abhängigkeit für das angestrebte Ziel der Abstinenz meist nicht. Deshalb wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder die Wichtigkeit von medikamentöser Behandlung hervorgehoben, und an solchen Therapien wird auch weiterhin geforscht. Verschiedene Medikamente, welche das Craving bekämpfen und damit die Abstinenzzeit verlängern und Rückfälle vermeiden sollen, wurden in Betracht gezogen (65). Namentlich Disulfiram, Naltrexon und Acamprosat wurden für die Behandlung der Alkoholkrankheit zugelassen. Allerdings können diese Wirkstoffe eine vorhandene Schädigung der Leber noch verschlimmern (66). Baclofen, ein Antagonist am Gaba-b-Rezeptor, stellt eine neue Form der medikamentösen Therapie dar. Mehrere präklinische und klinische Studien zeigten auf, dass Baclofen eine wirksames Medikament zur Behandlung von alkoholsüchtigen Patienten sein könnte (67, 68). Im Speziellen kann das Medikament Entzugserscheinungen und Craving mildern, die konsumierte Alkoholmenge senken und die Abstinenz fördern (69). Insbesondere hat das Medikament auch gezeigt, dass es ein sehr günstiges Risikoprofil aufweist, selbst bei Patienten mit Leberzirrhose.

      In einer randomisierten, doppelblinden und gegen Placebo kontrollierten Studie haben wir die Wirksamkeit von Baclofen bezüglich des Abstinenzziels bei 148 alkoholabhängigen und unter Leberzirrhose leidenden Patienten ermittelt. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in die Gruppe mit dem Wirkstoff Baclofen, 3 x 10 mg / Tag, oder in die Placebo-Gruppe eingeteilt, der Beobachtungszeitraum betrug zwölf Wochen. Von 42 mit Baclofen behandelten Patienten erreichten 71 % das Abstinenzziel, während es in der Placebo-Gruppe nur 29 % von 42 Personen taten (70). Über die optimale Dosis des Medikaments wird zurzeit noch debattiert. Die zweite Analyse, nämlich die von Patienten ohne gleichzeitig vorhandene Schädigung der Leber, ergab eine von der Dosis abhängige Wirkung in Bezug auf die täglich eingenommene Alkoholmenge und auf die Anzahl Drinks an Trinktagen (69). In Betracht darf auch gezogen werden, dass Avanesyan vor kurzem ebenfalls die sichere Anwendung des Medikaments bei Patienten mit alkoholbedingter Hepatitis dokumentierte (71).
    • Lebertransplantation.
  • Future Perspectives (Zukunftsaussichten, teilw. übersetzt).
    […]
    […]
    […]
    Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das wichtigste Ziel zur Behandlung und zur Vermeidung einer alkoholbedingten Lebererkrankung die Alkoholabstinenz ist. Unter diesem Blickwinkel weisen verschiedenste Daten darauf hin, dass Baclofen das Alkohol-Craving reduziert, vor allem bei Personen mit einer schweren Abhängigkeit. Das Medikament ist deshalb interessant, weil es so gut wie nicht über die Leber metabolisiert wird, nur geringe Nebenwirkungen zu haben scheint und zu einem signifikant höheren Anteil an abstinenten Patienten führt, was wiederum der Therapie der Lebererkrankung zu Gute kommt und / oder in weitere Unterstützungsmaßnahmen münden kann. Zurzeit ist Baclofen das einzige Medikament, welches formell in randomisierten und placebo-kontrollierten Studien an Patenten mit Leberzirrhose getestet wurde, wenngleich weitere, die bisherigen Erkenntnisse bestätigende Untersuchungen noch notwendig sein werden.
  • Footnotes (Fußnoten).
  • References (Referenzen).
    • […]
    • […]
    • […]
    • 65. Addolorato G, Mirijello A, Leggio L, Ferrulli A, Landolfi R. Management of alcohol dependence in patients with liver disease. CNS Drugs. 2013;27:287-299. (PubMed)
    • 66. Kershenobich D, Corona DL, Kershenovich R, Gutierrez-Reyes G. Management of alcoholic liver disease: an update. Alcohol Clin Exp Res. 2011;35:804-805. (PubMed)
    • 67. Colombo G, Agabio R, Carai MA, Lobina C, Pani M, Reali R, Addolorato G, Gessa GL. Ability of baclofen in reducing alcohol intake and withdrawal severity: I--Preclinical evidence. Alcohol Clin Exp Res. 2000;24:58-66. (PubMed)
    • 68. Addolorato G, Leggio L, Abenavoli L, Agabio R, Caputo F, Capristo E, Colombo G, Gessa GL, Gasbarrini G. Baclofen in the treatment of alcohol withdrawal syndrome: a comparative study vs diazepam. Am J Med. 2006;119:276.e13-276.e18. (PubMed)
    • 69. Addolorato G, Leggio L, Ferrulli A, Cardone S, Bedogni G, Caputo F, Gasbarrini G, Landolfi R. Dose-response effect of baclofen in reducing daily alcohol intake in alcohol dependence: secondary analysis of a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Alcohol Alcohol. 2011;46:312-317. (PubMed)
    • 70. Addolorato G, Leggio L, Ferrulli A, Cardone S, Vonghia L, Mirijello A, Abenavoli L, D’Angelo C, Caputo F, Zambon A. Effectiveness and safety of baclofen for maintenance of alcohol abstinence in alcohol-dependent patients with liver cirrhosis: randomised, double-blind controlled study. Lancet. 2007;370:1915-1922. (PubMed)
    • 71. Avanesyan A, Runyon BA. Utilization of baclofen in maintenance of alcohol abstinence in patients with alcoholic hepatitis in a real life clinical setting. Hepatology. 2010;52:1104A.
    • […]
    • […]
    • […]

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gretikatz
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Europäische Gesellschaft für Leberforschung

Beitragvon gretikatz » 14. Juni 2014, 21:35

Von der Seite wien.orf.at geriet ich auf den Link der Europäischen Gesellschaft für Leberforschung. Eine Suche nach Baclofen führte zu zwei pdf-Dokumenten:

EASL Clinical Practical Guidelines: Management of Alcoholic Liver Disease
(siehe Seiten 4, 5 und 15)

EASL Post Graduate Course Alcoholic Liver Disease
(siehe Seiten 41 bis 44, 48 und 54)

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 28. Mai 2015, 23:40

Seid gegrüßt

Hier ein Interview (englisch) mit Prof. Lorenzo Leggio am Wiener „International Liver Congress 2015“. An diesem Kongress ging es um die Behandlung und Erforschung von Lebererkrankungen.

Meine Kurzzusammenfassung hat geschrieben:
Leggio widmet sich vor allem den Lebererkrankungen, welche durch Alkoholmissbrauch hervorgerufen werden, ein Phänomen, welches immer mehr zunimmt. Die einzige Art der Behandlung besteht in der Reduktion oder besser der gänzlichen Unterlassung von Alkoholkonsum.

Leggio sieht zwar, dass einige zugelassene und auch in einem gewissen Rahmen wirksame Medikamente gegen Alkoholmissbrauch existieren, gibt aber zu bedenken, dass diese Medikament für diese Patientengruppe kaum in Frage kommen können, weil diese Medikamente die Leber schädigende respektive die Leber zusätzlich belastende Eigenschaften aufweisen.

Zurzeit befürwortet er deshalb in erster Linie die Verschreibung von Baclofen, welches die Leber nicht belastet und sich in diversen bisherigen Untersuchungen sowohl als in der Anwendung sicher als auch als therapeutisch wirksam erwiesen hat, ganz speziell bei diesem Patientenkreis mit durch Alkoholmissbrauch hervorgerufenen Lebererkrankungen.

Prof. Lorenzo Leggio forscht schon seit vielen Jahren auf diesem Gebiet.



DonQuixote

P.S. Die Umwandlung und das Hochladen auf YouTube ist mir nicht hundertpro gelungen, der Ton hinkt ein ganz klein wenig nach. Hier geht es jedenfalls zur Originalquelle ...

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 30. Mai 2015, 23:04

Noch ein Nachtrag:

DonQuixotes Kurzzusammenfassung hat geschrieben:
Zurzeit befürwortet er [Prof. Lorenzo Leggio] deshalb in erster Linie die Verschreibung von Baclofen, welches sich in diversen bisherigen Untersuchungen als wirksam erwies, ganz speziell bei diesem Patientenkreis mit durch Alkoholmissbrauch hervorgerufenen Lebererkrankungen.
(Hervorhebungen von mir)

Wie kommt Leggio darauf, dass Baclofen „ganz speziell bei diesem Patientenkreis mit durch Alkoholmissbrauch hervorgerufenen Lebererkrankungen“ wirkt?

Das Interview mit Prof. Lorenzo Leggio (Meine Kurzzusammenfassung) ab Minute 5:23 hat geschrieben:
Bei meinen [Leggios] Patienten mit durch Alkoholmissbrauch hervorgerufenen Lebererkrankungen handelt es sich in der Regel um Schwer- oder sogar Schwerstabhängige. In den Studien, bei denen keine oder nur eine sehr geringe Wirksamkeit von Baclofen gefunden wurden, sind auch Patienten mit einem geringeren Schweregrad der Alkoholabhängigkeit untersucht worden. Es scheint also so zu sein, dass Baclofen besonders gut bei Patienten mit einer schweren Alkoholabhängigkeit und daraus hervorgehender Lebererkrankung wirkt.

Gut, das lässt sich so auf die Schnelle und aus meiner bescheidenen Laien-Warte heraus nicht überprüfen. Lassen wir es deshalb einfach mal so stehen …

Meint DonQuixote

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 30. Mai 2015, 23:26

Hoppla, und noch ein Nachtrag [smile] :

Betrachten wir mal folgenden Satz:

Lorenzo Leggio hat geschrieben:
Bei meinen [Leggios] Patienten mit durch Alkoholmissbrauch hervorgerufenen Lebererkrankungen handelt es sich in der Regel um Schwer- oder sogar Schwerstabhängige.

Und dann noch diese beiden Sätze:

Lorenzo Leggio hat geschrieben:
In den Studien, bei denen keine oder nur eine sehr geringe Wirksamkeit von Baclofen gefunden wurden, sind auch Patienten mit einem geringeren Schweregrad der Alkoholabhängigkeit untersucht worden. Es scheint also so zu sein, dass Baclofen besonders gut bei Patienten mit einer schweren Alkoholabhängigkeit wirkt.

Man könnte das grübelnderweise auch so interpretieren, dass bei Patienten mit Lebererkrankungen das Medikament Baclofen deshalb so gut wirkt, weil sich diese Patienten sehr genau bewusst sind, dass ihr letztes Stündchen demnächst geschlagen haben könnte, wenn sie sich jetzt NICHT „am Riemen reißen“.

Heißt das, dass für Patienten ohne Lebererkrankungen und ohne das letzte Stündchen Angst vor Augen das Medikament Baclofen generell schlechter wirkt?

Nein, denn Prof. Lorenzo Leggio hat im Moment nur seine eigenen Studien und die Studien anderer im Auge, welche mit einer viel zu geringen Dosis (30 – 60 mg / Tag) arbeiteten.

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon jivaro » 31. Mai 2015, 03:39

Der unglaubliche und unschätzbare Vorteil von Baclofen ist in der Tat die gute Verträglichkeit selbst bei Leberzirrhose. Die generelle Warnung vor Baclofengabe im Beipackzettel bezieht sich m.E. auf einzele Fälle von "allergischer Reaktion" nach Arzneimittelgabe (kann im Prinzip bei jedem Medikament auftreten).

In dem einzigen Fall einer mir bekannten Verschlechterung der Laborwerte unter Baclofen lag dies schliesslich an einer sg. Autoimmunhepatitis, Baclofen erhielt auch vom Leberspezialisten einen Freispruch. Gleichwohl sollten die Leberwerte, insbesondere bei einer "off-label-Verschreibung" kontrolliert werden.

Ich kann nur bestätigen, dass Baclofen im Falle Leberzirrhose, sogar in Kombination mit chronischer Hepatitis C ( meist früherer Konsum illegaler Drogen) hervorragend wirkt. Baclofen wird ja "kaum" über die Leber verstoffwechselt, interferriert so auch mit den wenigsten Medikamenten. Baclofen kann so auch mit dem meisten Mediamenten, auch Psychopharmaka, problemlos kombiniert werden.

Wichtig: die ersten Studien mit Baclofen zur Behandlung der Alkoholerkrankung wurden an Patienten mit Leberzirrhose gemacht (Addolorato, Legggio et.al 2002, 2007); gutes Ergebnis trotz niedriger Dosis, s. Dons ausführlichen Beitrag weiter oben.

LG jivaro
Zuletzt geändert von jivaro am 31. Mai 2015, 04:05, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon jivaro » 31. Mai 2015, 03:58

ABER:
Warnung vor Einsatz von Baclofen bei eingeschränkter Nierenfunktion! Da Baclofen überwiegend über die Niere ausgeschieden wird ist hier eine gute Funktion des Organs unabdingbar; ich erinnere an den Todesfall einer Patientin, die Dialysepatientin war (meint Blutwäsche alle 3 Tage an der Maschine, weil die Niere selbst nicht meht entgiften kann). Diese soll heimlich Baclofen genommen haben, das dann im Körper kummulierte (exakte Dokumentation liegt mir nicht vor).

Hier steht aber auch ganz klar die Warnung im Beipackzettel! Nierenfunktion muss engmaschigst überwacht werden, evtl. zusätzliche Dialyse (die Baclofen zuverlässig entfernt) bei Überdosierung.

Eingeschränkte Nierenfunktion: bitte KEINE EXPERIMENTE im Alleingang.

LG jivaro

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 31. Mai 2015, 04:32

Danke, Jivaro!

Jivaro hat geschrieben:ABER: Warnung vor Einsatz von Baclofen bei eingeschränkter Nierenfunktion! Da Baclofen überwiegend über die Niere ausgeschieden wird, ist hier eine gute Funktion des Organs unabdingbar.

Dies bestätigt unsere Empfehlungen respektive Warnungen in unserem Baclofen-Arztkoffer.

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 25. Juni 2015, 23:48

Seid gegrüßt

Es gibt eine neue Studie, welche insbesondere auch die „Leberproblematik“ berührt. Deshalb hier an dieser Stelle der interne Verweis zu diesem Posting.

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baclofen in patients with alcoholic liver disease

Beitragvon gretikatz » 7. November 2015, 06:02

Zitiert von dieser Seite:

Tailored dose baclofen in patients with alcoholic liver disease: A case series with 2-year follow-up of hospitalisation
Abstract
Introduction: Alcohol addiction is a major health burden with its consequences including liver disease and frequent hospitalisations. We used tailored-dose baclofen in patients with alcoholic liver disease and investigated hospital re-admissions before and after baclofen dose was initiated as well as tolerability and patient-reported alcohol consumption. Methods: Fifty-three hospitalised patients with alcoholic liver disease started tailored dose baclofen (median: 5.05 months, median highest dose before tapering down: 60 mg). Patients were followed-up for hospitalisation data from the health board database (mean hospitalisation follow up: 31 months) and patients were sent standardized questionnaires. Results: Baclofen was generally well tolerated with dose reductions in four patients. In the 2 years after initiation of the treatment, patients spent on an average of 19.1 d in the hospital per year compared to 25.48 d before the treatment initiation (p = 0.59). Respondents (19 patients) reported a reduction in alcohol consumption by an average of 58.7% (240.1 g to 144.09 g). Conclusions: After initiation of the baclofen treatment, there was a trend towards decrease in hospitalisations and in patients who answered the questionnaire, alcohol consumption decreased.

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 8. April 2016, 21:18

Seid gegrüßt

Das lief bei mir soeben über den Ticker:

  • Alcoholic Liver Disease: A Comprehensive Review (Februar 2016)
    (Durch Alkoholkonsum verursache Lebererkrankung: Eine umfassende Übersicht)
Daraus dieser Zitatschnippsel:

Der Zitatschnippsel hat geschrieben:
The GABAB receptor agonist, baclofen, is shown to improve abstinence and decrease relapse. Among these agents, baclofen is a relatively safe and effective agent (devoid of hepatotoxicity) in advanced cirrhosis, and is the most preferred mode of treatment.

Und auf Deutsch übersetzt:

Der auf Deutsch übersetzte Zitatschnippsel hat geschrieben:
Der GABAB Agonist Baclofen hat gezeigt, dass er das Abstinenzverhalten verbessert und die Zahl an Rückfällen verringert. Unter diesen Medikamenten [Anm. DonQ: Disulfiram, Naltrexon] ist Baclofen bei fortgeschrittener Leberzirrhose ein vergleichsweise sicheres (weil nicht lebertoxisches) und effizientes Medikament und die meist bevorzugte Behandlung.

Der englische Volltext ist frei zugänglich.

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Re: Baclofen bei schlechten Leberwerten oder gar Lebererkrankung

Beitragvon DonQuixote » 21. Juli 2017, 21:24

Seid gegrüßt

Der Vollständigkeit halber, und weil das ja eigentlich auch hier hin in diesen Thread gehört, mache ich mal ein Crossposting:

DonQuixote


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